Citrix gegen VMware

XenServer 5 im Test

17.02.2009 von Andrej Radonic
Der XenServer von Citrix liegt in der Version 5 vor. Die Server-Virtualisierungslösung bietet neue Funktionen zur Hochverfügbarkeit und zum Servermanagement sowie verbesserten Support für Storage-Systeme und Windows-Gäste. Unser Test deckt die Stärken und Schwächen von XenServer 5 auf.

Unter dem Codenamen „Orlando“ konnten Mitte 2008 die Anwender die XenServer Version 4.2 im Betastadium testen. Ende des Jahres veröffentlichte Citrix dann offiziell den XenServer 5. Laut Hersteller wurden während der Testphase über 130 Änderungen durchgeführt und damit begründete Citrix den Versionssprung.

Die 5er-Version der Virtualisierungsplattform von Citrix enthält, unterstützt durch zahlreiche Assistenten, eine deutlich komfortablere Administration. Zu den Neuerungen und Verbesserungen gegenüber der Vorgängerversion zählen Hochverfügbarkeitslösungen einschließlich Auto-Restart und Failover-Technologien. Eingebaut ist zudem ein erweiterter Support für Replikations- und Remote-Mirroring-Aufgaben der virtuellen Maschinen.

Über die Open-Storage-APIs sind Funktionen wie Snapshot, Clone, Replikation, De-Duplikation möglich. Zusätzlich wird das Provisioning mit Speichersystemen von Drittanbietern ermöglicht. Zu den unterstützten Herstellern gehören EqualLogic und NetApp. Dabei arbeitet der XenServer 5 mit allen gängigen Speichertechnologien und Speicherprotokollen wie DAS, NAS, SAN, Fibre-Channel oder iSCSI zusammen.

Zahlreiche Lösungen zur Server-Virtualisierung wie Microsoft Windows Server Hyper-V oder VMmware ESX 3.5 sowie der hier getestete Citrix XenServer 5 buhlen um die Gunst der Anwender. Welche Stärken und Schwächen die Server-Virtualisierungslösung XenServer 5 von Citrix hat, zeigt unser Test.

Installation

Die Installation erfolgt wie immer von zwei CDs oder per PXE-Boot aus dem Netz. Ein von der Linux-Variante CentOS entlehnter und leicht modifizierter Assistent leitet nach dem Booten in etwas über einem Dutzend Schritten durch die Einrichtung des Systems. Da das Host-System (in Xen-Terminologie "Domain 0") 64-Bit-Software ist, wird zwingend ein ebensolcher Prozessor vorausgesetzt sowie mindestens ein GByte RAM und 16 GByte Festplattenplatz.

Installationshilfe: Ein von CentOS entlehnter Assistent geleitet den Anwender durch die Installation von XenServer.

Für alle, die bereits XenServer im Einsatz haben, ist erfreulich, dass ein direktes Upgrade von einer Version 4 möglich ist und auch reibungslos funktioniert. Bei diesem Vorgang wird die während der ursprünglichen Installation angelegte Backup-Partition genutzt, auf der automatisiert eine Sicherung des Systems angelegt wird. Sollte etwas schief gehen, ermöglicht die Host-Restore-Funktion ein komplettes Rollback auf die vorige Version.

Sofern mindestens zwei Server in einem Pool betrieben werden, kann das Upgrade sogar ohne Downtime erfolgen - der Upgrademechanismus verschiebt dazu die laufenden VMs automatisch auf einen anderen Server im Pool.

Verbessertes Management

Nach dem ersten Boot-Vorgang nach der Installation überrascht den Administrator die erste Neuerung - die Menü-Konsole xsconsole, die sämtliche administrativen Operationen ermöglicht, über die Systemparameter und -zustände informiert und gerade Neulingen die Benutzung des mächtigen Kommandozeilenprogramms "xe" erspart. Dieses verfügt inzwischen über zirka 270 Befehle und erfordert dementsprechend einen höheren Lernaufwand.

Zusätzlich ermöglicht der grafische Kommandostand XenCenter die komfortable Remote-Administration kompletter Server-Farmen (außer in der Express Edition - hier sieht man immer nur einen Server). Das Tool ist aber weiterhin nur als .Net-Programm für Windows verfügbar.

Schaltzentrale: XenCenter ist das grafische Administrations-Tool für die Virtualisierungssoftware von Citrix.

Um auch größere Server-Umgebungen effizient administrieren zu können, verfügt der XenCenter nun über mehr Steuerungsfunktionen bei der Storage-Verwaltung. Tagging- und Suchfunktionen verbessern zudem den Überblick über die Systeme und die grafisch aufbereiteten Performance-Daten reichen nun bis zu zwei Jahre zurück. Außerdem kann sich der Administrator bei Erreichen definierter Auslastungszustände oder Nichtverfügbarkeit virtueller Maschinen per E-Mail benachrichtigen lassen.

