UWB: Ultra-Breitband-Kommunikation, Teil II

23.05.2005 von MIKE WOLF, JÜRGEN SACHS  und RUDOLF ZETIK 
Die UWB-Funktechnik bietet bereits jetzt Datenraten von 480 Mbit/s und benötigt dafür kaum Energie und nicht einmal ein eigenes Frequenzband. Der zweite Teil der Serie zeigt, wie diese Eckpunkte technisch umgesetzt werden.

Die Funktechnik wird - anders als manchmal behauptet - durch UWB nicht neu erfunden. Die grundlegenden technischen Ansätze und Prinzipien bestehen schon lange und werden von digitalen Systemen bereits genutzt. Geometrisch stark strukturierte metallische Objekte, die elektrische Wellen gut reflektieren, verursachen erhebliche Überlagerungsprobleme für schmalbandige Übertragungssysteme. Aus diesem Grund gibt es schon seit über 60 Jahren Versuche, für den Bordfunk auf Kriegschiffen extrem kurze und breitbandige Impulse als Träger der Information zu verwenden.

Diese haben den Vorteil, dass sie sich auch bei Mehrwegeausbreitung nicht wie Sinuswellen gegenseitig auslöschen. Dazu muss lediglich der zeitliche Abstand der Impulse lang genug sein. Gelangen mehrere Echos des Impulses beim Empfänger an, nutzt dieser zur Informationsgewinnung einfach den stärksten.

Auf diesem Prinzip beruht auch der grundlegende Gedanke eines der ersten und wohl auch meist propagierten UWB-Übertragungsverfahrens. Dieses Impulsradio soll kurz erläutert werden, da es auf Grund seiner minimalistischen Grundstruktur von prinzipiellem Interesse ist.

Dieser Beitrag beschreibt die technische Umsetzung des UBW-Konzepts. Mehr zu den theoretischen Grundlagen und warum UWB den klassischen Funksystemen auf eine kurze Distanz überlegen ist, lesen Sie im ersten Teil der Serie UWB: Ultra-Breitband-Kommunikation, Teil I

Das Impulsradio

Im Folgenden betrachten wir nur den einfachsten Fall mit der Übertragung eines Bits pro Impuls. Eine dafür häufig diskutierte Impulsform ist der abgebildete Gaußimpuls (Glockenkurve), dessen Halbwertsbreite typischerweise wenige 100 ps beträgt. Würde man durchschnittlich alle 10 ns einen solchen Impuls erzeugen, könnte man also Daten mit 100 Mbit/s versenden.

Impulsradios nutzen für die Aufprägung der Sendeinformation meist eine Pulse-Position Modulation (PPM). Die zu übertragende Information korrespondiert dabei mit der zeitlichen Lage des Impulses in Bezug auf eine Nominalposition. Wird der Impuls etwa um t/2 vor diesem Referenzzeitpunkt ausgesandt, symbolisiert dies ein "0"-Bit. Erfolgt seine Erzeugung dagegen t/2 nach dieser Zeit, repräsentiert dies das "1"-Bit.

Der Trick und die Einfachheit des Prinzips liegen darin, dass die verwendeten Antennen den Impuls beim Aussenden differenzieren. Der Empfänger erzeugt zudem einen passenden Referenzimpuls (im einfachsten Fall Gaußimpuls) exakt zum vorgegebenen Nominalzeitpunkt. Man erreicht dies durch eine geeignete Synchronisation, die die Ausbreitungszeit zwischen Sender und Empfänger berücksichtigt.

Eine Diodenschaltung multipliziert den Referenzimpuls mit dem eintreffenden (differenzierten) Datenimpuls. Überträgt der Sender eine "0", ist der eintreffende Impuls vorauseilend. Damit entstehen durch die Produktbildung die stärksten Signalkomponenten zur Zeit der Vorderflanke des Referenzimpulses. Das resultierende Signalprodukt ist somit positiv. Im Falle der Übertragung einer 1 liegt der Schwerpunkt auf der Rückflanke des Referenzimpulses, und das Signalprodukt ist negativ. Ein einfacher Komparator kann so das übertragene Bit ermitteln.

