Zuerst sollte der Funknetzplaner den Bandbreitenbedarf seiner WLAN-User durchkalkulieren und sich die Frage stellen: Wie viele Notebooks, Tablets und Smartphones werden für welche WLAN-Anwendungen wie lange pro Tag in welchen Räumen benötigt?
Auf dieser Bedarfsabschätzung muss der Funknetzarchitekt dann WLAN-Design- und Kaufentscheidungen treffen: Wo genau soll er welche Sorte Funkstationen im Gebäude positionieren, damit sie optimale Signalstärken, Speed und Coverage entfalten? Welche Art und Menge von WLAN-Routern, Access Points, Antennen, Netzteilen, PoE-Adaptern und Ethernet-Kabeln muss man für diesen Rollout kalkulieren und bestellen? Ist das Projekt dann final ausgerollt, sollte er die Qualität des fertigen Hotspots testen, im laufenden Betrieb verfeinern und an das weitere Traffic-Wachstum anpassen.
Bei der Planung kann ein sogenannter Site Survey helfen. Je größer das geplante Funknetz und je schwieriger die Funkverhältnisse, desto aufwendiger der Site Survey. Aruba und weitere WLAN-Lieferanten unterscheiden vier Schwierigkeitsgrade:
Virtual Site Surveys auf Basis der Baupläne, ohne Vor-Ort-Begehung, nur mit Software;
Passive Site Surveys mit Datenanalysen aus bereits aktiven Access Points vor Ort;
Aktive Site Surveys aus neuen Datenreihen mit provisorisch aufgebauten Access Points;
Komplexe Site Surveys, wie unter Punkt 3, aber mit zusätzlichen Spektralanalysen.
In der Praxis lassen sich diese Methoden auch kombinieren. Um es gleich vorweg zu sagen: Ein guter Funknetzplaner mit viel Projekterfahrung durchwandert das Gebäude mit wachem Auge und weiß danach schon aus dem Bauch heraus ziemlich genau, wo er die Funkstationen positionieren würde, um hohe Coverage und trotzdem geringe Interferenzen zu bekommen. Wer so jemanden kennt, sollte ihn für ein paar Stunden konsultieren und das Gebäude gemeinsam zu inspizieren.
Virtual Site Survey mit Aruba Visual RF Plan
Visual RF Plan ist eine kostenlose Planungssoftware für Virtual Site Survey WLAN, in die man Gebäudepläne einlesen kann. Den Wänden und Decken kann man eine Dicke zuordnen, etwa 30 cm, und eine Verlustleistung, zum Beispiel 3 dbi. Daneben fragt das Programm: Welche und wie viele Endgeräte sollen auf welcher Fläche und mit welchem Speed versorgt werden. Welche konkreten Access-Point-Modelle sollen dafür verwendet werden?
Das Modell spuckt dann die Anzahl der benötigten APs und deren optimale Positionierung im Gebäude oder im Gelände aus. Je genauer man das Modell mit Daten füttert, desto relevanter wird das Ergebnis.
So eine virtuelle Funknetzplanung ohne Vor-Ort-Recherchen klappt aber nur bei unkomplizierten Gebäuden, zum Beispiel bei einem einstöckigen Großraumbüro ohne Funkhindernisse, ohne aktive Funkstörer, mit identischen Abständen zwischen allen Schreibtischen, mit guter Gleichverteilung aller Mitarbeiter im Raume und mit überall gleich "schweren" Applikationen auf allen WLAN-Endgeräten aller Mitarbeiter. In diesem idealen Fall könnte man zum Beispiel rundumstrahlende OMNI-APs mit integrierten Down-Tilt-Antennen in exakt gleichen Abständen an die Decke montieren und sich dann auf eine gleichmäßige Funkversorgung im gesamten Großraumbüro freuen.
Laut Markus Handte, Senior Systems Engineer bei Aruba Networks, werden 95 Prozent der Fälle mit Aruba Visual RF Plan gut berechnet. Bei den restlichen 5 Prozent handele es sich um Sonderfälle, bei denen man eine Ortsbegehung benötigt - zum Beispiel um Büros mit metallbedampften Scheiben. Die erkennt man aus den Plänen meist nicht. In solchen Fällen brauche man eine Kombination aus Bauplänen und Ortsbegehung.
