Die richtige Form finden

Vorsicht beim Abwerben von Mitarbeitern über Xing

26.08.2013 von Olaf Groß
Ein Recruting bei Xing kann schnell in einem Wettbewerbsverstoß enden, wenn der gute Ton nicht eingehalten und das Konkurrenzunternehmen in einer herabwürdigenden Weise bezeichnet wird.

Gute Mitarbeiter zu finden ist schwer. In Zeiten der sozialen Netzwerke mag einem da schnell der Gedanke kommen, Personen abzuwerben, die sich bei der Konkurrenz bereits bewährt haben. Allerdings ist bei Abwerbeversuchen auch auf den guten Ton zu achten, sonst kann dies schnell in einem Wettbewerbsverstoß enden, wie das LG Heidelberg entschied.

Die Klägerin hatte den Beklagten abgemahnt, nachdem dieser zwei ihrer Mitarbeiter auf der Business-Plattform Xing angeschrieben hatte. Zu Recht, wie nun das LG Heidelberg entschied (U. v. 23.05.2012, 1 S 58/11).

Tipps und Tricks für die Selbstdarstellung
Wie Berufstätige es schaffen, Aufmerksamkeit im Job zu gewinnen, ohne aufdringlich zu wirken, sagt Tom Schmitt.
Tipp 1: Sich an die (Spiel-)Regeln halten.
Um Netzwerke richtig zu nutzen, sollten man sich an deren (ungeschriebene) Regeln halten. Die meisten Mitglieder von Netzwerken verzeihen es zum Beispiel nicht, wenn platte Werbung in eigener Sache gemacht wird. Selbstbeweihräucherung und -überhöhung erzeugen mehr Ablehnung als Interesse.
Tipp 2: Präsent sein.
Viel besser ist es, eine wohltuende charmante Präsenz zu zeigen. Sie erzeugen Aufmerksamkeit, wenn Sie es zum Nutzen aller tun. Ein interessanter Vortrag, ein klares Statement oder eine intelligente Frage im Anschluss an den Vortrag eines Anderen erzeugt die Aufmerksamkeit, die Sie brauchen, um wahrgenommen zu werden.
Tipp 3: Alleinstellung.
Erarbeiten Sie sich auf Ihrem Gebiet eine Alleinstellung. Sie sind "der Spezialist für ..." - also der Experte für etwas, das Sie besser können als (fast) alle anderen. Das hebt Ihren Status und macht Sie im Netzwerk attraktiv. Nicht für alle, aber für die Personen, die für Ihre Karriere wichtig sind.
Tipp 4: Sich positionieren.
Besetzen Sie Positionen, die sich nicht glatt in den "Mainstream" einordnen lassen. Haben Sie den Mut zum Anderssein. Betonen Sie das Besondere Ihrer Person, Ihrer Persönlichkeit und Ihres Tuns. Seien und bleiben Sie einzigartig. Doch Vorsicht! Bleiben Sie dabei authentisch. Denn Menschen haben ein feines Gespür dafür, wenn andere Personen nur eine aufgesetzte Rolle spielen. Dann sind sie in ihren Augen unglaubwürdig.
Tipp 5: Sich für andere Menschen interessieren.
Bei den Netzwerktreffen - sei es im Club, auf der Messe oder dem Kongress - sollten Sie sich vor allem für die anderen Menschen interessieren. Suchen Sie zum Beispiel in den Pausen, beim Small-Talk den Kontakt. Doch statt Plattitüden auszutauschen ("interessante Veranstaltung...") sollten Sie Fragen stellen. Fragen Sie und hören Sie zu. Sammeln Sie Informationen. Die andere Person wird Sie irgendwann fragen: "Und was machen Sie beruflich?" Jetzt können Sie punkten - mit der Alleinstellung, mit Charme und mit den Informationen, die Sie gesammelt haben und die Sie jetzt einfließen lassen.
Tipp 6: Den Status anpassen.
Gute Netzwerker passen ihren Status automatisch dem Status ihres Gegenübers an. So bleibt die Kommunikation spannend und Sie sind und bleiben für Ihr Gegenüber von Interesse.
Tipp 7: Mit dem Status spielen.
Die Meisterklasse ist das Spiel mit dem Status. Das bedeutet: Sie nehmen im Verlauf des Gesprächs oder Kontakts mal einen höheren, mal einen tieferen Status ein. Mal sind Sie zum Beispiel der erfahrene Experte, mal der interessierte Laie. Im tieferen Status "spielen" Sie auch, wenn Sie beispielsweise als aufmerksamer Mensch dem Gesprächspartner den fehlenden Zucker zum Kaffee holen. Und kurze Zeit später wechseln Sie in den höheren Status - zum Beispiel, indem Sie Ihre Kompetenz bezüglich eines angesprochenen Themas zeigen oder eine klare Position zu einer kniffligen Frage beziehen. Wenn Sie geschickt mit Ihrem Status spielen, wecken Sie die Neugier Ihrer Gesprächspartner, positionieren sich als sympathische und respektvolle Persönlichkeit ... und Sie sind im Spiel.