Das Pooling der XenServer innerhalb einer homogenen Rechnerumgebung sorgt für die zentrale Definition der Infrastrukturparameter für Netzwerkanbindung und Storage. Gleichzeitig bildet der Pool die Grundlage aller weitergehenden Funktionen wie Live Migration ("XenMotion" genannt) sowie der Funktionen für Hochverfügbarkeit.

Erweiterte Unterstützung für Storage-Systeme

Bevor man virtuelle Maschinen einrichtet, wird man sich erst einmal um die Einbindung der Speicherumgebung kümmern. Dies gelingt nun weitgehend aus der grafischen Oberfläche heraus, so dass die einschlägigen xe-Kommandos nur selten bemüht werden müssen.

Das Produkt unterstützt alle gängigen Speichertechnologien und -protokolle von NFS, DAS, NAS, FC bis iSCSI. Citrix hat weitere Hersteller zertifiziert, so dass XenServer 5 beispielsweise mit den 8-Gigabit-Host-Bus-Adaptern (HBA) von Qlogix und Emulex zurechtkommt.

Der große Vorteil gegenüber früheren Versionen besteht darin, dass alle wichtigen Einstellungen von XenCenter aus vorgenommen und eingesehen werden können, inklusive dem Einbinden einer LUN von einem SAN.

Hilfsarbeiter: Ein Storage-Wizard in XenCenter hilft bei der Anbindung von Speichersystemen

Citrix verfolgt einen eigenen Ansatz zur Integration von Storage-Systemen, bei dem Speichersysteme mittels eines offenen API angebunden werden. XenServer führt Storage-Operationen wie Cloning oder Snapshotting dann nicht selbst aus, sondern überlässt dies den Speichersystemen, die entsprechende Funktionen durchweg selbst mitbringen.

Dieser Ansatz manifestiert sich bislang bei den Systemen von Netapp und Dell Equallogic mit Unterstützung für Fast-Clones, Disk-Snapshots, Deduplizierung und Thin-Provisioning. Windows-VMs profitieren dabei von automatisierbaren Disk-Snapshots. Dabei beherrschen die Treiber für FC- und iSCSI-HBAs nun Multipathing. Zusätzlich sorgt NIC Bonding im Active/Active-Modus für bessere Performance und höhere Betriebssicherheit.

Verbesserungen für Windows-Gäste

Bei der Erzeugung und Verwaltung von virtuellen Maschinen sieht man die Verbesserungen erst auf den zweiten Blick. Neben der erweiterten Unterstützung für Linux-Systeme, die nun auch Red Hat 5.2 und Novell SUSE 10 SP4 umfasst, hat sich das meiste bei Windows getan. Es werden nun alle Windows-Varianten unterstützt, bei Windows 2008 sowohl im 32- als auch 64-Bit-Modus.

Windows 2008-Gäste können wahlweise auch mit den von Microsoft gelieferten Enlightenments betrieben werden. Dies sind paravirtualisierte Treiber aus Redmond. Alternativ können hierzu wie immer die XenServer-Tools im Windows-System installiert werden, welche den Netzwerk- und Plattendurchsatz noch weiter beschleunigen sollen.

Snapshots für die VMs

Die Tools bringen nun optional auch einen Microsoft VSS-Provider mit, um Windows-kompatible "Schattenkopien" des VM-Dateisystems zu erstellen. Für alle VM-Typen steht nun eine generelle Snapshot-Funktion zum schnellen Sichern ohne Ausfallszeit zur Verfügung. Bisweilen fällt bei VM-Installation von CD die umständliche Handhabung auf, wenn eine zweite oder dritte CD benötigt wird. Dies hat VMware besser gelöst.

Der oft geäußerte Wunsch nach einem Windows-P2V-Werkzeug (physical-to-virtual) wurde ebenfalls erfüllt: mit XenConvert steht ein kostenloses Windows-Programm bereit (und löst damit das inoffizielle "x2va"-Tool ab), das aus einem physischen oder virtuellen Windows-System ein in XenServer importierbares OVA-Paket generiert. Leider unterstützt das Tool bislang keine partitionierten Systeme.

Zusätzlich entsteht im Rahmen des Projekts Kensho ein Werkzeug, das den offenen Standard "Open Virtualization Format" (OVF) für den Im-, Ex- und Transport von virtuellen Maschinen künftig auch für XenServer ermöglichen wird. Eine Beta-Version ist bereits verfügbar.

