Der gläserne Verkäufer

Handelsportale bündeln die Angebote ganzer Branchen und vereinfachen mit ihrer Markttransparenz den Online-Einkauf. Der Vorteil für den Einkäufer: Er erreicht mit einem Kaufgesuch mehr potenzielle Anbieter als auf konventionellem Weg.

Von: Franz X. Fuchs

Thomas Altenburger mag die Internet-Adresse www.webtradecenter.de: "Wenn ich hier einkaufe, kann ich im Jahr ein paar Tausend Mark einsparen", sagt der Systemadministrator. Monitore, Computer, Festplattenlaufwerke oder Drucker für die Raiffeisenbank im oberbayerischen Beuerberg bestellt er ausschließlich dort. Unter der Web-Adresse bündelt die Starnberger Firma DCI Database for Commerce and Industry AG Produkte und Preise von rund 26 000 Fachhändlern der IT-Branche. 95 Prozent aller deutschen Anbieter aus diesem Bereich sind laut DCI in der Datenbank vertreten. Der Clou dabei: Der Käufer sucht nicht mehr selbst nach einem Produkt, sondern schreibt es kostenlos online aus.

"Manchmal habe ich schon nach einer halben Stunde die ersten Angebote", sagt Altenburger. Fünf Minuten dauere eine Ausschreibung. "Mit dem Webtradecenter sparen wir alleine durch den geringen Zeitaufwand Geld", beschreibt Altenburger den Nutzen des Systems. Nach Meinung des Deutschen Multimediaverbandes geht der Trend im elektronischen Handel hin zu Portalen, also Einkaufsplattformen, die ein ganzes Warensortiment unter einer Web-Adresse zusammenfassen. "Alle Handelsformen", so Dirk Schneider von der auf die Einzelhandelsbranche spezialisierten Düsseldorfer Beratungsgruppe OC & C Strategy Consultants, "sind von dieser neuen Art des Handels betroffen." Unternehmensberater Roland Berger schätzt, dass in Europa im nächsten Jahr Waren im Wert von rund 120 Milliarden Mark über das Internet verkauft werden, davon alleine 28 Milliarden Mark in Deutschland - zehnmal mehr als 1999. "In drei bis fünf Jahren", sagt Klaus Eierhoff, Multimedia-Vorstand bei Bertelsmann, "werden etwa fünf bis zehn Prozent des gesamten Einzelhandelsvolumens von derzeit rund 800 Milliarden Mark online abgewickelt."

Die Anbieter von Online-Handels- und Einkaufs-Portalen sehen sich als Mittler zwischen Angebot und Nachfrage. "Portale kommen, weil sie den Verkehr bündeln", sagt Klaus Baumann, Geschäftsführer von Gemini Consulting. Surfen sei out, der Internet-Nutzer wolle ein umfassendes Angebot, das auf sein Profil abgestimmt ist. Chipbroker Erich Lejeune hat dies erkannt. Das Münchener Enfant Terrible der Halbleiterbranche hat mit der Virtuellen Chip-Exchange (VCE) einen Online-Handelsplatz gegründet, wo derzeit 1 600 Chiphersteller, Distributoren, Broker und Lieferanten ihre Lagerbestände vermarkten. VCE verzeichnet durchschnittlich 25 Anfragen pro Tag.