ESXi, Hyper-V und XenServer Express

Virtualisierung: Kostenlose Hypervisor im Vergleich

12.02.2009 von Andrej Radonic
Für die Server-Virtualisierung bieten die Hersteller neben den kostenpflichtigen Vollversionen auch Hypervisor-Lösungen gratis an. Im Vergleich zeigen die drei kostenlosen Hypervisor-Versionen Citrix XenServer Express, Microsoft Hyper-V und VMware ESXi ihre Vor- und Nachteile.

Die Virtualisierung basiert darauf, indem man jedem Betriebssystem die nötigen Ressourcen vorspiegelt, die es zum Booten und zum Betrieb eines Systems benötigt. Somit können die begrenzten vorhandenen physikalischen Ressourcen auf mehrere virtuelle Systeme verteilen. Ein derartiges komplettes System, bestehend aus – unverändertem - OS, Applikationen und Ressourcen, nennt man virtuelle Maschine (VM).

Der zentrale Bestandteil einer Virtualisierungslösung bildet der Hypervisor, auch Virtual Maschine Monitor (VMM) genannt. Dieser übernimmt die Steuerung der Ressourcenzuteilung zu den einzelnen VMs. Der Hypervisor ist der Kern der meisten Produkte für die Server-Virtualisierung und setzt entweder auf ein laufendes Betriebssystem oder direkt auf die Hardware auf. Einige VMM sind dabei auf spezielle Virtualisierungsfunktionen innerhalb der Prozessoren (AMD-V, Intel-VTx, IBM LPAR) angewiesen, um virtuelle Maschinen auszuführen.

Einen Hypervisor zur Server-Virtualisierung bieten inzwischen mehrere Hersteller an. Die Lösungen besitzen je nach Version unterschiedliche Funktionalitäten und Lizenzierungen. Um Kunden einen einfachen Einstieg in die Virtualisierungstechnik zu ermöglichen, bieten Unternehmen wie Citrix, Microsoft oder VMware in ihrem Portfolio auch eine kostenlose Hypervisor-Version mit reduziertem Funktionsumfang an. Die Gratis-Produkte unterscheiden sich im Vergleich zu den Vollversionen etwa durch limitierte Managementfunktionen, Begrenzung der unterstützten Prozessoren oder durch reduzierten Support für Storage oder Hochverfügbarkeit.

In einem Vergleich haben wir den kostenlosen Hypervisor Citrix XenServer Express Edition, Microsoft Hyper-V Server 2008 und VMware ESXi gegenübergestellt. Wir beleuchten für welche Zwecke sich die Lösungen eignen und wo die Unterschiede gegenüber den Vollversionen liegen.

Unterschiedliche Konzepte

Bei allen drei Produkten handelt es sich um Hypervisor des Typs 1, das heißt, die Virtualisierungsschicht läuft direkt auf der Hardware und nicht auf einem Host-Betriebssystem.

Während Microsoft Hyper-V und Citrix XenServer als Produkt untrennbar mit den jeweiligen Management-Betriebssystemen - Windows Server 2008 respektive Linux - verbunden sind, beschränkt sich VMware ESXi auf die reine Hardwareabstraktion und kommt mit 32 MByte Festplattenplatz aus.

Im Gegensatz zu den Konkurrenten bietet Citrix für die Express-Variante auch gegen Bezahlung keinen Support an. Hingegen kann eine bestehende Installation - ähnlich wie bei VMware - einfach durch einen Lizenzschlüssel zu einer Vollversion umgewandelt werden. Das Microsoft-Produkt hingegen muss man neu installieren, um auf eine der kostenpflichtigen Ausführungen umzusatteln.

Microsoft Hyper-V Server 2008

Hyper-V Server 2008 ist die eigenständige Ausführung von Windows Server 2008 in der Hyper-V-Rolle, die im Vergleich zur Vollversion ein noch weiter abgespecktes Windows enthält. Lizenzen werden hier - wie auch bei den anderen Systemen - erst für die Gäste nötig.

