Porteus „Kiosk“-Lösungen

Webzugang für Gäste: Per Kiosk-Browser oder Porteus

20.12.2015 von Hermann Apfelböck
Wer eine allgemein zugängliche Surfstation anbietet, will den Verwaltungsaufwand so gering wie möglich halten. Dieser Beitrag zeigt und gewichtet zwei robuste Varianten einer unbeaufsichtigten Surfstation unter Linux mit dem System Porteus.

Die nachfolgenden „Kiosk“-Lösungen mit Firefox plus R-Kiosk und dem System Porteus erlauben Gästen und Kunden den Webzugang und halten die Nutzer fern vom Betriebssystem. Beide Lösungen sind anspruchslos und sollten mit einem GB RAM und Ein-GHz-CPU auskommen. Die wesentlichen Entscheidungskriterien sind folgende: Porteus ist mit Abstand ausgereifter und sicherer, auf der anderen Seite aber etwas aufwendiger einzurichten. Ferner erlaubt Porteus den vollen Surfkomfort mit Tabs (Firefox nur jeweils eine Website). Das komplette Porteus-System ist, sofern nicht zu eng konfiguriert (DHCP, nicht explizit definierte Bildschirmauflösung), auch schnell per USB-Stick umgesteckt auf eine andere Hardware. Firefox darf wiederum für sich beanspruchen, auch auf einem Platinenrechner mit ARM-CPU zu laufen. Außerdem bietet die Firefox-Lösung einen hübschen Trick für den Administrator, um im laufenden Betrieb an das volle System zu gelangen.

Zur Info noch zwei Verlierer vorab:

Chrome? Der Google-Browser Chrome lässt im Kiosk-Modus ein großes Scheunentor offen – den Rechtsklick auf URLs: Sobald man das Angebot „Link in neuem Fenster öffnen“ annimmt, hat man einen Chrome im Fenstermodus vor sich und den Linux/Windows-Desktop mit allen Elementen.

Windows? Auch unter Windows ist die Einrichtung eines Kiosk-Browsers möglich, aber unterm Strich sinnlos, weil einige nicht deaktivierbare Hotkeys immer den Weg auf den Windows-Desktop ebnen.

Kiosk-Modus für den Firefox

Für Firefox gibt es die Erweiterung R-Kiosk 0.9.0.1 („Real Kiosk“). Aufgrund eines Problems oder Bugs mit dem unverzichtbaren Hotkey Alt-Pos1 empfehlen wir, zunächst ein neues Firefox-Profil anzulegen (firefox -P ???), dieses nach „Create Profile“ als „Kiosk“ zu benennen und Firefox dann mit diesem Profil zu starten. Mit einer Google-Suche nach „r-kiosk firefox“ erreichen Sie die passende Seite, und mit „Add to Firefox“ richten Sie das Add-on ein. Die Erweiterung wird beim nächsten Browser-Start aktiv. Achtung und stop: Legen Sie vor diesem Browser-Start unbedingt unter „Einstellungen -> Allgemein -> Startseite“ jene Startadresse fest, die Ihre Surfer als Ausgangspunkt nutzen dürfen – etwa „ http://www.google.de“. Beachten Sie, dass R-Kiosk keine Tabs und keine Navigationselemente bietet: Wenn ein Surfer über Google auf eine Seite gelangt, gibt es scheinbar keinen Weg zurück. Sie sollten an der Surfstation daher den Hinweis aufkleben, dass die Tastenkombination Alt-Pos1 (Alt-Home) zur Startseite zurückführt. Das ist zwar Standard, aber nicht jedem geläufig.

Wir empfehlen vor der Einrichtung von R-Kiosk ein neues Profil.

Ein einmal installiertes R-Kiosk ist nicht so ohne Weiteres zu beseitigen: Der radikale Weg ist es, nach der Eingabefirefox -P ??? den Profildialog zu starten und dort das gesamte Profil „Kiosk“ zu löschen. Sanfter ist es, mit dem abgesicherten Modus von Firefox Erweiterungen und Plug-ins vorübergehend abzuschalten. Dazu starten Sie den Browser mit dem folgenden Terminal-Kommando

firefox -safe-mode

und finden dann über das Menü „Add-ons“ das temporär deaktivierte R-kiosk. Dort können Sie dauerhaft „Deaktivieren“ oder „Entfernen“.

