Anbieter im Vergleich

Welche Cloud-Telefonanlage von welchem Anbieter?

25.09.2013 von Beate Wöhe
Langsam geben immer mehr Unternehmen bei ihren Überlegungen zur Kommunikationsstrategie einer Telefonanlage aus der Cloud eine Chance. Das Marktforschungsunternehmen Pierre Audoin Consultants (PAC) befragte einige deutsche Anbieter, worin sich ihre Angebote unterscheiden.

Zwei Drittel aller deutschen Unternehmen nutzen ihre klassische Telefonanlage durchschnittlich fünf bis zehn Jahre oder sogar länger. Das geht aus einer Erhebung des Beratungsunternehmens Pierre Audoin Consultants (PAC) hervor. Steht eine Neuanschaffung an, hat eine Firma heute zwei Möglichkeiten: weiter in klassische Telefoniehardware zu investieren oder sich über eine Telefonanlage in der Cloud die Dienste ins Haus zu holen.

Freie Auswahl: Die Cloud-Telefonanbieter im Überblick.
Foto: PAC

PAC analysierte verschiedene Angebote aus der Public Cloud und befragte dazu im Juli und August 2013 acht Anbieter, die auf dem deutschen Markt aktiv sind und Kundengrößen von 1 bis über 1.000+ bedienen. Eines haben die befragten Cloud-TK-Anbieter gemeinsam: Sie erwarten für die kommenden Jahre ein erhebliches Umsatzwachstum von 50 bis 100 Prozent - allerdings gehen diese Prognosen von einem aktuell noch niedrigen Niveau aus. Wachstumschancen sehen die Anbieter vor allem bei kleinen und mittelständischen Unternehmen, die ihre traditionelle TK-Anlage zumindest teilweise ersetzen werden.

Zur Information: Die Bedeutung der Public-Cloud-Telefondienste in den Kundensegmenten.
Foto: PAC

Zurzeit steht ein Unternehmen in Deutschland noch vor einer übersichtlichen Auswahl an Cloud-TK-Anbietern. Neben großen Carriern gibt es nur wenige Firmen, die sich teilweise oder ganzheitlich auf Telefondienste aus der Public Cloud spezialisiert haben.

Die Tabelle enthält einige Anbieter und deren Angebote auf dem deutschen Markt. Es ist ersichtlich, auf welche Unternehmensgröße sich die Produkte beziehen. Die Angebote unterscheiden sich vor allem darin, inwieweit sie in Kombination mit Carrier-Diensten wie Mobilfunk-, Festnetz- und Internetverträgen angeboten werden.

Meinungsbild: Die Einstellung zu Cloud-basierten Anwendungen ist je nach Unternehmensgröße sehr unterschiedlich.
Foto: PAC

Entscheidungskriterien für die Anbieterauswahl

Unternehmen, die sich für eine Telefonanlage aus der Cloud interessieren, sollten sich im Vorfeld zur Wahl des passenden Anbieters einige Fragen stellen. PAC gibt dazu Hinweise:

Anforderungen an die Funktionalität
Reichen die wichtigsten Telefoniefunktionen aus, oder werden komplexe Funktionalitäten wie zum Beispiel Contact Center Funktionen benötigt?

Anforderungen an die Integrationsfähigkeit mit Back-End-Systemen
In welche IT-Systeme sollen TK-Funktionen eingebunden werden? Reichen dazu die vom Anbieter bereitgestellten Standardschnittstellen aus, oder sind individuelle Entwicklungen notwendig?

Anforderungen an den Support
Reicht eine reine Online-Betreuung aus, oder ist Support vor Ort durch den Anbieter oder einen seiner Partner gewünscht?

Anforderungen an die Sicherheit
Auch wenn bei Telefonielösungen kaum sensible Daten in der Cloud gespeichert werden und Sicherheitsbedenken meist auf einem Bauchgefühl beruhen: Kann der Anbieter Sicherheitsrisiken adäquat adressieren? Welche Sicherheitskonzepte werden angeboten?

