VIA inside: Wenchi Chen im Interview

27.06.2001 von NICO ERNST 
VIAs Präsident Wenchi Chen stand tecChannel.de während der Computex 2001 Rede und Antwort zu den Bugs in seinen Produkten, neuen Konkurrenten und den Marketing-Taktiken von Intel und AMD.

Wir treffen Chen während der Computex 2001 in Taipei, einen Tag bevor er das erste Mal seinen DDR-Chipsatz für den Pentium 4 demonstrieren konnte. Chen steigt in das Interview mit einer scheinbar harmlosen Gegenfrage ein.

Chen: Wie gefällt Ihnen die Computex?

tecChannel.de: Recht gut. Ich schätze vor allem die Offenheit, die hier vorherrscht. Vor einer Woche wollte Intel offiziell noch kein Wort zum Brookdale-Chipsatz sagen und hier hängen Dutzende von Boards damit an der Wand. Das unterscheidet die Computex ganz wesentlich von anderen Messen in Europa oder den USA.

Chen: Ich denke, das liegt in diesem Fall nicht an den Unterschieden der Messen. Der zunehmende Wettbewerb im Markt zwingt Intel, eine etwas tolerantere Haltung einzunehmen. Wenn Intel jemals wieder größere Kontrolle über den Markt erlangt, laufen sie sicher herum und sagen ihren Kunden, dass sie so was nicht machen sollen. Früher konnte Intel dafür empfindliche Strafen verteilen, die Lieferungen einstellen, den Support und so weiter. Jetzt wissen sie, dass das selbstmörderisch wäre. Wenn sie das machen, sagen die Leute: OK, wir nehmen einfach VIA.

tecChannel.de: "Einfach VIA nehmen" ist aber zu einem Problem geworden. Es gibt zwei Bugs in der North- und Southbridge, einer davon kann sogar zu Datenverlusten führen. Wie konnten diese Fehler sowohl bei VIA als auch bei den Board-Herstellern so lange unentdeckt bleiben?

Chen: Wir sprechen natürlich mit unseren Kunden darüber. Der PC befindet sich eben im ständigen Umbruch. Sogar Intel hatte schon mal so ein Problem mit dem TX-Chipsatz, der mit Seagate-Platten nicht lief. Aber Intel hat eine viel bessere Kontrolle, was das Marketing betrifft. Das war ein viel schlimmeres Problem, aber Intels Marketing-Power hat Seagate gezwungen, das zu fixen. Ich stimme aber zu, dass wir das aktuelle Problem selber lösen müssen, wir müssen einfach besser werden.

"Wir müssen schnellere Antworten liefern"

tecChannel.de:. Der Fehler in der Southbridge ist ganz einfach zu reproduzieren, das ist kein esoterisches und rares Problem. Das kann den Leuten wirklich passieren. Sieht das nicht nach hausgemachten Problemen beim Testen von neuen Produkten aus?

Chen: Als wir wussten, dass es diesen Bug wirklich gibt, war es viel leichter, ich glaube, es war eine Creative-Soundkarte...

tecChannel.de: Der Fehler tritt generell auf, wenn die DMA-Kanäle stark belastet sind. Es kann also auch zum Beispiel mit einem Video-Digitizer passieren.

Chen: Ja, das war auch für unser Team überraschend. Ich weiß nicht, wie viele Millionen dieser Southbridges wir schon ausgeliefert haben. Wir installieren gerade ein viel größeres Team, um all das zu testen. Wir müssen einen immer besseren Job machen.

tecChannel.de: Und was soll sich dadurch ändern?

Chen: Ich habe unserem Team gesagt, dass wir zwei Dinge tun müssen. Zuerst müssen wir schnell Antworten liefern und nicht behaupten, das sei kein Bug, sondern ein Feature. Wir liefern deshalb jetzt neue Treiber und Workarounds. Wenn wir das früher gefunden hätten, wäre es im Markt überhaupt nicht bemerkt worden. Dann ist da noch unser Team, das Kompatibilitäts-Tests macht. Grosse OEMs sind auf uns zugekommen und haben uns gebeten, uns da stärker einzumischen. Wenn wir ein Produkt jahrelang ausliefern, und plötzlich ein Problem auftaucht - dann müssen wir so (schnippt mit den Fingern) den Support und die Antworten liefern können.

"NVIDIA ist eine sehr anständige Firma"

tecChannel.de: Die Konkurrenz im Chipsatzgeschäft ist größer geworden. NVIDIA hat auf der Computex den nForce-Chipsatz vorgestellt. Er soll eine 5 bis 8 mal höhere Grafikleistung und 20 Prozent höhere Speicher-Performance als VIAs Chipsätze mit integrierter Grafik bieten. Halten Sie das für möglich?

Chen: Die 5 bis 8 mal höhere Grafikleistung würde ich bezweifeln, das sehen wir noch nicht mal bei NVIDIAs separaten Grafikchips. Wenn sie das schaffen, löschen sie damit ihr ganzes Geschäft mit Grafikchips aus.

tecChannel.de: Deshalb haben wir auch gemeldet, dass NVIDIA seine MX-Produkte begraben hat.