Hyper-V Server lässt sich problemlos installieren und stellt Windows-Administratoren vor keine Hindernisse stellen. Jedoch dürfte für diese Klientel Windows 2008 Server Core, das dem Virtualisierungssystem zugrunde liegt, mangels grafischer Oberfläche gewöhnungsbedürftig sein.

Microsoft-Hypervisor: Die lokale Administration beschränkt sich auf die Kommandozeile, remote steht mit dem Hyper-V-Manager ein grafisches Werkzeug zur Verfügung.

Die Voraussetzungen für Installation und Betrieb sind moderat, da gängige Serverhardware verwendet werden kann. Das System verlangt genau wie XenServer einen 64-Bit-Prozessor mit integrierter Virtualisierungsunterstützung (also Intel VT oder AMD-V).

Die Administration des Hyper-V-Servers findet lokal auf der Kommandozeile statt. Weitergehende Funktionen wie das Steuern von Gästen erfolgen remote und grafisch über den kostenfreien Hyper-V Manager (via Vista oder Windows 2008) oder über System Center Virtual Machine Manager (SCVMM), für dessen Lizenzierung Kosten anfallen.

Alle wichtigen Windows-Varianten können virtualisiert betrieben werden, als einzige Alternative zu den eigenen Systemen unterstützt Microsoft Novell SUSE Enterprise Linux (SLES). De facto besteht seine vornehmliche Aufgabe darin, Rechner unter Windows Server 2003 zu virtualisieren und zu konsolidieren. Aufgrund der fehlenden Lizenz für ein Gast-Windows ist es für Nutzer von Server 2008 uninteressant, weil diese Version bereits in der Standard-Edition die Installation der Software in der Parent-Partion und in einer gewöhnlichen VM zulässt.

Die kostenlose Variante weist gegenüber der der Vollversion wesentliche Nachteile auf: Kein Host-Clustering, kaum Anpassung durch Nachinstallation anderer Komponenten und dadurch Reduzierung auf die reine Hypervisor-Rolle. Lediglich Multipath IO, Bitlocker, SNMP sowie Windows Backup sind zusätzlich möglich.

Sehr nützlich hingegen ist, dass der Volume Snapshot Service (VSS) für automatisierte Backups laufender Maschinen verfügbar ist, die über diesen Dienst automatisch auf "ruhend" gestellt werden, so dass das Dateisystem intakt bleibt.

Microsoft Hyper-V Server 2008

Plus

Minus

Einfache und schnelle Installation

Kein Memory Over-Commit

Schnelle Verfügbarkeit in Windows-Landschaften

Keine Live Migration

Kein direktes Upgrade auf höhere Version möglich

System kann keine anderen Dienste ausführen (beispielsweise Datei- oder Web-Server)

VMware ESXi

ESXi enthält als kleiner Bruder viele wichtige Funktionen des Marktführers ESX und lässt sich auf 32- sowie auch 64-Bit-Hardware installieren und administrieren. Da das System geringe Hardwareanforderungen stellt, wird es in verschiedenen Marken-Servern gleich auch als Firmware mitgeliefert - ähnlich wie der Konkurrent XenServer. ESXi bietet sich aufgrund seines Appliance-Charakters besonders für einen raschen Aufbau von Disaster Recovery Sites an.

Bei ESXi besteht der Hauptunterschied gegenüber ESX im fehlenden Betriebssystem (Red Hat) für den Betrieb der Service-Konsole - einerseits wird es dadurch sehr schlank, andererseits fehlen daher aber auch lokale Managementfunktionen.

VMware-Hypervisor: Der ESXi ist das schlankste der drei kostenlosen Systeme, was sich aber auch bei den Verwaltungswerkzeugen bemerkbar macht.

Das System läßt sich sinnvoll nur remote verwalten, da lokal nur ein rudimentäres Menüsystem existiert und noch nicht einmal ein Zugang per SSH verfügbar ist (außer über eine Behelfslösung mit Busybox). Die entfernte Kommandozeile hat nur lesenden Zugriff. Auch der Zugriff über den Browser ist dem Administrator verwehrt, so dass die Verwaltung inklusive der Backups dem Virtual-Infrastructure-Client vorbehalten bleibt. Sämtliche Management-APIs sind dabei aber verfügbar.

