Sinnvolle Neuauflage oder unnötiges Update?

VMware Workstation 8 im Test

19.12.2011 von Moritz Jäger
VMware Workstation 8 unterstützt neue virtuelle Hardware, zusätzliche Betriebssysteme und bietet Anschluss an die Cloud-Infrastruktur. Im Test muss die Desktop-Virtualisierung von VMware beweisen, dass die Neuerungen ein Upgrade wert sind.

VMware hat die neue Version der Desktop-Virtualisierung, Workstation 8, veröffentlicht. Nach der Installation fällt als Erstes das neue Design auf. Gegenüber dem Vorgänger hat sich optisch einiges geändert. Scheinbar hat sich VMware von den Designern der Mac-Software-Fusion inspirieren lassen, denn es überwiegen große Icons für die Funktionen. Virtuelle Maschinen kann man nun auf Wunsch als Thumbnail anzeigen lassen. Diese sind nicht starr, sondern zeigen an, was jeweils in den virtuellen Maschinen vor sich geht. Vor allem, wenn man mehrere VMs im neuen Ordner-Feature zusammenfasst, wirkt diese Ansicht aufgeräumt und übersichtlich. Die Favoritenleiste macht Platz für die sogenannte Library; diese zeigt alle verfügbaren virtuellen Systeme an.

Neues Layout: Die Favoritenleiste ist durch die Library ersetzt worden. Dort finden sich alle lokalen und die verfügbaren entfernten virtuellen Maschinen.

In der neuen Version von Workstation 8 ist die Unterstützung für zusätzliche Betriebssysteme hinzugekommen; auch die Vorabversion von Windows 8 lässt sich installieren. Schade ist allerdings, dass es noch immer keine offizielle Unterstützung für Mac OS gibt. Mac-Nutzer können dagegen mithilfe von Fusion, dem Mac-Pendant zu Workstation, beispielsweise eine Serverinstanz von Mac OS laufen lassen. Technisch scheint einer Virtualisierung von Mac OS also wenig im Wege zu stehen, die Umsetzung scheitert wohl an den Vorgaben von Apple.

Zusätzlich haben sich aber die Anforderungen an die Hardware des Hosts geändert. Dieser muss nun über eine 64-Bit-CPU verfügen, zusätzlich muss LAHF/SAHF im sogenannten Long Mode unterstützt werden. Nahezu alle aktuellen CPUs bieten diese Funktionen; falls die Vorgaben nicht erfüllt sind, bricht die Installation von Workstation 8 mit einer Fehlermeldung ab.

Neue virtuelle Hardware, zusätzliche Funktionen

Die neue Version der Workstation bringt Unterstützung für neue Hardwarekomponenten mit. In erster Linie profitieren die virtuellen Systeme von einer verbesserten 3-D-Grafikleistung sowie Hardwareunterstützung für USB 3.0 und verbessertem Bluetooth-Support. Außerdem wurde die RAM-Grenze angehoben: Virtuellen Systemen können nun bis zu 64 GByte Arbeitsspeicher zugewiesen werden.

VMware hat eine Reihe von Funktionen in das System integriert, für die zuvor noch zusätzliche Software notwendig war. Ein Beispiel ist die Funktion "Map Virtual Disks". Damit lassen sich virtuelle Festplatten in das normale Dateisystem des Hosts einklinken, was den Datenaustausch deutlich erleichtert. Auch die Importfunktionen, etwa für den XP-Mode von Microsoft oder einen "richtig" installierten PC, sind nun direkt im Hauptmenü hinterlegt. Teilweise benötigen sie aber zusätzliche Tools, etwa den VMware Converter.

Ebenfalls neu ist eine Option in den Netzwerkeinstellungen der jeweiligen virtuellen Systeme. Ein Klick auf die Schaltfläche Advanced führt zu den Geschwindigkeitseinstellungen. Hier kann man einstellen, wie schnell die jeweilige Maschine mit dem Netzwerk kommuniziert, und zudem einen prozentualen Packet-Loss einrichten - eine interessante Zusatzfunktion, die Konkurrenten wie VirtualBox fehlt und vor allem Entwicklern von mobilen Anwendungen bei der Simulation helfen dürfte.

Virtuelle Maschinen im Netzwerk freigeben

Die wohl größte Neuerung in VMware Workstation 8 ist die Möglichkeit, virtuelle Maschinen im Netzwerk freizugeben und auf andere VMs im LAN oder auf einem vSphere-Server zuzugreifen. Über die lokale Freigabe wird es relativ einfach, virtuelle Maschinen für andere Mitglieder eines Teams zugänglich zu machen. Das Praktische für Nutzer: Ob die Gegenseite das virtuelle System per ESX-Server, vSphere-Installation, vCenter oder über eine reguläre Workstation zur Verfügung steht, ist egal; mit allen Systemen verbindet man sich über"File - Connect to Server". Nach Eingabe der IP oder des Host-Namens sowie von Nutzername und Passwort sieht man, welche virtuellen Systeme für die Nutzung freigegeben sind.

