Windows XP Final

27.09.2001 von Mike Hartmann
Windows XP hat offensichtlich die finalen Tests überstanden und hat den von vielen lang erwarteten Status RTM erreicht. Bis zum 25.10. laufen die Produktionsmaschinen auf Hochtouren um das 'beste Windows aller Zeiten' in die Regale zu bringen.

Nur ein knappes dreiviertel Jahr nach Windows ME bringt Microsoft bereits sein nächstes Windows auf den Markt: Das in Expertenkreisen lang erwartete Windows XP. Mit Windows XP geht Microsoft endlich davon ab, zwei verschiedene Windows-Produktlinien zu fahren. Auf den ersten Blick scheint das für den Kunden kein nennenswerter Vorteil. Doch die Auswirkungen sind erheblich.

Gerade bei Bugfixes waren Benutzer von Windows 98/Me gegenüber 2000 immer im Nachteil, wie auch die tecChannel-Bugreports zeigen. Dedizierte Servicepacks gibt es für 98/Me überhaupt nicht, und Fehlerbereinigungen sind zumeist nur auf Anfrage beim (kostenpflichtigen) Support erhältlich. Dafür sind für Windows 98/Me Treiber in Hülle und Fülle verfügbar.

Anders dagegen das Bild bei Windows 2000. Regelmäßige Servicepacks und Fixes für schwerwiegende Bugs sind hier leicht zu bekommen. W2K kommt vornehmlich in Firmennetzwerken zum Einsatz und Microsoft will diese Klientel nicht vergraulen. Dafür gibt es an mancher Stelle Engpässe bei der Versorgung mit passenden Treibern, besonders bei Druckern oder Scannern.

Windows XP stellt also allein in dieser Hinsicht eine deutliche Verbesserung dar und zwar für alle Anwender, egal ob Heimuser oder Netzwerkadministrator. Die einen bekommen jetzt bessere Unterstützung und die anderen endlich alle benötigten Treiber.

Hardware-Hersteller werden die neue Situation auch begrüßen. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, spart es enorm Kosten, wenn man seine Treiber nur noch für ein Windows schreiben und warten muss. Die frei werdenden Ressourcen lassen sich entweder einsparen oder für andere nützliche Projekte einsetzen, etwa Treiber für das sich immer weiter verbreitende Linux.

Leistungsfähigkeit contra Einfachheit

Allein mit einer gemeinsamen Plattform für Home- und Profibenutzer lässt sich ein neues Windows allerdings nicht verkaufen. Auch nicht mit dem Spruch von Bill Gates: "Das Beste Windows aller Zeiten!" Das ist in gewisser Hinsicht jedoch keine Neuigkeit, denn ein schlechteres Windows ließe sich ja schwerlich verkaufen. Die eigentlich Frage ist: wieviel besser ist Windows XP also Windows 98/Me beziehungsweise Windows 2000. Reichen die neuen Funktionen aus, um die Kosten für das Upgrade zu rechtfertigen?

Zudem hatte Microsoft ein entscheidendes Problem lösen: Die Entwickler aus Redmond mussten die Leistungsfähigkeit von Windows 2000 mit der einfachen Benutzung von Windows Me in Einklang bringen. Denn XP ist keine Mischung aus Windows 98 und Windows 2000, sondern ein aufgebohrtes Windows 2000. Der ursprüngliche Win-98-Code ist mit großer Wahrscheinlichkeit nur in homöopatischen Dosen in Windows XP zu finden.

Versionen und Verfügbarkeit

Hinsichtlich der Preispolitik für Windows XP hat Microsoft sich einen Lapsus geleistet, der viele Power-User verärgern dürfte. Ein Upgrade von Windows 2000 auf XP Home ist nicht vorgesehen. Damit straft Microsoft all die Anwender ab, die wegen der Stabilitätsmängel von Windows 98/Me eine teure Lizenz für Windows 2000 gekauft haben. Firmen dagegen, die Windows 98 einsetzen, dürfen auf XP Professional upgraden. Sie sind nicht zuletzt deswegen dazu genötigt, weil sich XP Home nicht in eine Windows-Domäne einbinden lässt.