Multiple Access beim Impulsradio

Für die gleichzeitige, unkoordinierte Übertragung zwischen mehreren Partnern (multiple access) nutzt man, dass bei jeder Verbindung große zeitliche Lücken zwischen der Übertragung eines Bits auftreten. Damit ist genügend zeitlicher Spielraum vorhanden, um in einem Netzwerk mehrere Verbindungen simultan zu realisieren. Für eine höhere Robustheit variiert man zudem den nominalen Zeitpunkt der Impulsgenerierung von Bit zu Bit.

Dabei lässt das Impulsradio den Pseudozufall regieren. Die für die Modulation und Demodulation wichtigen Nominalzeitpunkte liegen nicht a priori fest, sondern die Partner ändern diese nach einem beiden bekannten Pseudozufallsmuster. Dieses Verfahren bezeichnet man auch als Time Hopping. Dabei kann es zwar gelegentlich zu Kollisionen mit anderen Verbindungen kommen, durch das ständige Wechseln der Positionen wird aber im Mittel nur ein Bruchteil aller Bits gestört. Geeignete Fehlerkorrekturverfahren auf höheren Protokollebenen können die defekten Bits daher leicht korrigieren.

Probleme des Impulsradios

Populär wurde dieses Funkprinzip in den letzten Jahren insbesondere durch die Arbeit verschiedener US-amerikanischer Startups, die technologisch einfache und stromsparende Prinzipien entwickelt hatten. Diesen Firmen ist es zum großen Teil zu verdanken, dass die amerikanische Regulierungsbehörde FCC den UWB-Funk erstmalig gesetzlich erlaubte und entsprechende Regularien vorschrieb. Europäische und andere Regulierungsbehörden folgen langsam diesem Beispiel und arbeiten an entsprechenden, angepassten Vorschriften.

Ironischerweise genügten aber die meisten der bislang entwickelten Impulsradio-Verfahren nicht den Zulassungsbestimmungen der FCC. Einige Startups haben ihren Funksystemen fantastische Eigenschaften zugeschrieben, die einer seriösen Betrachtung nicht standhielten. Das Impulsradio entschärft zwar die Fading-Problematik entscheidend. Bei sehr hohen Datenraten mit kurz hintereinander folgenden Pulsen treten aber neue Probleme auf.

An erster Stelle stehen hier die so genannten Intersymbolinterferenzen. Dabei überlagern sich durch die Mehrwegeausbreitung die Empfangsimpulse benachbarter Datenbits. Dadurch entstehen selbst bei der Kommunikation zwischen lediglich zwei Partnern so viele Störungen, dass aufwendige Korrekturprotokolle erforderlich sind.

Der ursprüngliche Kerngedanke, mit dem Impulsradio eine besonders einfache Technik für extrem große Datenraten zu realisieren, lässt sich somit nur für unkritische Ausbreitungsverhältnisse aufrechterhalten.

Multiband-OFDM

Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass die ersten, in großem Maßstab nutzbaren UWB-Systeme auf dem OFDM-Prinzip basieren werden; die Abkürzung OFDM steht für "Orthogonal Frequency Division Multiplexing". Seinen Durchbruch erlangte OFDM mit dem "Digital Audio Broadcasting" (DAB)-System. Heute wird dieses Verfahren auch für DVB- (Digitales Fernsehen), IEEE 802.11- (WLAN) sowie IEEE 802.16- (WiMAX) Systeme verwendet.

Das OFDM-Konzept und darauf aufbauende Prinzipien eröffnen bestechende Möglichkeiten der Datenübertragung: Sie erlauben eine hohe Flexibilität bei der Anpassung an die aktuellen Verhältnisse des Übertragungskanals. Allerdings sind die Hardware-technischen Voraussetzungen wesentlich komplexer, als das beim Impulsradio der Fall ist. Die stromsparende Umsetzung des OFDM-Konzepts für den UWB-Bereich stellt daher eine technische Herausforderung dar.

