Jung und unprofessionell statt Motor der Wirtschaft

Das schlechte Image der Call Center

Agenten sind unfreundlich

Samuel L., Schriesheim: "Unzählige Anrufe bei Freenet haben nichts gebracht. Die Antworten auf das gleiche Problem waren immer andere. Die Mitarbeiter waren inkompetent, die Antworten zum Teil sehr unfreundlich. Am meisten beeindruckte mich immer wieder die Frechheit mancher Freenet-Mitarbeiter." Das sind Ausnahmen, meint zumindest Freenet-Manager Wegner: "Klar gibt es solche Fälle. Im Durchschnitt ist das Niveau unserer Mitarbeiter aber extrem hoch", betont der Leiter des Freenet-Call-Centers. Mehr als andere Wettbewerber investiere man in Aus- und Fortbildung. "In der Branche werden wir als Benchmark betrachtet", wirbt Wegner.

Freenet ist schon früher in die Schusslinie geraten, weil Agenten ihre Arbeitsbedingungen und Entlohnung anprangerten. Schon im November 2003 berichtete die Tagesszeitung "Kieler Nachrichten" über einen Stundenlohn von fünf Euro in den Freenet-Call-Centern. Das Arbeitsamt vermittle wegen der dürftigen Bezahlung keine Arbeitslosen mehr an Freenet, hieß es damals. Unter solchen Umständen ist mangelnde Motivation kein Wunder. Freundlichkeit hat ihren Preis, das weiß auch Wegner: "Wir haben hochwertige Arbeitsplätze im Zentrum von Kiel. Unsere Mitarbeiter sind fest angestellt mit guter sozialer Absicherung, und wir bilden aus." Das Gehalt setze sich aus einem fixen und einem variablen Anteil zusammen. Letzterer werde abhängig von der Qualität je Team ausgezahlt. Dazu bittet Freenet beispielsweise die Kunden nach einem Agentengespräch um Benotung. Außerdem wertet der Betreiber Antwortschreiben der Agenten inhaltlich und formal (etwa Rechtschreibfehler) aus, ebenso die Problemlösungsquote.

Dennoch: Call-Center-Agenten sind keine Topverdiener. Das Gehaltsniveau entspricht etwa dem eines Einzelhandelskaufmanns, etwa 1000 Euro brutto heißt es in Branchenkreisen. "Ich zahle das ortsübliche Gehalt, so dass die Mitarbeiter ordentlich davon leben können", sagt Rainer Jacob, Geschäftsführer des Call-Center-Betreibers CMS in Dresden. Die Stundenlöhne lägen etwa auf dem Niveau des kürzlich in der Postbranche vereinbarten Mindestlohns.