BildscharbV im Detail

Verordnung für Bildschirm-Arbeitsplätze

24.02.2000 von RA RAINER WERTENAUER 
Seit dem 01.01.2000 sind die Vorgaben der Bildschirmarbeitsplatz-Verordnung verbindlich. Die Verordnung regelt aber nicht nur Vorgaben, die den Bildschirm selbst betreffen, sondern auch die sonstigen Gegebenheiten der Arbeitsumgebung.

Inhaltlich spiegelt die Bildschirmarbeitsplatz-Verordnung (BildscharbV) im Wesentlichen die Vorgaben der entsprechenden EU-Richtlinie wider. Für die bereits seit dem 01.12.1996 gültige Verordnung bestimmte der Gesetzgeber Übergangsregelungen, die zum 31.12.1999 abgelaufen sind. Bisher war die Verordnung auf alle Bildschirmarbeitsplätze anzuwenden, die nach dem 01.12.1996 neu eingerichtet oder wesentlich geändert worden sind.

Die Frage, wann eine Änderung nach dem Verständnis des Gesetzgebers "wesentlich" ist, war aber nicht eindeutig bestimmbar. Seit dem 01.01.2000 gibt es keine Ausnahmen mehr, jeder betroffene Arbeitgeber muss sich an die Verordnung halten. Deren Kenntnis ist sowohl für Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer wichtig.

Wer ist betroffen?

Die Verordnung bezieht sich nur auf Bildschirme und Arbeitsbedingungen am Arbeitsplatz. Privat genutzte Bildschirme oder Bildschirme, an denen ein Selbstständiger selbst arbeitet, sind nicht betroffen und dürfen ohne Beanstandung weiter benutzt werden. Ob man seiner Gesundheit zuliebe nicht dennoch ein adäquates Gerät verwenden sollte, sei dahingestellt.

Grundsätzlich gilt die Verordnung für alle Arbeitsplätze mit Bildschirmen, so weit diese nicht ausdrücklich ausgeschlossen sind. Von der Verordnung ausdrücklich ausgeschlossen sind Bildschirme

Was ist ein Bildschirmarbeitsplatz?

Die Anforderungen der Bildschirmarbeitsplatz-Verordnung gelten dabei für alle Beschäftigten, die einen wesentlichen Teil ihrer normalen Arbeitzeit am Bildschirm verbringen. Was hierunter genau zu verstehen ist, lässt der Gesetzgeber offen, sodass die Regelung der Auslegung bedarf. Im Streitfall werden die Gerichte zu entscheiden haben, wer darunter fällt und wer nicht.

In der Praxis wird sich die Grenze bei fünf bis 25 Prozent der regulären Arbeitszeit einpendeln. Eine eindeutige Festlegung ist hier allerdings nicht möglich. Auf den täglichen Arbeitsalltag umgerechnet bedeutet dies, dass jeder, der täglich etwa ein bis zwei Stunden eines Achtstunden-Tages am Bildschirm verbringt, unter den Geltungsbereich der Vorschrift fällt. Das Arbeitsgericht Neumünster hat hierzu aktuell sogar entschieden, dass bei einem durchschnittlichen Arbeitstag von 7 Stunden eine Bildschirmarbeit von 30 - 45 Minuten nicht unwesentlich ist.

Im Entwurf der Unfallverhütungsvorschrift der Berufsgenossenschaften VBG 104 "Arbeit an Bildschirmgeräten" wird zur Definition des Bildschirmarbeitsplatzes im Sinne der Verordnung festgelegt, dass drei der folgenden vier Kriterien erfüllt sein müssen:

Auch diese Eingrenzung ist jedoch nur ein Versuch, die unklare gesetzliche Regelung in ein allgemein greifbares Schema zu pressen. Dennoch können Gerichte aber auch Konstellationen, die diese Bedingungen nicht erfüllen, als der Verordnung unterliegend ansehen.

Fazit: Jeder Arbeitnehmer, der an einem klassischen Bildschirmarbeitsplatz den wesentlichen Teil seiner Arbeitszeit verbringt, fällt unter der Bildschirmarbeitsplatz-Verordnung.

Die Anforderungen im Einzelnen

Die Einzelheiten über die an Bildschirmarbeitsplätze zu stellenden Anforderungen sind im Anhang zur Bildschirmarbeits-Verordnung geregelt. Im Anhang ist zudem die konkrete Ausgestaltung des individuellen Arbeitsplatzes beschrieben; ebenfalls in Anlehnung an den Anhang zur EG-Bildschirmrichtlinie. In insgesamt 22 Abschnitten werden für die Bereiche Bildschirmgerät und Tastatur, sonstige Arbeitsmittel, Arbeitsumgebung sowie Zusammenwirken von Mensch und Arbeitsmitteln, konkrete Mindeststandards festgelegt, die bei der Ausgestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen zwingend zu beachten sind. Folgende Punkte sind in den Anforderungen enthalten:

Die Verordnung regelt also nicht nur Vorgaben, die den Bildschirm selbst betreffen, sondern auch die sonstigen Gegebenheiten der Arbeitsumgebung. Vielfach übersehen wird, dass letztlich nicht nur die Hardware erfasst wird, sondern auch Anforderungen an die ergonomische Gestaltung der Software gestellt werden. Damit erfordert der regelmäßige Einsatz eines Notebooks zwingend den Einsatz einer Dockingstation mit getrenntem Bildschirm und separater Tastatur. Erhält ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber lediglich ein Notebook, das er auch zur regelmäßigen stationären Arbeit benutzen soll, hat er Anspruch auf eine solche zusätzliche Ausstattung.