Virtual Site Survey mit Ekahau Site Survey
Die Ekahau-Site-Survey-Professional-Software dient zur Planung neuer sowie zur Analyse und Verbesserung bestehender Wi-Fi-Netze. Sie unterstützt unter anderem:
Planung von WLAN-Netzen in 2-D und 3-D mit Importfunktion für CAD- und Vektor-Dateien, automatisierte Platzierung von Access Points, Visualisierung von Abdeckung und Netzwerkleistung, Strahlungsdiagramme aller gängigen Antennentypen und Planungsfunktion für Netzwerkerweiterungen;
Site Surveys in Wi-Fi-Netzen, passiv, aktiv und hybrid, mit GPS-Unterstützung bei Outdoor Surveys;
Visualisierung von Signalstärken, Signalrauschabständen, Interferenzen, Datenraten, Überlappung von Funkzellen, Paketverlusten, Roaming, Round-Trip-Zeiten, Lokalisierung von Access Points sowie Spektralanalysen für die Erstellung von Reports und Mess-Protokollen;
Analyse und Behebung von Netzwerkfehlern und Wi-Fi-Störungen, wie etwa defekte APs, fremde APs, falsch konfigurierte SSIDs, falsch konfigurierte Sicherheitseinstellungen, Paketverluste, zu hohe Latenzen oder übermäßige Interferenzen.
Eine abgespeckte Version namens Ekahau HeatMapper gibt es für private WLANs kostenlos im Web.
Passive Site Surveys
Bei passiven Site Surveys werden die Funkverkehrsdaten aus bereits erbauten Wi-Fi-Netzen heraus analysiert. Daraus kann der Funknetzplaner ableiten, wie und wo das Netz erweitert und verbessert werden sollte.
Diverse Tools zur Optimierung von Wi-Fi-Netzwerk sind bei einigen Herstellern auch direkt in die APs eingebaut. So bietet etwa Lancom Systems einen Spektral-Scanner in seinem LCOS-8.80-Operating-System an. Er kann die Auslastung einzelner WLAN-Kanäle zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in zeitlicher Abfolge anzeigen. Daraus lassen sich Interferenzen, Fehler, Schwachstellen und Engpässe im Funknetz erkennen.
Aktive Site Surveys mit Messungen vor Ort
In der Praxis stehen oft Stahlschränke, Stahlbetonpfeiler, Aufzugsschächte, metallbedampfte Scheiben und weitere Funkhindernisse mit komplexen Auswirkungen mitten im Großraumbüro. Dadurch kann es an manchen Stellen zu Funklöchern und -abschattungen kommen. An anderen Stellen können auch ungeplante Funkverstärkungen oder -interferenzen durch Metallflächen entstehen.
In solchen Fällen versagt die rein softwarebasierte Funknetzplanung via virtuellen Site Survey. Dann hängt, stellt oder klebt man lieber ein paar provisorische Access Points an die vermutlich günstigsten Stellen im Gebäude. Danach kontrolliert man die resultierenden Signalstärken und Speed-Werte des provisorischen Wi-Fi-Netzes mit einem Notebook-, Tablet- oder Smartphone-basierten Wi-Fi-Mess-Tool. Auf Basis dieser Messwerte verfeinert man die Position der Access Points so lange, bis das Ergebnis insgesamt befriedigt. Am Ende werden die Access Points dann fest montiert und verkabelt.
Aktive Site Surveys mit dem Network Stumbler
Im finalen WLAN-Netzwerk strebt man in der Regel einen möglichst hohen WiFi-Datendurchsatz sowie eine möglichst geringe Überlappung der Kanäle an. Kostenlose Freeware-WiFi-Messtools wie Network Stumbler, InSSIDer oder Xirrus Wi-Fi Inspector leisten dabei wertvolle Dienste, weil man damit visualisieren kann, was sich im Funknetz abspielt.
Der NetStumbler war über Jahre sehr beliebt, weil übersichtlich und präzise. Derweil ist er veraltet, denn seine Entwicklung wurde eingestellt. Er läuft auf Windows 95, 98, 2000 und XP. Die erkannten Netzwerk-Modi reichen von 11a über 11b bis 11g. Die Modi 11n und 11ac werden nicht erkannt. (cvi)