VIA Insides: Wenchi Chen im Interview

12.04.2002 von NICO ERNST 
tecCHANNEL hatte einmal mehr Gelegenheit, mit dem VIA-CEO Wenchi Chen über Bugs in seinen Chipsätzen, CPU-Strategien und Speichertechnologien zu sprechen. Am Ende stand das Versprechen eines Redesigns.

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Wenchi Chen traf auf der CeBIT 2002 zwei Tage später als geplant ein, und war sofort wieder in Meetings verschwunden. Die Pressekonferenz seines Unternehmens ließ er von seinem PR-Chef Richard Brown leiten, Gründe für Chens Verspätung wurden nicht genannt. Erst am Sonntagmorgen fand der VIA-CEO Zeit für Interviews und wirkte überraschend entspannt und leger wie eh und je.

tecCHANNEL: Sie haben Ihre CeBIT-Pressekonferenz seit Jahren nicht verpasst. Was hat Sie aufgehalten?

Chen: Ach, ich verpasse dauernd meine Pressekonferenzen. Das hängt ganz von meinem Terminplan ab. Außerdem haben wir jetzt ein größeres PR-Team, also müssen die auch mehr arbeiten.

tecCHANNEL: Auf der Messe macht das Gerücht die Runde, Sie hätten in Taiwan noch lange mit ST Microelectronics verhandelt, um deren Kyro-Technologie zu kaufen.

Chen: Oh, so etwas werde ich nicht kommentieren...

tecCHANNEL: Werden Sie das während der Messe tun?

Chen: Nicht, bis der Deal unter Dach und Fach ist.

"Wir haben keine Rückmeldungen dieser Art erhalten"

tecCHANNEL: Bei unserem letzten Interview Mitte 2001 sprachen wir über einen Bug in VIAs Southbridge 686B, der zu Datenverlusten führen kann. Im Herbst 2001 hat tecCHANNEL dann ein anderes Problem mit VIAs PCI-Implementation gefunden.

Chen: Richtig.

tecCHANNEL: Letztes Jahr meinten Sie, dass VIA neue Support-Strukturen schaffen will und kürzere Antwortzeiten garantieren möchte. Wie konnte es dann passieren, dass so schnell ein neuer Fehler von dritter Seite gefunden wird?

Chen: Dieser Fehler hat mit Performance, nicht direkt mit der Kompatibilität unserer Produkte zu tun. Wir liefern dieses Produkt schon lange aus und eine Menge Leute benutzen es - aber wir haben keine Rückmeldungen dieser Art bekommen. Eine Erfahrung, die wir in diesem Geschäft immer wieder machen, ist: Es gibt ständig etwas Neues. Wir müssen einfach noch härter arbeiten und die Qualität und Performance unserer Produkte weiter verbessern.

tecCHANNEL: Dieser Fehler hat aber nicht nur mit Performance zu tun. Wir versuchen jetzt seit vier Monaten, diesen Punkt bei VIA anzubringen: Es ist auch ein Stabilitäts- und Kompatibilitätsproblem. Nachdem wir den Artikel veröffentlicht hatten, meldeten sich zahlreiche Leser bei uns, die keine RAID-Karten einsetzten, und deren Soundkarten auf einmal Aussetzer hatten, sobald ein kontinuierlicher Datenstrom über den PCI-Bus laufen sollte. Wir haben dann fast jeden anderen Chipsatz von ALi, SiS oder Intel untersucht - keiner hat dieses Problem, nur die VIA-Produkte. Daher glauben wir, dass in Ihrer Southbridge ein Fehler bei der PCI-Implementation steckt.

Chen: Ich denke, wir sollten uns mit diesem Problem auseinandersetzen und daran arbeiten anstatt uns darüber zu streiten, ob das ein Problem der Performance ist oder nicht. Letzten Endes ist die wichtigere Frage: Wie bekommen wir ein besseres Produkt?

"Die Verbesserungen stecken schon in unserem neuen Design"

tecCHANNEL: Planen Sie eine Überarbeitung der Southbridge? Da gab es ja in den letzten anderthalb Jahren kein wesentliches Update, bei den meisten Ihrer Produkte ist das immer noch das 686-Design.

