Wege zum Server

04.02.2000
Windows hat die absolute Herrschaft über den Desktop erlangt - auf den Servern im Netzwerk "regieren" andere Betriebssysteme: Unix, OS/390 oder OS/400. Hier ein Überblick über die unterschiedlichen Lösungen, die verschiedene Hersteller anbieten, um Host-Systeme im Intra- und Internet zu integrieren.

Von: Frank-Michael Schlede

Wer noch vor wenigen Jahren von seinem Desktop-System, das unter MS-Windows betrieben wurde, auf den Host-Rechner im Firmennetz zugreifen wollte, hatte zumeist kaum eine Auswahl: Eine Terminal-Emulation, die sich häufig noch auf die wenigen Möglichkeiten eines VT-100-Terminals beschränkte, war oft der einzige Weg, an seine Host-Daten zu kommen.

War die Anwendung unter X-Window lauffähig, so blieb noch der Zugang über spezielle X-Terminals oder eine Software, die einen X-Client oder gar -Server für die Windows-Plattform zur Verfügung stellte. Nachdem die Host-Integration eine ganze Zeit aus dem Blick- feld der meisten Anwender geraten war, tritt dieses Thema mit der Verbreitung des "Server-centric Computing" und der notwendigen Integration der sogenannten Legacy-Systeme in Intra- und Internet nun wieder verstärkt in den Mittelpunkt.

Zu den Anbietern mit einer langen Vergangenheit im Bereich Host-Zugang gehört sicher Attachmate. Bei dieser amerikanischen Firma konnte man besonders viel Erfahrung im Bereich Mainframe- und SNA-Anbindung gewinnen. So scheint es dann auch nur natürlich, dass Attachmate mit e-Vantage eine ganze Produktfamilie anbietet, die sich für die Host-Integration eignen soll. Als Kernstück wird dabei ein sogenannter Host-Access-Server angeboten, der dafür entwickelt wurde, das zentrale Management für die unterschiedlichen Host-Zugänge einer Firma zu verwalten (siehe dazu auch Kasten Host-Zugänge"). Dieser Access-Server stellt wiederum unterschiedliche Module zur Verfügung, die eine Integration erleichtern sollen:

Dazu gehören der Host-Viewer-Service, eine Management-Console und der Host-Session-Service. Weiterhin werden ein spezielles SNA-Gateway, ein Host Print Server, die "Attachmate e-Vantage Desktop Management Option" sowie die "Enhanced Security Services" angeboten, die speziell für den Aufbau von VPN (Virtual Private Networks) entwickelt wurden.

Direkter Zugang

Bild 1 zeigt den Einsatz des Host-Viewer-Service, bei dem es sich um eine Web-basierte Lösung handelt. Der Anwender kann sich von seinem Client-Rechner aus einen Viewer oder eine spezielle Web-Anwendung von Attachment herunterladen und bekommt über diese Schnittstelle einen direkten Zugang zu seinen Host-Daten. Der Host-Viewer-Service wird sowohl für Windows-NT- als auch für Unix-Systeme angeboten. Durch den Einsatz einer speziellen Management-Console können diese Clients dann zentral über das gesamte Firmennetz verwaltet werden.

Ein weiterer Anbieter mit einer langen Tradition bei der Anbindung von Host-Rechnern ist Netmanage. Im Gegensatz zur zuvor vorgestellten Firma Attachmate kommt die ursprünglich israelische Firma aus dem Bereich der Unix-Server. So waren die ersten Programme von Net-scape, vielen Anwendern sicher noch unter der Bezeichnung "Chamäleon" bekannt, auch reine Connectivity-Produkte, die unter anderem eine Anbindung von Windows-Systemen an NFS- oder FTP-Server ermöglichten. Nachdem Netmanage den Hauptkonkurrenten FTP-Software im letzten Jahr übernommen hat, wurde anschließend auch noch der hauptsächlich auf Mainframe-Anbindung spezialisierte Anbieter Wall Data (Hersteller der "Rumba"-Lösungen) übernommen. Mit diesem Konglomerat von Produkten und Lösungen ist man bei Netmanage nun bestrebt, unter der Bezeichnung "eN2000" eine komplette "Enterprise-Architecture" anzubieten.