Abschalten von Tastenkombinationen: System-Hotkeys machen es leider leicht, absichtlich oder zufällig den Vollbild-Browser zu verlassen und Zugriff auf das System zu gewinnen. Daher müssen sämtliche Vorgaben wie Alt-F4, Strg-Windows-Unten etc. konsequent abgeschaltet werden. Unter Ubuntu und Linux Mint geht das recht bequem unter „Systemeinstellungen -> Tastatur -> Tastaturkürzel“, indem Sie Einträge markieren und mit der Rücktaste auf „Deaktiviert“ setzen.

Die Hotkeys Alt-Tab und Umschalt-Alt-Tab sind an dieser Stelle nicht aufgeführt, sollten aber ebenfalls ausgeschaltet werden. Das erledigen Sie elegant, indem Sie ihnen Dummy-Aktionen zuweisen – etwa unter „Ton und Medien“ die Aktionen „Vorheriger Titel“ und „Nächster Titel“. Das hat nur den Zweck, die normale Funktion dieser Hotkeys durch die selbst definierten Aktionen funktionslos zu machen. Nach diesen Hotkey-Änderungen ist der Firefox ein robustes Gefängnis für normale Anwender.

Optionales Schlupfloch: Damit Sie als Administrator nicht selbst im Vollbild-Browser gefangen sind, vergeben Sie unter „Systemeinstellungen -> Tastatur -> Starter“ für ein bereits vorhandenes Programm einen möglichst ungewöhnlichen Hotkey. Als Beispiel könnte etwa „Terminal starten“ mit Umschalt-Win-Rücktaste belegt werden, was Linux als „Umschalt-Super-Löschen“ einträgt. Dieser Hotkey lädt dann das grafische Terminal und befördert dabei auch das Hauptpanel und unter Ubuntu die Starterleiste zu Tage. Somit erhalten Sie vollen Zugang zum System.

Das Surfsystem Porteus

In der Porteus-Kiosk-Variante sind alle hier getroffenen Entscheidungen irreversibel.

Wenn eine Surfstation im Dauerbetrieb wartungsfrei funktionieren und auch mit destruktiven Nutzern fertig werden soll, ist die Firefox-Lösung unzureichend. In solchen Fällen empfiehlt sich das Spezialsystem Porteus 3.4.0. Es gibt von Porteus eine umfangreichere Desktop-Variante, wir beschränken uns aber im Folgenden auf die restriktive Kiosk-Variante. Diese erhalten Sie zunächst in Form eines sehr kleinen ISO-Images mit nur 31 MB, das Sie dann mit

dd if=Porteus-Kiosk-3.4.0-i486.iso of=/dev/sdc

auf einen USB-Stick schreiben (Kennung „sdc“ ist ein Beispiel – bitte unbedingt anpassen) und damit einen Rechner booten. Er handelt sich um ein Installer-Image, denn erst damit erfolgt nun der Zusammenbau des endgültigen Porteus-Systems. Sie wählen zunächst die Netzverbindung (Kabel oder WLAN), ferner den Browser (Firefox oder Chrome) und danach diverse Detaileinstellungen.

Wir zählen insgesamt knapp 50 Einstellungen, die Sie treffen können und die ganz brauchbar englischsprachig erklärt werden.

Lassen Sie sich hier Zeit, denn die Konfiguration ist dann endgültig und muss im Fehlerfall mit dem Installer-ISO wiederholt werden: Die Vorgaben sind zwar allesamt sinnvoll, aber einige manuelle Änderungen sollten Sie in jedem Fall vornehmen.

Mindestens eine Suchmaschine als Startpage sollte eingestellt werden. Ob Sie die Voreinstellung des generellen „Private Mode“ haben möchten, ist ebenfalls zu überlegen. Auf Wunsch können Navigations-Buttons aktiviert werden. Deutsches Keyboard als primäres Layout ist wichtig, ferner am Ende die Optionen, das System per SSH oder VNC fernwarten zu können. Wenn Sie durch alle Optionen durch sind, können Sie diese Konfiguration entweder als ISO-Image ablegen („Save ISO“) oder gleich direkt auf den Zieldatenträger schreiben („Install ISO“). Ideal sind USB-Sticks oder eine SD-Karte, weil das System kaum 100 MB beansprucht.

Sorgen Sie dann auf Ihrer Surfstation-Hardware im Bios dafür, dass der Rechner automatisch vom Porteus-Medium bootet. Weitere Wartung entfällt: Das Gerät schalten Sie einfach mit dem Power-Knopf ab.

(PC-Welt/ad)