Napster kämpft ums Überleben

UPDATE: Die MP3-Tauschbörse Napster setzte sich mit ihrem Eilantrag gegen die drohende Schließung durch einen Gerichtsbeschluss durch. Ein US-Gericht hatte am Mittwoch angeordnet, dass über das Napster-Netzwerk ab Freitag Mitternacht (Ortszeit) kein urheberrechtlich geschützter Song mehr laufen dürfe. Die Napster-Gemeinde lief Sturm.

Die Details zur Entscheidung des Berufungsgerichts lesen Sie hier.

Napster betonte in dem Eilantrag, dass die von Richterin Marilyn Hall Patel geführte Anhörung zu kurz gewesen sei, um alle relevanten Fakten auf den Tisch zu bringen. Die Anwälte versuchten erneut, die Tauschbörse als riesige Werbeplattform für die Musikindustrie zu verkaufen. Dieses Argument war bereits bei einer Anhörung mit Musikern, Plattenfirmen und Politikern in Washington vorgebracht worden. Dass Napster nach einer Art Shareware-Prinzip funktioniert, und die Benutzer die Stücke im MP3-Format anhören und dann die CD kaufen, hatten Kläger und Gericht schon in früheren Anhörungen als absurde Konstruktion bezeichnet. Man könne nicht erst gegen Gesetze verstoßen und das Resultat dann als kostenlose Wohltat für die betroffene Seite auslegen.

Napster führte gegen den Richterspruch außerdem an, dass die Mitglieder die Musiktitel nicht kommerziell, sondern zu privaten Zwecken verwenden und deshalb das Urheberrecht nicht greife. Im übrigen habe der Oberste Gerichtshof bereits angeregt, dass die neuen digitalen Techniken eine Anpassung des Urheberrechts durch den US-Kongress nötig machen.

Die rund 20 Millionen Napster-Mitglieder selbst protestierten gegen die Entscheidung des Gerichts. In Napster-Foren wurde seit dem Richterspruch zum Boykott der am Prozess beteiligten Plattenlabels aufgerufen. Es schien sich aber auch eine gewisse Torschlusspanik auszubreiten. Der Napster-Service verzeichnete am vergangenen Donnerstag die dreifachen Zugriffszahlen.

Prozessbeobachter befürchten, dass durch eine Schließung von Napster eine Art Guerilla-Krieg zwischen den MP3-Fans und der Plattenindustrie ausbrechen könnte, denn der von Napster verwendete Client ist inzwischen zigfach geklont worden und in verschiedenen, teils auf weitere Medienformate ausgedehnten Ausführungen im Umlauf. Napster selbst empfiehlt das von Fans geschriebene Programm "Macster", da für Apple-Rechner noch kein eigener Napster-Client zur Verfügung steht.

Einige Beobachter sprechen von einer von den Plattenlabels verpassten Chance, die Millionenkundschaft von Napster für sich zu gewinnen. Eine aktuelle Studie des Marktforschungsunternehmens Gartner Group gibt diesen Kritikern recht. MP3-Fans kaufen demnach wesentlich mehr CDs als Nicht-MP3-Hörer. Statt gegen MP3 in den Krieg zu ziehen, so das Fazit der Studie, sollte sich die Plattenindustrie MP3 zu Nutze machen. In der Studie wurden 40.000 US-Haushalte befragt. (uba/nie)