Lizenzmodelle von Oracle, IBM & Microsoft

Was Datenbankvirtualisierung kostet

12.08.2011 von Hartmut  Wiehr
Wer Datenbanken virtualisiert, benötigt kalkulierbare Lizenzkosten, um keine bösen Überraschungen zu erleben. Der Teufel bei Lizenzen für Virtualisierung steckt aber im Detail, meint Sören Reimers von ProLicense.

Die Auswirkungen der Virtualisierung auf die Lizenzierung von Datenbanken sind ein seit Jahren kontrovers diskutiertes Thema in der IT-Branche. Die klassischen Bezugsgrößen wie Server, CPU oder User-Anzahl sind in der virtuellen Welt nicht mehr so ohne Weiteres greifbar. Die Hersteller von Datenbanken halten oft an ihren alten, profitablen Lizenzmodellen fest und versuchen diese in die Welt von Virtualisierung und Cloud hinüberzuretten.

Die Problematik hat es in sich, denn das ursprünglich aus der Mainframe-Welt stammende Konzept der Virtualisierung ist nicht mehr aus dem Unternehmensalltag wegzudenken und hat auch die Domäne der Datenbanken erfasst. So ergab eine Umfrage der Anwendervereinigung DOAG aus dem Jahr 2010, dass von 420 Oracle-Kunden etwa 90 Prozent Virtualisierungslösungen einsetzen, hierbei meist VMware.

Bei der Einführung neuer Lizenzmodelle sind unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen. Auf der einen Seite verlangen die Kunden flexible Lizenzmodelle, die dem Abruf der tatsächlichen Rechenleistung in virtuellen Umgebungen gerecht werden. In der Theorie wären verschiedene Modelle denkbar, zum Beispiel das aus der Mainframe-Welt stammende "Metering", bei dem die Nutzung der Hardwareressourcen durch die Anwendung protokolliert wird.

Doch auf der anderen Seite benötigen die Kunden kalkulierbare Lizenzkosten, um das IT-Budget im Voraus planen zu können. Bei einem verbrauchsgerechten Lizenzmodell wissen die Kunden aber nicht, welche Lizenzkosten am Ende des budgetierten Jahres zu Buche schlagen werden. Insofern wäre bei der Einführung neuer Lizenzmodelle auch ein Umdenken bei der Budgetplanung notwendig.

In der Praxis begegnen einem unterschiedliche Lizenz- und Abrechnungsmodelle. Diese werden bei Virtualisierungsprojekten oft zu spät berücksichtigt. Als Folge kann es zu einer signifikanten Reduktion der erhofften Einsparungen oder zu nachträglichen Einschränkungen bei der technischen Umsetzung von Virtualisierungsprojekten kommen. Einige Unternehmen geraten unwissentlich in eine Unterlizenzierung, was bei einem späteren Audit durch die Hersteller sehr teuer werden kann.

Im Folgenden werden exemplarisch die Lizenzmodelle von Oracle, IBM und Microsoft gegenüber gestellt, um mehr Transparenz zu schaffen und um eine Entscheidungshilfe bei der Planung von Virtualisierungsprojekten zu bieten.

Das Lizenzmodell von Oracle

Bei der Lizenzierung virtueller x86-Umgebungen hält sich Oracle meist an altbekannte Partitionierungsregeln, die der technisch als sinnvoll erachteten Virtualisierung bei der falschen Planung kostenseitig Steine in den Weg legen können. Laut Aussage von Oracle-Vorstand Jeb Dasteel wird es auch in naher Zukunft keine Änderungen in den Lizenzierungsregeln beim Einsatz von x86-Virtualisierungslösungen geben. Grundsätzlich unterscheidet Oracle zwischen Soft- und Hard-Partitionierung.

Soft-Partitioning - alle im Server laufenden CPUs sind zu lizenzieren

Virtualisierungslösungen, bei denen die Zuteilung der Prozessoren über Ressourcenmanager erfolgt, bewertet Oracle als Soft-Partitioning. Beispiele hierfür sind Solaris 9 Resource Containers, AIX Workload Manager, OracleVM oder VMware. Diese Lösungen haben keinen Einfluss auf die zu zählenden CPUs.

Soft-Partitioning: Acht CPUs sind installiert, nur zwei werden von der Oracle-Datenbank genutzt. Zu lizenzieren sind trotzdem acht CPUs.
Foto: ProLicense

Alle im Server installierten physischen CPUs müssen berücksichtigt werden. Die Anzahl der virtuellen Betriebsumgebungen und Instanzen auf dem physischen Server ist irrelevant. Im Bild "Soft-Partitioning" ist ein soft-partitionierter Server mit acht installierten CPUs abgebildet. Eine Partition mit zwei CPUs wird von der Oracle-DB genutzt. Es sind alle acht CPUs im Server für die Oracle Datenbank zu lizenzieren. Die benötigte Anzahl an Lizenzen (Prozessor oder Named User) wird anhand der Kerne pro CPU kalkuliert (siehe auch Oracle Processor Core Factoring Table).