Chen: Das ist es im Wesentlichen auch. Was im Übrigen die Speicher-Performance betrifft: NVIDIA ist eine sehr anständige Firma. Sie sind sehr stark, was Grafik betrifft, aber bei den Memory-Controllern sehen wir das nicht. Der Grund, warum sie behaupten, mehr Speicher-Performance liefern zu können ist: Sie benutzen ein 128-Bit-Interface.

tecChannel.de: Außerdem steckt in der Northbridge noch eine Prefetch-Unit.

Chen: Solche Sachen macht doch jeder, das hat nur minimale Auswirkungen. Aber ein 128-Bit-Bus ist doppelt so breit wie ein 64-Bit-Bus - und darüber haben wir auch schon vor langer Zeit nachgedacht. Das funktioniert aber nicht mit 4-Layer-Motherboards. Man kann zwar die Speicher-Steckplätze geschickt anordnen, aber wie führt man dann die Leiterbahnen? Für uns sind 128 Bit eine ziemlich wilde Idee, und deshalb werden wir das vorerst nicht kopieren.

tecChannel.de: Sie spielen auf die höheren Kosten von 6-Layer-Platinen an. Meinen Sie, dass der nForce dadurch überhaupt keine Chance hat?

Chen: Wir glauben, dass NVIDIA so eine Art Highend-Markt für UMA-Lösungen ansprechen will. Die Frage ist nur: Existiert dieses Marktsegment überhaupt? Wenn sie einen Chipsatz machen können, dessen Grafik einen externen Chip schlägt und auch noch billiger ist als Chipsatz und externe Grafik, wird das schon eine gewisse Akzeptanz finden. Aber geschäftlich gesehen wird das nicht besonders gut funktionieren.

"Pentium 4 für Spiele"

tecChannel.de: Glauben Sie, dass NVIDIA auch von seinem bei Spielern sehr renommierten Markennamen profitieren kann?

Chen: Bis jetzt haben sie ja nur eine Athlon-Lösung. Wenn sie mal einen Pentium-4-Chipsatz haben, gebe ich mehr darauf. Wenn der Pentium 4 irgendetwas kann, dann ist er bald besser für Spiele geeignet.

tecChannel.de: Aber gerade für Spieler ist der Pentium 4 doch noch viel zu teuer.

Chen: Die Preise werden sehr schnell sinken, das steht ganz oben auf Intels Agenda. Im vierten Quartal wird Intel den Pentium 4 nochmals stark pushen. Intel muss mit dem Pentium 4 sehr aggressiv sein, sonst ist Intel dem Untergang geweiht.

tecChannel.de: Intel ist schon hier auf der Messe so aggressiv, dass sie den Pentium 4 verschenken...

Chen: Die sind sogar noch aggressiver, wenn es darum geht, unsere Ballons abzuschneiden. Ich hatte damit aber nichts zu tun, ich habe es nur in der Zeitung gelesen.

"Wir beteiligen uns nicht am Megahertz-Rennen"

tecChannel.de: VIA stellt ja auch CPUs her. Sind Sie bisher zufrieden mit der Entwicklung, denn sowohl Samuel als auch Samuel 2 wurden von der Presse wegen geringer Leistung heftig kritisiert.

Chen: Geringe Kosten und geringe Leistungsaufnahme stehen im Vordergrund. Wir beteiligen uns nicht am Megahertz-Rennen von Intel und AMD. Darauf liegt nicht unser Schwerpunkt.

tecChannel.de: Aber sogar der Duron schlägt bei vergleichbaren Preisen den Samuel 2.

Chen: Wir wissen ziemlich genau, warum AMD die Preise so gestalten muss. Das ist aber keine langlebige Business-Strategie.

tecChannel.de: Wie lange kann denn dieses Megahertz-Rennen noch weitergehen? Intels Papiere geben immer wieder an, dass der Pentium 4 erst ab 2 GHz so richtig in Schwung kommt. Und AMD ringt seinem Produktionsprozess einen Speed Grade nach dem anderen ab, um zahlenmäßig mitzuhalten.

Chen: AMD hat Performance, Intel hat Megahertz. Daher will Intel auch möglichst schnell sogar 3 Gigahertz erreichen. Das ist die einzige Möglichkeit, ihr Produkt von AMDs Produkt zu differenzieren.

tecChannel.de: Wie lange kann der Markt die ständigen Takterhöhungen noch mitmachen? Immer weniger Leute kaufen die teuren CPUs, der Durchschnittspreis aller verkauften CPUs ist drastisch gefallen.

Chen: Die Performance-Verteilung in einem System wird immer mehr zum Problem. Die CPU liegt da weit vor allen andern Komponenten. Kein Kunde kann den Performance-Unterschied mehr in der Praxis feststellen. Auch AMD wird dieses Problem bald haben. Der Bus wird zu einem immer größeren Problem, der Speicher ist ein Riesen-Problem. Wenn es die Anwendungen aber rechfertigen, werden die Leute auch wieder 2000 oder 3000 Dollar für einen PC bezahlen. Dann können wir auch einen L3-Cache von 4, oder sagen wir 32 MByte, einbauen, um das Bandbreitenproblem zu lösen. Das betrifft auch die Stromversorgung und die Kühlung - mit höheren Kosten lässt sich alles lösen.

tecChannel.de: Herr Chen, wir danken Ihnen für dieses Gespräch. (nie)