War for Talents

Wie SAP-Partner die Generation Y sehen

13.10.2013 von Hans Königes
Die Digital Natives fordern SAP-Partner heraus. Wer auf die Bedürfnisse der IT-Nachwuchskräfte nicht angemessen eingeht, hat im War for Talents schlechte Karten, meinen Personalberater Frank Rechsteiner und Personal-Managerin Claudia Abele vom SAP-Dienstleister All for One Steeb.

Sie gilt als selbstbewusst, anspruchsvoll und schwer lenkbar: Was ist dran an den Legenden, die sich um die Generation Y ranken?

RECHSTEINER: Tatsächlich sind die zwischen 1980 und 1995 Geborenen wohlbehütet und in materieller Sicherheit aufgewachsen. Sie sind meist gut ausgebildet und von klein auf mit den Möglichkeiten von Internet und mobiler Kommunikation vertraut. Das begründet eine hohe Erwartungshaltung gegenüber den Arbeitgebern, die heute zusätzlich mit der demografischen Entwicklung und dem Fachkräftemangel zu kämpfen haben.

ABELE: Wir machen die Beobachtung, dass unsere jungen Mitarbeiter in der Regel ihr Studium zielgerichtet absolvieren. Kaum einer hat mehr als fünf Jahre an der Hochschule verbracht - Auslandsaufenthalte inbegriffen. Das spiegelt sich auch im Leistungsanspruch der "Genys" im Unternehmen wider. Genauso wichtig ist ihnen jedoch, dass die Arbeitsatmosphäre im Team stimmt und die Führungskraft ihnen auf Augenhöhe begegnet sowie regelmäßiges Feedback und Wertschätzung vermittelt - ansonsten verlassen sie heute recht schnell das Unternehmen. Die Loyalität hat im Vergleich zu früher abgenommen.

Die Führungskraft auf Augenhöhe - ist das im wettbewerbsintensiven SAP-Umfeld realistisch?

Frank Rechsteiner, Personalberater: "Unternehmen müssen eine Kultur des gegenseitigen Respekts etablieren, wenn sie Digital Natives auf Dauer halten wollen."
Foto: Privat

RECHSTEINER: Viele Digital Natives sind aus Elternhaus, Schule und Universität einen partnerschaftlichen Umgang gewohnt. Das Denken in Hierarchien ist ihnen eher fremd. Autorität besitzt, wer fachlich kompetent ist. Oftmals streben sie für sich selbst nicht unbedingt eine Führungsposition und damit verbundene Spitzengehälter an. Stattdessen ziehen sie die Verantwortung für Inhalte und sachliche Themen vor.

ABELE: Wir haben darauf schon früher mit unserem Laufbahnmodell reagiert, das neben einer Führungsaufgabe auch Fachkarrieren anbietet. Wir setzen dieses Modell schon länger um, für Mitarbeiter also, die vor der Generation Y ins Unternehmen kamen und heute unsere Leistungsträger sind. Die Fachlaufbahn kommt gerade Berufsanfängern entgegen, die von Innovationshunger geprägt sind und das Wissen im Unternehmen geradezu aufsaugen. Ich denke hier an aktuelle Trendthemen wie SAP HANA oder Cloud Computing, für die junge IT-Profis große Begeisterung zeigen.