Chen: In unserem Geschäft gibt es viele Punkte zu beachten. Nachdem wir diese Rückmeldung hatten, hat unser Team das Problem analysiert und sich angesehen, was das für Auswirkungen haben wird. Auf der anderen Seite benutzen eine Menge unserer Kunden die Produkte. Für einen Großkunden ist es nicht einfach, ein neues Bauteil zu validieren. Aber: Die Verbesserungen stecken schon in unserem neuen Design. Bei zukünftigen Produkten werden wir daran denken.

tecCHANNEL: Und damit ist nicht nur ein neuer Patch gemeint?

Chen: Nein, Nein...

tecCHANNEL: Auf der VIA-Pressekonferenz war zu hören, dass Ihr Unternehmen bis Ende 2003 über 50 Prozent seines Umsatzes mit anderen Produkten als Chipsätzen machen will - warum?

Chen: Dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens: Wir wollen wachsen. Wir sind schon ein echter Player bei den Chipsätzen. Wie sollen wir also wachsen, wenn die Chips immer mehr als 50 Prozent unseres Geschäfts ausmachen?

Zweitens: Wir haben eine Menge interessanter neuer Produkte. Erst kürzlich haben wir unser Projekt Canaan angekündigt. Dabei starten wir mit fünf Business-Units, dazu kommen später noch weitere. Neben dem Chipsatz-Geschäft werden wir 3D-Grafik haben, und Embedded-Prozessoren - eine sehr spannende Produktlinie! Dafür haben wir schon eine Menge Interesse geweckt, auch wenn sich das CPU-Geschäft nicht so entwickelt hat, wie wir es gerne gesehen hätten. In den letzten drei Jahren ist das sehr hart geworden...

"Intel und AMD haben einen fantastischen Job gemacht"

tecCHANNEL: Ein echter Kampf, meinen Sie?

Chen: In den letzten drei Jahren haben sowohl Intel wie AMD einen fantastischen Job bei den CPUs gemacht. Das hat unsere Absichten natürlich geändert. Aber ich glaube, wir haben schließlich eine gute Richtung gefunden: Die CPUs ohne Lüfter. Ein wichtiger Punkt sind auch unsere Bausteine für CD-ROMs, DVD-Laufwerke und CD-RW. Insgesamt sehen wir also eine Menge neuer Chancen.

tecCHANNEL: Gehören dazu auch Kommunikationsprodukte?

Chen: Jedes Geschäft, das groß genug ist, wird uns interessieren. Wir sind im Halbleiter-Business und stolz auf unsere Lösungen, die hohe Qualität, hohe Performance und günstige Preise bieten.

tecCHANNEL: Die wechseln Sie aber immer schneller, indem Sie jetzt zum Beispiel den KT333 ausliefern und schon den KT400 und andere DDR-400-Produkte ankündigen. Ist das nicht verwirrend für die Endkunden?

Chen: Ich glaube, wir haben es hier mit einem generellen Problem zu tun. Wenn Sie das über einen längeren Zeitraum betrachten, werden Sie feststellen, dass wir unsere Produkte immer an die CPUs angepasst haben. Wenn sich die CPUs langsam weiterentwickeln, können wir es uns auch leisten, relativ langsam mitzuziehen. Im Moment, wo sich die CPUs so rasant weiterentwickeln, halten unsere Chipsätze und deren Speicherbandbreite aber immer noch mit der CPU-Bandbreite mit. Wir müssen also unsere Chipsätze immer an die CPUs anpassen, um die Gesamtleistung zu steigern. Natürlich treibt das diese gesamte Industrie an - eine echte Herausforderung. Wir hätten nicht gedacht, dass das so schnell voranschreitet.

"Wenn DDR-400 nicht funktioniert - na gut"

tecCHANNEL: Intel-Vize Mike Splinter hat hier auf der CeBIT erst vor ein paar Tagen gesagt, dass Intel noch 2002 3-GHz-Prozessoren ausliefern will.