XP Home unterstützt zudem lediglich eine CPU, wohingegen die Professional bis zu zwei Prozessoren ausnutzt. Zwar bieten beide Versionen die Remote-Unterstützung, doch der Remotedesktop, mit dem man ein XP-System aus der Ferne warten kann, bleibt den Professional-Nutzern vorbehalten. Auch das "Offline Files and Folders" genannte Feature, das die Synchronisierung von Dateien zwischen Netzwerk und Rechner erlaubt, ist in der Home-Edition nicht enthalten. Die Rechteverwaltung für Dateien und Ordner beschränkt sich beim kleinen Bruder auf einige rudimentäre Funktionen. Transparente Verschlüsselung ist gar nicht möglich. Der Network Monitor, mit dem sich der Datenverkehr auf einer Netzwerkverbindung überwachen lässt, fehlt ebenfalls.

Windows XP Preise

Version

Vollversion

Upgrade

möglich von

* Der deutsche Preis für die Vollversion der XP Professional steht noch nicht fest.

Home

489 Mark

254 Mark

Windows 98/SE/Me

Professional

299 Dollar*

489 Mark

Windows 98/SE/Me/XP Home/NT 4/2000 Professional

Installation

Windows XP unterstützt den Anwender schon im Vorfeld der Installation beinahe optimal. So bietet die CD Tools zur Überprüfung der Systemkompatibilität und zur Übertragung von persönlichen Dateien und Einstellungen. Das ist besonders dann hilfreich, wenn man sich an den Grundsatz hält, eine neue Windows-Version niemals als Update sondern immer als Neuinstallation einzuspielen.

Ärgerlich hingegen ist, dass der Benutzer bei XP nicht mehr im Vorhinein auswählen kann, welche Komponenten installiert werden sollen und welche nicht. Es ist auch nicht unbedingt nachvollziehbar, nach welchen Kriterien bestimmte Komponenten per default installiert werden und andere wiederum nicht. So wird beispielsweise, unabhängig von einem installierten Netzwerk-Gerät, die komplette Sammlung von Internetspielen eingerichtet, obwohl diese ohne Internetzugang nicht funktionieren. Dass die Installations-Routine dabei auch DHCP - und DNS -Clientd einrichtet und startet ist ebenso unverständlich.

Neu ist die Möglichkeit, sich noch während der Installation aktualisierte Dateien aus dem Internet herunterzuladen. Das funktioniert allerdings nur, wenn man das Setup von Windows aus startet. Beim Booten von CD ist dies nicht möglich.

Installationsoptionen

So richtig ärgerlich wird es dagegen, wenn man versucht einige Komponenten zu deinstallieren. Der MSN-Explorer, der parallel zum Internet Explorer installiert wird, lässt sich zum Glück relativ einfach wieder aus dem System verbannen. Für den Windows Messenger dagegen bietet XP keine Option an. Firmenchefs werden gar nicht gerne hören, dass beispielsweise der Flipper nicht ohne Umwege zu löschen ist. Den MovieMaker wird man auch mit viel Tricksen nicht mehr los. Auch der umstrittene Diskeeper ist wieder dabei und wird ohne Option zur De-Installation einfach eingerichtet.

Eine weitere Kritik: Man kann nicht alle notwendigen Einstellungen (etwa Sprache, Zeitzone, Netzwerk) auf einen Schlag vornehmen. Stattdessen erledigt XP erst einen Teil der Installation, fragt dann ein paar weitere Daten ab, erledigt einen weiteren Teil und fragt wieder nach. Man ist also gezwungen, knapp eine Stunde bei seinem Rechner zu bleiben und die Installation zu überwachen.

Um das Anlegen von Benutzern zu vereinfachen, bietet Windows XP während der Installation einen Dialog an, in dem sich alle Benutzer schnell eintragen lassen. Diese werden dabei zunächst ohne Passwort als Computeradministratoren eingetragen - nicht gerade ein Sicherheitsfeature.