Traumarbeitgeber
Der Traumarbeitsplatz eines Informatikers...
...befindet sich in IT-Firmen, Forschungsinstitutionen, Autokonzernen oder Internet-Firmen. Die Berliner Marktforscher von Trendence haben mehr als 6.600 Informatikstudenten aus ganz Deutschland befragt, wo sie gern arbeiten möchten. Hier die 30 attraktivsten Arbeitgeber 2013.
Platz 30: ProSiebenSat1 Media AG
Medienkonzerne sind insbesondere unter angehenden Informatikerinnen beliebt.
Platz 27: Max-Planck-Gesellschaft
Sie gehört für IT-Studenten zu den ersten Adressen, wenn es um Innovation geht. Hier im Bild die Max Planck Science Gallery in Berlin.
Platz 24: EADS
Der Konzern mit seinen Töchtern Airbus, Eurocopter, EADS Astrium und EADS Defence & Security landete im Vorjahr auf Platz 22.
Platz 22: Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz...
hat sich auch in diesem Jahr in den Top 30 behauptet. Forschungseintrichtungen ziehen insbesondere die 25 Prozent Besten eines Jahrgangs an.
Platz 21: Intel
Intel Open Network Platform Switch Reference Design
Platz 19: Electronic Arts
Computerspiele locken den IT-Nachwuchs. Spielehersteller Electronic Arts behauptete seinen Platz vom Vorjahr und teilt sich ihn mit einem Konzern...
Platz 19: Deutsche Telekom
Deutschlands größter TK-Konzern inklusive des größten IT-Dienstleisters T-Systems machte im Vergleich zum Vorjahr vier Plätze gut.
Platz 18: Bundesnachrichtendienst BND
Der BND, hier im Bild die Zentrale in Berlin gehört schon seit Jahren zu den 20 beliebtesten Arbeitgebern für Informatikstudenten.
Platz 17: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)
Auch diese Bundesbehörde hat einen festen Platz in den Top 20 der IT-Arbeitgeber. Im Vorjahr landete das BSI auf Platz 15.
Platz 16: Porsche
Informatikstudenten lieben nicht nur Computerspiele, sondern auch (deutsche) Autos. Die VW-Tochter Porsche ist einer von fünf Autoherstellern unter den Top 20.
Platz 14: Bosch Gruppe
Das Unternehmen, das den weltgrößten Automobilzulieferer Robert Bosch und 300 Tochterfirmen umfasst, hat im Vergleich zum Vorjahr einen Platz im Ranking gut gemacht.
Platz 13: Crytec
Spielehersteller Crytek war 2011 der größte Aufsteiger im Ranking der beliebtesten IT-Arbeitgeber und konnte seine Top-Platzierung fast halten.
Platz 12: Volkswagen
Um einen Platz konnte sich VW - hier die Golffertigung im VW Werk Wolfsburg - im Vergleich zum Vorjahr verbessern.
Platz 11: Fraunhofer Gesellschaft
Der IT-Nachwuchs will forschen. Darum ist die Fraunhofer Gesellschaft mit ihren zahlreichen Instituten eine feste Größe unter den Top Twenty.
Platz 10: Blizzard Entertainment
Von null auf Platz sechs gelang dem Spielerhersteller Blizzard Entertainment der größte Sprung im Vorjahr. Dieses Jahr vier Ränge schlechter. Vielleicht hat sich schon herumgesprochen, dass Blizzard in Deutschland gar keine Niederlassung hat?
Platz 8: Audi
Die VW-Tochter ist seit Jahren nicht nur für Ingenieure, sondern auch für Informatiker eine Top-Adresse, wenn es um Jobs geht. (Vorjahr Platz sechs).
Platz 7: Siemens
Deutschlands größter Konzern war noch vor elf Jahren der beliebteste Arbeitgeber der Informatikstudenten. Hier im Bild die jüngst eröffneten Smart Mobile Labs von Siemens in München.
Platz 6: IBM
Martina Koederitz, IBM-Deutschland-Chefin, kann sich dieses Jahr nicht so recht freuen: IBM rutschte im zweiten Jahr in Folge ab. 2011 war IBM noch auf Platz 2.
Platz 5: Apple
Die Beliebtheit von iPad und iPhone strahlt offenbar auf das Image als Arbeitgeber ab. ( Vorjahr Platz 3).
Platz 4: BMW
Von zehn auf Platz vier. Der bayerische Autohersteller wird unter Informatikern immer beliebter und hat auch zahlreiche offene IT-Stellen zu besetzen.
Platz 3: Microsoft
Im Great Place to Work-Wettbewerb als attraktivster Arbeitgeber in der It ausgezeichnet, landet die Gates-Company hier auf Platz drei und verliert im Vergleich zum Vorjahr einen Platz.
Platz 2: SAP
Die Walldorfer Softwareschmiede hat mit Microsoft den Platz getauscht und rückt auf Platz 2 vor.
Doch die meisten Informatikstudenten...
...wollen wie schon seit fünf Jahren.....
..bei Google arbeiten.
Mit 24,5 Prozent der Stimmen behauptet sich Google - hier das Entwicklungszentrum in München - auf Platz eins des Rankings.
Ob es an solchen Besprechungsräumen liegt?

Immer wieder ist auch zu hören, dass für Digital Natives die Work-Life-Balance besonders wichtig sei. Teilen Sie diese Einschätzung?

