Verschiedene Wege zur Entscheidung

25.02.2003
Nach Erkenntnissen einer Studie der Meta Group hat Business Intelligence eine hohe Marktreife erlangt. Query&Analysis und Enterprise Reporting haben sich als die Hauptkategorien im Markt etabliert, so die Analysten. Die Untersuchung liefert unter anderem auch Einsichten in die Anforderungen an diese Werkzeuge und ihre Weiterentwicklung.

Von: Susanne Franke

"Business Intelligence (BI) bezeichnet die Transformation operativer Daten in entscheidungsrelevantes Wissen." Diese Definition lässt einen weiten Raum für Aufgaben und darauf ausgerichtete Werkzeuge, deren Umfang und Klassifizierung im Laufe der Zeit von den Anbietern sehr flexibel gehandhabt wurde.

Die Backend-Seite besteht aus dem Data Warehouse, das laut Meta Group in drei von vier deutschen Anwenderunternehmen zentralisiert ist. Data Marts werden nur zu einem geringen Teil unabhängig betrieben und gliedern sich meist in eine Hub&Spoke-Architektur ein. Diese sichert Integrität und Konsistenz gespeicherter, aggregierter Daten und ist die Grundlage für die schrittweise Entwicklung eines unternehmensweiten Data Warehouses.

BI setzt auf dem Data Ware-house auf und umfasst Front-end-Werkzeuge für alle "operativen und dispositiven Datenstationen", so die Meta Group. Doch ist der Markt der Anbieter nicht leicht zu durchschauen, da sich ihre Produkte nicht klar voneinander abgrenzen. Die Marktforscher der Meta Group unterscheiden zwei Blöcke: das Frontend, das als Schnittstelle zum Anwender der Steigerung der Business-Performance dient, und das Backend, ein Data Warehouse für das Informationsmanagement.

BI nach Aufgaben

Frontend-BI klassifizieren die Meta-Group-Spezialisten zum einen nach den zu erfüllenden Aufgaben -- die Ermittlung und Darstellung von Informationen - mithilfe von vier Mechanismen:

- Query: Ad-hoc-Datenextraktion aus diversen Quellen gemäß einer Abfrage

- Analysis: Antworten auf Fragen zur Historie der Daten

- Data Mining: Auffinden von Korrelationen und Trends aus den Daten

- Reporting: Präsentation der Antworten und Trends in Form von Berichten

Aufgrund der Anforderungen an die BI-Werkzeuge haben sich teils überlappende Segmente herausgebildet:

- Enterprise Reporting Systems (ERS) erlauben die Entwicklung und Darstellung komplexer Analysen und Berichte sowie deren Verbreitung.

- Query&Analysis Systems dienen der Entwicklung weniger komplexer Berichte als die ERS, die der Anwender im Gegenzug jedoch ad hoc erstellen kann.

- Online Analytical Processing Server (OLAP) bieten Analysemöglichkeiten auf Basis relational, multidimensional oder hybrid gespeicherter Daten.

- Enterprise Decision Portals ermöglichen den personalisierten Zugriff auf entscheidungsrelevante Unternehmensdaten und ihre Auswertung über einen zentralen Webzugang.

- Analytical Applications sind auf die Messung und Überwachung von Unternehmensprozessen ausgerichtet.

Die meisten Anbieter haben in ihrem Portfolio Lösungen, die sowohl Reporting als auch Analysen und Ad-hoc-Abfragen ermöglichen. Bei der Entscheidung für den Einsatz von BI-Werkzeugen sollten die Anforderungen der künftigen Anwender nach dem Funktionsumfang geprüft werden. Zu teuren BI-Suiten, die große Teile des Spektrums in eine einzige, integrierte Anwendung bündeln, raten die Marktforscher nur dort, wo ihr Einsatz gegenüber dedizierten Werkzeugen einen klaren Mehrwert verspricht. Ansonsten sollten die Anwender zunächst die Kernfunktionen durch Werkzeuge abdecken und diese später gezielt mit Spezialwerkzeugen ergänzen. Es sei empfehlenswert, sich auf drei Produktkategorien zu konzentrieren, meint die Meta Group, nämlich unternehmensweite Berichterstellung, Ad-hoc-Abfragen und OLAP-Server.

