Vorfahrt für eilige Daten

Dringlichkeit auf verschiedenen Ebenen

Es gibt zwei verschiedene Priorisierungsverfahren (Bild 1):

- Hochwertige Router oder Layer-3/4-Switches werten die in den Daten vorhandenen Informationen aus und behandeln sie je nach Inhalt unterschiedlich. Dabei differenzieren sie nach Protokoll oder IP-Adressen; Layer-4-Switches identifizieren sogar die individuellen Applikationen anhand der TCP/UDP-Portnummern (UDP = User Datagram Potocol) und fertigen sie gegebenenfalls bevorzugt ab. Als zusätzlichen Service können diese Komponenten ihre "Erfahrung" weitergeben, indem sie die ausgehenden Pakete entsprechend ihrer Wichtigkeit kennzeichnen und damit weniger intelligenten Switches einen Teil der Arbeit abnehmen.

- Geeignete Header (IP Precedence/TOS = Type of Service Field) oder angefügte Tags (IEEE 802.1p/Q) kennzeichnen die Datenströme explizit.


In der Praxis kommt meist ein Mix aus beiden Varianten zum Einsatz. Zwar wird ein Durchbruch in puncto Priorisierung mit IP auf Layer 3 (Protokollschicht) möglich, vieles spricht allerdings dafür, entsprechende Verfahren auf Layer 2 (Verbindungsschicht) zu realisieren: Schon aus Kostengründen werden nur wenige Unternehmen ihr gesamtes Netzwerk mit Routern oder Layer-3-Switches bis zum Arbeitsplatz ausstatten wollen; und Layer-2-Switches sind meist nicht in der Lage, den IP-Header zu interpretieren. Zudem verschleiern Verschlüsselungsmethoden wie IPSEC die relevanten Layer-3-Informationen, vereiteln also letztlich alle Priorisierungsbemühungen auf Layer 3.

Das IEEE hat die Norm IEEE 802.1D um ein Addendum ergänzt, das eine Paketpriorisierung innerhalb von Layer-2-Infrastrukturen erlaubt. Mitte 1998 ratifiziert, faßt es die Ergebnisse der Arbeitsgruppe 802.1p zusammen und beschreibt ein Verfahren für alle gängigen Frame-orientierten LAN-Verbindungstechniken, also beispielsweise alle Ethernet-Varianten (10, 100, 1000) und FDDI. Es sieht einen Header vor, der gleichzeitig als Label für das standardisierte VLAN-Tagging (VLAN = Virtual LAN, IEEE 802.1Q) dient. Außerdem beschreibt es das automatische Registrierungsprotokoll "Generic Attribute Registration Protocol" (Garp), das zur Bildung von netzwerkübergreifenden VLAN- und Multicast-Strukturen eingesetzt werden kann.

Das in dem Addendum festgelegte Zusatz-Tag besteht aus vier Octets (1 Octet = 8 Bit), von denen zwei als Tag-Protocol Identifier und zwei als VLAN Tags dienen (Bild 2). Die "Duftmarke" 81-00 in den beiden ersten Octets signalisiert den durchlaufenen Schaltstellen, daß das Paket dem IEEE-802.1p/Q-Standard folgt. Die beiden folgenden Octets enthalten drei Bit für acht verschiedene Prioritätsstufen, zwölf Bit für insgesamt 4096 verschiedene VLAN-Identifier und ein Flag, das angibt, ob es sich um ein normales Ethernet-Paket oder ein getunneltes Token-Ring-Paket handelt. Alle sonstigen Informationen sind durch den Einschub des Zusatz-Tags um vier Octets nach hinten verschoben.


Der Standard stellt die Markierung der individuellen VLAN-Zugehörigkeit frei. Die Prioritäten können wie in der Tabelle "Beispiel einer Priorisierung" verteilt werden. Je nach Anzahl der implementierten Queues kommen auch weniger differenzierte Priorisierungen in Frage. Im Randbereich des Netzwerks reichen in der Regel zwei Queues, im Zentralbereich vier. Bleibt die Frage, wie das Zusatz-Tag praktisch zum Einsatz kommt?