ABELE: Unbedingt. Auch wenn anspruchsvolle Arbeitsinhalte erwartet werden - die "Genys" sind keine Workaholics. Sie fragen schon beim ersten Bewerbungsgespräch nach flexiblen Arbeitszeitmodellen und Teilzeitmöglichkeiten - Frauen, die nach ihrer Kinderphase möglichst fließend wieder einsteigen möchten, aber eben auch ihre männlichen Kollegen. Freizeit, Freunde und Familie werden genauso ernst genommen wie der Job. Dabei ist die Trennlinie nicht mehr so scharf: Die jungen Mitarbeiter gehen nachmittags zu einer Besprechung in die Kita, sind aber auch "always on". Das kommt auch unseren betrieblichen Interessen nach Erreichbarkeit und kürzeren Reaktionszeiten der Mitarbeiter entgegen.

RECHSTEINER: Viele SAP-Berufseinsteiger haben im Umfeld ihrer Eltern erlebt, wohin der übermäßige berufliche Einsatz führen kann - sie wurden mit Burn-out und hohen Scheidungsraten konfrontiert. Immer mehr junge SAP-Berater erfahren es zudem als Belastung, an den Werktagen ständig beim Kunden vor Ort und damit vom Familien- und Freundeskreis getrennt zu sein.

Wie sollten Arbeitgeber auf diese Situation reagieren?

RECHSTEINER: Es genügt, wenn ein SAP-Berater zwei Tage wöchentlich beim Kunden ist. Die restlichen Tage kann die Betreuung genauso effektiv remote oder vom Home-Office aus erfolgen. Voraussetzung aber ist, dass das Vertrauensverhältnis zwischen SAP-Partner und Kunde stimmt.

Claudia Abele, All for One Steeb: "Die 'Genys'sind keine Workaholics."
Foto: Privat

ABELE: Das lässt sich in der Praxis nicht immer durchsetzen. Damit unsere Berater weniger Zeit auf der Straße verbringen, setzen wir neben dem Arbeiten im Home-Office und neben Remote-Einsätzen auf regionale Projekte.

Darüber hinaus versuchen wir so weit wie möglich, den diversen Lebensphasen und Lebensentwürfen unserer Mitarbeiter gerecht zu werden. Hier haben wir feste Programme. Wir arbeiten beispielsweise mit einem Familienservice zusammen, der unsere Mitarbeiter unter anderem bei der Suche nach einer Tagesmutter unterstützt. Aber auch eine konsequente Flexibilität in der Arbeitszeit kommt bei den jungen Mitarbeitern gut an: Vertrauensarbeitszeit, Freiräume bei der Bearbeitung der Aufgaben, der Aufbau von Zeitwertkonten, um sich eine längere Auszeit vom Arbeitsleben nehmen zu können. Hinzu kommt die Möglichkeit, in Teilzeit einzusteigen oder die Arbeitszeit zu reduzieren, wenn es die private Situation erfordert. Dies ist bei uns selbstverständlich auch für Führungskräfte möglich.

Welche Tipps geben Sie anderen Unternehmen, um im Wettbewerb um die besten Köpfe zu bestehen?

ABELE: Wichtig ist es, eine Arbeitgebermarke aufzubauen - Employer Branding ist ja in aller Munde. Dabei darf es sich nicht um bloße Werbesprüche handeln, sondern es muss schon eine entsprechende Unternehmenskultur dahinter stecken, die auch nach Abschluss des Arbeitsvertrags hält, was sie in den Bewerbungsgesprächen verspricht. Der War for Talents wird nur dann gewonnen, wenn das, was im Vorfeld an gegenseitigen Erwartungen im Raum steht, im Job auch von beiden Seiten eingelöst wird.

RECHSTEINER: SAP-Partner sollten mit dem Berufseinstieg der Generation Y ihre Unternehmenskultur, ihr Führungsverhalten und ihr Personal-Management unter die Lupe nehmen.

So empfiehlt es sich, eine Führungskultur des gegenseitigen Respekts zu etablieren, die neben den längst üblichen Mitarbeiterbeurteilungen auch Chefbeurteilungen vorsieht. Meine langjährige Beraterpraxis zeigt: Wer einmal einen schlechten Ruf als Arbeitgeber erworben hat, kriegt ihn schwer wieder los.

Gerade die technikaffinen Digital Natives nutzen gerne Mitarbeiterbewertungen auf einschlägigen Fachportalen, um Informationen über potenzielle Arbeitgeber zu erhalten. Darüber hinaus sollten SAP-Partner rechtzeitig eine geeignete Strategie zur Rekrutierung qualifizierter Bewerber aus der Generation Y entwickeln - bereits in einem Jahr kann es dafür zu spät sein!