Chen: Intel hat uns schon viel früher gesagt, wann sie das tun möchten. Also brauchen wir jetzt eine grundlegende Anlyse der Bandbreite, um auch schnellere Produkte liefern zu können. Wir werden dieses Segment weiter anführen.

tecCHANNEL: Da ist aber auch für die Speicherhersteller eine Herausforderung. Auf der letzten Platform Conference im Januar sagten Infineon und Micron, dass sie am liebsten gleich zu DDR-II wechseln wollen und gar keine DDR-400-DRAMs herstellen wollen, da dabei die Signalintegrität und das Rauschen einfach zu herausfordernd wären.

Chen: Wir machen beides. Im PC-Geschäft sollte man niemals nie sagen. Wenn das nicht so wäre, hätte PC-133 nie stattgefunden (Anm. d. Red.: VIA hat 1998, ausgehend von Intels PC-100, PC-133 gegen den Widerstand von Intel als erste alternative Speichertechnologie im Markt etabliert).

Wir stimmen absolut damit überein, dass DDR-400 sehr schwierig zu realisieren ist. Auf der anderen Seite kommt aber DDR-400 nicht allzu bald. Wenn DDR-400 also überhaupt nicht funktionieren sollte, na gut, aber wir haben immerhin schon etwas, das wir mit DDR-400 zeigen können. Also wissen wir, dass die DRAM-Hersteller immer wieder echte Wunder vollbringen können (lacht).

tecCHANNEL: Dann hoffen wir also darauf, dass sie noch einige Wunder mehr vollbringen?

Chen: Wir müssen uns doch vorbereiten! VIA ist jetzt auf dem Fahrersitz, wir treiben die Performance an, aber gemeinsam, für die Industrie. Wir müssen also die Dinge vorbereiten, und eine Menge Validierungs-Anforderungen aufstellen. Dabei wollen wir aber die DRAM-Hersteller einbeziehen, denn der Markt soll die beste Performance bekommen, aber immer noch mit einem Produkt von hoher Qualität.

"Jeder, der Rambus-Speicher hat, möchte ihn loswerden"

tecCHANNEL: Im Markt sind derzeit Rambus-Module zum selben Preis zu haben wie DDR-Module guter Qualität. Glauben Sie, dass Rambus-Speicher bei Desktop-PCs in Zukunft wieder etwas interessanter werden?

Chen: Sie reden über den Markt, wir aber sehen uns die Herstellungskosten an. Der Marktpreis ist jedoch variabel. Im Moment ist Rambus-Speicher natürlich billig, denn jeder der ihn hat, möchte ihn loswerden, was man am besten schnell tut. Das ist also kein guter Vergleich. Wir haben Rambus schon immer als gutes Forschungsprojekt gesehen.

tecCHANNEL: Sie haben bereits angedeutet, dass VIAs CPUs nach ihrem Slogan "Cool Computing" ausgerichtet bleiben werden. Gibt es denn schon Hersteller, welche die neue Eden-Plattform einsetzen wollen?

Chen: Eine ganze Menge! Aber wir wollen sicherstellen, dass nicht nur wir diese Botschaft verbreiten, sondern dass es dafür wirklich Interesse gibt. Wenn wir uns das PC-Geschäft jetzt ansehen, ist da ja nicht mehr so viel Spannung vorhanden. Sieht man sich die führenden PC-OEMs an, so betreiben die nicht mehr allzu viel Arbeit in Forschung und Entwicklung. Das sind Kistenschieber. Um die Eden-Plattform oder den Information PC gibt es eine Menge Aufregung, viele neue Hersteller, echte Startups.

tecCHANNEL: Die letzte Frage: Wie laufen die Gespräche mit Intel wegen der Lizenzierung des Pentium-4-Busses?

Chen: Sie wissen, dass ich dazu nicht Stellung nehmen kann. Wir werden dies zum gegebenen Zeitpunkt tun.

tecCHANNEL: Herr Chen, wir danken Ihnen für dieses Gespräch. (nie)