VIA Technology Forum 2000

28.09.2000 von NICO ERNST  und Christian Vilsbeck
VIAs Konkurrenzveranstaltung zu Intels IDF mausert sich: VIA zeigte, dass man mehr ist als nur ein günstiger Chipsatz-Lieferant. Im Mittelpunkt des VTF stand diesmal die Einführung von DDR-Speichern.

Nach kleineren Konferenzen in den vergangenen Jahren hat VIA seinem jährlichen Branchen-Briefing ganz in Anlehnung an Intels Developer Forum (IDF) den Namen "VIA Technology Forum" (VTF) verpasst. Während das IDF mit über 5000 Teilnehmern bei der letzten Veranstaltung (tecChannel berichtete) als voller Erfolg gewertet werden kann, hat das VTF hier noch ein Stück Weg vor sich. In München fanden sich am 27. September nur 500 Besucher und ein Dutzend Journalisten ein.

Der Schwerpunkt liegt anders als bei Intels Entwickler-Konferenz mit Hausmesse und PR-Umschlag. Das VTF ist ein Branchen-Event, auf dem VIA Flagge zeigt und seine Partner zusammenbringt. Dafür braucht man gemeinsame Ziele, und in diesem Jahr arbeiteten alle Teilnehmer darauf hin, DDR-Speicher zu einem Erfolg zu machen. Daneben bemühte sich VIA, auch andere Technologien mit dem eigenen Markennamen zu besetzen.

Neben einigen fertigen Boards mit VIAs DDR-Chipsatz Apollo Pro 266 waren fast alle Hersteller von DRAMs mit DDR-Speicher angetreten. Die Message: DDR ist nicht nur ein Phantom, das man dem von Intel noch immer favorisierten Rambus entgegenstellt, sondern eine ziemlich reale Technologie. Noch in diesem Jahr sollen Boards und DDR-DIMMS auf den Markt kommen.

DDR-Speicher bis 400 MHz geplant

Die derzeitige Prozesswelle, mit der die Firma Rambus von allen DRAM-Herstellern Lizenzgebühren eintreiben will, schwappt nun in anderer Form auf das Unternehmen zurück. Selbst Firmen wie NEC, die vor Jahresfrist noch voll in die neue RDRAM-Technologie eingestiegen waren, bekennen sich nun zu DDR-Speicher.

NECs Prognosen sehen für die kommenden beiden Jahre ein konstantes Wachstum von "RDRAM oder DDR" vor. Etwas deutlicher wurde da Infineon, die sich anders als NEC noch weigert, an Rambus Lizenzen zu zahlen. Demnach habe Rambus seinen Zenith schon im Jahr 2000 erreicht. Der Marktanteil soll nach Infineons Projektion 2001 und 2002 konstant unter fünf Prozent bleiben, 2004 wären Rambus-Speicher dann ganz verschwunden.

Noch aggressiver wurde Micron, die als einer der ersten Entwickler von DDR-Speichern bereits liefern kann (tecChannel berichtete). Rambus-Speicher taucht auf Microns Roadmap nicht auf. Stattdessen will man bereits Ende 2001 Prototypen von "DDR 333" mit 167 MHz realem Takt liefern. Danach ist "DDR 400" vorgesehen.

Dafür muss nach übereinstimmenden Aussagen der DRAM-Hersteller ein neues Gehäuse-Design für die Chips her: BGA -Gehäuse mit sehr geringem Kontakt-Abstand sind notwendig, um Signal-Laufzeiten und Rauschen in den Griff zu bekommen.

Echte Mainboards und Ankündigungen

Da der DDR-Chipsatz Apollo Pro 266 für Intel- und AMD-Chips von VIA fertig ist, kommen nun die ersten Hauptplatinen damit. Boards konnten unter anderem MSI und Fujitsu/Siemens zeigen. Dass sich neben den taiwanesischen Firmen auch ein großer PC-Hersteller wie Fujitsu/Siemens für DDR engagiert, lässt auf breites Interesse bei Firmenkunden schließen.

Andere Board-Hersteller konnten noch keine Produkte zeigen, sprachen aber von "fertigen Designs". Boards mit dem Apollo Pro 266 versprachen auf dem VTF ASUS, Chaintech, EPoX, LuckyStar und QDI. Beim Board-Riesen Asus soll die Entwicklung schon abgeschlossen sein, das Mainboard hatte es nur noch nicht nach Europa geschafft.

Auf den Markt sollen all diese Mainboards noch im Jahr 2000 kommen. Wenn die allenthalben geäußerte Schätzung "Ende Oktober, Anfang November" zutrifft, dürften DDR-Boards ganz oben auf den Weihnachts-Wunschzetteln derer stehen, die sich den Pentium 4 mit Rambus-Speicher nicht leisten können oder wollen.