Funktionen zur Hochverfügbarkeit

Den meisten Rechenzentren wird vor allem der hochverfügbare Betrieb der virtualisierten wichtig sein, den die eingebauten High-Availability-Funktionen von XenServer 5 nun ermöglichen. Hierzu wurde die Basis des bislang separat erhältlichen everRun VM von Marathon in XenServer Enterprise und Platinum übernommen. Damit können VMs, deren virtuelle Laufwerke in einem Shared Storage liegen, automatisch auf einem lauffähigen XenServer-System neu gestartet werden, falls der Host ausfällt.

Zusatzaufgaben: Auch die Funktionen für Hochverfügbarkeit lassen sich über XenCenter steuern.

Heartbeat-Mechanismen wachen permanent über den Zustand von Netzwerk und CPU der Server im XenServer-Pool und sorgen mittels Fencing-Mechanismus auch dafür, dass ein plötzlich wieder erreichbarer Rechner nicht versehentlich seine VMs zusätzlich neu startet. Die Steuerung und Überwachung erfolgt ebenfalls via XenCenter.

Anwender mit höheren Anforderungen an Ausfallsicherheit und HA-Levels können Marathon everRun VM zusätzlich kaufen und mit XenServer integrieren. Sie verfügen dann neben dem schon mit XenServer gelieferten Level 1 weiterhin über Level 2 und den ab 2009 verfügbaren Level 3 mit "Lockstep Option" mit 99,99 Prozent Verfügbarkeitsgarantie.

Disaster-Recovery-Konzepte konnten mit bisherigen Versionen von XenServer nur manuell realisiert werden und beruhten darauf, dass eine XenServer-Installation wie ein Appliance behandelt wurde: Im Notfall mussten dazu die XenServer-Hosts neu installiert und die Metadaten der VMs von Hand eingespielt werden.

Hierfür gibt es nun eine eigene Recovery-Funktion: Der Administrator kann zeitgesteuerte Backups von VM-Metadaten auf Basis von "Portable Storage Repositories" einrichten. Damit können die Metadaten in die DR-Site gespiegelt und für den schnellen Wiederaufbau der gesamten Infrastruktur genutzt werden, da das Storage Repository sämtliche Daten der VM wie auch ihrer Konfiguration enthält.

Strategische Aspekte von Citrix XenServer 5

Die traditionell enge Kooperation mit Microsoft hat Citrix auch im Virtualisierungsgeschäft weiter vorangetrieben. So dürfen sich Anwender darüber freuen, dass für XenServer 5 eine Microsoft-Zertifizierung gemäß MS Virtualization Validation Program (SVVP) besteht. Deshalb gibt es für Windows-Gäste von Microsoft denselben Support wie beim Betrieb direkt auf Hardware. Dies hilft, letzte Bedenken und Hürden für das Virtualisieren gerade kritischer Systeme auszuräumen.

Daneben ist es keine Überraschung, dass XenServer das von Microsoft entwickelte VHD-Format vollständig unterstützt, so dass Anwender auf Tools von Dritt-Herstellern zurückgreifen können, wie etwa Viren-Scanner oder für Backups in VMs.

Es bleibt die Frage, wie sich Citrix gegenüber Microsoft behaupten will. Die offizielle Version lautet, dass Hyper-V für diejenigen Kunden prädestiniert ist, die eine im Betriebssystem integrierte Virtualisierungsplattform bevorzugen, während XenServer jene Anwender anspricht, die mehrere unterschiedliche Betriebssysteme virtualisieren müssen.

Fazit

War XenServer bislang schon ein gutes Produkt, so musste es sich im Feature-Vergleich - aller Hersteller-Argumentation zum Trotz gegen VMware ESX letztlich immer knapp geschlagen geben. Mit Version 5 hat Citrix sein Versprechen eingelöst, eine führende Enterprise-Virtualisierungsplattform zu schaffen. Diese präsentiert sich sowohl vom Funktionsumfang als auch der Ausführungsqualität auf einem zeitgemäßen Niveau und absolut vergleichbar mit den Produkten des Marktführers.

Stärken und Schwächen von Citrix XenServer 5

Plus

Minus

Vollständige Virtualisierungsplattform

XenConvert noch unvollständig

Einfache Installation

Grafische Administration nur als Windows-Programm, keine Browser-basierende Konsole

Grafische Administration

Konsole mit Menüoberfläche für Kommandozeile

Integrierte Funktionen für Hochverfügbarkeit

Unterstützung aller Windows-Versionen und vieler Linux-Distributionen

Das einfache Handling in Verbindung mit der Unterstützung für viele verschiedene Betriebssysteme machen das Produkt für einen breiten Anwenderkreis attraktiv. Im Hinblick auf Betriebssicherheit der VMs und der Server-Infrastruktur liefert die Enterprise-Edition alles Nötige mit. Aus Sicht der Administration dürften auch große Serverfarmen nun gut in den Griff zu bekommen sein, ohne auf zusätzliche Tools oder eigene Programmierung angewiesen zu sein. (hal)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation Computerwoche.