Desktop-Virtualisierung

VMware Workstation 11 im Test

21.01.2015 von Eric Tierling
VMware präsentiert die neue VMware Workstation 11. Die Desktop-Virtualisierungs-Software wartet mit zahlreichen Features wie USB-3.0- und EFI-Support sowie einer erweiterten Unterstützung von Gastbetriebssystemen auf. Was die WMware Workstation 11 wirklich leistet, zeigt unser Test.

Für Softwarehersteller ist es ein einträgliches Geschäft, jedes Jahr eine neue Version herauszubringen. Diese Unsitte hat offenbar auch bei VMware Einzug gehalten - zumindest, wenn es um die für den Desktop-Betrieb konzipierte Workstation-Software geht. Denn erschien von diesem Virtualisierungsprodukt noch bis zur Version 8 lediglich alle zwei Jahre ein Major-Release, wirft VMware inzwischen rund alle zwölf Monate eine neue Fassung auf den Markt.

Auch im Herbst 2014 beglückt uns VMware wieder mit einem solchen "Major-Release" seiner Workstation-Software. Mit ihr hält eine aktualisierte virtuelle Hardware in Form der sogenannten "Version 11" Einzug. Darin enthalten ist die Unterstützung für die modernen Host-Prozessorarchitekturen Haswell und Broadwell von Intel sowie Jaguar und Steamroller von AMD. Den für die USB-3.0-Unterstützung relevanten virtuellen xHCI (eXtensible Host Controller Interface)-Controller bringt VMware im Zuge dessen auf den aktuellen Stand 1.0 der Intel-Spezifikation. In der Praxis wirke sich dies in höherer Geschwindigkeit und mehr Stabilität beim Umgang mit USB-3.0-Geräten aus.

Ebenfalls Bestandteil der virtuellen Hardwareversion 11 ist die Option, die Größe des Grafikspeichers für jede VM separat einzustellen. Sinnvoll kann das beispielsweise dann sein, wenn auf dem physischen Host zahlreiche virtuelle Maschinen laufen, von denen einige sehr hohe Grafikspeicheranforderungen aufweisen. Die individuelle Steuerung dieses Speicherbereichs soll zu einer effizienteren Arbeitsspeichernutzung des Host-Systems führen.

Bildergalerie: Dell Technologie
Optisch kaum ein Unterschied
Das Herbst 2014-Release der VMware Workstation-Software sieht fast identisch aus wie die Vorgängerversion 10.
Grafikspeicher pro virtueller Maschine
Die neue Version von VMware Workstation erlaubt es, die Größe des Grafikspeichers für jede VM individuell festzulegen.
EFI-Unterstützung per Assistenten
Mit welcher Firmware eine neu zu erstellende virtuelle Maschine arbeiten soll, lässt sich jetzt im grafischen Assistenten festlegen.
Nicht neu
Prinzipiell ist die Unterstützung für EFI-Firmware in virtuellen Maschinen aber nicht erst seit dem Herbst 2014-Release der VMware Workstation-Software vorhanden.
Keine Secure Boot für virtuelle Maschinen
Die zum Test verwendete "VMware Workstation Technology Preview 2014 June Release" unterstützt trotz EFI-Firmware in einer virtuellen Maschine kein Secure Boot (von Microsoft bei Windows 8 "Sicherer Startzugang" genannt).

EFI für virtuelle Maschinen

Ein weiteres Merkmal, das VMware als große Neuerung seiner jüngsten Workstation-Inkarnation herausstellt, ist die Unterstützung für EFI (Extensible Firmware Interface) innerhalb einer Virtuellen Maschine (VM) - als Alternative zum althergebrachten BIOS. Die Entscheidung, ob eine VM mit EFI- oder BIOS-Firmware bestückt werden soll, lässt sich bei der neuen Version von VMware Workstation bequem über den grafischen Assistenten bei der Erstellung einer neuen VM in den erweiterten Optionen einstellen. Daraufhin ist es am Gastbetriebssystem, sich darauf einzustellen. Unterstützt werden neben diversen Windows-Varianten die üblichen Linux-Distributionen. In unserem Test klappte das mit der x64-Ausführung von Windows 8.1 problemlos - praktischerweise selbst dann, wenn der physische Host mit einem BIOS zu Werke geht und EFI gar nicht kennt.

Optisch kaum ein Unterschied: Das Herbst-2014-Release der VMware-Workstation-Software sieht fast identisch aus wie die Vorgängerversion 10.