DDR-Module bis zu 1 GByte

VIA werkelt neben dem Apollo Pro 266 eifrig an einem Dual-Processor-Chipset für den Athlon, und auch AMD selbst will den 760 MP für zwei CPUs Anfang 2001 bringen. Da nach inoffiziellen Informationen von Intel auch der Server-Prozessor Foster 2001 DDR-Chipsätze erhält, basteln die DRAM-Hersteller eifrig auch an großen Speichermodulen.

Doch neben solchen Studien werden zuerst die klassischen Riegel mit 128 MByte auf den Markt kommen. Zeigen konnten diese auf dem VTF unter anderem Infineon, NEC und Philips.

Von NEC stammt auch eines der ersten SO-DIMMs mit DDR-Speicher für Notebooks. Wie unserem Grundlagenbeitrag  über diese Speichertechnologie zu entnehmen ist, eignet sich DDR wegen der geringen Spannung von 2,5 Volt dafür besonders gut.

Es bleibt zu hoffen, dass alle hier genannten Hersteller dem Beispiel von Micron folgen: Wie berichtet, soll deren DDR-Speicher kaum teurer als SDRAM werden.

VIAs Information-PC fürs Internet

Um endlich aus der Ecke des Chipsatz-Lieferanten herauszukommen, stellte VIA auf dem VTF sein erstes Referenz-Design für PCs vor. Obwohl: "Nur" PCs sollen aus dem "Information PC" getauften Konzept nicht werden. Vor allem geht es um preisgünstige Zugangsgeräte fürs Internet, die unter 200 Dollar kosten sollen.

Kern hierfür ist natürlich der Browser. Aus dem Hause Elegent Technologies kommt dazu ein Web-Browser, der selbst im BIOS eines PCs Platz findet. Der für VIA entwickelte, nur 256 KByte große etBrowser kommt ohne zusätzliches Betriebssystem und Laufwerke aus. Damit lassen sich kostengünstige Lösungen für den einfachen Internetzugang realisieren: Neben Web-PCs eignet sich etBrowser für Webpads, E-Books, PDAs oder TV-Geräte. Selbst Kühlschränke und Waschmaschinen mit integriertem Web-Browser wurden von VIA als Beispiele aufgeführt.

Die für PCs angepasste Version des etBrowsers nennt VIA dabei etBIOS. Die Integration ist einfach: Der 256 KByte große BIOS-Flash-Speicher des Mainboards wird durch ein 512 KByte großes Flash-ROM ausgetauscht. Darin lassen sich sowohl Rechner-BIOS als auch etBIOS integrieren.

Um mit etBrowser/etBIOS basierenden Geräten gleich arbeiten zu können, wurden zusätzlich Treiber für Tastatur und Maus (AT, PS/2 und USB), Modem, Ethernet, VGA/SVGA sowie TV integriert.

Vollwertiger 256 KByte Browser im BIOS

Trotz des geringen Speicherumfangs von 256 KByte unterstützt der etBrowser viele der im Internet gängigen Formate und Protokolle: PPP, TCP/IP, SMTP, POP3, HTTP, ARP, UDP, Proxy sowie SSL 2.0 und 3.0. Die Darstellung von JPEGs, statischen und animierten GIFs zählt ebenfalls zum Repertoire des Mini-Browsers. Laut VIA lässt sich der Browser aber auch leicht um Funktionen wie Java und MPEG1-Wiedergabe erweitern. Allerdings erreicht dann der benötigte Speicherplatz des Browsers schnell 1 MByte, weil die Java-Scripts bereits 450 KByte verschlingen. Live-Demos, beispielsweise das Abspielen eines MPEG-Videos, konnte VIA auf dem Forum schon zeigen.

Bereits besuchte Seiten kann der Browser im Arbeitsspeicher ablegen. Für das Caching benötigt der etBrowser durchschnittlich 100 KByte pro Seite. Die geringe Größe wird durch Kompressionen der Daten erreicht.

Als Sicherheitsfeature preist VIA an, dass der etBrowser nicht auf Laufwerke schreiben kann und gegen Viren und andere Attacken immun ist, weil er im Flash-Speicher des BIOS sitzt. Der etBrowser könnte damit laut VIA als sichere Browser-Lösung auch in vollwertigen PCs zum Einsatz kommen. Kompatibel sei der BIOS-Browser dabei nicht nur zu x86-Plattformen, sondern auch zu Geräten mit RISC-Prozessoren.

Fazit

Trotz des kleinen Rahmens und kleinen Schwächen bei der Organisation: VIA meint es ernst mit dem VTF. Intels ständig wachsendem Monster-Event kann man zwar noch lange nicht das Wasser reichen, doch die Zahl der vertretenen Firmen kann sich sehen lassen.

Dabei war es in diesem Jahr ziemlich einfach, unter dem Motto "DDR ist gut für alle" die Unternehmen unter einen Hut zu bringen. Zu Hilfe kam hier die allgemeine Abneigung gegen die Firma Rambus und ihre Praktiken. Für die nächsten VTFs muss VIA selbst echte Innovationen aus dem Hut zaubern. Der Information PC ist nur ein Anfang dafür. (cvi/nie).