Anforderungen an den Monitor

Weiter bestimmt ist im Anhang, dass die auf dem Bildschirm dargestellten Zeichen scharf, deutlich und ausreichend groß sein müssen. Auch ein angemessener Zeichen- und Zeilenabstand wird verlangt. Abgesehen von der Forderung nach Bildschirmschärfe handelt es sich hierbei um Anforderungen, die weniger den Monitor selbst, als vielmehr die Software betreffen.

Weiter wird gefordert, dass das auf dem Bildschirm dargestellte Bild stabil und frei von Flimmern sein muss und keine Verzerrungen aufweisen darf. Wenn man berücksichtigt, dass die Erfüllung dieser Voraussetzung auch von der Verwendung einer entsprechend guten Grafikkarte abhängt, kommt es hier tatsächlich maßgeblich auf die Qualität des Bildschirmes an.

Außerdem muss die Strahlung so niedrig gehalten werden, dass sie für die Sicherheit und Gesundheit des Benutzers des Bildschirmes unerheblich ist. Unter welchen Voraussetzungen diese Vorgaben der Verordnung erfüllt sind, gibt der Gesetzgeber jedoch nicht an. Hier ist deshalb auf den jeweiligen Stand der Technik abzustellen, mit der Folge, dass mit fortschreitender Verbesserung der Bildschirme auch die Anforderungen höher werden.

Welcher Bildschirm genügt der Verordnung?

Um diese Frage kümmern sich verschiedene, inzwischen etablierte Prüfzeichen und Siegel, die jedoch in ihren Anforderungen nicht immer gleich weit gehen.

Wer beim Kauf also mindestens eines der genannten Zeichen auf dem gewünschten Gerät findet, ist auf der sicheren Seite. Diese Prüfsiegel sind die einzige Möglichkeit für den Käufer, sicherzustellen, dass der Bildschirm dem derzeitigen Stand der Technik und damit der Verordnung entspricht.

Ist keines der genannten Prüfsiegel am Gerät angebracht, sollten als Mindestanforderung zumindest die Strahlenschutznormen MPRII, oder die TCO 95, besser noch die TCO 99 eingehalten werden. Bei Billigangeboten, die auch diese Normen nicht erfüllen, ist Vorsicht geboten und vom Kauf abzuraten. Idealerweise sollte jedoch für den Einsatz an Arbeitsplätzen eines der anderen oben genannten Prüfsiegel vorliegen - so ist der Arbeitgeber auf der sicheren Seite.

Die Altlasten

Erfüllen die im Betrieb verwendeten Bildschirme die Vorgaben nicht, ist ein Austausch unumgänglich. Und zwar unabhängig davon, ob der Bildschirm noch einwandfrei funktioniert oder nicht. Der Arbeitgeber muss diese Investition im Interesse der Gesundheit seiner Mitarbeiter tätigen.

Nicht nachvollziehbar ist hierbei der Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums, der sich mit der Änderung der Abschreibungstabellen befasst. Die Planung sieht vor, dass Bildschirme zukünftig über neun Jahre und nicht wie bisher über fünf Jahre abgeschrieben werden sollen. Das Ministerium unterstellt damit allen Ernstes, dass Bildschirme eine Lebens- und Nutzungsdauer am Arbeitsplatz von neun Jahren haben. Klar dürfte jedoch sein, dass ein heute neun Jahre alter Bildschirm in keinem Fall die Vorgaben der Bildschirmarbeitsplatz-Verordnung erfüllt. Wer einen Bildschirm schon vor der vollständigen Abschreibung erneuern muss, dem bleibt nur die Möglichkeit, diesen mit Nachweis zu entsorgen und so den Restwert des alten Bildschirmes steuerlich abzuschreiben.

Arbeitsrechtlich hat häufig der Betriebsrat ein Mitspracherecht bei der Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen. Er ist vor allem gefordert, wenn die im Betrieb zum Einsatz kommenden Bildschirme den Vorgaben der Verordnung nicht entsprechen. Der einzelne Arbeitnehmer sollte seinen Arbeitgeber im Falle des Falles auf die Einhaltung der Vorschrift hinweisen. Sollte dieser nicht reagieren, kann im Extremfall sogar Arbeitsverweigerung am betreffenden Arbeitsplatz gerechtfertigt sein. Auch ein Hinweis an die zuständige Gewerbeaufsicht oder die Berufsgenossenschaft kann dazu führen, dass der Arbeitgeber von dort nachdrücklich auf die Einhaltung der Bildschirmarbeitsplatz-Verordnung hingewiesen und gegebenenfalls mit Bußgeld belegt wird. (Rainer Wertenauer/ssp)

Rainer Wertenauer ist Rechtsanwalt in München und Fachanwalt für Arbeitsrecht.