Aktivierung

Hinsichtlich der Aktivierung hat sich Microsoft lange Zeit in Schweigen gehüllt. Aus Redmond konnte man nur erfahren, dass sie zwangsweise eingeführt wird, irgendwie mit der im Rechner installierten Hardware zusammenhängt und bei zu groben Hardware-Änderungen erneut durchzuführen ist. Genauere Informationen, etwa welche Komponenten wirklich verwendet, welche Daten genau übertragen werden oder wie viele Änderungen man durchführen kann, blieben lange Zeit ein Geheimnis. Ein Fernsehmagazin ging sogar soweit, seinen Zuschauern zu empfehlen, man solle die Aktivierung unbedingt von einer öffentlichen Telefonzelle aus durchführen.

Im Wesentlichen hat Microsoft das Verfahren zur Aktivierung gegenüber dem Release Candidate beibehalten (mehr dazu auf der nächsten Seite).

Persönliche Daten wie Name oder Adresse müssen bei der Aktivierung nicht angegeben werden. Allerdings haben uns Leser berichtet, dass die Hotline-Mitarbeiter mitunter sehr hartnäckig auf die "Vorteile" einer Registrierung hinweisen. Lassen Sie sich davon jedoch nicht beirren: Man kann auch gut ohne Registrierung auskommen!

Tipps zur Aktivierung

Anstatt wie zunächst im RC1 implementiert nach vier Änderungen eine Neuaktivierung zu verlangen, geht Microsoft jetzt deutlich flexibler damit um. Immerhin geht es ja primär darum, Raubkopien per Harddisk-Kloning zu verhindern. Deswegen lässt XP jetzt auch mehr Änderungen zu. Solange keine Netzwerkkarte installiert ist oder diese nicht verändert wird, sind fünf Hardware-Änderungen zulässig. Eine Änderung des Netzwerk-Adapters führt dazu, dass nur noch zwei weitere Modifikationen erlaubt sind. Bei einem dock-baren Computer (Notebook) sind acht, respektive fünf Änderungen möglich.

Da aber viele der abgefragten Komponenten auf durch den Benutzer veränderbaren Werten basieren, lässt sich auch diese Neu-Aktivierung relativ leicht verhindern.

Anmeldung

Die erste Überraschung bietet der Neustart des Systems. Statt des altbekannten "Press Ctrl-Alt-Del to logon" erwartet den Anwender ein Linux-ähnlicher Logon-Screen. Alle eingetragenen Benutzer sind dort mit einem Icon aufgelistet. Man muss nur noch das entsprechende Icon anklicken und kann dann das Passwort eingeben oder wird gleich eingeloggt, wenn kein Passwort vergeben ist.

Sicherheitstechnisch ist dies ein zweischneidiges Schwert: Ein Eindringling erfährt auf diese Weise sogleich die möglichen Benutzernamen und muss nur noch das Passwort herausfinden. Und das ist häufig nicht sonderlich einfallsreich gewählt. Zumal XP dem Benutzer die Möglichkeit anbietet, auch noch einen Hinweis auf das Passwort einzublenden. Dann reicht oft schon ein wenig "Social Engineering" und das System ist offen.

Immerhin hat Microsoft auf die Kritik reagiert und zumindest den Administrator-Account aus der Liste entfernt. Dafür muss nun beim Einrichten mindestens ein weiterer Benutzer mit Administratorrechten angelegt sein. Optional kann man auch wieder den normalen Logon-Screen einschalten. Dann wird aber automatisch die Möglichkeit zum so genannten Fast-User-Switching deaktiviert. Dasselbe geschieht, sobald der Rechner in eine Windows-Domäne eingebunden wird. Warum, bleibt offen.

