Es geht um mehr als Technik

Was IT-Chefs Bewerber fragen sollten

12.02.2015 von Christiane Pütter
IT-Entscheider verlieren sich bei Vorstellungsgesprächen gern in technologischer Fachsimpelei. So erfahren sie aber nichts über den Menschen, gibt Jürgen Rohrmeier von Pape Consulting zu bedenken.

Die Kandidaten haben ihre Unterlagen geschickt, und die erste Vorauswahl ist getroffen. Wie sich IT-Führungskräfte und Personalentscheider auf die Bewerbungsgespräche vorbereiten, erläutert Jürgen Rohrmeier von der Pape Consulting Group. Die Vorbereitung beginnt mit näherer Recherche über die Kandidaten in folgenden Quellen:

Wo sich Führungskräfte über Bewerber informieren

1. Offizielle Quellen:

"Faktisch kommen den Bewerbungsunterlagen des Kandidaten und einem ersten Telefonat noch immer die größte Bedeutung zu", sagt Rohrmeier.

Auch ein Anruf beim vorigen Arbeitgeber ist nützlich. Dem muss der Bewerber aber zustimmen.

2. Inoffizielle Quellen:

Soziale Netzwerke werden zunehmen wichtiger, bleiben aber eine ergänzende Informationsquelle. Es sind eher die IT-Führungskräfte, die sich in Xing oder LinkedIn umsehen. Sie sind ja oft auf selbst in diesen Netzwerken aktiv. Für Personaler dagegen lohnt sich der Aufwand nicht unbedingt.

Bei Xing oder LinkedIn bekommen die Entscheider einen Einblick von den Themen, die der Kandidat begleitet. Wie viele und was für Kontakte hat er? In welchen Foren engagiert er sich?

Facebook ist ein Netzwerk zum privaten Austausch und sollte auch privat bleiben. Fotos, die man dort einstellt, sollte man nur einem kleinen Personenkreis zugänglich machen. Dabei gilt: Gerät ein Bild vom Strandurlaub doch in Umlauf, ist das nicht unbedingt tragisch, sagt Rohrmeier. Er fügt jedoch an: "Meinen Studenten sage ich immer: Stellt keine Fotos ins Netz, wo ihr tot über dem Tresen hängt!"

Jürgen Rohrmeier von der Pape Consulting Group unterstützt Entscheider bei der Besetzung von IT-Stellen.
Foto: Privat

Worauf Chefs beim Erstgespräch achten

Herr Rohrmeier, Sie schreiben dem ersten Telefonat hohe Bedeutung zu. Wie lang dauert denn so ein Gespräch?

Jürgen Rohrmeier: Das hängt von der Position ab. Je mehr Führungsverantwortung der Kandidat gegebenenfalls übernimmt und je weiter oben er in der Firmenhierarchie stehen wird - je "teurer" er also ist - umso länger wird das Gespräch dauern. 30 Minuten sollte man aber auf jeden Fall einplanen.

Worauf achten Führungskräfte bei dem Telefonat, das dem Bewerbungsgespräch vorausgeht?

Jürgen Rohrmeier: Bei diesen Telefonaten wird zunehmend mit Bild gearbeitet, also über Skype oder Video. Man sieht, wie sich der Bewerber präsentiert. Man kann dessen nonverbale Kommunikation beobachten und erfährt nicht nur, was jemand sagt, sondern auch, wie er es sagt. Das bringt schon viel für die Vorauswahl.

Ist dabei die Kleidung des Kandidaten wichtig?

Jürgen Rohrmeier (lacht): Mit Krawatte muss da keiner sitzen, vor allem nicht, wenn es bei der Stelle eher um technische Funktionen geht. Aber auch Bewerber, die Kundenkontakt haben werden, brauchen in diesem Telefonat noch nicht unbedingt eine Krawatte zu tragen. Wichtig ist ein gepflegter Auftritt. Ein schönes Poloshirt sieht ganz anders aus als ein altes T-Shirt.

Wenn es dann ans Gespräch geht: Welche Fragen stellen die Führungskräfte des Fachbereichs im Bewerbungsgespräch und welche Fragen stellen Personaler?

Jürgen Rohrmeier: Ich bin kein Fan standardisierter Fragebögen. Einen Fall konnte ich beobachten, da hat der Fachvorgesetzte seinen Fragenkatalog abgearbeitet, ohne auf den Kandidaten einzugehen. Es würde mich nicht wundern, wenn er den hinterher auf dem Flur gar nicht erkannt hätte (lacht). Die Fragen sollten sich immer danach richten, wie das Unternehmen den Bewerbungsprozess gestaltet. Im Idealfall teilen sich der Fachbereichsvorgesetzte und der Personaler die Fragen auf. Dabei interessiert sich die Führungskraft natürlich stärker für die fachlichen Kenntnisse des Bewerbers.

Und welche Fragen übernimmt der Personaler?

Jürgen Rohrmeier: Der Personaler will durch seine Fragen den Werdegang des Kandidaten sicherstellen, also herausfinden, ob dessen Angaben stimmen. Ihn interessiert die Motivation des Bewerbers. Und zwar nicht nur die Motivation dafür, sich genau bei diesem Unternehmen vorzustellen, sondern auch die Gründe für frühere Jobwechsel. Bei Berufsanfängern steht die Motivation für die Wahl ihres Studiengangs im Vordergrund.

Projekte verraten viel über Menschen

Wie erleben Sie den Unterschied zwischen Fachbereichsleitern und Personalern?