Das Lizenzierungsmodell ermöglicht das nahtlose Upgrade auf die kostenpflichtigen Versionen. Allerdings treiben praktisch alle aufbauenden Funktionen wie Consolidated Backup oder HA mit teuren Lizenzen die Kosten schneller in die Höhe als bei den Konkurrenten.

VMware ESXi

Plus

Minus

umfangreiche Unterstützung für viele verschiedene Gastsysteme

nur auf zertifizierter Hardware, dadurch weniger Auswahlmöglichkeiten bei Servern

einfache und schnelle Installation

Ausbau für Enterprise-Einsatz teuer

nahtlose Upgrades auf höhere Versionen

Citrix XenServer Express Edition

Den Kern der "Express Edition" bildet die Open-Source-Software Xen, die von Citrix um Management-Tools und andere Komponenten erweitert wird. Der Kostenlosvariante fehlen vor allem Enterprise-Features wie XenMotion, Unterstützung für Shared Storage (SAN) sowie High Availability.

Das Citrix-System präsentiert sich als rundes, aber nicht unbedingt schlankes Produkt: 16 GByte werden mindestens an Plattenplatz vorausgesetzt, wobei die Hälfte für Backups im Fall von Updates reserviert ist. Die grafische Windows-Administrationsoberfläche XenCenter, eine ausgefeilte Kommandozeile, die auch remote eingesetzt werden kann, sowie vorgefertigte Templates für die schnelle Installation von Gastsystemen (Windows, XenApp, Linux) sind an Bord.

Citrix-Hypervisor: Mit XenCenter verfügt XenServer Express Edition über ein ausgefeiltes grafisches Administrations-Tool.

Die Installation fällt einfach und ist auch für Linux-Ungeübte zu bewältigen, nachdem das System seine Linux-Herkunft in weiten Teilen gut zu kaschieren weiß. Für diejenigen, die das Open-Source-System nutzen und zu schätzen wissen, eröffnet sich damit die gesamte Welt des freien Unix-Klones. Daher lassen sich auch eigene Lösungen für HA, Clustering oder Backup schaffen, ohne auf die kostenpflichtigen Addons des Herstellers angewiesen zu sein.

In der inzwischen vielgestaltigen Xen-Produktwelt ist Citrix XenServer bislang das einzige Produkt, das effiziente paravirtualisierte Treiber für den beschleunigten Betrieb von Windows bei den Netzwerk- und Festplattenzugriffen mitbringt. Sowohl für Linux- als auch Windows-Server werden passende P2V-Tools gleich mitgeliefert.

Citrix XenServer Express Edition

Plus

Minus

Unterstützung für viele Gastbetriebssysteme

kein Support für die Express Edition

umfassende Managementoptionen

Kann mit Linux-Kenntnissen selbständig stark ausgebaut werden

nahtlose Upgrades auf höhere Versionen

Funktionen im Vergleich

In der folgenden Tabelle finden sie die wichtigsten Funktionen der drei Hypervisoren Citrix XenServer Express Edition, Microsoft Hyper-V Server und VMware ESXi detailliert gegenübergestellt:

Hypervisoren im Vergleich

Citrix XenServer Express Edition

Microsoft Hyper-V Server

VMware ESXi

Host

Architektur Hypervisor

64 Bit, Intel-VT/AMD-V

64 Bit, Intel-VT/AMD-V

32 und 64 Bit

Abhängigkeit von Host-OS

CentOS Linux

Windows 2008 Server Core

keine

max.nutzbarer RAM

128 GByte

256 GByte

128 GByte

Anzahl CPUs/Kerne

2 physische CPUs

4 physische CPUs

2 physische CPUs oder Kerne

SAN-Boot

ja

ja

ja

PXE-Boot

ja

ja

ja

Unattended Installation

ja

ja

ja

Server-Embedded Option

ja: Dell, HP, IBM, Fujitsu

nein

ja: Dell, HP, IBM, Fujitsu

Administration

Managementkonsole

ja, Textmenü, CLI, GUI

ja, Textmenü

ja: CLI

Remote Management

ja, grafisch und per CLI

ja, grafisch per Windows 2008 oder Vista oder SCVMM; WMI

ja, per VMware Infrastructure Client

Gast

Gast-Betriebssysteme

Windows 2000, 2003, Vista, 2008, SLES 9, SLES 10 SP4, RHEL 3/4/5/5.2, CentOS, Debian, Oracle Linux

