System Center 2012 R2 und SQL Server 2014

Windows Server 2012 R2 - die wichtigsten Neuerungen

03.06.2013 von Eric Tierling
Bereits im Herbst 2013 und somit nur rund ein Jahr nach dem jeweiligen Major-Release sollen die R2-Versionen von Windows Server 2012 und System Center 2012 sowie der SQL Server 2014 auf den Markt kommen.

Im Cloud-Zeitalter ticken Uhren anders, einstige Gesetzmäßigkeiten gelten nicht mehr: Brachte Microsoft bei früheren Generationen seiner IT-Infrastrukturlösungen lediglich alle vier Jahre ein Major-Release heraus und frischte dieses nach zwei Jahren mit einem Minor-Release - "Release 2" genannt, abgekürzt "R2" - auf, so gibt Microsoft jetzt deutlich mehr Gas.

Rund ein Jahr nach dem jeweiligen Major-Release sollen bereits die R2-Versionen von Windows Server 2012 und System Center 2012 sowie der SQL Server 2014 erscheinen. Ergänzend dazu werden die Cloud-Services Windows Azure und Windows Intune mit weiteren Funktionen ausgestattet, die Hand in Hand mit On-premise-Lösungen arbeiten und so einen flexiblen Mischbetrieb von Private-, Public- und hybriden Clouds gestatten.

R2-Funktionalität bei Hyper-V

Als Fundament nutzen die Microsoft Cloud-Lösungen die Virtualisierungstechnologie Hyper-V. Diese hat Microsoft bei Windows Server 2012 R2 um viele nützliche Merkmale erweitert. So bietet die Datacenter-Edition mit ihren unlimitierten Virtualisierungsrechten nun die Möglichkeit zur automatischen Aktivierung von Windows-Gastbetriebssystemen. Insbesondere für Rechenzentren und Hoster senkt diese "Zero-Touch"-Maßnahme den Verwaltungsaufwand.

Praktisch ist die Option, sich per Remotedesktop direkt mit einer virtuellen Maschine zu verbinden, selbst wenn diese keine zugehörige Client-Software geladen hat. Das erlaubt es, bereits die Installation eines Gastbetriebssystems aus der Ferne zu steuern und Gäste remote zu administrieren, für die kein passender Client existiert.

Ein echter Usability-Gewinn für viele Administratoren ist die Aufhebung der bisherigen Beschränkung der Copy&Paste-Funktion zwischen Host und Client auf Textinformationen. Windows Server 2012 R2 Hyper-V beherrscht auch den Transfer von Grafiken sowie das bequeme Kopieren von Dateien mittels Drag&Drop. Da diese Operationen den VMbus von Hyper-V nutzen, lassen sie sich ebenfalls von einer entfernten Station sowie den auf dem Host laufenden Gästen durchführen.

Bildergalerie: Benchmarks Haswell
Virtuelle Maschinen der zweiten Generation verzichten auf den Ballast emulierter Geräte und unterstützen UEFI sowie Secure-Boot.
Die Live-Migration geht bei Windows Server 2012 R2 Hyper-V deutlich zügiger vonstatten.
Bei Windows Server 2012 R2 Hyper-V lässt sich das Replikationsintervall anpassen.
Windows Server 2012 R2 Hyper-V erlaubt eine flexible Erweiterung der Replikation.
Essentials ist bei Windows Server 2012 R2 wahlweise Rolle oder Edition.
System Center 2012 R2 kommt zeitlich mit Windows Server 2012 R2 auf den Markt.
SQL Server 2012 R2 unterstützt acht Secondaries.

Virtuelle Maschine Generation 2

Windows Server 2012 R2 Hyper-V führt einen neuen VM-Typ ein, den Microsoft als "virtuelle Maschine Generation 2" bezeichnet. Anstatt wie bislang üblich einen physischen PC mit all seinen Hardwarekomponenten nachzubilden, verzichtet eine Gen2-VM bewusst auf die Komplettnachbildung eines physischen PCs. Emulierte Geräte kennt dieser VM-Typ nicht, der ohne PCI-Bus und ohne BIOS auskommt.

Vielmehr nutzt eine Gen2-VM ausschließlich synthetische Geräte sowie UEFI-Firmware (Unified Extensible Firmware Interface). Das ermöglicht es diesem VM-Typ, von virtuellen SCSI-Festplatten und Netzwerkadaptern zu booten und Secure-Boot zu verwenden, was für mehr Flexibilität und Sicherheit sorgt.