Jürgen Rohrmeier: Wenn Bewerber und Fachvorgesetzter beide Informatiker sind, besteht die Gefahr, dass sie eine Stunde lang nur über technologische Features oder Produkte sprechen. Der Fachbereichsleiter ist dann wahrscheinlich sehr angetan und gewinnt den Eindruck, dass der Bewerber fachlich versiert ist. Und der Kandidat ist auf der sicheren Seite. Der Personaler muss hier mit der Frage einhaken: Was wissen wir über diesen Menschen? Seine Aufgabe ist es, das herauszufinden.

Und wie tut er das?

Jürgen Rohrmeier: (lacht) Da gibt es einen Trick: eine geschlossene Frage stellen. Wenn der Bewerber seit einer Viertelstunde über technologische Details spricht, einhaken mit der Frage: "Bei welchem Unternehmen war das jetzt?" Diese Frage ist nicht unhöflich und bringt den Kandidaten kurz zum Überlegen. Diese Pause kann der Personaler nutzen um Fragen darüber zu stellen, wie der Bewerber seine Arbeit erledigt und was für ein Mensch er ist.

Zum Beispiel?

Jürgen Rohrmeier: Ein gutes Beispiel bieten Projekte, die der Kandidat umgesetzt hat. Jedes Projekt, auch die, die letztlich erfolgreich abgeschlossen werden, gerät einmal in Schieflage oder stellt die Beteiligten vor Probleme. Im Vorstellungsgespräch kann man fragen: Was hat der Kunde dann gesagt? Wie haben sie das gelöst? Wie haben sie sich verhalten?

Gibt es auch Fragen, die ein Unternehmen auf keinen Fall stellen sollte?

Jürgen Rohrmeier: Grundsätzlich darf man jede Frage stellen. Der Bewerber muss aber nicht jede Frage wahrheitsgemäß beantworten, das bekannteste Beispiel dafür ist die Frage an Frauen nach der Schwangerschaft. Und für das Unternehmen macht es ja keinen Sinn, Fragen zu stellen, die nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden müssen.

Mehr Transparenz beim Thema Gehalt

Was halten Sie von der Standardfrage nach den Stärken und Schwächen des Bewerbers?

Jürgen Rohrmeier: Die ist völliger Blödsinn. Was soll man mit den Antworten auf diese Frage anfangen? Üblicherweise sagt der Bewerber bei den Schwächen, er sei ungeduldig. Diese Antwort kommt fast immer.

Das kann man ja auch mittlerweile auf den Ratgeber-Seiten jeder Fernsehzeitschrift nachlesen…

Jürgen Rohrmeier: Eben. Mit dieser Frage erfährt man nichts über den Menschen. Ich bin auch kein Anhänger davon, Bewerber Stress auszusetzen. Besser ist es, mit Transparenz zu arbeiten. Also dem Kandidaten zu sagen: "Sie werden in dieser Position mit unzufriedenen Kunden zu tun haben, die am Telefon schon einmal unangenehm werden können. Ich würde gern ein Rollenspiel durchführen, bei dem einer unserer Mitarbeiter sie anruft."

Wie geht man das Thema Gehalt an?

Jürgen Rohrmeier: Unternehmen wissen meist sehr gut, welches Gehalt marktüblich ist. Das gilt jedenfalls für vorhandene Stellen, die nachbesetzt werden. Wird eine Funktion neu geschaffen, kann das anders sein, dann wird eventuell auch richtig verhandelt. Dabei spielt es zum Beispiel eine Rolle, wie etabliert das Unternehmen ist, oder in welcher Region es sitzt. Der Bewerber wird üblicherweise gefragt, was er bisher verdient.

Was er nicht beantworten muss ...

Jürgen Rohrmeier: ... Nein, er muss nicht. Aber 99 von 100 Kandidaten antworten. Denn natürlich ist das Gehalt eine wichtige Information. Davon kann abhängen, ob man überhaupt zusammenkommt.

Wie sehen Sie den Aspekt der variablen Gehaltsbausteine?

Jürgen Rohrmeier: Das setzt sich in der Informatik zwar langsam durch, ist aber weniger verbreitet als im Vertrieb. Meist bekommen Führungskräfte variable Gehaltsanteile. Nicht immer haben die einzelnen Beschäftigten viel Einfluss, etwa dann, wenn Erfolgsbeteiligungen gezahlt werden. Grundsätzlich rate ich jedem Unternehmen zur Transparenz. Es ist nicht gut, einzelnen Führungskräften heimlich "ein bisschen mehr" zu zahlen ...

… weil das wahrscheinlich eh rauskommt?

Jürgen Rohrmeier: Genau, durch die sozialen Netzwerke. Die Menschen tauschen sich untereinander aus. Und kein Unternehmen will auf Kununu über sich lesen: "Die zahlen zu wenig." Sogesehen fordert schon die Technologie Transparenz.

Eine Abschlussfrage noch: Sie sind ja schon einige Zeit in der Branche. Wie haben sich Informatiker im Laufe der Zeit verändert?

Jürgen Rohrmeier: Das ist zunächst eine Generationsfrage. (lacht) Nerds gibt es immer noch, aber die sind meistens älter als 40. Generell sind Informatiker kommunikativer geworden. Das entspricht ja auch der Entwicklung der IT. Informatiker kooperieren zunehmend mit den Fachabteilungen und richten ihre Arbeit auf das Business aus. Das spiegelt sich in den ausgeschriebenen Stellen. Insofern ist es gut, dass die Studiengänge zu Wirtschaftsinformatik steigenden Zulauf verzeichnen.

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