Eine Million Bücher kostenlos online

Google digitalisiert Bücher der Bayerischen Staatsbibliothek

Die Zukunft der Bibliotheken

Ganz grundsätzlich wird mit Blick auf Googles Bibliotheksprojekt, an dem gegenwärtig bereits 26 große Bibliotheken mit mittlerweile insgesamt circa 30 Millionen zu scannenden Büchern teilnehmen, gefragt, ob dieses gewaltige Vorhaben nicht langfristig den Untergang der Bibliotheken bedeutet – zumal auch ein zunehmender Anteil der neu erscheinenden Literatur von den Verlagen in digitaler Form – als E-Journals und E-Books – angeboten wird. Werden die Nutzer noch die Lesesäle, Ausleihschalter und Sondersammlungen der Bibliotheken aufsuchen, wenn große Teile ihrer Bestände online bequem von jedem Internetarbeitsplatz aus abrufbar sind?

Mit Blick auf die nicht selten unzumutbare Überfüllungssituation der Lesesäle der Bayerischen Staatsbibliothek – 2006 wurden mehr als eine Million Besucher gezählt – und begeistert angenommener Öffnungszeiten bis Mitternacht ist diese Sorge wohl auch langfristig unbegründet. Eher kann man von einer Renaissance der Bibliotheken sprechen, die als Orte der wissenschaftlichen Kommunikation, des kulturellen Austausches, des konzentrierten Lernens und wissenschaftlichen Forschens sich einer kontinuierlich steigenden Nutzung erfreuen, obwohl zusehends größere Teile ihres Informationsangebotes online bereitgestellt werden.

Die Lesesäle der Bayerischen Staatsbibliothek: bestens besucht trotz Bestandsdigitalisierung. (Quelle: Bayerische Staatsbibliothek)
Die Lesesäle der Bayerischen Staatsbibliothek: bestens besucht trotz Bestandsdigitalisierung. (Quelle: Bayerische Staatsbibliothek)

Zuweilen wird auch bezweifelt, ob die der Bayerischen Staatsbibliothek zur freien Verfügung überlassene „Library Digital Copy“ überhaupt noch nachgefragt wird, wenn die identische „Google Digital Copy“ über die populärste Internet-Suchmaschine der Welt aufgerufen werden kann. Auch dieser Zweifel ist aus Sicht der Bayerischen Staatsbibliothek unbegründet. Die Bibliothek ist durchaus nicht unglücklich darüber, dass ihr urheberrechtsfreier Bestand künftig auch über Google und damit die weltweit meist genutzte Webrecherche zugänglich ist. Denn schließlich entspricht dies dem ureigensten Auftrag jeder Bibliothek: Menschen und Wissen miteinander in Verbindung zu bringen.

Die Angebote der Google Buchsuche und der Bayerischen Staatsbibliothek sind eher als komplementär zu begreifen. Google geht es letztlich um die Anreicherung seines Suchindex mit Content, über den die Mitbewerber nicht verfügen und damit schließlich um die Sicherung seiner Marktführerschaft im Geschäft mit Online-Werbung. Die Aufbereitung großer digitaler Textkorpora für spezifische wissenschaftliche Nutzungsinteressen und ihre Einbettung in netzbasierte Forschungs- und Lernumgebungen, wie sie für das künftige Angebot der „Library Digital Copy“ durch die Bayerische Staatsbibliothek kennzeichnend sein werden, stellt zumindest nicht das Kerngeschäft Googles dar. Statt von einer Angebotskonkurrenz wird man also eher von einer Koexistenz unterschiedlich fokussierter Dienste und Nutzungsinteressen ausgehen können.

Ab Anfang 2008 sollten die ersten von Google digitalisierten Titel der Bayerischen Staatsbibliothek im Netz stehen – mit dann sehr rasch wachsenden Quantitäten. Insgesamt versteht sich die Public-Private-Partnership der Bayerischen Staatsbibliothek mit Google als ein Beitrag zum Kernauftrag der Bibliothek: den einzigartigen historischen Bestand für zukünftige Generationen zu bewahren und zugleich den Zugriff für die gegenwärtige Generation zu optimieren. (ala)

Diesen Beitrag haben wir aus der Zeitschrift Akademie Aktuell 03/2007 der Bayerischen Akademie der Wissenschaften übernommen.