Zukünftige Speichertechnologien, Teil 2

22.08.2003 von Hermann Strass
10 TByte auf einer CD, 10 GByte auf einer Rolle Tesafilm und 5 GByte in Kreditkartengröße versprechen die Forscher für die Zukunft. FRAM und OUM treten an, um mittelfristig heutige statische Speicher zu ersetzen.

Beim Speichern von Daten auf Scheiben im CD/DVD-Format sind jetzt Laufwerke mit Blaulichtlaser marktreif. Das noch 2003 verfügbare Laufwerk von Sony speichert beispielsweise 23,3 GByte auf einem entsprechenden Medium, Details dazu finden Sie hier. Die Entwicklungen bei optischen Speicherverfahren gehen in Sachen Kapazität aber weit darüber hinaus. Zwar haben nicht alle Start-up-Firmen der im folgenden beschriebenen Projekte überlebt, an den Technologien wird jedoch weitergearbeitet. Den holographischen Verfahren haben wir einen eigenen Artikel gewidmet.

Im Folgenden geht es um den aktuellen Stand der Technik bei elektrischen und optischen Speicherverfahren. Informationen über das Speichern von Daten in Molekülen, mit nanomechanischen Verfahren oder mit Hilfe von Proteinen finden Sie im ersten Teil dieser Artikelserie.

FRAM/FeRAM

Mit FRAM (Ferroelectric Random Access Memory) oder FeRAM hofft man, günstigen Speicher produzieren zu können. Daher forschen viele namhafte Firmen auf diesem Gebiet. Das größte Problem ist die Verkleinerung der Bitzelle. Japanische Wissenschaftler am Phonon Device Lab haben eine Speicherdichte von 1,5 Tbit/in² mit ferro-elektrischem LiTaO3 (Lithium-Tantalat) erreicht. Nun arbeitet die Forschung an einer Lösung, um aus dieser Technik Speichersysteme herzustellen. Dabei ist die Zielvorgabe von 4 Pbit/in² zu erreichen. In kleinen Mengen werden FRAMS, beispielsweise von Fujitsu, schon seit einigen Jahren produziert.

In einer ferro-elektrischen RAM-Zelle (Perovskit-Kristall) wird ein Kondensator aus einem Blei-Zirkonium-Titanat (PZT) in Auf- oder Abwärtsrichtung geladen. Ein einzelnes Atom im Inneren der Bitzelle befindet sich jeweils in einer von zwei stabilen Lagen. Ein elektrischer Dipol mit Auf- oder Aborientierung hält die Information. Beim Lesen werden die Bit- und die Wortleitung kurzzeitig mit einem Spannungsimpuls beschickt. Zeigen angelegtes und gespeichertes Feld in die gleiche Richtung, dann erscheint ein kleiner Stromimpuls auf der Leitung. Weisen beide Felder in gegensätzliche Richtung, dann entsteht ein großer Stromimpuls. Ausgelesen wird mit der Bitleitung. Nach dem Lesen einer Bitzelle muss diese - wie beim DRAM - wieder neu beschrieben werden.

FRAMS werden seit fast 20 Jahren bei Ramtron in Colorado Springs, USA, entwickelt. Aber erst seit kurzer Zeit gibt es FRAMs in kommerziellen Produkten. So kommt FRAM beispielsweise auf einigen Promise RAID-Controllern zum Einsatz. Insgesamt wurden bereits mehr als 40 Millionen FRAM-Chips produziert. Davon gingen 27 Millionen an einen Kunden, der damit die Verbrauchsdaten in Stromzählern speichert.

Flash-Nachfolger OUM?

Stanford Ovshinsky (Ovonyx) forscht in den USA seit mehr als 30 Jahren an Speichertechnologien. Die Ovonic-Unified-Memory-Speichertechnik wird derzeit als möglicher Flash-Nachfolger bei Intel und zwei europäischen Halbleiterfirmen zu einem kommerziellen Produkt weiter entwickelt. Auf der ISSCC 2002 (IEEE International Solid-State Circuits Conference) berichtete Manzur Gill von Intel über entscheidende Fortschritte in der Werkstofftechnik. Mit bereits verfügbaren Testchips wird die Technik in der Praxis erprobt. Man erwartet in drei bis fünf Jahren kommerzielle Produkte. Intel forscht seit etwa 1970 an der OUM-Technik.