Fast-User-Switching ist über das Startmenü zugänglich und bedeutet, dass man einen anderen Benutzer anmelden kann, ohne den vorherigen abzumelden. Es ist also nicht mehr erforderlich, alle Programme zu schließen, wenn man kurzfristig mit Administratorrechten ins System muss. Dies ist vergleichbar mit dem möglichen Einloggen in verschiedene Konsolen bei Lunix-Systemen. Man arbeitet zum Beispiel mit eingeschränkten Rechten als User in einer Konsole und kann zu Administrationszwecken zu einer anderen mit root-Rechten wechseln.

Erster Eindruck

Nach dem Logon präsentiert Windows XP seine neue Oberfläche. Obwohl wir die Professional-Version installiert haben, scheint Microsoft per Default eine Home-User-freundliche Oberfläche einzurichten. Der Desktop ist, abgesehen vom Papierkorb, komplett leer. OEM-Partner können allerdings eigene Symbole und Programme auf dem Desktop unterbringen.

Das Startmenü hat ebenfalls eine Runderneuerung erfahren. Prominent untergebracht sind hier vor allem die "Eigene..."-Ordner mit Zugriff auf Dokumente und "unabdingbare" Anwendungen wie etwa Internet Explorer oder Outlook Express. Der Bereich darunter soll laut Microsoft dynamisch mit häufig benutzten Anwendungen gefüllt werden. Nach welchem Algorithmus XP dies entscheidet, ist beim besten Willen nicht nachvollziehbar. Zumindest Anwendungen, die direkt über den Explorer gestartet werden, tauchen hier überhaupt nicht auf.

Das Startmenü ist in vielerlei Hinsicht frei zu konfigurieren. Für jeden Menüpunkt, wie beispielsweise das Control-Panel, lässt sich einstellen, ob er gestartet oder kaskadierend aufgeklappt werden soll.

Der Desktop

Microsoft hat eine ganze Menge Spielereien und optischen Schnickschnack in XP eingebaut, etwa die so genannten Gradient Bars, animierte Menüs oder Schatten unter Mauszeiger und Menüs. Das kostet einiges an Systemleistung, lässt sich jedoch zum Glück komplett abschalten. Warum sich aber die entsprechenden Optionen in zwei verschieden zu erreichenden Dialogen befinden, ist nicht einzusehen. Einen Teil findet der Benutzer über die Eigenschaften des Desktops und den weitaus umfangreicheren über die Systemeigenschaften.

Die optimale Konfiguration von Windows XP wird dadurch erschwert. Auch hier ist nicht nachvollziehbar, wieso Microsoft sich für diese Variante entschieden hat.

Auch bei Darstellung von Schriften hat Microsoft einiges getan. Neben dem Antialiasing bietet Windows XP auch ein ClearType genanntes Feature, das den Bildschirmfont noch um einiges aufwertet.

Die Taskleiste

Je mehr Programme man unter Windows Me/2000 startet, desto mehr füllt sich die Taskleiste mit Informationen und desto unübersichtlicher wird sie. Windows XP geht das Problem elegant an. Sobald der Platz auszugehen droht, gruppiert es zusammengehörige Programme unter einem Icon - etwa alle Browserfenster.

Mit einem Mausklick erhält man dann eine Pop-up-Liste mit den einzelnen Fenstern. Praktischerweise lässt sich eine Gruppe komplett per Mausklick schließen oder minimieren. Hilfreich, wenn man mal wieder ein Dutzend Explorer-Fenster geöffnet hat. Leider erfolgt die Gruppierung nur, wenn die Taskleiste zu voll wird. Dementsprechend hat man auch nur dann Zugriff auf das Menü "Gruppe schließen". Um die Gruppierung zu erzwingen, kann man entweder genügend verschiedene Applikationen starten oder die Taskleiste entsprechend verkleinern. Beides ist jedoch nicht im Sinne des Erfinders.