Hard-Partitioning - nur zugewiesene Prozessoren sind zu lizenzieren

Beim Hard-Partitioning wird der Server physisch in einzelne voneinander unabhängige Segmente aufgeteilt. Es sind in diesem Fall nur die dem jeweiligen Segment zugewiesenen Prozessoren zu zählen. Beispiele für von Oracle anerkannte Lösungen sind Solaris 10 Containers, LPAR, Micro Partitions, vPar, nPar und OracleVM (bei entsprechender Hard-Installation).

Hard-Partitioning: Acht CPUs sind installiert, die Oracle-Datenbanken nutzen davon zwei Prozessoren. Zu lizenzieren sind zwei CPUs.
Foto: ProLicense

Für ein Rechenzentrum, das bedarfsgerecht Rechenleistung für die Datenbank zur Verfügung stellen möchte, ergibt sich damit ein Problem: Nur die Soft-Partitionierung, zum Beispiel mit VMware, ermöglicht einen wirklich dynamischen und bedarfsgerechten Betrieb der Datenbank. Hierbei ist jedoch gemäß den Lizenzregeln von Oracle von Anfang an das gesamte System zu lizenzieren. Dies führt sofort zu hohen Lizenzkosten, die bei der Gesamtkostenanalyse berücksichtigt werden müssen.

Das Lizenzmodell von IBM

Grundsätzlich besteht Ähnlichkeit zwischen den Lizenzmodellen von Oracle und IBM. Beide bieten User- und Rechenleistung-basierte Lizenzierungen an. Während bei IBM jedoch von PVUs (Processor Value Units - Basis ist hier die Gesamtanzahl der CPU-Kerne) gesprochen wird, lizenziert Oracle nach Prozessoren (wobei auch hier die Gesamtanzahl der Kerne ausschlaggebend ist).

IBM License Metric Tool: Die kostenlose Lösung bietet eine Dashboard-Ansicht mit regelmäßiger Berichterstellung.
Foto: IBM

Bei der Lizenzierung virtualisierter Systeme geht IBM jedoch einen etwas anderen Weg: Der Hersteller vereinbart zuvor mit seinen Kunden genau, welche Systeme virtuell aufgebaut werden sollen (Soft-Partitioning). Auf diesen Systemen wird dann das sogenannte IBM License Metric Tool (ILMT) installiert.

Hier zeigt sich ein Vorteil bei der Lizenzierung gegenüber Oracle: Nur die maximale Prozessornutzung wird lizenziert. Benötigt die Datenbank über einen bestimmten Zeitraum nur maximal vier CPUs, sind auch nur diese vier CPUs zu lizenzieren (auch wenn der physikalische Server mehr CPUs hat). Steigt die Nutzung zu einem Moment während des Betrachtungszeitraums zum Beispiel von vier auf sechs CPUs, so sind diese sechs CPUs zu lizenzieren. Ein Rückgaberecht der Lizenzen bei einer anschließend geringeren Nutzungstiefe gibt es hier jedoch ebenfalls nicht.

Die Lizenzierung kann entweder durch PVU-Lizenzen (Processor Value Units) oder Named-User-Lizenzen erfolgen. Auch hier ist wie bei Oracle die Anzahl der virtuellen Betriebsumgebungen und Instanzen auf dem physischen Server irrelevant.

Das Lizenzmodell von Microsoft

Grundsätzlich unterscheidet Microsoft zwischen der Server/CAL- und der Prozessor-Lizenzierung.

Das Server/CAL-Modell

In diesem Modell lizenziert der Kunde zum einen die User oder Devices mittels CALs (Client Access License) und zum anderen die notwendige Anzahl von Serverlizenzen. Je Serverumgebung werden dabei die virtuellen Betriebsumgebungen gezählt. Bei der SQL Server Standard Edition ist je virtueller Umgebung eine Serverlizenz notwendig.

Microsoft SQL Server Enterprise Edition: Mit einer Lizenz können bis zu vier virtuelle Betriebsumgebungen innerhalb einer physischen Serverumgebung arbeiten.
Foto: ProLicense

Mit der SQL Server Enterprise Edition können mit einer Lizenz bis zu vier virtuelle Betriebsumgebungen innerhalb einer physischen Serverumgebung betrieben werden. Beim im Bild "Microsoft SQL Server Enterprise Edition" gezeigten Beispiel mit drei virtuellen Umgebungen (VMs) lizenziert der Kunde demnach unabhängig von der Anzahl der Cores oder Prozessoren im Falle einer Enterprise Edition eine Serverlizenz und könnte in Zukunft noch eine weitere virtuelle Maschine (VM) ohne zusätzliche Lizenzkosten einsetzen. Oder er erwirbt bei der Standard Edition drei Lizenzen.

Das Prozessormodell

Beim Prozessormodell erfolgt die Lizenzierung auf Basis der physikalischen Prozessoren oder alternativ auf Basis der von den VMs genutzten virtuellen Prozessoren.