Zentrale Administration für alle Rechner

Mit Hilfe dieser Lösungen soll sowohl die Anbindung von Main- frame- als auch Unix- und Web-Lösungen möglich sein. Unter dem Namen "Viewnow" bietet Netmanage für all diese Plattformen die entsprechenden Clients an, die auf dem Desktop des Anwenders unter dem "Host Access Manager" zusammengefasst werden. Durch eine zentrale Administration der Zugriffsrechte auf die verschiedenen im Firmennetz existierenden Host-Anwendungen wird dabei auch die Verwaltung der unterschiedlichen Clients deutlich vereinfacht. Zu diesem Zweck stellt Netmanage den "Managenow"-Server zur Verfügung, der als zentrale Repository fungiert und so Installation und Administration der Client-Software auch über Plattform-Grenzen hinweg möglich machen soll. Um diese Anwenderinformationen verwalten zu können, ist es möglich den "Managenow"-Server mit unterschiedlichen Typen von Directory-Services zusammenarbeiten zu lassen. Dazu gehören neben LDAP (Light Weight Directory Access Protocol ) und NDS (Novell Directory Service) auch die neuen von Microsoft als integraler Bestandteil von Windows 2000 vermarkteten Ac- tive-Directory-Services. Als weitere Besonderheit der Netmanage-Lösung wird vom Hersteller hervorgehoben, dass alle Clients direkt mit einer als "Supportnow" bezeichneten Technik ausgerüstet sind. Dadurch stehen den Mitarbeitern der Help-Desk-Abteilungen über eine spezielle Serverkomponente direkt Zugriffe und Überwachungsmöglichkeiten auf den Desktops der Anwender zur Verfügung. Das kanadische Softwarehaus Hummingbird war lange Zeit der Hersteller, wenn es darum ging, X-Windows -Lösungen direkt und möglichst transparent in eine Windows-Umgebung zu integrieren. Unter der Bezeichnung "Host Explorer Web" bietet man auch eine Möglichkeit an, auf unternehmenskritische Anwendungen und Informationen in Firmennetzen und Intranets zuzugreifen. Host Explorer Web kann über die üblichen TN3270E-,TN5250E- und VT220-Anwendungen direkt vom Web-Browser aus mit IBM-Mainframes, AS/400- und auch Unix-Systemen verbunden werden. Auch bei dieser Lösung liegt der Schwerpunkt auf der zentralen Verwaltung, die hier allerdings stark auf den Bereich der Web-Anwendung fokussiert wurde. Wichtigster Bestandteil dieser Lösung ist eine Middle-Tier-Verwaltungsplattform unter der Bezeichnung "Jump". Sie wird von Hummingbird als Java-gestützt bezeichnet und besteht aus modulartigen Komponenten, die auf offenen Industriestandards basieren. Dazu gehören unter anderem die folgenden Module:

- ein integrierter Web- und LDAP-Server,

- die Lizenzverwaltung,

- der Applet-Launcher,

- Zugriffskontrolle für Benutzer und Gruppen und

- eine gemeinsame Fat- und Thin-Verwaltungsschnittstelle.

Die Verwaltungsschnittstelle für die Clients wird als "Jconfig" bezeichnet. Dieses ebenfalls Java-gestützte Werkzeug dient dazu, die unterschiedlichen Clients von einer zentralen Stelle aus zu verwalten. Um Engpässe in der Anbindung an die Server zu vermeiden, setzt Hummingbird hier ein Applet-Downloading auf Abruf und Caching-Techniken ein, die helfen sollen, den Netzwerkverkehr zu minimieren. Der ebenfalls aus Kanada kommende Anbieter WRQ betätigte sich bisher im gleichen Umfeld wie Netmanage. Auch bei WRQ hat man die Zeichen der Zeit verstanden und bietet unter der Bezeichnung "WRQ Reflection Suite for the Enterprise" ein Programmpaket an, das ebenfalls alle Anbindungsmöglichkeiten an die verschiedenen Host-Systeme gestattet. Neben einer ganzen Reihe von Terminal-Emulationen werden unter der Bezeichnung "Hands-Free Administration" Programme zur Verfügung gestellt, die eine zentrale Installation und Verwaltung der unterschiedlichen Clients ermöglichen. Dazu gehört beispielsweise mit "Reflection Deploy" auch ein Werkzeug, das es gestattet, die verschiedenen Komponenten der Reflection Suite auf dem Server zu installieren und von dort an die Clients zu verteilen. Wie die anderen Anbieter legt auch WRQ Wert darauf, dass dieses Programmpaket die volle Unterstützung von Citrix- und Microsoft-Lösungen für Multiuser-NT zur Verfügung stellt.

In diesem Zusammenhang darf auch die französische Firma Esker nicht unerwähnt bleiben. Zwar hat sich dieser Anbieter in den letzten Jahren aus dem Feld der reinen Connectivity- und Host-Access-Lösungen zurückgezogen, um unter der Bezeichnung Enterprise Connectivity hauptsächlich unternehmensweite Fax-Lösungen anzubieten. Doch durch eine Mitte 1999 durchgeführte Fusion mit dem amerikanischen Anbieter Persoft kann man auch diesen Bereich weiter abdecken. Persoft bietet unter dem Produktnamen Persona ebenfalls Web-Host-Connectivity und damit die Host-Integration auf Windows-NT-Basis an.