Der Explorer

Auch vor dem Windows Explorer haben die Programmierer aus Redmond nicht Halt gemacht. An die neue Aufteilung des "Arbeitsplatzes" kann man sich gewöhnen. Aber dass man in der Baumansicht Ordner nicht mehr per Doppelklick auf- und zuklappen kann, ist sehr störend. Jetzt klappt der Ordner automatisch nach einem einfachen Klick auf. Schließen lässt er sich nur durch Klicken auf das Minus-Zeichen. Zudem enthält die Liste der möglichen Aktionen zumeist nur Menüpunkte, die bisher im Kontextmenü per rechter Maustaste erreichbar waren. Nützlich bemerkbar macht sich dies jedoch bei Media-Dateien wie Bildern oder Musikstücken.

Über die XML-basierten Visual Styles soll das Aussehen von Windows XP komplett zu individualisieren sein. Mit Luna hat Microsoft ein erstes Beispiel für diese Styles vorgestellt. Das zugehörige Programmier-Toolkit will Microsoft der Öffentlichkeit allerdings vorenthalten - zu viel könne damit kaputt gemacht werden. Neu seit dem RC1 ist, dass der Benutzer die Luna-Oberfläche auch farblich anpassen kann. Als Vorauswahl stehen Olivgrün und Silber zur Verfügung.

Das manifestierte Problem

Damit Microsoft die neuen Themes ohne Versionskonflikte bei den verschiedenen System-DLLs einführen kann, hat MS in Windows XP so genannte ".manifest"-Dateien (XML -Dateien) eingeführt. Diese liefern beim Start von Applikationen die zugehörige Information zur Visualisierung des Programms und der dazu benötigten DLL -Versionen. Riskant ist aber, dass Windows XP beim Öffnen einer Anwendung immer nach einer .manifest-Datei sucht und, falls vorhanden, die dort verzeichneten Dateien und Bibliotheken lädt. Dies gilt auch für den Start von allen Systemprogrammen, etwa der Kommandozeile "cmd.exe" oder der Windows-Shell explorer.exe.

Enthält die vorgefundene Manifest-Datei kein gültiges XML, gibt XP nicht etwa eine Fehlermeldung aus. Es startet ganz einfach die dazugehörige Applikation nicht. Im tecChannel.de-Labor haben wir eine manipulierte .manifest-Datei für den Windows-Explorer (explorer.exe) erzeugt. Statt gültigen in XML geschriebenen Informationen zu Styles und DLL enthielt die Datei sinnfreie Zeichen. Kopiert man die Datei in das Windows-Verzeichnis von Windows XP, startet neu oder beendet den Explorer über den Taskmanager, so hängt sich das System auf. Dieser Bug ist schon seit dem RC1 bekannt. Offensichtlich hat Microsoft noch keinen Weg gefunden, dieses Problem die fertige Version zu beheben.

Im Fall der korrupten "explorer.exe.manifest" kann der Schaden noch über die Kommandozeile behoben werden, die man über den Taskmanager aufruft und die "explorer.exe.manifest"-Datei löscht. Lässt sich cmd.exe und/oder der Taskmanager wegen korrupter Manifest-Dateien ebenfalls nicht aufrufen, kann man sich ausmalen, wie groß die Probleme werden

Mediaplayer und CD-R

Windows XP unterstützt auch CD-Brenner. Damit lassen sich normale Daten-CDs per Drag-and-drop erstellen, was für regelmäßige Backups wichtiger Daten nützlich ist. Aber auch Musik-CDs sind kein Problem. Zentrale Schaltstelle ist dabei der Mediaplayer für Windows XP (MPXP), der inzwischen auch mit MP3-Dateien umgehen kann.

Wer jedoch seine Songs von einer Musik-CD auf den Rechner kopieren will (rippen), muss sich mit dem Format des Mediaplayers zufrieden geben. MP3s kann man nur erzeugen, wenn man ein kostenpflichtiges Add-On erwirbt. Dasselbe gilt für das Abspielen von DVD-Filmen. Das Paket mit den entsprechenden MP3- und DVD-Funktionen kostet 19,95 US-Dollar.

Weitere Features

Auch bei der nicht grafischen Benutzeroberfläche hat Microsoft einiges verbessert. Der Narrator liest beispielsweise Texte vor und erleichtert so sehbehinderten Nutzern die Arbeit. Allerdings erinnert die Sprachausgabe noch schwer an den "Talking Parrot" der frühen Soundblaster-Karten.