Web-basierte ER-Systeme liefern die Basistechnik für eine umfassende Berichterstellung. Anbieter wie Actuate, Brio und Crystal Decisions rüsten ihre Lösungen mit Web-Entwicklungsumgebungen aus und verstärkten die Extranet-Unterstützung durch erweiterte Möglichkeiten der Informationsverteilung.

Information Builders bietet eines der wenigen Produkte an, die auch Mainframe-Plattformen unterstützen.

Die Anbieter werden laut Meta Group durch Hersteller von BI-Suiten unter Druck gesetzt, ihre Lösungen mit analytischen Fähigkeiten auszustatten. Auf Anwenderseite beobachten die Marktforscher einen Trend zu homogenen unternehmensweiten Reporting-Lösungen und infolge der Verbreitung von Portalen zur Fusion von strukturierten und unstrukturierten Inhalten in Reports.

Grundsätzliche Anforderungen an Tools

Eine Anwenderbefragung ergab zudem einige grundsätzliche Anforderungen an Reporting-Tools: Infolge der wachsenden Anwenderzahl und der Komplexität der Abfragen müssen Reporting-Systeme eine hohe Performance mitbringen. Analytische Lösungen sollten komponentenbasiert entwickelt werden, damit Reportdienste in Form von Webservices anderen Applikationen zur Verfügung stehen. Um verschiedene Anwender bedienen zu können, ist eine breite Palette von Ausgabeformaten gefordert, deren wichtigste HTML, DHTML, GIF, XMI, PDF und Excel sind. Die Tools müssen in Zukunft kollaborative Entscheidungen unterstützen, da Partner und Zulieferer einen Großteil der Daten benötigen, die bisher nur internen Mitarbeitern vorbehalten waren. Schließlich erwarten die Anwender ein robustes Metadaten-Management, das heißt, ein einheitliches Verfahren zum direkten, verlustfreien Austausch der übergeordneten Informationen. Zu diesem Zweck bedarf es eines Standards. Gute Aussichten, sich bei den Anbietern durchzusetzen, hat das CWM-Austauschformat (Common Warehouse Metadata).

Das leisten BI-Lösungen

Der Bedarf, eigene Fragen auf Basis der Daten zu stellen, wächst, so die Meta-Studie. Query&Analysis-Suiten (Q&A) gestatten Auswertungen über von Anwendern definierte Reports und bieten auch die Möglichkeit, individuelle Fragen direkt auf relationale oder multidimensionale Datenbanken abzusetzen. Diesen Markt beherrschen Firmen wie Brio, Business Objects, Cognos und Crystal Decisions, und speziell in Deutschland ist humanIT im Kommen, so die Analysten. Brios "Performance Suite 8" vereint Enterprise Reporting mit Q&A und der Verteilung von Reports und Analysen über einen Browser auch über die Firewall hinaus. Der Suite liegt eine J2EE-konforme Architektur zu Grunde. Crystal Decisions "Enterprise 9" ist eine Web-basierte Plattform, die es Mitarbeitern ermöglicht, auf unternehmensweite relationale und multidimensionale Daten aus unterschiedlichen Quellen oder Anwendungen zuzugreifen und sie in Reports und Analysen aufzubereiten und weltweit zu verteilen. In der neuen Version wurde das Report-Design verbessert. Mit einem integrierten Wizard kann der Anwender personalisierte Berichte generieren. Die Ad-hoc-Komponente stellt Analysemöglichkeiten in einer Zero-Client-Umgebung zur Verfügung. Entwickler haben die Möglichkeit, Berichtsfunktionen in Java, .Net- oder COM-Anwendungen einzubetten. Das Unternehmen bietet eine Lösung speziell für den Mittelstand. Das Paket besteht aus der Infrastrukturlösung, dem Reporting-Werkzeug und einem Analyse-Tool. Business Objects bietet schon seit einigen Jahren die Web-basierte Thin-Client-Plattform "WebIntelligence" mit Abfrage-, Reporting- und Analyse-Funktionalität für relationale und OLAP-Datenquellen an. Anwender können Abfragen formulieren, mit Drag-and-Drop Reports mit eigenen Geschäftsbegriffen zusammenstellen und diese über die Unternehmensgrenzen hinweg verteilen. Benutzer haben über ein BI-Portal Zugriff auf die Informationen, und ein Broadcast Agent verwaltet die Berichte. WebIntelligence basiert auf derselben Architektur wie "Business Objects", die Client/Server-Variante. Entwickler können mit Active Server Pages (ASP), Java Server Pages und einem objektorientierten Entwicklungskit der Developer Suite arbeiten.