Nachdem einige technologische Vorteile der EFI- gegenüber der BIOS-Technologie wie zum Beispiel der modulare Aufbau dieser Firmware in einer virtuellen Umgebung keine Rolle spielen, sprechen in diesem Umfeld andere Faktoren für den BIOS-Nachfolger. Allen voran erlaubt es EFI, auf der Festplatte eine GUID Partition Table (GPT) anstelle eines MBR (Master Boot Record) zu verwenden. Nützlich ist das für entsprechend konfigurierte virtuelle Maschinen etwa aus folgenden Gründen: Beim GPT-Schema lassen sich unendlich viele - unter Windows bis zu 128 - primäre Partitionen auf einer Festplatte erstellen, während bei MBR maximal vier primäre Partitionen möglich sind. Außerdem kennt GPT keine störende Limitierung auf eine maximale Partitionsgröße von 2 Terabyte, da diese bis zu 18 Exabyte groß sein dürfen.

Ein bisschen Mogelpackung

Damit endet aber auch schon die Freude über die EFI-Unterstützung in virtuellen Maschinen bei der neuen Version von VMware Workstation. Denn bei genauerem Hinsehen stellt sich heraus: Diese Funktion ist alles andere als neu. Schnell fördert die Suchmaschine der Wahl zutage, dass VMware dieses Merkmal bereits mit der Version 8 seines Workstation-Produkts eingeführt hat. Seitdem braucht lediglich die Zeile

firmware = "efi"

in die VMX-Konfigurationsdatei einer Virtuellen Maschine aufgenommen zu werden, damit diese mit der EFI- statt der BIOS-Firmware arbeitet. Ein Prüflauf mit der im Jahr 2013 erschienenen Vorgängerversion Workstation 10 zeigt: Ist die VMX-Datei entsprechend erweitert, führt die Auswahl des Eintrags "Power On to BIOS" aus dem Untermenü "Power" im Menü "VM" auch bereits in dieser Version der Software dazu, dass die VM die EFI-Firmware verwendet.

Grafikspeicher pro virtuelle Maschine: Die neue Version von VMware Workstation erlaubt es, die Größe des Grafikspeichers für jede VM individuell festzulegen.

Neu im Herbst-2014-Release der Workstation-Software ist also lediglich die Möglichkeit, diese Vorgabe bei der assistentengestützten Erstellung einer neuen Virtuellen Maschine und somit in der grafischen Oberfläche zu treffen. Außerdem lässt sich dieses Merkmal über die erweiterten Optionen in den Einstellungen einer VM aktivieren.

Das war es jedoch bereits. Aus welchem Grund VMware die EFI-Unterstützung in Virtuellen Maschinen daher als eines der Top-Features (!) seiner neuen Version von VMware Workstation herausstellt, bleibt unverständlich.

Lust und Frust

Auch in anderer Hinsicht erweist sich die EFI-Unterstützung in der neuen Version von VMware Workstation eher als Ärgernis. Denn die EFI-Technologie ist Voraussetzung für das - beispielsweise von Windows 8 und Windows Server 2012 unterstützte - Secure Boot. Dieses Verfahren bewirkt, dass während des Boot-Prozesses nur vertrauenswürdige Startkomponenten geladen werden können, um Rootkits den Garaus zu machen. Secure Boot in einer Virtuellen Maschine austesten und so Erfahrung im Umgang mit dieser Technik sammeln zu können, würde einen echten Pluspunkt für ein Virtualisierungsprodukt bedeuten.

EFI-Unterstützung per Assistenten: Mit welcher Firmware eine neu zu erstellende Virtuelle Maschine arbeiten soll, lässt sich jetzt im grafischen Assistenten festlegen.

Im Test scheiterten jedoch alle Versuche, Secure Boot bei der neuen Version von VMware Workstation zu nutzen. Ein entsprechender "Secure Boot Mode"-Eintrag im EFI-Konfigurationsmenü fehlte - respektive eine EFI-Firmware, die die entsprechenden Routinen implementiert hat. Solange VMware diese Funktion nicht nachreicht, ist dieser vermeintliche Vorteil der EFI-Technologie für virtuelle Maschinen dahin.

Wie es besser geht, zeigt Microsoft mit seiner kostenlosen Hyper-V-Technologie: Mit Windows Server 2012 R2 als Host besteht die Möglichkeit, Virtuelle Maschinen vom Typus der "Generation 2" zu erstellen, die die EFI- anstatt der BIOS-Firmware verwenden und dabei aber auch Secure Boot unterstützen.

Evolution auf kleiner Flamme

Die Liste der übrigen Neuerungen, die VMware in seiner Beschreibung für das Herbst-2014-Release seiner Workstation-Software aufführt, fällt recht überschaubar aus. Beispielsweise ist von einer besseren Stabilität, Anwendungskompatibilität und Bedienerfreundlichkeit die Rede, ohne dass der Hersteller das weiter erläutert.