Geschäftliches Auftreten

Der Beklagte argumentierte, er sei nicht geschäftlich aufgetreten, sondern es handele sich um einen privaten Account. Dem folgte das Landgericht nicht. Der Beklagte erwecke mit seinem Profil den objektiven Anschein einer unternehmensbezogenen Tätigkeit. "Er hat kein Profil als Privatperson erstellt, sondern unter Verwendung der Firma, für die er tätig ist. Darüber hinaus hat er geschäftliche Gründe für seinen Auftritt bei Xing benannt, nämlich das Generieren von Neugeschäften und Aufträgen sowie das Finden neuer Mitarbeiter.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände war es für den objektiven Betrachter fernliegend, von einem privaten Handeln des Beklagten auszugehen, wenn dieser über die Plattform Xing Nachrichten versandte.” Verstärkt werde dies dadurch, dass der Beklagte mit den Empfängern bislang nicht bekannt oder befreundet war und sich die Nachrichten auch auf berufliche Tätigkeiten bezogen.

Verhalten wettbewerbswidrig

Das Landgericht sah in dem Verhalten der Klägerin einen Verstoß gegen § 4 Nr. 7 und Nr. 10 UWG. Aufgrund der herabsetzenden Äußerungen bei der Kontaktaufnahme mit den Mitarbeitern der Klägerin liege eine wettbewerbswidrige Abwerbung vor.

Der Beklagte setzte das Konkurrenzunternehmen in wettbewerbswidriger Weise herab. Zwar sei hier auch mit dem Informationsinteresse der Verbraucher und der Meinungsfreiheit abzuwiegen – bloße Schmähkritik oder unsachliche abfällige Äußerungen ohne Informationsgehalt seien jedoch unzulässig. Dies liege im entschiedenen Fall aber vor, Formulierungen wie "Sie wissen ja hoffentlich, was Sie sich da angetan haben?" und "Sie wissen ja hoffentlich, in welchem Unternehmen Sie gelandet sind?" enthielten keinen Informationsgehalt, so das LG Heidelberg.

"Eine solche negative Darstellung des Unternehmens der Klägerin und ihrer Qualitäten als Arbeitgeber ohne jegliche sachliche Begründung greift unverhältnismäßig in die berechtigten Interessen der Klägerin auf angemessene Darstellung in der Öffentlichkeit ein."

Gezielte Behinderung der Klägerin

Das Gericht wertete die Nachrichten (entgegen der Behauptung des Beklagten) als Abwerbeversuch. "Der Beklagte hat am Schluss der [...] versandten Nachricht mitgeteilt, "Bei Fragen gebe ich gerne Auskunft." Dies kann aus Sicht eines objektiven Empfängers nur als Versuch der Kontaktaufnahme und, da der Beklagte ebenfalls als Personaldienstleister im IT-Bereich aufgetreten ist, als Versuch der Abwerbung des angesprochenen Mitarbeiters gesehen werden."

Das Landgericht hebt in seinem Urteil hervor, dass das Abwerben von Arbeitnehmern nicht per se unzulässig ist: "Die Abwerbung von Mitarbeitern ist zwar grundsätzlich zulässig, nicht aber, wenn wettbewerbsrechtlich unlautere Begleitumstände hinzukommen wie z. B. herabsetzende Äußerungen über den bisherigen Arbeitgeber."

Fazit

Wer Mitarbeiter anwerben möchte, sollte lieber die Vorzüge des eigenen Unternehmens herausstellen, anstatt die Konkurrenz zu diffamieren. So stellt man sich als evtl. neuer Arbeitgeber auch wesentlich professioneller dar.

Übrigens: Das werbliche Anschreiben über Xing kann darüber hinaus auch als Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG verstanden werden, da der Angeschriebene in aller Regel keine ausdrückliche Einwilligung zum Erhalt von Werbung erteilt hat. (oe)

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