Fachwissen vermarkten

Was ITler von Ärzten lernen können

05.08.2014 von Alexandra Mesmer
Ein Videotraining für ein Vorstellungsgespräch zu absolvieren ist für Berufsgruppen wie Ärzte selbstverständlich. IT-Spezialisten dagegen fällt es schwer, sich für die Selbstanalyse zu entscheiden, hat Karrierecoach Birgit Zimmer Wagner beobachtet.

Der IT-Gruppenleiter hatte schon viele Vorstellungsgespräche geführt, Absagen klaglos akzeptiert und sich einfach weiter beworben. Als er sich bei der Frankfurter Karriereberatung Bewerber Consult für ein Videotraining und Coaching interessiert, zögert er noch.

Diese Haltung ist unter IT-Experten weit verbreitet, so der Erfahrungen der Karriereberaterin Birgit Zimmer-Wagner: "Warum fällt es anderen Berufsgruppen wesentlich leichter, sich coachen zu lassen? Etwa Ärzten, die zum Chefarztcoaching zu uns kommen und nach kurzem knappen Telefonat ihre Unterlagen schicken, den Info-Leitfaden zur individuellen Biographie und den Coachingzielen, den wir an alle Bewerber schicken, noch nachts ausfüllen und morgens in der Früh schicken. Ist eine Chefarztposition zu besetzen, absolviert der Kunde auch nach einem 24-Stunden-Dienst noch ein mehrstündiges Coaching."

Während viele IT-Experten immer noch eher zögerlich über ein Karriere-Coaching nachdenken, ist diese Form der Unterstützung bei Ärzten schon gang und gäbe.
Foto: Minerva Studio - Fotolia.com

Ein habilitierter Oberarzt sagt:"Ich will meine Karriere voran bringen, zur Vorbereitung des Gespräches muss ich mir auch die Zeit nehmen. Damit mein Arbeitgeber nichts merkt, geht es nur zwischen den Diensten. Klappen muss es auch schnell, denn Absagen mehrmals hintereinander kann ich mir gar nicht leisten." Er hat klare Erwartungen an ein Coaching, so fordert er im Gespräch Feedback und detaillierte Informationen, "genauso wie bei meinen Mitarbeitern oder den Führungskräften im Krankenhaus".

Selbstvermarktung fällt IT-Profis schwer

Auf solche deutlich formulierten Ziele und persönliche Erwartungshaltungen trifft Berber-Consult-Beraterin Zimmer-Wagner bei Softwareentwicklern, Systemanalysten oder vielen Ingenieuren weniger. Nach mehr als zehn Jahren im Karrierecoaching weiß sie: IT-Experten sind auf ihre fachlichen Fähigkeiten fokussiert und denken wenig darüber nach, dieses Fachwissen nach außen darzustellen oder gar zu vermarkten. Gleichzeitig falle es IT-Profis schwer, die Erfolge der eigenen Person auch Nicht-ITlern zu erklären. In der Bewerbungspraxis müssten die IT-Experten aber genau das tun, zumal viele klassische Personaler oft Betriebswirte oder Juristen ohne tiefes IT-Verständnis sind. Laut Zimmer-Wagner haben Personaler dann im Vorstellungsgespräch eher ein schlechtes Gefühl, weil sie den Kandidaten nicht verstehen. Das führe dazu, dass Softwareentwickler oft mehrere Anläufe brauchen.

Ganz anders agieren dagegen die Ärzte im Coaching, so Zimmer-Wagner: " Hat der Arzt seine Erfolgsbilanz oft schon selbst verfasst und will nur noch daran feilen, ist vielen Techies gar nicht bewusst, was sie geleistet haben. Oft entstehen erst bei der Vorbereitung und der Analyse des Videotrainings beeindruckende Erfolgsbilanzen, nachweisbare Stärken, persönliche Motive für die Karriereplanung und auch eine klare Abgrenzung, was der Kandidat nicht will."

Zimmer-Wagner ist überzeugt: " Mit individueller Vorbereitung des persönlichen Auftritts, gestärktem Selbstvertrauen und einer klaren Zieldefinition gelingt es ITlern genauso wie anderen Zielgruppen, eine beeindruckende Karriere nicht nur anzustreben, sondern sie auch zu erreichen."

Karriere machen
Die Wahl des richtigen Studiums
Studieren Sie, was Sie wollen, und genießen Sie es. Menschen, die sich begeistern können, wirken auf Arbeitgeber attraktiv.
Zusatzqualifikationen
Wenn Sie im Hauptfach Informatik studieren, erwerben Sie eine Zusatzqualifikation, die zeigt, dass Sie gerne mit Menschen zu tun haben und betriebswirtschaftlich denken können.
Interesse zeigen
Von Ihrer ersten Stelle an: Übernehmen Sie bei jeder Gelegenheit Verantwortung. Interessieren Sie sich für das ganze Unternehmen. Vermitteln Sie den Eindruck, Sie würden am liebsten in jeder Abteilung arbeiten.
Zuhören!
In Ihrer ersten Führungsposition: Hören Sie erst einmal zu. In einem guten Unternehmen erwartet man von Ihnen Rezepte und Resultate, aber keine Schnellschüsse.
Kommunizieren!
Kommunikation ist das Wichtigste. Ihre Entscheidungen als (angehender) CIO greifen in das Leben vieler Menschen ein. Wenn Sie mit denen nicht reden, lasten sie alles, was nicht klappt, Ihnen an. Von jedem, mit dem Sie sprechen, können Sie lernen.
Eigenmarketing
Ohne Selbst-Marketing geht es nicht. Erklären Sie Ihren Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern, was Ihre Arbeit ihnen bringt. Erwähnen Sie immer Ihre Helfer.
Aufgaben abgeben
Delegieren Sie. Ihre Mitarbeiter können vieles ohne Sie. Wenn Sie ihnen das nicht zutrauen, gelten Sie als ineffizient.
Networking
Pflegen Sie möglichst viele Kontakte. Verlässlichkeit braucht manchmal keinen großen Aufwand. Auch die anderen haben oft nur Zeit für eine Mail.
Schmerzgrenzen ausloten
Überlegen Sie, ob Sie den Ärger und das Unverständnis verkraften werden, die mit einer möglichen neuen Position verbunden sind. IT ist zuständig für komplizierte Abläufe, Reibungslosigkeit, Rationalisierung und unerfüllbare Forderungen.
Strategisch vorgehen
Denken Sie strategisch. Es gibt erfolgreiche CIOs, die vorher Geschäftsführer in einem größeren Unternehmen waren. Auf lange Sicht kann ein kleiner Abstieg genau richtig sein.
Einstellungssache
Seien Sie umzugsbereit - oder zufrieden mit den beruflichen Möglichkeiten, die sich vor Ort bieten.
Work-Life-Balance
Kämpfen Sie um ein Leben außerhalb der Arbeit . Es gibt einiges, das wichtiger ist als die Karriere!