Karriere mit Kind

Wie Chefs Frauen unterstützen können

25.05.2014 von Bettina Dobe
Kommt das Kind, endet für viele Frauen die Karriere. Eine Firmengründerin und Mutter erzählt, dass beides geht: Kind und Karriere. Chefs müssen den Frauen vertrauen - sonst entgeht ihnen großes Potenzial.

Obwohl viele Unternehmen händeringend nach Fachkräften suchen, scheuen sich etliche Firmen, Frauen in einem gewissen Alter einzustellen. Sie fürchten, dass eine Frau mit Festanstellung nach Ende der Probezeit sofort den Mutterpass vorlegt. Dass eine Karriere als Mutter nicht nur möglich, sondern auch sehr erfolgreich sein kann, beweist die Firmengründerin Miriam Wohlfarth. Sie hat das Unternehmen Ratepay gegründet, das sich auf Payment-Lösungen für Online-Händler spezialisiert hat. Wohlfarth scheut sich nicht davor, Mütter einzustellen. Sie arbeiten anders - wenn man ihnen flexible Arbeitszeitmodelle anbietet.

"Wann kriegst du endlich dein Kind?"

Erfolgreiche Firmengründerin mit Kind: Miriam Wohlfarth von Ratepay.
Foto: RatePay

Dass sie einmal in der IT-Branche landen würde, hat Wohlfahrt, 43, nicht gedacht. Ihre Karriere begann, als sie für eine holländische Firma in Deutschland für online-Bezahlsysteme für Reiseportale arbeitete. "Das war im Jahr 2000 und da war das eine komplett neue Branche", erzählt Wohlfarth. "Mein Chef ließ mir viel Freiraum, wir haben uns sehr gut verstanden." Wohlfahrt liebte ihren Job und arbeitete viel. "Irgendwann fragte mich mein Chef, wann ich denn nun endlich mal ein Kind kriegen würde", erzählt sie. Wohlfarth war überrascht und erst mal besorgt. "Ich wollte aber nicht aufhören zu arbeiten. Mein Chef hat mich sehr ermutigt und mir ein sehr flexibles Arbeitsmodell ermöglicht", sagt Wohlfarth. Zusammen mit einer Tagesmutter und einer Kita war beides möglich, Kind und Karriere.

Wenn Entscheider Frauen wirklich fördern wollen, müssen sie sich vor allem auf flexiblere Arbeitsmodelle einlassen. Dass Mütter schlechtere Arbeitnehmer sind, stimmt nicht. Zwar kommt mit Kindern einiges Unverhofftes dazwischen, wie etwa Erkältungen, Elternabende und Anrufe aus Kindergarten oder Grundschule. Die Arbeit bleibt deswegen nicht liegen. "Mütter können wichtige Arbeiten ja abends erledigen, wenn das Kind im Bett ist“, sagt Wohlfarth. Zudem hätten Frauen mit Kindern mehr Organisationstalent als Männer. "Mütter sind besser organisiert. Auch ihre Prioritäten setzen sie zum Teil besser", sagt Wohlfarth. Die Mütter sind in der Regel sehr gut durch getaktet. "Klar, Frauen sind nicht besser als Männer - aber sie arbeiten einfach anders."

Frauen sind in der Regel konsensfähiger als Männer und achten mehr auf die Bedürfnisse anderer. Das macht sie nicht unbedingt zu besseren Managern. Erst eine Mischung aus verschiedenen Herangehensweisen bringen Unternehmen etwas. Für die IT können mehr Frauen nur positiv sein, denn gemischte Teams bescheren dem Unternehmen viele Vorteile. Angesichts des geringen Frauenanteils unter Informatik-Studenten bleibt das aber noch eine Herausforderung: Derzeit ist nur jeder fünfte Student der Informatik eine Frau.

Wären Unternehmen familienfreundlicher, könnte dies mehr Frauen dazu anregen, Informatik zu studieren. Allerdings liegt ein Teil des Problems auch bei den Damen selbst: "Ich glaube, viele Frauen haben damit Berührungsängste", sagt Wohlfarth. "Ich bin in einem Technik-lastigen Haushalt aufgewachsen. Vielleicht hatte ich deshalb keine Angst vor Technik." Eine ihrer Mitarbeiterinnen bestätigt, dass sie sich als Frau in der Informatik stärker durchsetzen, mehr kämpfen musste. Dass Frauen seltener in Führungsebenen zu finden sind, muss nicht notwendigerweise mit der Familie zu tun haben. "Frauen haben oft Angst und trauen sich zu wenig. Männer versprechen oft mehr, als sie halten können. Das macht aber mehr Eindruck", meint Wohlfarth.

Die Hälfte der Manager sind Frauen

Deshalb stellt Wohlfahrt selbst gern Frauen ein. In ihrem Startup RatePay, das sie vor vier Jahren gründete, ist jeder dritte Mitarbeiter weiblich und die Hälfte der Führungsebene weiblich. Viele der Frauen haben Kinder und einige arbeiten in Teilzeit. Man stelle sich vor, das Unternehmen ist erfolgreich und nicht nach einigen Tagen in Babybrei untergegangen.

