Voice over PDA - Kostenlos mobil telefonieren

18.11.2005 von Moritz Jäger
PDAs, Organizer oder Handy - immer mehr mobile Geräte verfügen über eine WLAN-Schnittstelle. Da liegt es nahe, das Gerät mit einem VoIP-Client auszustatten, um per kabellosem Internet-Zugang kostenlos zu telefonieren. Wir stellen Ihnen die gängigsten Clients vor.

Das Betriebssystem Pocket PC 2003 ist auf dem PDA-Markt weit verbreitet. Für die Windows-PDAs gibt es inzwischen eine große Anzahl von Programmen, darunter auch VoIP-Clients. In dieser Hinsicht hat das Redmonder Betriebssystem gegenüber anderen Mitbewerbern wie Palm oder Symbian die Nase vorn. Theoretisch lassen sich zwar auch für diese Geräte SIP-Clients entwickeln, derzeit sind aber noch keine größeren Projekte bekannt.

SIP-PDAs bieten einen klaren Mehrwert gegenüber herkömmlichen Handys. Sobald eine Verbindung zum zentralen SIP-Server steht, ist das Gerät weltweit unter derselben Telefonnummer erreichbar. Der größte Vorteil: Durch die WLAN-Verbindung, beispielsweise an einem kostenlosen Hotspot, fallen keinerlei Gebühren an, solange die Gespräche innerhalb des VoIP-Netzes bleiben.

Die Softphones sind moderat in den Systemanforderungen, die die meisten aktuellen Geräte problemlos erfüllen. In jedem Fall sollte das mobile Gerät über eine WLAN-Karte verfügen, auch wenn Gespräche über einen IP-Layer via GPRS oder UMTS möglich sind. Dann geht allerdings der Hauptvorteil des Gratis-Telefonierens verloren.

Derzeit fällt außerdem der relativ hohe Stromverbrauch der Wi-Fi-Funktionen negativ auf. Der intensive WLAN-Einsatz leert die Batterie des PDA schneller, Steckdose und Ladegerät sollten also in Reichweite sein.

Sollte Ihr Gerät nicht über WLAN verfügen, lässt sich per SD-Kartenslot eine entsprechende Karte nachrüsten. Im Test nutzten wir einen MDA Compact von T-Mobile mit einer SanDisk-WLAN-Karte.

Counterpath X-Pro

X-Pro von Counterpath ist eine der ersten VoIP-Anwendungen für Pocket PCs und wurde seit Beginn ständig weiterentwickelt. Bei der Pocket-PC-Version handelt es sich um einen Ableger des X-Pro-Softphones für Desktop PCs. Der Vorteil dabei: Die Konfiguration und die Optionen orientieren sich an der Desktop-Version. Anders als bei der „großen“ Variante existiert für Pocket PCs allerdings keine kostenlose Lite-Version.

Gegenüber der Desktop-Version müssen kaum Abstriche gemacht werden. Für die Sprachübertragung kommen die Codecs G.711.a, G.711u sowie GSM und Speex zum Einsatz. Die Codecs der G.711-Serie sind in den meisten VoIP-Anwendungen Standard und liefern eine gute Qualität.

X-Pro beherrscht alle die gängigen Telefonfunktionen. Neben Konferenzen lassen sich Anrufe auch abweisen, halten oder still schalten. Schlecht integriert wurde allerdings das Adressbuch: Anstatt auf die interne Kontaktverwaltung von Windows zuzugreifen, legt X-Pro ein komplett eigenständiges Adressbuch an. Einen Austausch zwischen den beiden Kontaktlisten können Sie nicht durchführen.

Konfiguration

Die SIP-Konfiguration teilt sich in insgesamt vier Reiter auf, jeder kann einen eigenen Account aufnehmen. Die verschiedenen Felder sind eindeutig beschriftet. Wenn die Daten des SIP-Providers bekannt sind, verläuft das Einrichten problemlos. Die Software unterstützt STUN, ein Netzwerkprotokoll, mit dem sich der Einsatz von Netzwerkgeräten hinter Firewalls und Routern vereinfachen lässt. Ebenfalls unterstützt wird die Freeware X-Tunnels. Die Software arbeitet ähnlich wie STUN, spezialisiert sich aber auf den Einsatz von VoIP-Geräten.

Counterpath hat das komplette, 24 Seiten starke Handbuch online veröffentlicht. Neben der Bedienungsanleitung finden sich auch Tipps bei Problemen sowie eine Übersicht über die genutzten Ports. Zusätzliche Hilfe liefern die Support-Foren, Sipgate bietet außerdem eine Einrichtungsanleitung im FAQ-Bereich an.

Zusammenfassung X-Pro

Hersteller

Counterpath

Codecs

G.711u, G.711a, Speex, GSM

Läuft unter Windows Mobile 5.0

Ja

Preis und Download

19,95 Euro bei Globaliptel.com

SJPhone

Das Softpone SJPhone des Herstellers SJ Labs ging ebenso wie X-Pro aus einer Desktop-Variante hervor. Der größte Unterschied liegt im Preismodell. Während Counterpath die Programme sowohl einzeln als auch in Lizenzbündeln anbietet, stellt SJ Labs eine Lite-Version aller Programme kostenfrei zur Verfügung. Zufriedene Nutzer können sich auf Wunsch eine eigene, angepasste Version des SJPhone bestellen, die dann über ein jährliches Lizenzmodell abgerechnet wird. Die Angebote richten sich hauptsächlich an große Firmen oder Provider. Die kostenlose Lite-Version steht jedermann zur Verfügung.