Als Gastbetriebssysteme kommen jedoch nur Windows Server 2012, Windows 8 und nachfolgende Versionen in Betracht, was die Einsatzmöglichkeiten begrenzt. Eine herkömmliche virtuelle Maschine auf den neuen VM-Typ umzurüsten ist ebenso wenig vorgesehen wie ein Wechsel von Gen2-VM zu einer normalen virtuellen Maschine.

Schnellere Live-Migrationen

Bei Windows Server 2012 R2 Hyper-V hat die Live-Migration an Geschwindigkeit zugelegt.

Mehr Geschwindigkeit: Die Live-Migration geht bei Windows Server 2012 R2 Hyper-V deutlich zügiger vonstatten.
Foto: Microsoft Corporation

Die Datenkompression beschleunigt den Transfer um das bis zu Zwölffache, durchschnittlich ergibt sich ein Verbesserungsfaktor von zwei bis drei. Alternativ greift die Livemigration von Windows Server 2012 R2 Hyper-V auf RDMA und SMB-Multichannel zurück, was sich insbesondere für 10/40-Gigabit-Ethernet-Umgebungen empfiehlt.

Microsoft-Angaben zufolge kann bei Verwendung von 3 RDMA-Karten in beiden Hosts ein Transfer mit maximaler PCIv3-Geschwindigkeit respektive 16 GByte pro Sekunde erfolgen.

Frequenzwahl: Bei Windows Server 2012 R2 Hyper-V lässt sich das Replikationsintervall anpassen.
Foto: Microsoft Corporation

Davon profitiert auch die clusterfähige Aktualisierung zur Einspielung von Patches auf Clusterknoten. Benötigt dieser Vorgang bei Windows Server 2012 vielfach noch rund 12 Stunden, sinkt der Zeitbedarf schon durch die Datenkompression auf 3,5 Stunden. Mit RDMA ist gar nur noch eine Stunde erforderlich.

Hyper-V-Replika: Mehr Flexibilität

War bei Windows Server 2012 Hyper-V das Replikationsintervall fest auf fünf Minuten eingestellt, können Administratoren dieses bei Windows Server 2012 R2 Hyper-V verändern.

Extender: Windows Server 2012 R2 Hyper-V erlaubt eine flexible Erweiterung der Replikation.
Foto: Microsoft Corporation

Ein Zeitraum von 30 Sekunden sorgt für maximale Aktualität der Replika, während sind eine längere Frequenz von 15 Minuten für langsame WAN-Verbindungen empfiehlt.

Außerdem lässt sich die Replika bei Windows Server 2012 R2 Hyper-V um zusätzliche Standorte erweitern. Das ist nicht nur für Hoster, sondern auch Unternehmen mit mehreren Standorten relevant.

Essentials: Integrierte Rolle statt separate Edition

Die Merkmale von Windows Server 2012 Essentials werden in die Standard- und Datacenter-Editionen von Windows Server 2012 R2 als Rolle integriert, der sich nach Bedarf installieren und deinstallieren lässt.

Von der Rolle: Essentials ist bei 2012 R2 wahlweise Rolle oder Edition.
Foto: Microsoft Corporation

Das vereinfacht nicht nur die Wartung, sondern ermöglicht zudem die Nutzung von Funktionen wie der Datendeduplizierung, die in der 2012er Essentials-Edition nicht enthalten waren. Darüber hinaus steht Windows Server 2012 R2 Essentials weiterhin als eigenständige Edition für kleine Unternehmen zur Verfügung. Diese lässt sich out-of-the-Box als virtuelle Maschine bereitstellen.

Beide Varianten sind mit neuen Funktionen versehen. Verbesserungen gibt es insbesondere bei der Office 365-Anbindung: Diese unterstützt nun das Mobile Device Management für Smartphones und Tablets, das Windows Azure Active Directory sowie die Verwaltung von SharePoint Online-Bibliotheken.

System Center 2012 R2 kommt zeitgleich

Der Nachfolger von System Center 2012, den ebenfalls der R2-Versionszusatz ziert, soll nahezu zeitlich mit Windows Server 2012 R2 auf den Markt kommen. Auf diese Weise ist es von Anfang an möglich, Hyper-V R2-VMs mit System Center 2012 R2 Virtual Machine Manager (VMM) zu erstellen und zu verwalten.

Parallel: System Center 2012 R2 kommt zeitlich mit Windows Server 2012 R2 auf den Markt.
Foto: Microsoft Corporation

Des Weiteren lassen sich zahlreiche Konfigurationen von Windows Server 2012 R2 Hyper-V direkt mittels VMM erledigen, beispielsweise die Einrichtung von Scale-Out-Fileservern.