OUM beruht auf dem thermisch gesteuerten Wechsel (Phase Change) zwischen kristallinem und amorphem Zustand, vorzugsweise von Chalcogeniden, wie Tellur. Genutzt wird beim Lesen die daraus resultierende Widerstandsänderung (Faktor 100) des Materials. Die speichernde Schicht aus einer Ge2Sb2Te5-Legierung wird durch kurze Erhitzung über den Schmelzpunkt in den amorphen Zustand (hoher Widerstand) oder durch langsame Erhitzung bis unterhalb des Schmelzpunkts in den polykristallinen Zustand (niedriger Widerstand) versetzt. Der Wechsel ist deutlich schneller als bei Flash und kann mit einer Spannung von einem Volt erzeugt werden. Das passt zur 3-Volt-CMOS-Technik und vermeidet die bei Flash-Speichern benötigten hohen Spannungen. Darüber hinaus müssen OUMs nicht blockweise gelöscht werden. Als Speicherelemente kommen Dioden und nicht Transistoren zum Einsatz, was Platz spart. Das Material ist für etwa doppelt so viele Speicherzyklen gut wie Flash. Die Phase-Change-Technik wird in Lizenz praktisch von allen wieder-beschreibbaren DVD-Varianten genutzt. Dort wird aber nicht die Widerstandsänderung, sondern der Unterschied der Reflektion zwischen amorphem und kristallinem Material genutzt.

PFRAM/PMC

In einem Polymer Ferroelectric RAM (PFRAM) wird eine dünne Schicht aus ferro-elektrischem Polymer zwischen zwei Metallleitungen polarisiert. Speicher in PFRAM-Technik lassen sich sehr dicht packen, weil mehrere Lagen von Polymer-Schichten übereinander gelegt werden können. Intel und TFE (Thin Film Electronics ASA) aus Linköping in Schweden arbeiten gemeinsam an der Entwicklung von PFRAMs. Die Herstellungskosten für PFRAMs könnten sehr niedrig werden. Die PFRAM-Speicher sind allerdings relativ langsam und lassen sich nicht sehr oft neu beschreiben.

PMC

Die PMC-Technik (Programmable Metallization Cell) wurde von Professor Michael Kozeki an der Staatsuniversität von Arizona erfunden und wird derzeit von Axon Technologies in Phoenix, USA, weiterentwickelt. Für PMCs werden Chalcogenide genutzt, wie bei OUM, aber in anderer Form. Der Elektrolyt wird zwischen einer dünnen Silberschicht und einem elektrischen Leiter deponiert. Wird eine Spannung angelegt, dann wandern Silberionen in das Elektrolyt und machen es leitfähig. Diese elektrische Leitfähigkeit bleibt auch nach Wegnahme der Spannung erhalten. Außer Micron befassen sich weitere fünf Firmen mit der PMC-Technik.

Smart Memory

Der Transportweg zwischen Speicherchips und Prozessoren ist für viele Anwendungen zeitlich zu lang. Deshalb wird schon lange versucht, Speicher- und Verarbeitungselemente im selben Chip unter der Bezeichnung Processor in Memory (PIM) zu vereinen. Solch ein Smart Memory wurde im Juli 2002 von Forschern am Information Sciences Institute (ISI) im Rahmen des DIVA-Projekts (Data IntensiVe Architecture) vorgestellt.

Dabei geht es um mehr als nur etwas Cache-Speicher im Chip. Mit DIVA-Chips können Daten etwa acht bis zehn Mal schneller als mit konventionellen Systemen verarbeitet werden. Gruppen entsprechender Einheiten können als Smart-Co-Prozessoren parallel arbeiten. Neu an den DIVA-Chips sind gegenüber bisherigen Versuchen die virtuelle Adressierung und die Multiple-Pfad-Verarbeitung sowie die dynamische Protokollverarbeitung ohne starre Sequenzen.

3D-Speicherung

Eine proprietäre dreidimensionale Datenspeicherung (3DR) wird von Siros Technologies aus San Jose, USA, vorgeschlagen. Die besondere Lasertechnik (kleine Öffnung mit 50 nm), die Siros von Lucent übernommen hat, kann kleine Flächen auch mit relativ langwelligem Licht erzeugen. Das von Lucent patentierte VSAL-Verfahren (Very Small Aperture Laser) in VCSEL-Anordnung (Vertical Cavity Surface Emitting Laser) kann gleichzeitig zum Schreiben und Lesen genutzt werden.

