Windows Vista: Networking soll keine Hexerei sein

30.01.2007 von Eric Tierling
Aus dem persönlichen ist längst ein vernetzter Computer geworden. Vista reagiert darauf mit zahlreichen zumeist kleinen Verbesserungen für das Networking.

Die wohl auffälligste Netzwerk-Neuerung bei Windows Vista ist das Netzwerk- und Freigabecenter. Während bei Windows XP netzwerkrelevante Aufgaben und Einstellmöglichkeiten über viele Stellen verstreut sind, hält Windows Vista hierfür diese einheitliche Schaltzentrale bereit.

Sie zeigt unter anderem den aktuellen Verbindungsstatus zum Internet, die Art des Netzwerks sowie Informationen zur Freigabe von Ordner und Druckern übersichtlich an. Insbesondere unerfahrene Anwender dürften nun leichter mit den jeweiligen Funktionen zurechtkommen, wenn es etwa darum geht, mit dem Notebook unterwegs im Hotel oder von zu Hause aus zu arbeiten. Besteht beispielsweise keine Verbindung zum Internet, ist dies nun direkt erkennbar, ohne hierfür den Umweg über die Netzwerkverbindungen gehen oder den "ipconfig"-Befehl eingeben zu müssen.

"Windows Teamarbeit" unterstützt auch die Kommunikation über ein abgesichertes Ad-hoc-Funknetzwerk.

Die Netzwerkübersicht

Bei Kommunikationsschwierigkeiten sowie der Fehlersuche bei Verbindungsproblemen versucht die Gesamt- bzw. Netzwerkübersicht bei deren Behebung zu helfen. Ihre Aufgabe ist es, die im Netzwerk vorhandenen Geräte (einschließlich anderer PCs, Ethernet-Switches und Internet-Gateways) zu erkennen und in einer Topologie-Übersicht darzustellen. Außerdem lässt sich ein Computer von der Netzwerkübersicht aus öffnen, um seine frei gegebenen Ordner und Drucker anzuzeigen und auf diese bequem zuzugreifen. Somit stellt die Gesamtübersicht des Netzwerk- und Freigabecenters eine sinnvolle Weiterentwicklung der bisherigen Netzwerkumgebung dar.

Allerdings hat die Netzwerkübersicht von Windows Vista ihre Grenzen. In unserem Test ließen sich nur solche PCs anzeigen, die sich in derselben Arbeitsgruppe befanden (was aber eher für Heimanwender als für Firmenumgebungen relevant ist, wo der Computer in der Regel einer Active Directory-Domäne angehört). Zudem werden nur solche PCs in der Topologie angezeigt, die mit Windows Vista arbeiten. Der Grund dafür ist simpel: Zur Gerätermittlung benutzt die Netzwerkübersicht das neue Protokoll Link Layer Topology Discovery (LLTD). Windows XP-Clients, auf denen die dementsprechende LLTD-Zusatzsoftware noch nicht installiert ist, erkennt die Netzwerkübersicht von Windows Vista zwar, kann sie aber nicht korrekt in der Gesamtstruktur platzieren. Die Netzwerkübersicht lässt sich außerdem weder zur Weiterarbeitung speichern noch zu Dokumentationszwecken ausdrucken.

Netzwerke finden

Praktisch ist die automatische Standardorterkennung: Sobald Windows Vista ein neues Netzwerk erkennt, wird der Benutzer aufgefordert, den jeweiligen Typ (privat bzw. Arbeitsplatz oder öffentlich) festzulegen. Daraufhin kann Windows Vista die Sicherheitskonfiguration für das betreffende Netzwerk anpassen. Freigaben des PCs sind so im privaten Netzwerk sichtbar, in öffentlichen WLAN-Hotspots hingegen nicht.

Erkennt Windows Vista ein neues Netzwerk, fordert es den Anwender auf, den Standort bzw. Typ festzulegen.

Ebenfalls über das Netzwerk- und Freigabecenter kann der Anwender den Status des Netzwerkadapters abrufen und dort Werte wie die Übertragungsgeschwindigkeit oder die IP-Adresse einsehen. Im direkten Vergleich mit Windows XP kommt die Bedienbarkeit hierbei allerdings etwas zu kurz, weil diese Informationen umständlicher zu erreichen sind als bisher. Dafür bietet Windows Vista bei Problemen eine Diagnose an, um die Verbindung zu reparieren. Während Windows XP mit seiner Reparaturfunktion bloß die IP-Adresse erneuert und interne Namens-Caches leert, enthält Vista ein eigenständiges Netzwerkdiagnoseframework (NDF). Lässt sich beispielsweise eine Webseite im Internet Explorer 7 nicht aufrufen, kann der Anwender direkt aus dem "Extras"-Menü des Browsers heraus die Verbindungsprobleme diagnostizieren. Probleme, die in einer missglückten Konfiguration oder in Fehlern der IT-Infrastruktur zu suchen sind, kann NDF allerdings nur selten auf die Schliche kommen.

Kabellose Flexibilität

Bei der WLAN-Unterstützung bietet Vista zwar eher kleinere, dafür aber nützliche Verbesserungen. So gehört die besonders sichere WPA2-Verschlüsselung nun zum Lieferumfang und muss im Gegensatz zu Windows XP nicht mehr durch die separate Installation einer Software eingeschaltet werden.