Anforderungen an die Infrastruktur
Sind die im Unternehmen bestehenden Netzanbindungen und Bandbreiten für Sprachtelefonie ausreichend, oder werden zusätzliche beziehungsweise neue Access-Verträge benötigt?

Anforderungen an Mobility
Wie wichtig ist die Einbindung mobiler Endgeräte, und wie gut kann diese vom Anbieter umgesetzt werden? Sind zusätzliche Mobilfunkverträge notwendig oder gewünscht?

nfon

Der deutsche Anbieter ist der einzige, der mit seiner Public-Cloud-Telefonanlage Unternehmensgrößen in einer Bandbreite von 1 bis 100.000 Nebenstellen adressiert. International agierende Großunternehmen spricht nfon über seine Niederlassungen in acht europäischen Ländern an.

Zu den angebotenen Leistungen zählen unter anderem ein 24x7-Support, eine Vor-Ort-Betreuung durch eigene Mitarbeiter oder Partner sowie umfangreiche Integrationsmöglichkeiten mit offenen Schnittstellen zu IT-Systemen wie Salesforce.com oder Microsoft Lync. Der Anbieter betont außerdem seinen Fokus auf Ausfall- und Abhörsicherheit.

Neben der Telefonanlage aus der Cloud bietet das Unternehmen auch Breitbandinternetanschlüsse über SDSL und Mobilfunkverträge in Kooperation mit O2 an. Über diese Kooperation steht den Kunden auch die Möglichkeit zur Verfügung, über einen VPN-Link mobile Endgeräte wie Smartphones als funktionsfähige Nebenstellen in die Anlage einzubinden.

Den Vertrieb wickelt nfon mit Partnern wie zum Beispiel Bechtle, Atos oder IBM ab. Noch in diesem Jahr will der Anbieter den Vertrieb ausschließlich auf indirekte Vertriebspartner umstellen.

Placetel

Der Anbieter adressiert mit seiner "PROFI"-Telefonanlage vor allem kleine Unternehmen. Wichtig sind Placetel dabei Einfachheit, hohe Flexibilität ohne Vertragsbindung und geringe Kosten. Ab 2,90 Euro pro Durchwahl und Monat ist eine Cloud-Telefonanlage bereits erhältlich. Im sogenannten "Free Paket" ist die Anlage für bis zu drei Mitarbeiter kostenlos.

Firmen, die eine Back-End-Anbindung benötigen, bietet Placetel einen CTI-Client und eine API an. Darüber sollen die Kunden dann selbst eine Integration in Outlook- oder Browser-basierte CRM-Systeme vornehmen können. Eine weitere Back-End-Integration wird nicht angeboten. Geplant ist in naher Zukunft ein UCC-Client, der auf Basis von WebRTC aus dem Browser heraus UCC-Funktionen wie Videotelefonie, Presence, Chat oder Multi-Point-Videokonferenzen ermöglicht.

Größtenteils haben die Placetel-Kunden weniger als 50 Mitarbeiter beziehungsweise Nebenstellen. Der Vertrieb erfolgt nur online, und den Kunden-Support wickelt Placetel über E-Mail, Chat oder Telefon ab.

QSC

Die Cloud-Telefonanlage "lPfonie centraflex" hat QSC bereits seit 2005 im Programm. In Zukunft soll dieses Produkt unter dem Namen "tengo centraflex" vermarktet werden. In der tengo-Produktfamilie bietet QSC alle Produkte aus dem Microsoft-Portfolio an. Auch Microsoft Lync inklusive Sprache soll in das Angebot aufgenommen werden - zuerst allerdings nur als Private Cloud, später dann auch als Public-Cloud-Service.

Tengo centraflex ist für Installationen mit zehn bis zu mehreren 1.000 Teilnehmern verfügbar. Die derzeitige Durchschnittsgröße der Installationen liegt laut QSC bei rund 25 Teilnehmern. Die Mindestvertragslaufzeit beträgt 24 Monate.

