Auf dem Marsch in die Fabrikhalle

"Harte" Anforderungen an Echtzeitverhalten

In der Automatisierungstechnik müssen sich Steuerungsaufgaben zu einem exakt vorhersagbaren Zeitpunkt ausführen lassen. Außerdem ist es erforderlich, auf bestimmte Ereignisse in einem genau festgelegten Zeitintervall zu reagieren. Ein Beispiel ist die Steuerung eines Roboters: Damit das System mit der geforderten Präzision arbeitet, dürfen die Latenzzeiten nur zwischen 10 und 100 Millisekunden betragen.

CSMA/CD (Carrier Sense Multiple Acces/Carrier Detection), das Übertragungsverfahren von Ethernet, ist für diese Anforderungen nicht ausgelegt. Es nimmt in Kauf, dass mehrere Stationen gleichzeitig Daten auf das Netz geben können und daher Kollisionen von Paketen auftreten können. Ist das der Fall, werden die entsprechenden Daten erneut übertragen - was zu inakzeptablen Zeitverzögerungen führen kann.

Gegenwärtig kristallisieren sich zwei Ansätze heraus, die dieses Problem lösen sollen. Der erste sieht vor, dass bei der Datenübertragung jede teilnehmende Station Pakete zu einem fest vorgegeben Zeitpunkt überträgt. Es kommt also ein Zeitschlitzverfahren zum Einsatz. Ergänzend dazu garantiert die Netzwerkstruktur den Stationen, dass die Datenrate und die Übertragungsverzögerung konstant sind. Der zweite Ansatz befasst sich mit der präzisen Zeitsynchronisierung der Stationen untereinander. Verwenden alle Teilnehmer im Netz dieselbe Zeitbasis, ist eine nicht konstante Übertragungszeit unkritisch. Denn dann wird die Information mit übermittelt, zu welchem Zeitpunkt eine bestimmte Aktion auszuführen ist oder wann Daten erfasst wurden.

Die Projektgruppe 1588 des Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) befasst sich mit der Synchronisierung in Ethernet-Netzen. Der im Normvorschlag (Draft) beschriebene Ansatz erlaubt es Stationen, sich mit einer Genauigkeit von weniger als 1 µs "gleichzuschalten". Um diesen Wert zu erreichen, ist es allerdings erforderlich, das Synchronisationsprotokoll direkt über der physikalischen Ebene anzusiedeln und eventuell den PHY-Baustein zu ändern.

Betrachtet man die Steuerprotokolle der höheren Ebenen, wird klar, dass nicht nur das Netz einen Engpass darstellt. Bei Fast-Ethernet etwa betragen bei kleinen Paketen die Netzlaufzeiten durch einen Switch weniger als 50 µs. Die darüber angesiedelten Protokolle sind im Allgemeinen deutlich langsamer. Voluminöse Protokoll-Stacks machen sich vor allem in Endgeräten und Steuerungen negativ bemerkbar. Denn diese Komponenten verfügen meist nur über eine relativ geringe Rechenleistung. Deshalb sind Durchlaufzeiten von 1 ms und mehr mit entsprechend hohem Jitter keine Seltenheit.

Deshalb liegt es nahe, die Stacks genauer unter die Lupe nehmen. Besonders das TCP/IP- Protokoll scheint ein erhebliches Verbesserungspotenzial aufzuweisen. Ein Vorschlag lautet deshalb, TCP/IP in Hardware zu "gießen", also die Protokollfunktionen in Halbleiterbausteinen zu integrieren.