Freigaben: Workstation 8 kann VMs über das Netzwerk abrufen oder dort abspeichern.

Ist die Verbindung erfolgreich, zeigt die Workstation 8 den Status der jeweiligen Maschinen an. Hat der Host diese bereits gestartet, kann der Anwender mit dem Open-Befehl die VM direkt öffnen. Besonders praktisch ist, dass man der VM von jedem Client aus USB-Geräte zuweisen kann. Allerdings erhält man natürlich keine separate Instanz der VM, alle Nutzer greifen auf dieselben Ressourcen zu und teilen sich auch einen Bildschirm. Zu Demonstrations- oder Serverzwecken eignet sich das Feature gut. Für den Test nutzen wir vom Desktop aus eine virtuelle Maschine, die auf einem Notebook gestartet wurde, was selbst mit einer WLAN-Verbindung überraschend gut funktioniert hat. Freigegebene virtuelle Maschinen lassen sich automatisch starten, sodass Nutzer direkt zugreifen können, sobald VMware aktiv ist.

Anschluss an die Cloud

Wer im Unternehmen einen ESX-Server betreibt oder Zugriff auf eine vSphere-Infrastruktur hat, kann diese künftig direkt in der Workstation nutzen. Diese arbeitet nunmehr als Client für die Serversysteme und kann nicht nur auf entfernte VMs zugreifen, sondern dort auch neue virtuelle Maschinen einrichten oder lokale VMs hochladen.

Ordner lösen Teams ab

Das Team-Feature wurde in der jüngsten Version der Workstation eingeführt. Die Idee dahinter war, dass sich auf diese Weise komplette Umgebungen aufsetzen lassen. In der Neuauflage fehlen die Teams allerdings, stattdessen setzt VMware auf Ordner. Das neue Konzept ist deutlich einfacher als die bisherigen Teams: Sollen VMs zusammengefasst werden, zieht man diese einfach in den passenden Ordner hinein. Die virtuellen Maschinen ändern dabei ihren Speicherort auf dem Datenträger nicht, lediglich die VMware-interne Zuordnung wird angepasst.

Ordner statt Teams: VMs werden nun in Ordnern gruppiert; diese sieht man rechts in der Leiste oder in den Tabs am oberen Rand.

Die virtuellen Systeme in einem Ordner lassen sich gemeinsam starten. Zwischen den einzelnen Startaufrufen wartet das System normalerweise zehn Sekunden. Diese Zahl lässt sich über "Preferences - Workspace" aber ändern. So sind beispielsweise Szenarien möglich, in denen ein Server zunächst komplett hochgefahren wird und erst dann die zugehörigen Clients starten. Die Startreihenfolge selbst kann man per Drag and Drop festlegen. Alternativ kann man einzelne VMs wie gehabt von Hand starten.

Wer bisherige Teams in das neue System übernehmen will, dem hilft ein Assistent. Die Umwandlung kann allerdings nicht mehr rückgängig gemacht werden. Anschließend muss man jedoch noch die Netzwerkkonfiguration anpassen dabei hilft der überarbeitete und leicht verbesserte Netzwerkdialog.

Fazit

VMware Workstation 8 lohnt sich für jeden, der über das Netzwerk auf andere virtuelle Maschinen zugreifen möchte oder eines der Serverprodukte zur Verfügung hat. Die neuen Funktionen sind vor allem dann sinnvoll, wenn man im Team arbeitet oder schnell eine neue Version zum Testen im Netzwerk bereitstellen will. Die Änderungen bei den VMware-Teams sind nach einer kurzen Einarbeitung gelungen. Statt wie bisher über einen zusätzlichen Assistenten die Teams zu definieren, zieht man sich nun aus dem Pool der verfügbaren Maschinen einfach die passenden VMs zusammen. Das klappt gut und ist intuitiv gelöst.

Wer allerdings diese Funktionen nicht benötigt, sollte den Kauf abwägen. Workstation 7 ist noch immer ein gutes Produkt, das, solange man an einem Einzelplatz arbeitet, seine Aufgabe gut erfüllt und dem Nachfolger in fast nichts nachsteht. Ein Update auf die aktuelle Version ist ein weniger großer Schritt, als dies noch bei den Vorgängerversionen der Fall war. Das liegt auch daran, dass die wirklich neuen Funktionen, wie etwa die Unterstützung für 64-Bit, EasyInstall oder der Netzwerkeditor, bereits mit Workstation 7 eingeführt und durch Updates verbessert wurden. Wer aber mit anderen Entwicklern zusammenarbeitet, wird langfristig möglicherweise nicht um die neue VMware-Version herumkommen, denn: VMs, die mit Workstation 8 erstellt wurden, sind zu den Vorgängerversionen nicht mehr kompatibel. (hal)