Grundsätzlich handelt es sich bei Multiband-OFDM um ein Multiträger-Konzept, das die Daten im Frequenzmultiplexbetrieb gleichzeitig mit einer Vielzahl schmalbandig modulierter Sinusträger übermittelt. Einzelne dieser Träger können zwar vom Fading betroffen sein. Da der Empfang der meisten Träger aber ungestört ist, kann einen entsprechende Codierung die Daten dennoch rekonstruieren.

Besonders vorteilhaft ist, dass die schmalbandige Modulation der einzelnen Sinusträger eine verzerrungsfreie Übertragung gewährleistet. OFDM nutzt für eine Gesamtbitrate von 480 Mbit/s 100 Subträger. Jeder Kanal muss somit nur 4,8 Mbit/s übermitteln. Auch bei einem Mehrwegeempfang behält das Signal daher seine Sinusform und gewährleistet damit eine einfache Demodulation.

Digitale Berechnung des Basebands

Jedem sinusförmigen Subträger wird die Information durch die Variation der Phase aufgeprägt. Bei Multiband-OFDM geschieht das alle 312 ns. Die Phase kann dabei vier verschiedene Werte (45°, 135°, 225° oder 315°) annehmen. Man spricht daher von einer Quadratur-Phasentastung. Ein solcher Phasenwert korrespondiert mit einer Informationsmenge von 2 Bit.

Der eigentliche Clou des OFDM-Konzepts besteht in seiner technischen Umsetzung. Der Sender berechnet die Modulation des Signals (Baseband) digital für jedes 312-ns-Raster. Ein Signalprozessor nutzt dazu die inverse Fourier-Transformation und erzeugt das Baseband-Signal dann über einen Digital-Analog-Wandler. Der Empfänger führt die jeweils inversen Operationen (A/D-Wendlung, FFT) aus, um die Daten zu rekonstruieren.

Die Abbildung gibt einen Eindruck über den Verlauf des Sendesignals bei unterschiedlichen Datensätzen. OFDM nutzt für den Datenverkehr nur 240 ns der 312 ns Zeitscheiben. Die restliche Zeit dient im Wesentlichen als "Platzhalter" für die Einschwingvorgänge, den der dispersive Charakter des Funkkanals erfordert.

7,2 Gbit/s im PAN

Das gegenwärtig in der UWB-Diskussion bevorzugte Multiband-OFDM-Konzept zergliedert das UWB-Band von 3,1 bis 10,6 GHz in 15 Subbänder mit jeweils 500 MHz Breite. Vor allem aus technologischen Gründen sollen zunächst aber nur maximal sieben Bänder belegt werden. Davon nutzt der Sender pro Zeichenraster (312 ns) nur ein einzelnes Band.

Grundsätzlich liegen in einem Band 122 Subträger. Der Frequenzabstand zwischen den einzelnen Sinusträgern beträgt somit 4 MHz. Durch die Quadratur-Phasentastung können die 122 Subträger 244 Bit übertragen. An reinen Nutzdaten bleiben davon nach einer Fehlerkorrektur 150 Bit übrig. Damit kann Multiband-OFDM bei einem Zeitraster von 312 ns derzeit die angestrebten 480 Mbit/s übertragen. Zieht man alle möglichen 15 Bänder in Betracht, kann Multiband-OFDM theoretisch innerhalb eines PAN 7,2 Gbit/s übertragen.

Die UWB-Übertragung wechselt das Frequenzband mit jedem neu erzeugten OFDM-Symbol. Zwei Gründe sind dafür ausschlaggebend. Zum einen können einzelne Subbänder durch Interferenzen oder andere schmalbandige Sender gestört sein. Ein ständiger Wechsel erhöht die Störfestigkeit, da die Übertragung so immer wieder in freien Bändern stattfindet.