Ein leicht verständlicher Assistent erstellt neue WLAN-Verbindungen.

Positiv fällt zudem auf, dass sich der Anwender nicht mehr in die Tiefen der Eigenschaftsanzeige eines WLAN-Adapters begeben muss, um Verbindungen zu Access-Points zu konfigurieren, die ihren Namen nicht bekannt geben. Über einen leichtgängigen, aus dem Netzwerk- und Freigabecenter heraus aufrufbaren Assistenten lassen sich Verbindungen zu sichtbaren und nicht sichtbaren WLANs bequem einrichten.

Anwender, die viel Zeit in Meetings zubringen, dürften die "Windows Teamarbeit" zu schätzen wissen: Anstatt im jeweiligen Konferenzraum auf LAN-Kabel und einen funktionsfähigen Beamer angewiesen zu sein, können mit der neuen Funktion bis zu zehn Personen an spontanen Treffen teilnehmen. Freigegebene Anwendungen lassen sich dabei von allen Teilnehmern gemeinsam nutzen. Die Kommunikation findet wahlweise per kabelgebundenem Ethernet-LAN, einem Access-Point-gestützten Infrastruktur-WLAN oder einem spontanen Ad-hoc-Funknetzwerk statt, das Windows Vista auf Wunsch gleich mit einzurichten und abzusichern imstande ist.

Schutz für Netzwerke

Das Netzwerk- und Freigabecenter ist die neue Netzwerk-Schaltzentrale von Windows Vista

Nachdem sich die Firewall von Windows XP lediglich eingehender Verbindungen annimmt, kann das Pendant unter Vista nun auch ausgehende Kommunikation schützen. Über das MMC-Snap-In "Windows-Firewall mit erweiterter Sicherheit" sind darauf abgestimmte Kommunikationsregeln für einzelne Anwendungen und Dienste festlegbar. Zudem kennt die Software nun Profile für verschiedene Netzwerkumgebungen. Auf diese Weise können Administratoren verschiedene Einstellungen für den Einsatz in der unternehmenseigenen Active Directory-Domäne, im privaten Heimnetzwerk sowie in öffentlichen Netzwerken festlegen.

Microsoft misst bei Vista IPsec (IP Security) einen größeren Stellenwert zu. Die Technologie ist zwar schon in früheren Windows-Versionen enthalten, wurde aber von vielen Administratoren nicht genutzt. Der Grund dafür ist eine zu komplizierte Konfiguration. In Vista hat Microsoft daher versucht, die IPsec-Einstellungen einfacher zu gestalten - unter anderem durch Integration in das grafische MMC-Snap-In zur Verwaltung der Windows-Firewall mit erweiterter Sicherheit.

Manche Funktionen lassen sich erst zusammen mit dem "Longhorn"-Server nutzen. Prominentes Beispiel hierfür ist der Netzwerkzugriffsschutz "Network Access Protection" (NAP): Diese Technik sorgt dafür, dass Windows Clients nur dann Zugang zum Firmennetz erhalten, wenn die aktuelle Konfiguration dieser Computer mit den Sicherheitsrichtlinien des Unternehmens in Einklang stehen. Sind neuere Sicherheits-Patches auf einem Computer nicht aufgespielt oder die Signaturen des Antivirusprogramms veraltet, verwehrt NAP dem Client den Zugang zum Intranet.

Nicht ins endgültige Produkt hat es hingegen der Netzwerk-Papierkorb geschafft, der über das Netzwerk gelöschten Dateien in freigegebenen Ordnern wiederherstellen sollte: War dieses Merkmal in früheren Beta-Version noch über die erweiterten Freigabeeigenschaften eines Ordners aktivierbar, ist es aus den jüngeren Releases wieder verschwunden.

Als willkommene Verbesserung für Benutzer, die viel unterwegs sind und deren Notebook nicht dauerhaft mit dem Firmennetz verbunden ist, entpuppt sich die überarbeitete Offline-Dateifunktion. So findet die Synchronisierung nun stärker im Hintergrund statt, so dass der Wechsel von offline zu online den Benutzer nicht mehr in seiner Arbeit unterbricht. Positiv macht sich auch das geänderte Transferverhalten für Dateien bemerkbar, die der Benutzer im Offline-Zustand verändert hat: Anstatt wie XP die komplette Datei an den File-Server zu schicken, überträgt Windows Vista lediglich die geänderten Blöcke einer Datei.

Eher im Verborgenen schlummern die kommunikativen Fähigkeiten der "SideShow"-Technologie von Windows Vista. Denn SideShow-Minianwendungen können nicht nur in Zusatzdisplays laufen, die die Außenseite künftiger Notebooks zieren: Auf einer Veranstaltung in London demonstrierten Microsoft-Mitarbeiter bereits, wie sich eine Powerpoint-Präsentation über SideShow von einem Windows-Mobile-Smartphone aus komfortabel per Funknetzwerk steuern lässt.

Fazit

Alles in allem sind es die kleinen Neuerungen, die den Netzwerk-Charme von Windows Vista ausmachen. Mit einfacherer Handhabung und größere Flexibilität trägt Vista auf Anwenderseite zu reibungsloserem Arbeiten bei. Für IT-Verantwortliche und Administratoren sind es die erweiterten Sicherheitsfunktionen sowie die bessere Konfigurierbarkeit, die Windows Vista als sinnvoll erscheinen lassen.