Unterschiede bei Leistung und Service

11.10.2002
Internetanbindungen mit 2 MBit/s zählen für viele Unternehmen mittlerweile zur Standardausstattung ihrer Netze. Der ISP-Vergleichstest zeigt, dass es sich lohnt, die Angebote der Provider zu vergleichen.

Von: Carsten Rossenhövel, Christoph Lange

Das NetworkWorld Partner Lab EANTC untersuchte die Leistungen von vier Anbietern von 2-Megabit-Internetzugängen für professionelle Anwender. Der erste Teil des unabhängigen Vergleichstests fasste die Ergebnisse von Colt Telecom und Deutsche Telekom zusammen (siehe 18/02 und www. networkworld.de/testcenter). Im zweiten Teil stellen wir nun QSC mit "Business DSL20" und Worldcom (UUnet Deutschland) mit "WorldCom Internet Dedicated 2M" vor.

Installation der Anschlüsse

Während drei der vier Anbieter herkömmliche E1-Verbindungen nutzen, setzt QSC auf der Anschlussleitung zum Kunden eine symmetrische DSL-Variante ein. Wir waren gespannt, ob die technische Qualität der günstigeren SDSL-Technik mit E1-Übertragungen vergleichbar ist. Bei der Ins-tallation hat SDSL einen klaren Vorteil: Die Deutsche Telekom, Leitungslieferant für QSC, hatte bereits wenige Tage (Bonn) beziehungsweise wenige Wochen (Berlin) nach unserem Auftrag eine analoge Telefondose installiert. Der kleine SDSL-Router von Siemens kam per Post und musste nur eingesteckt werden. Der QSC-Anschluss in Bonn war sieben Werktage nach Beauftragung betriebsbereit - Rekord unter allen getesteten Anbietern. Im Durchschnitt benötigten die Provider einen Monat für die Bereitstellung.

Worldcom organisiert die Ins-tallation im Prinzip ähnlich. Auch hier wird eine E1-Leitung durch die Deutsche Telekom bereitgestellt, und der Router kommt per Post. Allerdings gibt es dabei mehrere potenzielle Fallstricke: Hat der Kunde schon ein 48-Volt-Netzteil? Ist ein Gestellrahmen vorhanden? Welche Belegung soll die Dose zwischen Netzabschluss und Router haben? Wir sind in zwei dieser Missverständnisse getappt, wodurch sich die Installation deutlich verzögerte. Einen Vor-Ort-Service bietet Worldcom nach eigener Aussage als kostenpflichtige Zusatzleistung an.

Sowohl QSC als auch Worldcom hatten Probleme damit, dass vereinbarte Installationstermine vom Leitungslieferanten Deutsche Telekom mehrmals nicht eingehalten wurden. Am Berliner Standort wurden beide Anschlüsse mit zwei Wochen Verspätung eingerichtet.

Während der Vertrieb bei Worldcom auf eigene Mitarbeiter setzt, ist die Bestellung von QSC-Internetanschlüssen sowohl direkt als auch über Partner möglich. Ende 2001 merkte man deutlich, dass bei QSC beides noch im Aufbau war. Besonders zu technischen PreSales-Fragen erhielten wir widersprüchliche Antworten. QSC gab im September auf unsere Anfrage hin detaillierte Auskünfte über mittlerweile eingeführte Qualitätssicherungsmaßnahmen für Vertrieb und Kundenservice. Sie reichen von Schulungen bis zu simulierten Anfragen bei der Kundenhotline.

Auch diesmal prüften wir die Flexibilität bei der Vergabe von IP-Adressen und Domains. Der Test verlief bei Worldcom gänzlich unspektakulär und reibungslos. Für eine Überraschung sorgte QSC: Die Vergabe eines Class-C-Netzes mit 256 IP-Adressen ist dort eine kostenpflichtige Zusatzleistung, die mit einmalig 99 Euro berechnet wird. Dafür ist sie auch am umständlichsten: Verschiedene Formulare mussten ausgefüllt und an unterschiedliche Ansprechpartner gefaxt werden.

Insgesamt ließen wir sieben Anschlüsse installieren, je zwei pro Anbieter. Ein Vorteil der E1-Technik ist ihre bundesweite Abdeckung. Bei QSC mussten wir auf den Standort Bonn ausweichen, weil in Koblenz zum Zeitpunkt der Beauftragung Anfang 2002 noch keine Infrastruktur vorhanden war. Da Colt Telecom unsere Standorte in Bonn und Koblenz über Partner abdeckte, konnten wir bei diesem Provider nur einen direkten Anschluss testen.

Technischer Vergleich

Wie bei den ersten beiden Testkandidaten übertrug die ISP-Testsuite des EANTC auch diesmal im Laufe eines Testmonats weit mehr als 100 Gigabyte Daten pro Anschluss. Die Tests gruppierten wir in vier Bereiche:

Messungen zwischen zwei Anschlüssen des gleichen ISPs; Messungen zwischen zwei Anschlüssen verschiedener ISPs am gleichen Standort; Ein-Punkt-Messungen von Border-Routern; Ein-Punkt-Messungen weltweiter Internet-Server.