Bereits von Windows NT ist die Option bekannt, das System mit der zuletzt als funktionierend gespeicherten Konfiguration zu starten. Dies hilft einem aber nicht, wenn man einen neuen Treiber installiert hat, der nun das System lahm legt. Konsequenterweise kann XP jetzt auch die alte Version eines Treibers wieder herstellen (Rollback), sofern das System überhaupt noch startet.

Von Windows Me hat XP die Unterstützung für ZIP-Dateien geerbt. Diese lassen sich genauso wie ein normaler Dateiordner im Explorer öffnen und betrachten.

Hinzu kommen eine ganze Reihe von Features für Notebook-Anwender, die die Lebensdauer der Batterien erhöhen sollen. Diese Funktionen haben wir in einem gesonderten Test anhand der Beta 1 in Augenschein genommen.

Auch im Netzwerkbereich hat sich einiges getan. So sind beispielsweise eine rudimentäre Personal Firewall, die Unterstützung für IPv6 sowie vereinfachte und verbesserte Netzwerkfunktionen enthalten.

Windows-XP-Architektur

Windows XP basiert komplett auf der Struktur von Windows 2000. Damit hat auch das monolithische Design von Windows 9x/Me endgültig ausgedient, denn XP ist modular aufgebaut. Jede Systemfunktion und jedes Subsystem wird von einem Modul oder einer kleinen Gruppe von Modulen bedient.

Die Vorteile dieser Struktur: Fehlerhafte Module lassen sich leicht austauschen und neue Funktionen leicht implementieren. Zentrale Funktionen wie GUI, Kommunikation und die Benutzerschnittstelle sind in Komponenten gefasst. So könnenAnwendungen und andere Module auf standardisierte Funktionen zurückgreifen - etwa um Eingaben von der Tastatur zu holen oder Daten auf dem Monitor auszugeben.

Das modulare Design hat einen weiteren entscheidenden Vorteil: Portabilität. Alle hardwarespezifischen Funktionen sind im so genannten Hardware Abstraction Layer (HAL) zusammengefasst. Um Windows XP also an andere Plattformen anzupassen, muss lediglich für den HAL neuer Code geschrieben werden. Die restlichen Komponenten werden einfach neu kompiliert.

Bei Windows NT nutzte Microsoft diese Plattformportabilität noch dazu, beispielsweise auch Alpha- und mit NT 3.x auch PowerPC- und MIPS-Systeme zu unterstützen. Das ist für Windows XP zwar nicht relevant, weil der Alpha-Support schon mit Windows 2000 eingestellt wurde. Aber dafür will Microsoft im Rahmen seiner .NET-Strategie portable Geräte aufnehmen.

Wie die Vorgänger Windows NT und 2000 unterscheidet auch Windows XP zwischen dem so genannten User- und dem Kernel-Mode. Module im Kernel-Mode haben beispielsweise direkten Zugriff auf die Hardware oder den Speicher. Das ermöglicht eine höhere Performance, hat aber auch deutliche Nachteile: Ein fehlerhafter Speicherzugriff kann zum Beispiel das ganze System zum Absturz bringen. Deshalb laufen die meisten Module nur im User-Mode. Diese Module sind komplett von der Hardware abgeschottet und können Systemfunktionen nur über die so genannten Executive Services (siehe nächste Seiten) ausführen, die entsprechende Programmierschnittstellen zur Verfügung stellen.

Executive Services

Die Executive Services von Windows XP sind eine Sammlung von Komponenten, die den Zugriff auf Hardware und Ressourcen verwalten. Dabei gibt es zwei verschiedene Arten von Funktionen: solche für Programme im User-Mode und interne, auf die nur die anderen Module in den Executive Services zugreifen können.

Die Hauptkomponenten der Executive Services sind

Der Microkernel von Windows ist die zentrale Schaltstelle des Betriebssystems. Er verwaltet die Ausführung auf dem Prozessor und die Hardware-Interrupts. Zudem koordiniert er alle Aktivitäten der Executive Services.