Datenzugriff bis auf Transaktionsebene

Cognos "Powerplay" ermöglicht es Anwendern, in einer Web-, Windows- oder Excel-Umgebung eigene Analysen und Reports zu erstellen, die dann über das "Upfront"-Portal dargestellt und verbreitet werden. Um ein so genanntes Drill-Through zu ermöglichen, das heißt auf Detaildaten bis auf Transaktionsebene zuzugreifen, können Benutzer zu "Impromptu" und "Query" wechseln. Die Software bietet Zugriff auf die eigenen OLAP-Strukturen und auf die von Microsoft, Hyperion, SAP BW sowie IBM OLAP. Da die Anwender einfach Fragen an die Daten stellen und die Antworten in Reports lesen wollen, zwingen sie die Hersteller der beiden Tool-Kategorien sich einander anzunähern, indem sie ihre jeweiligen Tools erweitern. Schließlich prophezeien die Marktforscher, dass die beiden Segmente in ein paar Jahren miteinander verschmelzen werden. Bis dahin raten sie den Anwendern, die Stärken und Schwächen der Lösungen gegeneinander abzuwägen.

Q&A-Systeme ermöglichen über eine semantische Zwischenschicht einen vereinfachten Blick auf die Datenbankstruktur, wie beispielsweise bei "Universe" von Business Objects oder "Catalog" von Cognos. Im Gegensatz dazu steht bei ER-Tools die Perfor-mance aufgrund der ungefilterten Sicht auf die Daten im Vordergrund.

Ein weiterer Aspekt, den die Marktforscher anführen, ist die Skalierbarkeit. Während Q&A eher viele, einfache Reports liefert, sind die durch ER erzeugten komplexer und umfangreicher. Um die Komplexität in den Griff zu bekommen, greift beispielsweise Actuate zu objektorientierten Techniken. Der Nachteil dabei ist, dass geschulte IT-Kräfte nötig werden. Die Studie rät zu ER-Systemen, wenn Anwendungen außerhalb der Firewall in Betracht gezogen werden. Der Grund dafür ist, dass es aus Sicherheitsgründen einfacher ist, intern erstellte Reports ins Extranet zu liefern, als inner- und außerhalb der Firewall gemeinsame Entwicklungen zu ermöglichen. Doch müssen sowohl Q&A- als auch ER-Anbieter da-ran arbeiten, ihre Produkte gegenüber externen Programmierschnittstellen zu öffnen, so die Analysten. Web-Entwicklungen wie Content Management und Application Server müssen sich ebenso integrieren lassen wie Webservices auf der Basis von .Net und J2EE.

Eine weitere wichtige Unterscheidung sieht die Meta Group in der Tatsache, dass ER-Systeme für Entwickler eine 4GL-Sprache (Fourth Generation Language) für komplexe Formatierung und die Behandlung von Exceptions bereitstellt. Q&A hingegen begründen das Fehlen einer solch mächtigen Sprache mit der leichteren Bedienbarkeit und dadurch höheren Flexibilität.

Für Q&A-Werkzeuge ist die Integration mit BI-Tools wie OLAP oder Ad-hoc-Query ein Muss. Daher erwarten die Analysten die Unterstützung von kollaborativer Reportentwicklung. Diesen Vorsprung würden jedoch ER-Produkte durch kontinuierliche Einbindung von Erweiterungen mit der Zeit verkleinern.

Die Untersuchung der Meta Group hat gezeigt, dass 70 Prozent der Unternehmen Q&A einsetzen, 56 Prozent ER. Die beiden Kategorien haben sich zwar hauptsächlich durchgesetzt, doch ist ein hoher Sättigungsgrad in dem Markt erreicht.