Der Großteil der Kunden, die Cloud-Telefonielösungen nutzen,verwendet diese gekoppelt mit Access-Diensten des Anbieters. Auch Dienste wie die Anbindung verschiedener Standorte, Netzinfrastruktur, Integration in VPN-Netze oder virtuelle Server im QSC-Rechenzentrum für eigene Anwendungen offeriert das Unternehmen. Um eine UCC-Integration darstellen zu können, ist QSC eine Kooperation mit Estos eingegangen. Die UCC-Integration ist sowohl on-premise als auch aus der Cloud möglich.

Den Vertrieb wickelt QSC - bei Ausschreibungen - direkt ab: der indirekte Vertrieb erfolgt über meist mittelständische Systemhäuser.

Sipgate

An vorwiegend kleine Unternehmen ab drei Mitarbeitern richtet sich Sipgate mit seiner Cloud-TK-Lösung "Sipgate team". Wie das Unternehmen aussagt, stünden kleine Firmen dem Cloud-Konzept derzeit offener gegenüber als große. Nach eigenen Angaben seien vor allem Neugründungen eine wichtige Kundengruppe.

Ebenso wie Placetel bietet Sipgate den Dienst nur im Internet an. Das Produkt soll mit wenigen Klicks sofort verfügbar sein. Auch dieser Anbieter will mit Flexibilität punkten. Der Dienst ist jeweils zum Monatsende kündbar.

Sipgate verfügt seit Ende 2012 über ein sogenanntes Core-Mobilfunknetz innerhalb des E-Plus-Netzes. Dadurch sind die Funktionalitäten der Telefonanlage über eigene Sipgate-Sim-Karten auch auf Mobiltelefonen verfügbar.

Teamfon

Teamfon beschäftigt zusammen mit der Muttergesellschaft Teamware 50 Mitarbeiter. Damit gehört das Unternehmen zu den kleineren der Cloud-TK-Spezialisten. Der derzeitige Kundenstamm besteht vorwiegend aus Unternehmen mit zehn bis 100 Nebenstellen.

Adressiert werden mit der Lösung "TeamSIP Centrex" vor allem Kunden, für die eine Integration von Telefoniefunktionen in Anwendungen wie Outlook oder CTI eine große Rolle spielen. Diese Integration stellt der Anbieter über den eigenen Softphone-Client und offene TAPI-Schnittstellen zur Verfügung. Clients für iPhone und Android für die Nutzung aus dem Smartphone sind ebenfalls verfügbar. Neben Installationen über Public Cloud nutzen 15 bis 20 Prozent der Teamfon-Kunden On-Premise-Lösungen in Verbindung mit Managed-Services des Anbieters.

Teamfon vertreibt überwiegend über Partner; Systemhäuser werden dabei vom Distributor Acmeo betreut. Künftig will der Teamfon aber einen stärkeren Fokus auf die Zusammenarbeit mit Carriern richten.

Telekom Deutschland

Die Telekom will künftig mit drei Angeboten für Telefonanlagen aus dem Netz an den Markt gehen:

- "DeutschlandLAN Classic" (seit 2011): Komplettangebot unter anderem aus Telefonanlage, IP-Anschluss, Voice- und Daten-Flatrates sowie UCC-Funktionalität. Zielgruppe: KMUs ab fünf bis 60 Arbeitsplätze.

- "DeutschlandLAN Telefonanlage aus dem Netz auf Basis Swyx" (seit September 2013): Telefonanlage aus dem Netz, die modular auch einzeln bezogen werden kann. Zielgruppe: KMUs ab zehn Arbeitsplätze.

- "DeutschlandLAN Telefonanlage aus dem Netz auf Basis Lync" (ab 2014): Die Lync-Cloud-Variante soll inklusive Sprache angeboten werden.

Die Erfahrungen der Telekom haben gezeigt, dass größere Unternehmen weniger gerne zu Public-Cloud-TK-Lösungen greifen, sondern On-Premise-Installationen oder Hosting-Angebote bevorzugen.