Windows XP, Passport und .NET

Eigentlich bietet bereits Windows 2000 die technischen Grundlagen für Microsofts künftige .NET-Strategie. Zumindest, was wichtige Features wie die Verteilung von Prozessen oder die Integration des Active Directory als zentrales Verzeichnis für Benutzer und Dienste angeht. Auch XML -Fähigkeit ist schon in Windows 2000 vorhanden. .NET basiert jedoch auf einer universellen Laufzeit-Bibliothek, die die Schnittstelle zwischen .NET-Anwendungen und dem Betriebssystem darstellt. Diese Bibliothek lässt sich mit der Java Virtual Machine vergleichen, ist aber spezieller auf Windows-Bedürfnisse angepasst. Immerhin waren Microsofts eigenmächtige Windows-Erweiterungen zur JVM Anlass zu einem Rechtsstreit, so dass Microsoft schließlich ein eigenes Konzept entwickelt hat. Nicht zuletzt, um Eingriffe seitens Sun in die .NET-Strategie zu verhindern.

Auf der Laufzeit-Bibliothek von .NET setzt eine gemeinsame Bibliothek von Klassen auf, über die Anwendungen standardisiert auf bestimmte Funktionen zugreifen können. Unabhängig von der Programmiersprache (C#, Visual Basic oder andere) sind auch Programmierer in der Lage diese Funktionen zu verwenden.

Bei Windows 2000 ist das so genannte .NET-Framework noch ein Aufsatz auf das Betriebssystem. Bei Windows XP ist es bereits komplett integriert. Der Active Desktop beispielsweise hat sich von der optionalen Komponente zum integralen Bestandteil entwickelt. Somit kann Windows XP selbst als .NET-Dienstanbieter gegenüber seinem Benutzer auftreten.

Um seine .NET-Initiative zu forcieren, hat Microsoft eine ganze Menge "Features" in XP integriert. Das ist beispielsweise die handfeste Integration des Passports in die Benutzerverwaltung oder der häufige Verweis auf Onlineangebote, wie etwa das Bestellen von Musik oder Fotoabzügen. Dabei ist oft nicht einmal erkennbar, dass eine Schaltfläche ins Internet verweist und nicht auf eine lokale Applikation.

Fazit

Windows XP hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck: Die wieder mal komplett runderneuerte Oberfläche ist zwar optisch gelungen, aber gewöhnungsbedürftig. Zum Glück kann der Anwender jedoch auf "Classic" umschalten und damit auch Performance-Bremsen lösen. Daneben hat Microsoft eine ganze Reihe nützlicher Features in Windows XP eingebaut.

Der versprochene Stabilität konnten wir im Testbetrieb nichts ankreiden. Damit ist Windows XP diesbezüglich, speziell für leidgeprüfte Win 98/Me-Anwender und auch für den Einsatz in Firmen empfehlenswert. Wer gerade überlegt, von Windows 98 auf Windows Me umzusteigen, sollte nun eher Windows XP in Betracht ziehen.

Der einzige Hinderungsgrund für einen Umstieg auf Windows XP könnte Microsofts neue Registrierungspolitik sein, die den Benutzer zu der Aktivierung über Microsoft zwingt. Zumindest haben sich in einer tecChannel.de-Umfrage eine ganze Reihe von Benutzern deutlich negativ über diese Änderung geäußert. Nur knapp zehn Prozent wollen sich wirklich bei Microsoft registrieren bzw. aktivieren lassen. Der Rest erwägt Alternativen wie Linux oder will seine bisherige Software weiterhin verwenden.

Was genau bei der Aktivierung des letzten Release Candidates passiert, welche Daten dabei herangezogen werden und was Microsoft über Ihren Rechner erfährt, haben wir in diesem Beitrag Bit für Bit aufgeschlüsselt. Die Schwächen der Produktaktivierung zeigen wir in diesem Artikel auf. (mha)