Damit das Modell Managermama klappt, rät Wohlfahrt dazu, schon in der Schwangerschaft mit dem Chef über flexible Arbeitszeitmodelle zu sprechen. "Es wäre schön, wenn sich der Vorgesetzte mit einem über das Kind freuen kann und es nicht zu einem Tabu wird", sagt Wohlfarth. Auch das ist ein Hinweis für den Chef, der künftig mehr Frauen an das Unternehmen binden will: Firmen, die sich familienfreundlich präsentieren, sprechen das Thema offen an und unterstützen Familien. Den Ausschlag gibt dabei das Verhalten des Chefs.

Aber auch im Kollegenkreis ist Rücksichtnahme das Gebot der Stunde. Hat die Kita nur bis halb fünf offen, sollte die Telefonkonferenz eben nicht um vier angesetzt sein. Es sollte niemanden mehr überraschen, dass Mitarbeiter auch von zuhause aus arbeiten können. "Ich zum Beispiel arbeite im Home Office viel mehr - manche glauben ja, man sei zuhause faul", sagt Wohlfarth. Nur Jobs, die mit viel Reisen verbunden sind, sind für Eltern oft schwierig machbar.

Noch bilden sie eine Minderheit: Frauen in der IT haben in den meisten Firmen Exotenstatus, erst recht im Management.
Ralica Yancheva, Beraterin bei Conargus:
"Die Diskussionen und politischen Debatten zur Frauenquote haben viele Manager für das Thema sensibilisiert."
Inge Hanschke, Geschäftsführerin bei Iteratec:
"Frauen müssen wissen, was sie wollen und gelassen auf das Platzhirschgebaren reagieren."
Rebecca de Souza, Diversity Managerin bei General Electric (GE)
"Zu wenige Frauen in Führungspositionen sind überall in Europa ein Problem, doch besonders in Italien und Deutschland."
Patricia Rezic, verantwortlich für Controlling und Personal bei Projektron
"Das Durchschnittsalter unserer Mitarbeiter liegt bei 32 Jahren; viele haben Kinder."
Eva Faenger, Diversity-Managerin bei Hewlett-Packard:
"Besonders im Service und im Outsourcing-Geschäft gibt es Handlungsbedarf."
Claudia Kedor: Leiterin Marketing bei Projektron:
"Wir sprechen schon vor der Geburt des Kindes mit den Kollegen, wie sie sich den Wiedereinstieg vorstellen."
Edeltraud Leibrock, Vorstand IT bei der KfW Bank:
"Frauen tendieren öfters als Männer dazu, ihre Fähigkeiten kritisch zu bewerten."
Katrin Jenkins, Abteilungsleiterin Systemdesign und Customizing bei DB-Systel:
"Junge Mütter sind besonders engagiert, weil sie sich nichts nachsagen lassen wollen."
Claudia Payer, Projektleiterin Commerz Finanz:
"In über 20 Jahren habe ich mir fundiertes IT-Know-how angeeignet, das heute eine solide Grundlage bildet, um Projekte zu leiten."

Deutsche Chefs reagieren häufig immer noch anders als Wohlfahrts holländischer Chef. "Viele Frauen Anfang 30 bekommen nicht den Job, den sie wollen, weil die Chefs Angst haben", sagt Wohlfarth. "Viele meiner Freundinnen werden abgestellt, sobald sie Kinder haben, auf langweiligere Projekte gesetzt und als Mensch zweiter Klasse angesehen", sagt Wohlfarth. In Deutschland gelten Kinder immer noch als Hindernis für die Karriere. Das gilt inzwischen auch für Männer, die sich mehr um ihre Kinder kümmern wollen. Auch darauf können sich Unternehmen einstellen: "Wir haben auch einige junge Väter in Elternzeit", sagt Wohlfarth.

Keine Rücksicht auf Mütter

Mandy Stahn, Senior Controller, weiß, dass Mütter viel Unterstützung durch den Chef brauchen.
Foto: RatePay

Kein Wunder, dass die Geburtenrate gerade unter Akademikern so niedrig ist - wer will von seinen Peers schon als Mangelware angesehen werden oder einfach nicht gemäß der fachlichen Qualifikation besetzt werden. Das weiß auch Wohlfarths Kollegin Mandy Stahn. Sie wechselte von einer großen Firma weg, die sie trotz Kleinkinds zuhause viele Überstunden machen ließen: "Dass ich eine kleine Tochter hatte, darauf würde in der Führungsebene keine Rücksicht genommen."

Mit einer familienfeindlichen Kultur lassen sich die Firmen aber einige Talente entgehen, wie zum Beispiel Stahn. Sie hat in der neuen Firma das Controlling aufgebaut - mit Tochter, die sie manchmal mit ins Büro nimmt. Für die Chefin Wohlfarth kein Problem: "Man kann auch mit einem Kleinkind eine ganze Menge wuppen."