Werbeboom im Web

24.02.2000
Die Online-Werbung überholt schon bald etablierte Marketingformen. Größter Vorteil der Kampagnen im Internet ist das zielgruppengerechte Targeting.

Von: Georg von Stein

Vorreiter bei den online werbenden Unternehmen sind die Firmen der Computer- und IT-Branche. Allein Dell, Hewlett-Packard, IBM, Microsoft und die Siemens AG haben laut einer Untersuchung der Berliner Index GmbH über ein Viertel der Banner-Schaltungen in Deutschland in Auftrag gegeben. Bei 351 unterschiedlichen Unternehmen aus dem IT-Bereich wurden 1998 insgesamt 3301 Buchungen registriert. Die fünf Riesen verantworteten dabei immerhin 26 Prozent der beobachteten Banner-Schaltungen.

Es sind vor allem die Großkonzerne, die auf Werbung im Internet setzen: Von den 500 größten deutschen Unternehmen schaltete nach einer Untersuchung des Forsa-Marktforschungsinstituts schon jedes zweite Online-Werbung. Den Gesamtumsatz in diesem Segment schätzt die Prognos AG für 1999 auf 150 Millionen Mark und für dieses Jahr schon auf 350 Millionen DM.

Favorit sind natürlich die Werbe-Banner. 55 Prozent der Internet-Werbebudgets fließen heute gemäß einer Analyse der Marketingagentur Augner-König in diese Anzeigenform. Ähnliche Ergebnisse zeigt die Studie zum Werbeklima der Wirtschaftswoche und der Gesellschaft für Konsumforschung: 83 Prozent der Werbeleiter und 92 Prozent der befragten Experten auf Agenturseite sind überzeugt, dass das Internet fester Bestandteil im Marketing-Mix wird beziehungsweise bereits ist.

Schließlich investierten die befragten Unternehmen im vergangenen Jahr durchschnittlich eine Million Mark in ihren Online-Auftritt. In diesem Jahr wird mit einem weiteren Anstieg in Höhe von 40 Prozent gerechnet. Der Anteil der Ausgaben für Online-Werbung wächst überdurchschnittlich. 1998 investierten die Firmen im Schnitt 400 000 Mark. 1999 soll der Betrag schon bei 650 000 DM gelegen haben. Die Ausgaben für Online-Werbung nehmen damit mit 46 Prozent nicht nur den höchsten Anteil am Gesamtbudget für den Internet-Auftritt ein, sondern weisen mit plus 56 Prozent auch die größten Steigerungsraten auf.

Suchmaschinen auf Platz eins

Bestandteil vieler Kampagnen sind so genannte Navigations-Sites wie Yahoo und Web.de oder Suchmaschinen wie Altavista und Hotbot. Sie ziehen einen bedeutenden Teil der Online-Werbegelder auf sich. Etwa 60 Prozent der mit Online-Werbung generierten Umsätze gelangen in die Taschen der Web-Kataloge und der Suchmaschinen.

Die großen Internet-Sites setzen in der Regel auf spezialisierte Vermarkter wie Realmedia oder Doubleclick als Partner. Zu den Auftraggebern dieser Vermarktungsprofis gehören neben den Suchmaschinen häufig die Online-Angebote von Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehsendern. Weitere wichtige Werbeträger sind die Startseiten von Internet-Zugangsdiensten wie Planet Interkom oder reichweitenstarke Branchen-Portal-Sites wie Onvista.de für Finanzfragen oder Sportal.com für den Sportbereich. Bei der Auswahl eines Online-Vermarkters rät Bruno Breitenbücher, Produktmanager bei Planet Interkom, insbesondere darauf zu achten, dass der Vermarkter den Internet-Werbemarkt sehr gut kennt, innovative Ideen zum Ankurbeln der Site-Auslastung mitbringt und einen Rundum-Service mit einer eigenen Ad-Server-Lösung anbieten kann.

Ad-Server

Um Banner auszuliefern, muss ein Ad-Server in der einfachsten Form kaum mehr leisten, als verschiedene Banner auf einer Site durchzuwechseln. Als zweite wichtige Grundvoraussetzung muss er beim Klick auf ein Banner natürlich auf die dahinter stehende Werbe-Site leiten. Kein Werbetreibender ist zudem heute noch bereit, auf ausführliche Statistiken zu verzichten, wie oft ein Banner von Anwendern gesehen wurde (so genannte "Ad Impressions") und wie oft darauf geklickt worden ist (im Fachjargon "Clickthroughs").

