Viel Funktion auf Ebene 2

13.10.1999
Hirschmann hat den Switch mit VLANs, Priorisierung und Gigabit-Uplink reichlich bestückt. NetworkWorld testete, wie sich das Gerät bei hoher Last auf den Ports verhält.

Von: Roya Marzbanvishka, Hartmut Lüerssen

Manche Switches stehen peripher, die anderen nahe am Backbone. Der "GES-24TP/2SX" gehört zur zweiten Kategorie. Mit seinen zwei serienmäßigen Glasfaser-Gigabit-Uplinks soll der Switch die Schnittstelle zum Herz des Unternehmensnetzes herstellen. Er kommt mit 24 Ports daher und protzt mit virtuellen LANs (VLANs), Datenpriorisierung durch Class of Service (CoS), außerdem Managementfunktionen sowie Flow-Control und Broadcast-Begrenzung.

Zwar positioniert Hirschmann das Gerät als Workgroup-Switch, aber eben mit gehobenem Anspruch. Dementsprechend verfügt er über verschiedene Management-Funktionen einschließlich SNMP, RMON, Telnet, BootP/DHCP oder Browser sowie Outband-Management über V.24. So läßt sich der Switch noch administrieren, falls er keine Befehle über das Netzwerk mehr empfängt. Die beiden Gigabit-Uplinks entsprechen dem SX-Standard und lassen einen späteren Wechsel auf LX-Module zu, die größere Entfernungen überbrücken können. Jeder der 24 Fast-Ethernet-Ports unterstützt 10/100-MBit/s-Autosensing sowie Halb- und Voll-Duplex-Betrieb und besitzt 512 KByte Pufferspeicher. Nicht nur die Funktionen, auch der Preis rückt den Switch in die obere Mittelklasse: Der GES-24TP/2SX kostet 12 700 Mark, so daß sich bei 24 Ports ein Preis pro Port von 530 Mark ergibt.

Die Leistungstests stellen den Switch in unterschiedlichen Szenarien auf die Probe und erzeugen verschiedene Datenströme zwischen den Ports. Während ein Gerät beim einfachen Durchsatz-Test zwischen Port A nach Port B volle Leistung bringt, kann etwa der "X-Stream-Durchsatz-Test", bei dem mehrere oder auch alle Ports gleichzeitig senden und empfangen, hohe Datenverluste provozieren. Die einzelnen Tests weisen auf spezifisches Verhalten hin, etwa Probleme der Switching-Engine mit bestimmten Paketgrößen. Ein Gesamtbild der Performance ergibt sich erst am Schluß der Testreihe.

Durchsatztests und Paketverluste

Das Testgerät "Smartbits SMB 2000" war mit zehn Fast-Ethernet-Ports und einem Gigabit-Ethernet-Port ausgerüstet. Die Basis-Tests liefen im fest eingestellten Full-Duplex-Modus, die Funktionen Autonegotiation und Flow-Control waren dabei deaktiviert. Das Durchsatzverhalten bei aktivierten VLANs überprüfte das Testgerät in einem zweiten Durchgang. Der GES-24TP/2SX teilt die Ports intern in drei Achter-Baugruppen auf. Jede Baugruppe ist über eine dedizierte Switching-Engine mit der Backplane verbunden, die eine Bandbreite von 4,2 GBit/s liefert. Im Labor testeten wir Durchsatz, Latenzzeit, Paketverluste sowie Back-to-Back mit fünf bidirektionalen Datenströmen auf den ersten zehn Ports. Dabei sendete Port 1 an Port 2, Port 3 an Port 4 und so weiter. Der Durchsatztest beschreibt, wie viele Pakete der Switch bei verschiedenen Paketgrößen weiterleitet, ohne daß Paketverluste auftreten. Bei kleinen Paketgrößen erreichte der GES-24TP/2SX den maximalen Durchsatz, schaffte bei einer Paketgröße von 1024 Byte aber nur noch 89,99 Prozent, bei Paketen von 1280 und 1518 Byte 80 Prozent.

Wenn ein Switch nicht den vollen Durchsatz schafft, kommt es erwartungsgemäß zu Paketverlusten. Diese begannen mit 6,97 Prozent bei Paketgrößen von 1024 Byte, also genau der Paketgröße, bei der das Gerät erstmals nicht mehr die volle Performance geschafft hatte. Bei 1280 Byte großen Paketen gingen 12,87 Prozent verloren und 16,43 Prozent bei 1518-Byte-Paketen. Die Analyse der Log-Files ergab, daß Paketverluste nur bei den ersten acht Ports auftraten, Port 9 und 10 arbeiteten verlustfrei. Dieses Verhalten erklärt sich durch einen Blick auf die Architektur des Switches. Die ersten acht Ports gehören alle zur selben Baugruppe und teilen sich eine Fast-Ethernet-Switching-Engine, die die Daten auf die Backplane leitet. Während das erste Segment nach und nach unter Vollast arbeitete, belastete der Test die Switching-Engine des zweiten Segments also nur zu maximal 25 Prozent. Demnach sind die Switching-Engines für volle 100 MBit/s vollduplex auf jedem Port der Baugruppe ein wenig mager ausgelegt. Zum Vergleich verteilten wir die zehn zu prüfenden Ports auf die drei Baugruppen und wiederholten den Test: Port 1 bis 4, 9 bis 12 sowie 17 und 18 konfigurierten wir jeweils als Pärchen. So eingerichtet verlor das Gerät kein einziges Paket.