Wählt der Kunde zum Beispiel die Enterprise-Edition im Prozessormodell, sind bei der oben dargestellten ersten Variante alle physischen Prozessoren zu lizenzieren. Je Lizenz können vier virtuelle Betriebsumgebungen genutzt und bei Bedarf weitere Lizenzen erworben werden, um zusätzliche VMs zu ermöglichen. Bei einem System mit vier physischen Prozessoren wären zum Beispiel vier Enterprise-Edition-Lizenzen notwendig und der Betrieb von 16 VMs möglich.

Die Lizenzierung mit der SQL-Server-Enterprise-Edition ist jedoch nur bis zu einer maximalen Servergröße von bis zu acht physischen Prozessoren möglich. Bei größeren Systemen ist eine Datacenter-Lizenz notwendig.

Aufgerundet: Die Anzahl der Lizenzen wird abhängig von der Anzahl der Cores und der virtuellen Prozessoren berechnet.
Foto: ProLicense

Das Modell auf Basis der physischen Prozessoren ist unattraktiv, wenn der Kunde zum Beispiel einen Server mit acht physikalischen Prozessoren betreibt, auf denen VMs laufen, diese aber nur fünf virtuelle Prozessoren nutzen. In so einem Fall bietet sich die alternative Methode zur Berechnung der notwendigen Lizenzen an, bei der die Anzahl der tatsächlich von den VMs genutzten virtuellen Prozessoren lizenziert wird. Die Anzahl der Lizenzen wird hierbei in Abhängigkeit von der Anzahl der Cores und der Anzahl der virtuellen Prozessoren wie folgt berechnet:

Benötigte Anzahl der Lizenzen pro VM = Anzahl der virtuellen Prozessoren, die die VM unterstützen (A), geteilt durch die Anzahl der Cores im physischen Prozessor (B)

Das Ergebnis ist bei nicht ganzzahligen Ergebnissen stets aufzurunden.

Beispielrechnung: Prozessormodell

Beispielkonfiguration: Server mit zwei Quad-Core-Prozessoren und fünf virtuellen Maschinen mit SQL-Server.
Foto: ProLicense

Das Bild "Beispielkonfiguration" zeigt einen exemplarisch dargestellten Server mit zwei physikalischen Quad-Core-Prozessoren. Betrieben werden fünf VMs mit einer jeweils unterschiedlichen Anzahl von virtuellen Prozessoren.

Wählt der Kunde die erste Variante (Lizenzierung nach der Anzahl der physischen Prozessoren), werden zwei Lizenzen für die SQL-Server-Enterprise-Editionen benötigt. Hierbei sind bis zu acht VMs zu betreiben. Im alternativen Berechnungsmodell müsste der Kunde zum Beispiel fünf SQL-Server-Lizenzen erwerben.

Welches Modell am Ende das für den Kunden günstigere ist, hängt vom Nutzungsumfang (Enterprise versus Standard) sowie von der Anzahl der physischen Prozessoren, Cores und VMs ab.

Fazit

Es zeigt sich, dass keines der Modelle den dynamischen und bedarfsgerechten Betrieb von virtualisierten Umgebungen zu 100 Prozent abdeckt. Wenn weniger Rechenleistung im Laufe des Betriebs notwendig wird, wirkt sich dies bei allen drei Anbietern nicht positiv auf die Lizenzkosten aus. Hier ein passendes Modell zu finden wird nach wie vor eine Herausforderung bleiben.

Allerdings lässt sich auch erkennen, dass zumindest teilweise Modelle angeboten werden, die eine Lizenzierung von einzelnen virtuellen Umgebungen ermöglichen, ohne den gesamten physischen Server lizenzieren zu müssen. Aber hierbei erhöht sich auch die Komplexität des Lizenzmodells. (mec)

Sören Reimers ist Anwalt und Geschäftsführender Gesellschafter beim Berliner Beratungshaus ProLicense.

Ausblick

Zunehmend werden auch Dienste angeboten, bei der Kunden ihre Anwendungen, Dienste sowie Speicherplatz in den Rechenzentren der Anbieter skalierbar betreiben lassen können (mit den einhergehenden Herausforderungen zum Thema Datenschutz oder Compliance). Hierbei erfolgt eine Abrechnung entsprechend dem tatsächlichen Bedarf, auch wenn dieser sinkt.

Bleibt zu hoffen, dass der Wettbewerb und die verstärkte Nachfrage der Kunden nach angepassten Lizenzlösungen für Virtualisierungsprojekte zu einer Weiterentwicklung der vorhandenen Lizenzmodelle führen.

Wie so oft steckt der Teufel im Detail. Die Welt der IT ist mit der Einführung von Multi-Core-CPUs, virtuellen Maschinen (VMs) und filigranen Cloud-Benutzungsmodellen nicht einfacher geworden. Eine genaue Prüfung der tatsächlichen Lizenzkosten bei Virtualisierungprojekten ist daher wichtig. Neben den Virtualisierungs- haben somit auch die Lizenzspezialisten zunehmend Konjunktur.

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer Schwesterpublikation CIO.