Bisher ließ sich VCSEL nicht zur Datenspeicherung einsetzen. Die nötige Energiedichte stand bei diesen senkrecht emittierenden Multilaserchips nicht zur Verfügung. Siros gibt an, dass die eigenen VSAL-VCSEL mit der 80fachen Energiedichte (5 mW/mm²) wie herkömmliche VCSEL (0,06 mW/mm²) nutzbar sind. Die optische Öffnung ist deutlich kleiner als die Wellenlänge des abgestrahlten Laserlichts. Der Abstand zur speichernden Oberfläche entspricht der halben optischen Öffnung. Das reflektierte Streulicht wird zum Lesen genutzt.

Dr. Robert Thornton, Director bei Siros, hat bereits 40 Patente zu Halbleiter-Lasertechniken. Siros hält noch weitere 10 Patente. Investoren sind Al Shugart (Gründer von Shugart und Seagate), Dow Chemical, EMC, HP, TDK und Lucent.

Constellation 3D

Die von C3D (Constellation 3D) im Jahr 2000 vorgestellten Speichermedien bestehen aus mehreren Schichten von Polycarbonat, ähnlich wie DVDs. Die Reflektion entsteht allerdings nicht an dünnen Metallschichten, sondern an fluoreszierendem Material, das in die Pits der gepressten Oberflächenstruktur eingebracht wird. Bei dieser Technik werden zusätzliche Filter benötigt, um das Laserlicht vom fluoreszierenden Licht zu trennen und um die optischen Lauflängen für die unterschiedlichen Schichten (derzeit zehn Schichten) zu unterscheiden.

Die FMD (Fluorescent-Multilayer Disk) soll etwa 140 GByte speichern. In der ersten Generation mit rotem Laser und ein oder zwei Schichten soll die FMD von C3D noch lesekompatibel zu den herkömmlichen DVDs sein. Constellation 3D selbst ist inzwischen von der Bildfläche verschwunden, die Technologie wurde angeblich von europäischen Investoren übernommen.

Dataplay

Die DataPlay-Technik umfasst ein briefmarkengroßes Lese-/Schreibgerät und eine entsprechend kleine Plastikscheibe als rotierenden Datenspeicher. Dataplay-Geräte und Speicherscheiben werden gerade in den Markt eingeführt. Das eigentliche Medium im Inneren hat einen Durchmesser von 32 mm. Die gesamte Cartridge ist mit 39,5 x 33,5 x 3 mm für ihre Kapazität gleichfalls zierlich ausgefallen.

Derzeit werden bis zu 500 MByte (250 MByte je Seite) gespeichert. Das entspricht bis zu elf Stunden komprimierter, digitaler Musik. Vorläufig ist das auch die Hauptanwendung. Die Musikdaten sind verschlüsselt, der Käufer bekommt einen digitalen Schlüssel, wenn er den Datenträger bezahlt. Ein großer Pufferspeicher (bis zu zwei Musikstücke) nimmt die vorausgelesenen Daten auf. Dies soll gewährleisten, dass bei Erschütterungen und nochmaligem Datenlesen das Abspielen der Musik unterbrechungsfrei erfolgt. DataPlay fertigt die Laufwerke für verschiedene Produkthersteller in China. Imation liefert unbespielte und bespielte Datenscheiben.

Hyper CD-ROM

Die Hyper CD-ROM ist ein dreidimensionaler optischer Speicher. Die rotierende Scheibe mit dem üblichen Durchmesser von 120 mm kann bei einer Dicke von 10 mm (1,2 mm bei DVD und CD-ROM) auf etwa 10.000 Ebenen beschrieben werden. Auf den verschiedenen Lagen wird in fluoreszierenden Schichten durch Laserbestrahlung selektiv die Fluoreszenz verändert. Das reflektierte Licht hat eine andere Farbe. Es wird nicht von anderen dazwischenliegenden Schichten beeinflusst und kann damit relativ störungsfrei gelesen werden. Die veränderte Fluoreszenz ist bei normalen Umgebungstemperaturen (bis 550 Grad Celsius) stabil. Erste Hyper-CDs sollen etwa 10 TByte speichern können. Kapazitäten bis 1 PByte sind nach Meinung des Erfinders theoretisch möglich.

Der Erfinder, Dr. Eugen Pavel aus Bukarest, erhielt im November 1999 auf der EUREKA-Konferenz in Brüssel eine Goldmedaille. Die Technologie ist in 21 Staaten mit über 60 Patenten abgesichert. Die an anderer Stelle beschriebene Technik von C3D beruht teilweise auf den hier beschriebenen Entwicklungen.