Bei Switches, die nach dem Store-and-Forward-Prinzip arbeiten, steigen die Latenzzeiten typischerweise bei größeren Paketen an. Genauso verhält sich auch der GES-24TP/2SX, der Werte zwischen 9,6 Mikrosekunden bei 64-Byte-Paketen und 128,56 Mikrosekunden bei 1518-Byte-Paketen erreicht. Diese Ergebnisse liegen im üblichen Rahmen und haben keinerlei negative Auswirkungen im täglichen Einsatz. Der Back-to-Back-Test untersucht, wie der Test mit burstartigen Datenstömen umgeht. Dazu sendet das Testgerät jeweils die maximale Anzahl von Paketen gleicher Größe innerhalb eines Zeitintervalls und mißt, ob alle Pakete ihr Ziel erreichen. In der Praxis benutzen etwa Remote-Disk-Server Protokolle, die auf eine Anfrage auf einmal eine große Datenmenge übertragen. Am besten verarbeitete das Gerät von Hirschmann 512-Byte-Pakete und leitete davon 90 Prozent fehlerfrei weiter. Bei den Paketgrößen 128, 256, 1024, 1280 und 1518 Byte erreicht er 80 Prozent, die kleinen Pakete von 64 Byte mag er nicht so gern und bringt nur 70 Prozent ans Ziel.

Der X-Stream-Durchsatztest dokumentiert die Switching-Performance, wenn mehrere Ports gleichzeitig sowohl senden als auch empfangen. Bis zu einer Last von 80 Prozent mit verschiedenen Paketgrößen und einer Burst-Size von 24 Frames traten dabei überhaupt keine Paketverluste auf. Insgesamt kommt der Switch mit Paketen mittlerer Größe offenbar besser zurecht, denn bei 90prozentiger Belastung leistete er sich nur bei sehr kleinen und sehr großen Paketen Verluste bis zu 6 Prozent. Bei voller Last verlor er dort bis zu 13,5 Prozent, doppelt so viel wie im mittleren Bereich.

X-Stream-Test, Fan-Out und Broadcasting

Ein ganz anderes Verhalten zeigte der GES-24TP/2SX beim Fan-Out-Switching-Test, bei dem die eine Hälfte der Ports ausschließlich sendet und die anderen nur empfangen. Nach drei Durchläufen mit Paketen von 64 Byte, 512 Byte und 1518 Byte gingen lediglich bei den 64-Byte-Paketen 1635 von 42.806. 530 Paketen verloren, also nur 0,004 Prozent. Das ist ein hervorragendes Ergebnis, diese minimalen Paketverluste haben in der Praxis keine Bedeutung.

Broadcasting bedeutet, daß ein Port die eingehenden Daten auf alle anderen Ports verteilt. In dieser Disziplin trumpfte das Gerät von Hirschmann auf, denn unter voller Last gingen keine Pakete verloren. Die Latenzzeit beim Broadcasting lag bei den verschiedenen Paketgrößen jeweils etwas über den Werten, die das Testgerät im Durchsatztest ermittelte, was üblich ist und keine weiteren Auswirkungen hat.

Zusätzlich zum normalen Broadcasting erlaubt der GES-24TP/2SX, das Weiterleiten von Broadcast-Paketen zu begrenzen, so daß der Switch als Lastwächter fungiert. Zwar treten Broadcast-Stürme, die mehr als zehn bis 20 Prozent der Bandbreite beanspruchen, eigentlich nur bei Fehlern im Netz oder in einzelnen Systemen auf, sie können jedoch den normalen Verkehr drastisch behindern oder sogar lahmlegen. Der Standard-Wert der "Broadcast Cutoff Rate" beträgt für jede Gruppe von acht Ports 500 000 Frames pro Sekunde, läßt sich jedoch individuell einstellen. In keinem Fall überstiegen die verteilten Frames die Vorgabe. Der Switch läßt sogar deutlich weniger Broadcast-Pakete durch als eingestellt. Eine Erklärung dafür fanden wir nicht, allerdings zeigen auch Produkte anderer Hersteller dieses Verhalten.

Adressen lernen, Überlast und Uplink

Souverän ging der Testkandidat mit überlasteten Ports und weniger belasteten Ports um. Im "Head-of-Line-Blocking-Test" sendet Port 1 auf Port 2 und Port 4 mit jeweils 50 Prozent Last, während Port 3 zusätzlich mit voller Last auf Port 4 sendet. Diese Messung soll ermitteln, ob der Switch am weniger belasteten Port 2(uncongested Port) Pakete verliert. Ergebnis: keine Pakete an Port 2 verloren, Test bestanden.