Als flexibles Modell bietet Telekom die "DeutschlandLAN Telefonanlage aus dem Netz auf Basis Swyx" mit einer Mindestmietzeit von einem Monat an. Der Kunde kann innerhalb der Laufzeit sein Volumen aufstocken oder reduzieren. Neben der vollen TK-Funktionalität verfügt das Angebot auch über UC-Funktionalitäten wie Video, Desktop-Sharing und Presence sowie eine volle Applikationsintegration. Die Lösung wird im deutschen Hochsicherheitsrechenzentrum der Telekom gehostet.

Vio:Networks

Mit fünf Mitarbeitern ist Vio:Networks der kleineste Anbieter in diesem Markt. Das Unternehmen richtet sich an kleine und mittelständische Unternehmen. Die Kunden der Lösung "Vio:pbx" haben im Durchschnitt 15 Mitarbeiter - der größte Kunde verfügt über 200 Nebenstellen. Das Produkt Vio:pbx verfügt über Telefoniefunktionalitäten wie bei klassischen Telefonanlagen. Eine Verbindung mit IT-Anwendungen lässt sich über eine TAPI-Schnittstelle darstellen. Im Aufbau befindet sich derzeit das Angebot eines Cloud-basierten, virtuellen Arbeitsplatzes mit integrierten Telefonie- und Groupware-Funktionen.

Den Vertrieb übernimmt Vio:Networks bei kleineren Kunden direkt. Mittelständische Unternehmen werden von Systemhauspartnern betreut.

Vodafone

Die Lösung "OfficeNet" von Vodafone bietet eine Telefonanlage aus der Public Cloud im Multi-Tenant-Modell (mandantenfähig) für den SMB-Bereich von fünf bis 25 Nebenstellen. An der Obergrenze können bis zu 150 Nebenstellen abgedeckt werden. In der Regel beziehen die Kunden dieses Angebot eingebettet in ein Paket aus Festnetz-, Breitband- und Mobilfunkzugang.

Mit "OfficeNet Enterprise PBX" wendet sich Vodafone an große Unternehmen mit individuelleren Anforderungen an die Telefoniefunktionalitäten und die eine Integration an weitere Systeme wünschen. Die von Vodafone gehostete Telefonanlage bietet der Carrier unter der Bezeichnung VOGE (Vodafone OneNet Global Enterprise) auch internationalen Kunden an. Dem SoHo-Segment offeriert Vodafone für weitere Integrationen standardisierte CTI-Schnittstellen. Hier sieht Vodafone vor allem in der Mobilfunkintegration ein Differenzierungsmerkmal gegenüber den Wettbewerbern.

OfficeNet vertreibt Vodafone sowohl direkt als auch über Channel-Partner, darunter vor allem kleinere Systemintegratoren.

Der Grafik können Sie entnehmen, welche Kundensegmente, bezogen auf die Mitarbeitergröße, die verschiedenen Anbieter bedienen.

Nach Angaben der Anbieter sind fast alle eher im unteren Kundenbereich bis 100 Mitarbeiter aktiv. Bei den meisten Anbietern liegt die durchschnittliche Kundengröße sogar noch deutlich darunter. Lediglich nfon wendet sich mit seiner Lösung nur an große Unternehmen und erwartet dort auch ein deutliches Nachfragewachstum.

Aus einer Untersuchung von PAC aus dem Jahr 2012 geht hervor, dass kleine Unternehmen Cloud-basierten Kommunikationsanwendungen offener gegenüberstehen als mittelständische Unternehmen. Vier von zehn befragten Firmen mit 1.000 Mitarbeitern und mehr sind ebenfalls einer TK-Anlage aus der Cloud gegenüber aufgeschlossen und an ihr interessiert. Bei diesen Unternehmensgrößen schlägt sich der Anteil der Kommunikationskosten am Gesamtfinanzplan oft deutlich nieder. (bw)