Vom Nutzwert des Web

14.10.1998
Tausende von kleinen und mittelständischen Unternehmen nutzen das Internet bereits für die Darstellung ihrer Produkte und Dienstleistungen und für die EMail-Kommunikation. Manche wickeln sogar schon Aufträge darüber ab. Einen neuerlichen Schub in Richtung Web hat das im Mai gestartete Mittelstands-Pilotprojekt des Bundesamtes für Wirtschaft ausgelöst, das bereits Ende Juni komplett ausgebucht war.

Von: Claudia E. Petrik

Die schöpferisch sich das World Wide Web nutzen läßt, veranschaulicht das Beispiel Hotel Heinz in Höhr-Grenzhausen im Westerwald mit rund 90 Mitarbeitern. Geschäftsführer Peter Heinz betreibt neben dem Hotel auch eine Werbeagentur, mit der er eine Vielzahl von Aktivitäten ins Rollen brachte: "Wir engagieren uns für Reitsport (http://www.reitkauf.de), die heimische Keramikindustrie, Beautyfarmen (http://www.beautyfarm.de) und Lifestyle (http://www.lebensart.de) und bauen derzeit entsprechende Präsenzen im Internet auf."

Hinter der Domain http://www.keramik.de steckt das Netzwerk "Kannenbäckerland", das sich auf ganz Deutschland erstreckt und im Herbst auf den internationalen Markt ausgedehnt wird. Das Anliegen des Geschäftsmannes ist es, der am Boden liegenden Keramikindustrie wieder auf die Beine zu helfen. Das Informationsangebot reicht von Ausbildungseinrichtungen über Zulieferer bis hin zu den verwendeten Techniken. Heinz: "Mittlerweile haben wir an die 30 alteingesessene Keramikmeister mit einer Homepage als Sub-Domain ins Internet gebracht." Ein Beispiel dafür ist das 1848 gegründete Unternehmen Jopeko, das heute von Hans-Peter Korzilius (http://www.keramik.de/jopeko.) geleitet wird. Für das Geld, das er für eine Anzeige im Heimatblättchen bezahlt, kann er ein Jahr lang im Internet vertreten sein.

Internet spart Arbeit und Porto

Daß kleine und mittlere Unternehmen Vorbehalte gegen das Internet haben, kann Heinz absolut nicht nachvollziehen. "Oft treffen die Angebote der Internet-Dienstleister nicht den Kern der Sache und sind überteuert", kritisiert er. Wenn man den Nutzen erkläre, seien auch über 60jährige aufgeschlossen und bereit, dieses neue Medium zu nutzen.

Mit seinem Internet-Auftritt will der Hotelinhaber gezielt ein junges Publikum ansprechen. Ab August steht die Home-Page, und dann werden auch Reservierungen per EMail entgegengenommen. "Heute erreichen wir damit nur einen kleinen Teil von Kunden. Aber auf längere Sicht sparen wir uns damit viel Arbeit und Porto", ist Heinz überzeugt. Für seinen eigenen Internet-Provider, die PSP Net GmbH in Hahnstätten, hat er nur Lob parat: "Die Kommunikation ist schnell und unkompliziert, und wir finden für alle Wünsche immer ein offenes Ohr."

Vom Mitbewerb abheben

Auch das Ingenieurbüro Frank Müller in Berlin ist mit seinem jetzigen Internet-Dienstleister, der Münchner Multimedia-Agentur Catcom, sehr zufrieden. Der Anbieter von Netzwerkdienstleistungen ist seit Anfang des Jahres im Internet, "auch wenn wir damit nicht sofort Geld verdienen", so Müller. Im Moment ist das Medium Mittel zur Selbstdarstellung und zur Information der Kunden. Mit langjährigen Geschäftspartnern werden auch schon Aufträge abgewickelt. Das Unternehmen will die Web-Aktivitäten stärker in Richtung Interaktion ausbauen und sich mit ausgefallenen Ideen von Mitbewerbern abheben. "Außerdem prüfen wir gerade die Möglichkeit, das Internet für Videokonferenzen zu nutzen, da wir hier ein Verbund von Freiberuflern sind, die von verschiedenen Orten aus virtuell zusammenarbeiten", erklärt Müller. Für seine Internet-Präsenz hat das Ingenieurbüro bisher zirka 10Š000 Mark investiert. "Aber eines Tages bekommen wir auch etwas zurück", ist sich Müller sicher.

Der Nutzen des Internet zu Marketing- und Vertriebszwecken hat sich für Dr. Walter Biering bisher nicht erschlossen. Der Juniorchef leitet zusammen mit seinem Vater die gleichnamige Münchner Druckerei und ist zuständig für technische Belange im Unternehmen. "Man muß genau definieren, wie Internet-fähig die eigene Geschäftstätigkeit ist, damit das Engagement nicht als Schuß nach hinten losgeht", gibt Biering zu bedenken. Es werde sehr viel Unsinn geschrieben, und die Euphorie überlagere völlig den Sinn und Zweck des Internet. Für Biering ist das WWW seit längerem eine sehr wichtige Quelle für Software aller Art und EMail nicht mehr wegzudenken aus der Unternehmenskommunikation. Für die Zukunft ist geplant, über das Intranet spezielle Kunden über den Fortschritt ihrer Aufträge auf dem laufenden zu halten. "Ansonsten", so Biering, "bietet dieses Medium für uns leider keinen großen Einsatzbereich, weil wir uns auf Beratung und Dienstleistungen spezialisiert haben."