Wikimedia Deutschland schwimmt im Geld

31.08.2006
Wikimedia Deutschland, der hiesige Ableger der für die Online-Enzyklopädie Wikipedia verantwortlichen Wikimedia Foundation, hat ein Luxus-Problem. Der gemeinnützige Verein hat nämlich sehr viel Geld, den vielen Spendern sei Dank. Mit weiteren Spendenaufrufen ist deshalb vorerst nicht zu rechnen. Ihr Guthaben wollen die Wikipedianer jetzt in den Ausbau ihrer Server-Infrastruktur investieren.

Die kostenlose Online-Enzyklopädie Wikipedia und ihre diversen Schwesterprojekte finanzieren sich rund um den Globus durch Spenden. Und die Spender waren beziehungsweise sind großzügig, auf dem Konto von Wikimedia Deutschland beispielsweise lagen laut der Finanzübersicht 2005 knapp über 103.000 Euro. Steuerrechtliche Bedenken verhinderten bisher, dass dieses Geld zweckgerichtet ausgegeben werden konnte, wie Arne Klempert, 2. Vorsitzender von Wikimedia Deutschland, erklärte gegenüber unserer Schwesterzeitschrift PC-WELT.

121.357 Euro und 58 Cent nahm Wikimedia Deutschland bis zum 31. Dezember 2005 laut dem Tätigkeitsbericht ein. Der überwiegende Teil stammte von privaten Spendern aus Deutschland.

Der Verein konnte aber nur rund 14.348 Euro ausgeben (unter anderem für Reisekosten, Rechts- und Beratungskosten und Werbemittel). Die restlichen Spendeneinnahmen landeten auf der Bank, Ende 2005 hatte Wikimedia Deutschland insgesamt 122.783 Euro auf der hohen Kante. Diese nicht ausgegebenen Spendengelder riefen Kritiker auf den Plan .

Sparsamkeit ist an und für sich eine durchaus sinnvolle Tugend. Wenn es sich dabei aber um Spendengelder handelt, dann muss der Empfänger die Gelder auch im Sinne der Spender verwenden. In diesem konkreten Fall also zum Ausbau beziehungsweise zum Unterhalt von Wikipedia. Und damit hatte Wikimedia Deutschland einige Probleme.

Zunächst einmal wollte der deutsche Ableger eine größere Summe der in Florida beheimateten Wikimedia Foundation zukommen lassen - der Mutter aller Wikimedias sozusagen. Doch der bisherige Steuerberater von Wikimedia Deutschland riet davon ab, er konnte nämlich die Frage nicht klären, ob ein deutscher Verein rechtmäßig Spendengelder an einen anderen, im Ausland beheimateten, Verein weitergeben dürfe, wie Klempert der PC-WELT darlegte.

Um die Spendengelder trotzdem in die USA überweisen zu dürfen, hätte man sich allenfalls einer juristischen Hilfskonstruktion bedienen müssen: Wikimedia Deutschland hätte die amerikanische Wikimedia Foundation vertraglich zur "Hilfsperson" machen müssen. Dann hätte man Spendengelder von Deutschland in die USA überweisen dürfen, so Klempert.

Geld fließt in den Serverausbau

Der deutsche Verein entschied sich aber für eine andere Vorgehensweise. Er will das Geld selbst investieren. Und zwar in den Ausbau der vorhandenen Server-Infrastruktur in den Niederlanden. Damit sollen Anfragen an Wikipedia.org von Europa aus schneller beantwortet und die US-Server entlastet werden. Die deutsche Wikipedia.de ist nämlich nur eine Weiterleitung auf Wikipedia.org, alle Lexikon-Inhalte liegen unabhängig von deren Sprache auf den Servern im sonnigen Florida.

Für den Ausbau dieser europäischen Server will Wikimedia Deutschland in nächster Zeit über 60.000 Euro verwenden und die Spendengelder damit ihrer Zweckbestimmung zuführen.

Außerdem wird Wikimedia Deutschland ab dem 1. Oktober professionell geführt. Arne Klempert, bisher der 2. Vorsitzende von Wikimedia Deutschland, wird dann Geschäftsführer der künftigen Geschäftsstelle in Frankfurt. Der 34 Jahre alte Klempert wird damit der erste bezahlte Mitarbeiter von Wikimedia Deutschland.

Da Wikimedia Deutschland derzeit über mehr als ausreichende Finanzmittel verfügt, wird es in nächster Zeit keine Spendenaufrufe mehr geben. Die normale Spendenseite bleibt aber online. Es waren Klempert zufolge allerdings die besonderen Spendenaufrufe, die Wikimedia Deutschland die meisten Einnahmen brachten. Unterbleiben diese, so dürfte das Spendenaufkommen zurückgehen.

Außerdem denkt man bei Wikimedia über neue Finanzierungsmöglichkeiten nach. So will man in Zukunft verstärkt auf institutionelle Förderer setzen, also beispielsweise auf Universitäten und Forschungsinstitute, die Server zur Verfügung stellen könnten. (PC-Welt/mja)

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