Auch die Geschwindigkeit, mit der ein Switch die Adressen lernen kann, sowie die maximalen Adressen pro Port beeinflussen die Performance. Diese Werte ermittelt der "Adress-Handling-and-Speed-Learning-Test", bei dem der GES-24TP/2SX hinter seinen eigenen Vorgaben zurückbleibt. Statt der 4096 Adressen pro Port, die die Spezifikationstabelle angibt, lernte das Gerät im Labor lediglich 2204 Adressen bei maximal 56270 Frames pro Sekunde. Das können andere besser.

Weil das Testgerät nicht genügend Last auf den Uplink-Ports generieren konnte, haben wir die Gigabit-Ethernet-Verbindung mit halber Last getestet. Von der Konstellation ähnelte der "Backbone Switching Test" dem X-Stream-Test, nur daß die Ports jeweils zur Hälfte auf zwei Switches verteilt waren. Die Switches erzeugten von beiden Seiten jeweils 500 MBit/s auf dem Gigabit-Uplink. Trotz halber Last verzeichnete das SMB 2000 19,02 Prozent Paketverluste bei 64-Byte-Paketen und 6,96 Prozent Verluste bei 128-Byte großen Paketen.

Virtual Local Area Networks

Dieser Teil des Tests widmete sich der VLAN-Funktion. Der GES-24TP/2SX unterstützt sowohl Tag-basierte als auch Port-basierte virtuelle LANs nach IEEE-Standard 802.1Q, wobei wir uns bei den Messungen auf Port-basierte VLANs beschränkt haben.

Beim Aufbau einer logischen Benutzgruppe auf Port-Basis erhält jeder Ethernet-Port eine eindeutige Bezeichnung (VLAN ID). Zwangsläufig kann jeder Ethernet-Port des Switches auch nur Mitglied genau eines virtuellen lokalen Netzes sein. Die Performance hängt wesentlich davon ab, ob der Hersteller die Kontrolle der Funktion hardwareunterstützt oder rein über Software realisiert. Hirschmann setzt daher auf die Hardware-Variante.

Für den Performance-Test definierten wir drei virtuelle LANs:

- VLAN 1: Port 1, 2 und 3

- VLAN 2: Port 4, 5 und 6

- VLAN 3: Port 7, 8, 9 und 10

Der X-Stream-Tests belastete alle drei VLANs zeitgleich. Dabei entstand zwischen den drei VLANs kein Datentransfer, weil VLANs eigene Broadcast-Domains aufbauen. Übergreifender Datenverkehr müßte geroutet werden. Die Testläufe variierten die Paketgröße von 64 Byte über 512 Byte auf 1518 Byte und die Sendelast von 80 bis 100 Prozent. Erneut hatte das Gerät die größten Probleme mit kleinen Paketen.

Innerhalb der VLANs wiesen die einzelnen Ports unterschiedliche Paketverlustraten auf, die im Extremfall plus/minus 8 Prozent vom Mittelwert entfernt lagen. Während sich VLAN 1 und VLAN 2, die jeweils die gleiche Anzahl Ports enthielten, ähnlich verhielten, fiel das dritte VLAN mit größerer Anzahl Ports durch geringere Paketverluste auf.

Ein Erklärungsansatz führt zurück zu der internen Architektur des Testgeräts, die die Ports in drei Baugruppen aufteilt. VLAN 1 und 2 enthalten ausschließlich Ports aus der ersten Baugruppe des Switches. Das VLAN 3 enthält zwei Ports aus der ersten Baugruppe und zwei Ports aus der zweiten Baugruppe. Während die VLANs 1 und 2 mit 80 bis 100prozentiger Last ihrer Baugruppe laufen, arbeiten zwei Ports des VLAN 3 mit maximal 25 Prozent der Last, die ihre Baugruppe verkraften sollte. Darum verlor VLAN 3 auch weniger Pakete. Zum Vergleich definierten wir die VLANs um, so daß jedes VLAN ausschließlich Ports aus einer Baugruppe enthielt und jede Baugruppe nur ein VLAN.

- VLAN 1: Ports 1, 2 und 3 (Port-Baugruppe 1)

- VLAN 2: Ports 9, 10 und 11 (Port-Baugruppe 2)

- VLAN 3: Ports 17, 18 und 19 (Port-Baugruppe 3)

Im Unterschied zu den Ausgangstests belastet Smartbits zwei Baugruppen zu einem Drittel und eine zur Hälfte, keine Baugruppe steht unter voller Last. In dieser Konfiguration ergaben sich keine Paketverluste. Es liegt die Vermutung nahe, daß die Switching-Engine der Flaschenhals des Systems ist, denn sobald eine Baugruppe über 80 Prozent belastet wird, steigen die Paketverluste stark an.

Fazit

Einerseits eignet sich der GES-24TP/2SX aufgrund seiner vielen Funktionen für den Aufbau effizienter und komplexer Unternehmensnetze, zudem sorgt der redundante Managementweg für erhöhte Sicherheit. Die Performance aber läßt besonders beim Einsatz in der Nähe des Backbones zu wünschen übrig. Je näher ein Switch am Herz des Unternehmensnetzes steht, je mehr muß er unter Vollast standhalten.