Für das Mobile Device Management hat Microsoft System Center 2012 R2 Configuration Manager und Windows Intune kräftig aufgewertet. Neben der Möglichkeit zur Konfiguration etlicher Einstellungen in Android und Apple iOS ist die IT-Abteilung in der Lage, Apps auf Smartphones und Tablets über ein Firmen-Portal bereitzustellen. Für Windows 8/8.1, Windows RT, Windows 7 und Apples iPad gibt es zudem einen "Work"-Ordner, der Ordnerfreigaben und SharePoint-Bereiche zur Verfügung stellt.

Windows Azure im R2-Zeitalter

Der IaaS (Infrastructure-as-a-Service) -Part von Windows Azure profitiert bereits jetzt davon, dieselbe Hyper-V-Virtualisierungstechnologie zu verwenden, die auch Windows Server 2012 nutzt. Dank der dadurch erzielten Kompatibilität virtueller Maschinen lassen sich diese Maschinen ganz nach individuellem Bedarf zwischen lokaler oder gehosteter Cloud und dem Public-Cloud-Dienst von Microsoft hin- und her verschieben.

Die zum Marktstart von Windows Server 2012 R2 erscheinenden "Windows Azure Services for Windows Server" ermöglichen die leichte Einrichtung der Hyper-V-Netzwerkvirtualisierung über ein webbasiertes Self-Service-Portal. Alles ist mit ein paar Klicks erledigt, langwierige und komplizierte PowerShell-Befehlsfolgen wie noch bei der 2012er Version sind nicht mehr notwendig.

Der neue "Windows Azure Hyper-V Recovery Manager" führt eine SaaS (Software-as-a-Service) -basierte Recovery-Orchestrierung und Verwaltung von on-premise Hyper-V-Hosts durch. Als Grundlage für diesen als App in der Azure-Cloud laufenden Service dienen die Replikafunktion von Windows Server 2012 R2 Hyper-V sowie System Center 2012 R2 Virtual Machine Manager.

SQL Server 2014: Höhere Performance und Verfügbarkeit

Für unternehmenskritische Cloud-Anwendungen wartet SQL Server 2014 mit Neuerungen wie "Hekaton" auf. Hierbei handelt es sich um eine vollständig in die Datenplattform integrierte OLTP (Online Transaction Processing) -Engine.

Datenfluss: SQL Server 2014 unterstützt acht Secondaries.
Foto: Microsoft Corporation

Diese nutzt die Möglichkeiten neuerer Hardware aus und liefert durch ihre In-Memory-Verarbeitung eine besonders hohe Performance. Gegenüber herkömmlichen OLTP-Engines soll Hekaton einen um das zwanzig- bis dreißigfache höheren Durchsatz liefern.

Verbesserungen gibt es bei der "AlwaysOn"-Hochverfügbarkeit: Die Anzahl der Secondaries ist von vier auf acht gestiegen. Die Unterstützung für die Cluster Shared Volumes (CSVs) von Windows Server 2012 und höher optimiert die SAN-Storage-Nutzung, da auf diese Weise die Laufwerksbuchstaben-Begrenzung auf maximal 24 Laufwerke entfällt.

Fazit & Kosten

Selbst wenn die R2-Versionen von Windows Server 2012 und System Center 2012 sowie der SQL Server 2014 nur rund ein Jahr nach den letzten Versionen erscheinen, bricht Microsoft mit einer Tradition nicht: Auf Nachfrage hin machte der Hersteller deutlich, dass die R2-Versionen dieser Produkte - im Gegensatz zum "Blue"-Refresh des Windows 8-Clients auf Windows 8.1 - für Käufer der derzeitigen 2012-Serverversionen angesichts der Vielzahl neuer Funktionen nicht kostenlos erhältlich sein werden. Firmen mit Microsoft-Software-Assurance-Wartungsvertrag sind fein raus, da diesen immer die jeweils aktuellsten Releases zur Verfügung stehen.

Unter dem Strich stattet Microsoft die R2-Versionen (sowie den SQL Server 2014) seiner Infrastrukturprodukte mit sinnvollen Neuerungen und Weiterentwicklungen aus. Mit ihrer Hilfe können Unternehmen leistungsfähige Cloud-Szenarien noch leichter und effizienter umsetzen. Immer weiter unter Druck gerät dadurch Konkurrent VMware, der dem integrierten Microsoft-Konzept aus Private-, Public- und hybrider Cloud kombiniert mit einheitlicher Verwaltung in dieser Form wenig Vergleichbares entgegenzusetzen hat. (mje/cvi)