Share- oder Freeware-Produkte wie "Bannermatic" oder "Sponsor Rotator" können diese Anforderungen nur ansatzweise erfüllen. Oft sind die einfachen Lösungen relativ schlicht gestrickte Anpassungen von HTML-Seiten. Der HTML-Code muss dann für jede einzelne Seite angepasst werden, auf der Banner geschaltet werden. Den Aufgaben größerer Online-Werbekampagnen kann man so nicht gerecht werden. Bei höheren Ansprüchen verwaltet ein Ad-Server die gesamte Online-Werbekampagne, von der Planung, der Schaltung, der zielgruppengerechten Verteilung von Werbe-Bannern bis hin zur Resonanzauswertung und der Ausgabe von unterschiedlichsten, aussagekräftigen Berichten.

Targeting

Werbe-Banner so auszuliefern, dass sie immer auf die richtige Zielgruppe treffen, ist eine der kritischsten Funktionen von professionellen Ad-Server-Lösungen. Der einfachste Ansatz für dieses so genannte "Targeting" bietet eine Registrierung des Users, wie sie beispielsweise bei kostenlosen E-Mail-Providern wie GMX gang und gäbe ist. Alle werberelevanten Daten fragen diese Anbieter in einem Formular ab, um sie anschließend für die Banner-Zuordnung zu verwenden. Wer bei der Registrierung angegeben hat, dass ihn besonders das TK-Angebot interessiert, wird dann entsprechende Bildchen mit Telekommunikationswerbung zu sehen bekommen. Offensichtlich ist hierbei, dass die Registrierung einen deutlichen Mehrwert bringen muss. Ansonsten ist kaum ein Anwender bereit, mehr als ein Formular mit vielleicht zwei oder drei Feldern auszufüllen.

- Keyword-Targeting: Das Schlüsselwort-Targeting setzt voraus, dass Surfer ihre Interessen über Schlüsselworte offenbaren. Geben sie einen oder mehrere bestimmte Begriffe beispielsweise in eine Suchmaschine ein, sucht der Ad-Server im Hintergrund in einer Datenbank die zu den Begriffen passenden Werbe-Banner und spielt diese auf den Seiten der Suchmaschine ein.

- Inhalts- oder Page-Targeting: Hier werden die Werbe-Banner entsprechend den Inhalten einer Web-Site zugeordnet.

- Targeting auf Basis von Tages-/ Nachtzeiten: Auch die Uhrzeit spielt eine Rolle. Ein Kunde aus dem Börsenbereich mag beispielsweise großen Wert darauf legen, dass seine Banner besonders zu den Öffnungszeiten bestimmter Handelsplätze gezeigt werden. Professionelle Ad-Server bieten dem Kunden deshalb genaue Möglichkeiten, seine Kampagnen zu entsprechenden Zeiten zu buchen.

- IP-Targeting: Einige Ad-Server passen die Banner-Auslieferung aufgrund der Informationen an, die sie über die Browser erhalten. Solche Daten sind die zugehörige Länderdomäne, das verwendete Betriebssystem oder der Browser-Typ. Durch den Vergleich der IP-Adresse mit einer Datenbank erzeugt der Ad-Server geografische Informationen. Beim Zugriff auf eine Suchmaschine wird so jeweils ein passendes Banner in der Landessprache des Users ausgeliefert:

- Verhaltensprofile: Mit Hilfe von Cookies verfolgen Ad-Server den Pfad nach, den ein Anwender innerhalb einer Site nimmt. Sie sind dann in der Lage, ein Profil zu erstellen, welche Seiten besucht, welche Anzeigen gesehen und welche Banner angeklickt wurden. Kommt der Server später wieder zurück, werden seine Interessen im Cookie abgerufen und der Server zeigt ihm das passende Werbe-Banner. Diese Form des gezielten Targeting (siehe Kasten) ist gerade in jüngster Zeit in Verruf geraten.

Wie ausgeprägt die Targeting-Möglichkeiten sind, differiert erheblich zwischen Low-End-Systemen wie "WebAdverts" oder "AdCafe" und High-End-Systemen wie "Open AdStream" von Realmedia oder "Dart" und "NetGravity AdServer" von Doubleclick. Produkte der letzten Kategorie können für jeden einzelnen Benutzerzugriff bis zu 32 Targeting-Kriterien in Echtzeit kombinieren und bis zu 150 Millionen Banner pro Tag ausliefern. An Leistungsfähigkeit lassen sie sich also kaum überbieten. (afi)