Windows 2000 / 2003 / 2008 / XP / Vista, SLES 10 SP1

Windows NT / 2000 / 2003 / 2008 / XP / Vista, SLES 10 SP1, SUSE Linux, Red Hat Linux, Mandrake Linux, FreeBSD, Solaris, Netware

RAM pro Gast

32 GByte

32 GByte

64 GByte

Architektur VMs

32 Bit, 64 Bit

32 Bit, 64 Bit

32 Bit, 64 Bit

max. virtuelle CPUs

8

4

4

Dateiformat

VHD (Windows), LVM (Linux)

VHD

VMFS

VLAN

ja

ja

ja

QoS (CPU, Platte, Netz)

ja

nein

nein

Windows-PV-Treiber

ja

ja

nein

virtuelle SCSI-Unterstützung

nein

ja

ja

Hot-Plugging von VM-„Hardware“

CPU, RAM, Laufwerke, Nics

CPU, RAM, Laufwerke, Nics

nein

VM-Operationen

Export, Import, Cloning

Export, Import, Cloning

Export, Import, Cloning

Memory Overcommitment

nein

nein

ja

Management

Shared Storage

ja, SAN, NFS, NAS

ja, SAN, NAS

ja, SAN

Migration

XenMotion 3

nein, nur Quick

VMotion 4

NIC Redundanz

NIC Teaming/Load Balancing

Nein

NIC Teaming/Load Balancing

Host-Clustering

nein 3

nein

nein 4

Clustering VMs

nein 3

nein

nein 4

Snapshotting

ja

ja

Backup

ja, Windows VSS

ja, Windows VSS

VMware Consolidated Backup 4

P2V-Tools

ja, Linux und Windows

nein 1

ja

Failover/HA

ja 4

ja 4

ja 4

DR-Features

Metadaten-Backup 3

nein

nein 4

SNMP

ja

ja

ja

VM-Streaming

ja

nein

nein

Reporting/Monitoring

ja, grafisch

ja, System Center Operations Manager

nur via VirtualCenter

Sonstiges

Upgradepfade

Standard / Enterprise / Platinum Edition per Lizenzschlüssel

nicht vorhanden

VMware Infrastructure 3 per Lizenzschlüssel

Supportoption

nein, erst ab Standard Edition

ja

ja

Legende
1 = via Microsoft SCVMM
2 = XenServer Platinum Edition
3 = ab Enterprise Edition
4 = kostenpflichtig

Fazit

Die Einstiegsdrogen in die Welt der Servervirtualisierung sind ausgereifte Systeme, die einen effizienten und zuverlässigen Betrieb von Gastsystemen ermöglichen. Hyper-V und XenServer haben gegenüber ESX(i) mehrere entscheidende Vorteile: sie unterstützen deutlich mehr Hardware, da sie Treiber aus der privilegierten Partition (parent Partition oder domain 0) mitnutzen. Zudem lässt sich jedes Storage-System, das die dort installierten Betriebssysteme (Windows 2008 beziehungsweise Linux) ansprechen können, auch für die Speicherung der VMs verwenden. VMware ist mit seinem proprietären VMFS an dieser Stelle deutlich restriktiver und bietet weniger Auswahl.

Insgesamt eignen sich die vorgestellten Lösungen für kleine und mittlere Unternehmen, die mit Standalone-Servern auskommen und nicht unbedingt automatisierte HA- und Loadbalancing-Features sowie ausgefeiltes Management benötigen. Hyper-V hingegen empfiehlt sich, wenn in Microsoft-lastigen Unternehmen Systeme unter Windows 2000 und 2003 virtualisiert werden sollen. (hal)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation Computerwoche.