Optical Super Density

Maxoptix hat eine Reihe von Techniken zum OSD-Speicher (Optical Super Density) gebündelt. OSD ist eine Variante der MO-Technik. Mit einer sehr hohen nummerischen Apertur von 0,8 bis 0,85 will man kleinere Bitzellen und damit dichteren Speicher erzeugen. Mit OCIR (Overcoat Incident Recording) wird die Schutzschicht über dem Speichermedium sehr viel dicker als bei Festplatten und sehr viel dünner als bei herkömmlichen MOs. Das ist die Voraussetzung für die Nutzung der Optik mit hoher nummerischer Apertur. Mit Surface Array Recording (SAR) werden beide Seiten der rotierenden Scheibe gleichzeitig beschrieben oder gelesen. Die Linse ist gegenüber dem Kopf zurückgezogen (Recessed Objective Lens = ROL). Diese soll zusammen mit dem so genannten ACS (Air Clear System) eine Verschmutzung der Optik vermeiden.

Dank MFM (Magnetic Field Modulation) werden mittels eines kleinen magnetischen Kopfes sehr nahe an der Oberfläche mit kleinen Strömen und damit schneller, kleinere Bits geschrieben. Beim Lesen wird die obere Schicht erwärmt, und die Einzelbits werden abgeschirmt, wodurch sich kleinere, dichter positionierte Bits schneller lesen lassen.

Maxoptix hat dafür den Begriff Magnetic Super Resolution (MSR) geprägt. Mit weiteren Verbesserungen und blauem Laser sollen 80 bis 100 GByte Speicherkapazität je Scheibe erreicht werden.

Ursprünglich sollten OSD-Geräte im Jahr 2000 auf den Markt kommen. Neue Techniken haben aber ihre eigenen Gesetze - bisher ist kein entsprechendes Gerät verfügbar. Maxoptix konzentriert sich inzwischen auf seine Tape- und MO-Aktivitäten.

Speichern auf Tesafilm

An der Universität Mannheim haben Dr. Steffen Noehte und Mathias Gerspach 1999 herausgefunden, dass Tesafilm sich als Datenspeicher nutzen lässt. Dr. Noehte arbeitet inzwischen am EML (European Media Lab) in Heidelberg weiter an dieser Technik.

Auf einer handelsüblichen Rolle von 10 Meter Länge und 19 mm Breite sollen sich theoretisch 10 GByte Daten speichern lassen. Die Informationen können durch die einzelnen Lagen der Rolle hindurch gelesen und geschrieben werden. Das Schreiben der Daten erfolgt optisch mit einem gebündelten Halbleiterlaser.

Inzwischen gibt es ein eigenes Unternehmen namens tesa scribos, das sich um die holographische Datenspeicherung auf Tesafilm kümmert. Ein Anwendungsgebiet ist unter anderem das Schreiben von so genannten Holospots zum Aufkleben. Dabei handelt es sich um ein Hologramm, das in modifizierten Tesafilm geschrieben wird. Mit Holospots sollen sich beispielsweise Produkte fälschungssicher kennzeichnen lassen. Die in einem Holospot enthaltene Datenmenge ist zirka 1000 Mal größer als die eines herkömmlichen Barcodes.

Ausblick

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit klafft bei einigen der vorgestellten Projekte eine deutliche Kluft. Insbesondere wenn es um den Zeitraum zwischen der Präsentation von Prototypen und Visionen bis hin zur Einführung von marktreifen Produkten geht. Darüber hinaus stammen einige Entwicklungen aus der gegenüber Start-up-Firmen freundlicheren Zeit Ende der 90er Jahre. Solange es wirtschaftlich noch vertretbar ist, wird häufig bestehende Technologie ausgereizt. Ob und wann es von welcher Technologie wirkliche Endprodukte geben wird, lässt sich daher oft nur schwer sagen. (mje)

Der Autor

Hermann Strass ist Berater für neue Technologien, insbesondere für Busarchitekturen, Massenspeicher sowie industrielle Netzwerke und Automation, Mitglied in nationalen und internationalen Normungsgremien, in der IEEE Computer Society und Technical Coordinator der VITA in Europa. Daneben ist er Autor von Fachbüchern und Zeitschriftenartikeln und organisiert Seminare.