Virtualisierung live: Intel zeigt Digital Office der Zukunft

14.10.2005
Intel hat gestern in seiner Niederlassung im Großraum Brüssel einen Demonstrationsraum eröffnet, in dem die zukünftigen Anforderungen an PCs im Business-Umfeld getestet und demonstriert werden können. Im Mittelpunkt steht dabei die PC-Virtualisierung.

In dem neuen Digital Office Showcase in Kontich, eine halbe Autostunde von Brüssel entfernt, sollen Großkunden und Großhändler live das Arbeiten in einer kommenden Office-Umgebung erleben können. Dabei greift Intel nicht allzu weit in die Zukunft.

Während das offizielle Bildmaterial zur Eröffnung eher an Visionen aus dem Film Minority Report glauben lässt, konzentriert sich Intels Showcase in der Realität auf einen Raum mit einem Dutzend PCs, an denen USB-Telefonhörer angeschlossen sind. Trotz des ernüchternden Anblicks demonstrieren diese eindrucksvoll die drei Kernpunkte zukünftiger Business-Umgebungen mit VoIP, Remote Management und vor allem der PC-Virtualisierung.

VoIP und Active Management

In Intels Digital Office ist die Konvergenz von Telefonie und PC bereits vollzogen. Das USB-Telefon ist nahtlos in Outlook integriert und dem Anwender steht es frei, per Adressbuch eine E-Mail zu schicken oder telefonisch Kontakt aufzunehmen. Auch der Terminplan ist mit dem digitalen Outlook-Anrufbeantworter gekoppelt und informiert auf Wunsch den Anrufer über Abwesenheitszeiten.

Interessant für größere IT-Installationen ist Intels Active-Management-Technologie zur Verwaltung und Fernadministration von PCs. AMT ist direkt in die Netzwerkkarte und den Chipsatz des PCs eingebunden. Dadurch zeigt sich der Rechner mit all seinen Hardware-Komponenten auch dann in einer Management-Umgebung wie LANDesk, wenn er ausgeschaltet ist.

Im Gegensatz zum einfachen Wake on LAN hat der Netzwerkadministrator mit AMT die Möglichkeit, den Rechner auch im Safe Mode oder über eine Service-Installation zu booten. Über eine IDE Redirektion kann er sogar eine Boot-CD in sein lokales Laufwerk einlegen und damit den entfernten PC starten. All diese Features sind im Chipsatz und in Netzwerkkomponenten kommender Intel-Plattformen integriert und somit unabhängig vom Betriebssystem.

AMT kann auch für mehr Sicherheit im Netzwerk sorgen. Fällt ein Rechner im Netzwerk durch ungewöhnlichen Verkehr auf, kann der Administrator von seiner Konsole aus den Netzwerkzugang im PC abschalten. Davon sind aber nur die Pakete aus dem Betriebssystem betroffen. Die Administration, Diagnose und etwa ein Virenscan über das Netzwerk sind uneingeschränkt weiter möglich.

Der neue Hype: PC-Virtualisierung

Am weitest reichenden dürfte aber die in Intels Digital Office Showcase gezeigte Virtualisierung und Partitionierung des PCs sein. Deren Basis stellt eine Virtualisierungs-Software beispielsweise von VMware dar. Darauf setzt eine Office-Partition auf, in der der Anwender arbeitet.

Da Windows in dieser Partition nur virtualisierte Standardkomponenten sieht, lässt sich ein einmal erzeugtes Image unabhängig von der darunter arbeitenden Hardware universell einsetzen. Der Traum großer IT-Abteilungen von einer langfristig konstanten „Hardware-Plattform“ wird damit zumindest virtuell wahr.

Die Virtualisierung ermöglicht parallel zur Produktivumgebung aber auch noch ein unabhängiges Service-Betriebssystem. Darüber ist die Diagnose des PCs auch dann noch möglich, wenn das Betriebssystem des Users komplett seinen Dienst verweigert. So sind ganz neue Service-Konzepte beispielsweise durch externe Dienstleister möglich.

Stabiler als stabil

Die Service-Partition kann den PC auch zusätzlich schützen. So ist es möglich, allen Datenverkehr des Office-Betriebssystems zum Netzwerk oder zu USB-Speichersticks durch die Service-Partition zu leiten. Diese kann die Daten dann auf Malware prüfen und gegebenenfalls blocken. Da das Betriebssystem des Anwenders durch die Virtualisierung der Hardware davon nichts bemerkt, kann dieser Filter auch nicht umgangen werden.

Intel wird ebenso wie AMD sukzessive seine Prozessoren mit einer Virtualisierungsunterstützung ausstatten. Dadurch werden einige Klimmzüge, die Virtualisierungs-Software wie VMware und XEN derzeit noch nutzen, vermieden. Denn obwohl immer wieder betont wird, die Virtualisierung sei im Server-Bereich schon längst gang und gäbe und im stabilen Produktiveinsatz: Mit einer Hardware-Unterstützung im Prozessor wird sie eben noch stabiler.

IT-Branche im Umbruch

Laut Gartner Vice President Brian Gammage wird sich der IT-Markt durch die Virtualisierung drastisch ändern. Bislang teilen sich Hardware-, Betriebssystem- und Anwendungshersteller den 20 Milliarden US-Dollar IT-Kuchen auf. Die Virtualisierung klemmt sich nun als neue Komponente zwischen die Hardware und das Betriebssystem.

Dies nimmt zum einen dem Betriebssystem wichtige Aufgaben wie die Hardware-Unterstützung von unzählig vielen verschiedenen Komponenten weg. Zum anderen sinkt die Abhängigkeit von bestimmter Hardware, da sich der virtuelle PC immer mit der identischen Hardware präsentiert. Beispielsweise setzt VMware derzeit alle Grafikkarten auf eine S3 Trio um.

Daher ziehen Intel, Microsoft und PC-Hersteller bislang in verschiedene Richtungen und versuchen, ihre Pfründe zu sichern. Wer aus diesem Kampf um die Neuverteilung des Markts als Sieger hervorgeht, ist laut Gartners Vice President noch offen. Jedoch stelle die Virtualisierung die größte Neuerung in der PC-Technik seit dem Übergang von 16 auf 32 Bit und der Einführung der virtuellen Adressierung dar. Und dies liegt immerhin schon über zehn Jahre zurück. (ala)