Von echtem Nutzen hingegen könnte die Beschleunigung von Suspend- und Resume-Operationen Virtueller Maschinen sein, sofern diese mit der virtuellen Hardwareversion 11 oder höher agieren. Dazu ist die VMX-Konfigurationsdatei der jeweiligen Virtuellen Maschine um die beiden Zeilen

mainMem.save.vmem="FALSE"checkpoint.compressDumper="TRUE"

zu erweitern. Laut Hersteller sollen sich durch diese leistungssteigernde Maßnahme die Ladezeiten zwischen 20 und 60 Prozent verkürzen. Allerdings hat VMware dieses Feature derzeit noch als experimentell klassifiziert, sodass es möglicherweise nicht immer wie vorgesehen funktioniert.

Nicht neu: Prinzipiell ist die Unterstützung für EFI-Firmware in Virtuellen Maschinen nicht erst seit dem Herbst-2014-Release der VMware-Workstation-Software vorhanden.

Des Weiteren will der Hersteller den Unity-Modus auf Windows-8.x-Hosts im Zusammenspiel mit dem Kachel-Startbildschirm und Windows-8.x-VMs verbessert haben. Inwieweit dieses "Nice to have"-Merkmal echte Praxisrelevanz besitzt, dürfte vom Einzelfall abhängen, schließlich erfreut sich die Kacheloberfläche von Microsoft keiner großen Beliebtheit. Generell hat VMware die Unterstützung für Gast-Betriebssysteme auf den neuen Stand gebracht. Ausdrücklich genannt werden Ubuntu, Fedora, RHEL und OpenSUSE. Experimentell lässt sich die Betaversion der hauseigenen Servervirtualisierungslösung vSphere 6 als Gastbetriebssystem einsetzen.

Ferner ist davon auszugehen, dass das Herbst-2014-Release von VMware Workstation mit der Betaversion von Windows 10 zurechtkommen wird - und zwar als Gast- und als Host-Betriebssystem. Im Test war dies jedoch noch nicht der Fall, da Microsoft bis zum Ende dieses Tests keine Betaversion des Windows 8-Nachfolger öffentlich zugänglich gemacht hat. Dementsprechend war Windows 10 bei dem von uns zum Test verwendeten "VMware Workstation Technology Preview 2014 June Release" noch nicht als unterstütztes Gastbetriebssystem aufgeführt.

Fan-Edition

Wie schon bei der letzten Version 10 fallen die Neuerungen zur Vorgängerversion auch im Herbst-2014-Release der Workstation-Software relativ bescheiden aus. Hier und da ein wenig mehr Geschwindigkeit und eine Unterstützung für aktuellere Betriebssystemgäste, so lassen sich die Neuerungen mehr oder weniger zusammenfassen.

Einen faden Geschmack, zumindest bei der von uns getesteten Preview-Version der Workstation-Software, die auf den Juni 2014 datiert war, hinterlässt die EFI-Unterstützung in Virtuellen Maschinen. Warum VMware eine Funktion als Hauptneuerung vermarket, die schon seit Jahren vorhanden und jetzt lediglich grafisch konfigurierbar ist, erschließt sich nicht. Erschwerend kommt hinzu, dass der Hersteller die Chance, im Zuge dessen Secure-Boot-Experimente in virtuellen Maschinen zu ermöglichen, ungenutzt verstreichen lässt.

Kein Secure Boot für Virtuelle Maschinen: Die zum Test verwendete "VMware Workstation Technology Preview 2014 June Release" unterstützt trotz EFI-Firmware in einer Virtuellen Maschine kein Secure Boot (von Microsoft bei Windows 8 "Sicherer Startzugang" genannt).

Unter dem Strich bleibt somit leider festzuhalten: An den einst riesigen technologischen Vorsprung, den der VMware-Primus gegenüber kostenlosen Konkurrenten wie Microsoft Hyper-V und Oracle VirtualBox früher einmal hatte, kann der Hersteller mit der neuen Version abermals nicht anknüpfen. Stattdessen enthält auch dieses vermeintliche Major-Release von VMware Workstation nur noch Minor-Neuerungen, für die der Kunde voraussichtlich fürstlich zur Kasse gebeten wird: Zwar hat VMware zum Kaufpreis für das Herbst-2014-Release seiner Workstation-Software bis zum Ende dieses Tests noch keine Angaben gemacht. Sollte der Kaufpreis für die Vollversion jedoch derselbe sein wie bei der Vorgängerversion Workstation 10, dann werden wieder 225 Euro fällig - ein Preis, den wohl nur eingefleischte Fans der Software berappen dürften. Die meisten anderen Anwender sind nach wie vor mit den kostenlosen Virtualisierungssoftware-Offerten von Microsoft und Oracle deutlich besser bedient. (hal)