In der abgespeckten Version verzichtet der Nutzer beispielsweise auf den weiterentwickelten Sprach-Codec G.729. Die Codecs G.711u, G.711a, Speex, GSM und iLBC sind aber an Bord. Erwartungsgemäß überzeugt die Sprachqualität des Softphones.

Der größte Unterschied zum Konkurrenten von Counterpath zeigt sich bei der Integration in die mobilen Geräte. Das SJPhone nutzt zwar ebenfalls ein eigenes Telefonbuch, kann aber die Outlook-Kontakte problemlos importieren. Als nützlich erweist sich auch der Audio-Wizard, der beim Einrichten von Mikrofon und Lautsprecher hilft.

Konfiguration

Die verschiedenen Einstellungen für SIP sind auch beim SJPhone mittels Profilen geregelt. Anwender können eine unbegrenzte Anzahl davon erstellen, von denen immer eines aktiv ist. Im Hauptmenü lassen sich die einzelnen Profile auf Knopfdruck durchwechseln.

Die Konfiguration der Profile ist allerdings deutlich umfangreicher und erlaubt mehr Optionen als bei X-Pro. Das 47-seitige Handbuch widmet dem Erstellen der Profile deswegen ein gesamtes Kapitel. Ebenso finden sich hier Hilfestellungen für die häufigsten Fragen, beispielsweise, welche Ports benötigt werden oder wie sich die Sprachqualität verbessern lässt. Das Handbuch steht im Support-Bereich der Herstellerseite als Download bereit. Bei Problemen gibt es zusätzlich eine aktive Community, die im offiziellen Forum meist helfen kann.

Zusammenfassung SJPhone

Hersteller

SJ Labs

Codecs

G.711u, G.711a, Speex, GSM, iLBC

Läuft unter Windows Mobile 5.0

Nicht offiziell freigegeben

Preis und Download

Lizenzmodell ab 1999 Euro, Lite-Variante kostenlos bei SJ Labs

Skype

Der Voice-over-IP-Dienstleister Skype gilt als einer der Pioniere der IP-Telefonie und unterstützt nahezu jedes Betriebssystem, unter anderem auch Pocket PC 2003. Anders als die beiden zuvor vorgestellten Softphones setzt Skype nicht auf das offene Protokoll SIP, sondern verwendet ein eigenes, proprietäres Protokoll. Nutzer haben damit den Nachteil, dass sie das Skype-Netzwerk zumindest bei VoIP-Gesprächen nicht verlassen können. Für Telefonate in das Festnetz steht der Dienst SkypeOut zur Verfügung, dafür fallen allerdings Kosten an.

Als Codec kommt iLBC zum Einsatz. Dieser Sprach-Codec ist derselbe wie in der Desktop-Version. Die Sprachqualität entspricht ebenfalls der Desktop-Variante. Skype benötigt zwingend eine Wi-Fi-Verbindung. Solange diese nicht besteht, kann sich die Software zwar über das UMTS/GPRS-Netzwerk verbinden, in diesem Fall können die Nutzer aber nur via Instant Messaging kommunizieren.

Skype erhält seine Kontaktdaten von einem zentralen Server, einen direkten Austausch mit den Kontaktdaten des Pocket PC sieht die Software nicht vor. In der aktuellsten Version wird auch Voice-Mail unterstützt. Angenehm fällt auf, dass Skype von Anfang an in einer eingedeutschten Version vorliegt. Wie auch bei den Clients für andere Betriebssysteme kostet der Download nichts.

Konfiguration

Skype bietet wohl die einfachste Konfiguration, nämlich gar keine. Sämtliche Einstellungen erhält der Client vom zentralen Server. Der Nutzer muss nur sicherstellen, dass die notwendigen Ports offen sind.

Zusammenfassung Skype

Hersteller

Skype

Codecs

iLBC

Läuft unter Windows Mobile 5.0

Nicht offiziell freigegeben

Preis und Download

Kostenlos bei Skype

Fazit

Der Trend geht klar hin zu Voice over IP, auch unterwegs. Die Vorteile liegen auf der Hand: Wenig oder keine Gesprächskosten, überall unter einer Nummer erreichbar und ständig die wichtigsten Kontakte griffbereit. Welches der drei Programme Ihre Erwartungen erfüllt, entscheiden Sie am besten selbst. Für Skype-Nutzer sollte die Wahl eindeutig sein, können sie doch inzwischen alle Funktionen von Skype direkt auf dem PDA nutzen. Wer dagegen einen reinen SIP-Account, beispielsweise bei Sipgate besitzt, kann getrost zum SJPhone greifen. Mit dem kostenlosen Softphone können Sie kostenfrei in das mobile VoIP reinschnuppern. Firmen mit einem eigenen SIP-Server profitieren von X-Pro in Verbindung mit X-Tunnels, da es deutlich günstiger ausfällt als das SJPhone.

Mit der weiteren Verbreitung von UMTS und entsprechend angepassten Clients löst sich VoIP zudem immer mehr von LAN und WLAN. Diese Entwicklung könnte einen Negativ-Aspekt beseitigen: den massiven Stromverbrauch durch die WLAN-Aktivität. Solange keine neuen, effizienten und stromsparenden WLAN-Chips erhältlich sind, sollten Sie das Ladegerät immer parat haben.

Dass sich VoIP nicht nur für PDAs eignet, zeigt der finnische Handygigant Nokia. Die kommende Generation von Business-Handys, die E-Serie, verfügt als Verkaufsargument über WLAN und einen integrierten SIP-Client. (mja)