Zum anderen ermöglicht das quasi-chaotische Wechseln der Frequenzbänder den unkoordinierten Vielfachzugriff. Wollen mehrere Gruppen untereinander kommunizieren, wechseln sie jeweils nach ihrem eigenen Schema die Bänder. Dadurch treten auch ohne zentrale Steuerung nur sporadisch Kollisionen auf.

Direct-Sequence-CDMA

Als physikalisch-technischer Ansatz ist für die UWB-Kommunikation noch eine andere Variante im Rennen: die "Direct-Sequence-Spreizung" respektive das "Direct-Sequence-CDMA". Vorreiter war hier die von Motorola übernommene Firma XtremeSpectrum, die unter dem Namen Freescale bereits den zertifizierten XS110 UWB-Chipsatz anbietet. Im Januar 2005 hat Freesale beispielsweise einen Prototypen eines drahtlosen UWB-Telefons auf Basis des XS110 vorgestellt.

Im Gegensatz zum Time-Hopping Impulsradio wird pro Bit nicht ein einzelner, sehr kurzer Impuls generiert, sondern vielmehr eine bipolare Zufallssequenz, die aus einer Vielzahl solcher Impulse besteht. Solche Codes garantieren bei hohen Datenraten eine deutlich bessere Unterdrückung von Interferenzen. Diese entstehen sowohl durch das eigene Signal (Intersymbolinterferenzen) als auch durch die Signale anderer Teilnehmer.

Im Gegensatz zu den beim Time-Hopping-Impulsradio verwendeten unipolaren und extrem "dünn besiedelten" Codes weist ein Direct-Sequence Signal eine deutlich niedrigere Impulsleistung auf. Dies vereinfacht die technische Realisierung der Hardware-Komponenten.

Fazit

Muliband-OFDM ist ein heißer Kandidat für die Standardisierung von UWB-basierenden WPANs durch die IEEE. Deren mächtige Herstellerlobby hat sich unter dem Namen MBOA (Multiband OFDM Alliance) zusammengefunden. Geschickt hat sich die MBOA den Marketing-freundlichen Namen "Wireless USB" gesichert, der dem Enduser den Nutzen ohne langen Erklärungsbedarf verdeutlicht. Zukünftige UWB-WPANs der ersten Generation werden damit Datenraten von bis zu 480 Mbit/s ermöglichen.

Freescale dürfte es mit seiner Direct-Sequence-CDMA schwer haben, sich gegen die über 170 Firmen hinter MBOA durchzusetzen. Auch die Anwendung des Impulsradios wird mit niedrigeren Datenraten und nur bei extrem einfachen Ausbreitungsbedingungen seine Nische finden.

Argumente gegen eine weitere Verbreitung von Funksystemen auf Grund der EMV-Problematik werden im Fall von UWB durch die sehr kleine Sendeleistung, die weniger als ein Milliwatt beträgt, entkräftet. Diese geringe Leistung genügt UWB-Systemen, weil sie auf Grund der enormen Bandbreite sehr resistent gegenüber Fading sind. Zudem sind Störungen bestehender Sender nicht zu erwarten. Zwar sträuben sich die Besitzer von Frequenzbändern noch mit aller Macht gegen einen UWB-Betrieb auf ihren Frequenzen. Doch da die Sendeleistung unter der erlaubten Abstrahlung jedes elektrischen Geräts liegt, dürfte UWB auch in Europa bald zugelassen werden.

Egal, wer letztendlich den Markt beherrscht: UWB-Signale eignen sich in idealer Weise als Kabelersatz im Nahbereich. UWB paart sehr hohe Bandbreiten mit geringem Energiebedarf und preiswerter Hardware-Implementierung. Der Alptraum weniger technikaffiner Zeitgenossen beim Blick hinter das PC-Video und Audio-Equipment könnte dadurch bald ein Ende finden. (ala)