Die Worldcom-Anschlüsse standen während des Messzeit-raums konstant zur Verfügung. Ihre Anschlussverfügbarkeit betrug damit bei einer Messgenauigkeit von 60 Sekunden mindestens 99,99 Prozent. Dagegen fiel einer der beiden QSC-Anschlüsse einmal für vier Stunden aus, der andere einmal für acht Stunden. Damit erreichte QSC in diesem Test nur eine Verfügbarkeit von 99,5 beziehungsweise 98,9 Prozent. QSC nahm dazu sehr ehrlich Stellung: Der vierstündige Ausfall sei auf ein fehlerhaftes Routersoftware-Upgrade zurückzuführen gewesen, das bei vorherigen Tests korrekt funktionierte und erst im Live-Betrieb scheiterte. Die zweite, achtstündige Downtime sei durch fehlerhaft ausgeführte Schaltarbeiten des Leitungslieferanten Deutsche Telekom verursacht worden. Dies ist ein Problem, das bei Anbietern wie Worldcom und QSC, die auch fremde Infrastruktur nutzen, feste Verfügbarkeitszusagen sehr erschwert.

Als wir die Bandbreite der Kernnetze unter die Lupe nahmen, ergab sich die nächste Überraschung: Der Worldcom-Anschluss in Koblenz erzielte bei allen Messungen nur nachts und am Wochenende die volle Bandbreite. Unsere Rückfrage bei Worldcom ergab, dass der Standort Koblenz als bundesweit einziger noch nicht in den STM-1-Backbone einbezogen sei, sondern über mehrere parallel geschaltete 2-MBit/s-Leitungen mit dem Rest des Netzes verbunden ist. Da das Load Balancing auf solchen Leitungen für viele kleine IP-Ströme optimiert ist, war unser breitbandiger Punkt-zu-Punkt-Test, der mit einem größeren Download vergleichbar ist, besonders negativ betroffen. Auch die höhere Paketlaufzeit - zwischen Koblenz und Berlin 25 ms, während alle anderen Provider auf vergleichbaren Strecken bei maximal 15 ms lagen - ließ sich so erklären.

Immerhin: Worldcom erzielte auch in Koblenz immer noch durchschnittlich 1,5 Mbit/s zur so genannten Business Prime Time, QSC in Berlin 1,85 Mbit/s und in Bonn 1,75 Mbit/s oder mehr. Beim Vergleich der verschiedenen Anbieter legten wir die in den Verkaufsbroschüren angegebenen Bandbreiten zu Grunde: Wer mit "bis zu 2,3 Mbit/s" wirbt, muss sich auch daran messen lassen. Auf unsere Frage nach dem Verbleib der restlichen Bandbreiten antwortete QSC, dies sei "der Bruttodurchsatz auf Layer 0 (SDSL-Speed). Bei Messungen auf höheren Layern ... ergeben sich durch den entsprechenden Overhead naturgemäß immer geringere Durchsatzwerte." Mit anderen Worten: Eigentlich ist die Netto-Bandbreite trotz der Werbeaussage ziemlich genau dieselbe wie bei den anderen Anbietern, weil DSL-Leitungen einen höheren Overhead haben als E1-Verbindungen.

Die Tests der Gesamtleistung der jeweiligen Backbones ergaben unspektakuläre Resultate. Im Vergleich zu Colt Telecom und Deutscher Telekom waren andere Nutzer zwar als kleine Schwankungen der Maximalbandbreite zu bemerken, im Mittel war ihr Einfluss jedoch unerheblich. Beide Anbieter betonten, dass ihre Backbones mehr als ausreichend dimensioniert seien (QSC: 1 Gbit/s; Worldcom: 2,4 Gbit/s) und die Auslastung regelmäßig überwacht werde. Dennoch beobachteten wir eine Reihe vorübergehender Überlastsituationen, sodass sich hier etwas schlechtere Noten ergeben.

Damit konfrontiert, zeigten sich beide Anbieter überrascht. Worldcom betonte, die "Tatsache, dass [bei eigenen Messungen aller Standorte] regelmäßig Bandbreiten von mehr als 1,5 Mbit/s erzielt werden konnten", sei ein Indiz für ausreichende Kapazität. Die von Worldcom bestätigte Bandbreite ist jedoch schlechter als die Leistung der anderen getesteten Anbieter.

Beim Test des providerübergreifenden Verkehrs zeigten sich die üblichen, manchmal schwer verständlichen Eigenschaften des Internets: Worldcom konnte hier mit durchweg guten, teilweise ausgezeichneten Ergebnissen punkten; vor allem der Berliner Anschluss hatte sehr gute Verbindungen zu den Netzen von Colt und Deutsche Telekom. Das Netz von QSC ist dagegen noch verbesserungswürdig: Verbindungen zu Worldcom- und Colt-Zielen erreichten nur 60 bis 75 Prozent der möglichen Maximalleistung. Die Verantwortung ist jedoch nicht leicht einer Seite zuzuweisen. Interconnection-Probleme können auch aufgrund von ungüns-tigem Routing- oder Lastverteilungsverhalten entstehen und sind schwerer zu überwachen als ein internes Kernnetz.

Preise und Abrechnungen

Eigentlich wollten wir bei allen Providern einen volumenbasierten Tarif wählen, um die Abrechnung der Übertragungsvolumen zu verifizieren. Der gemischte Volumen- und Flatrate-Tarif von QSC geht jedoch bereits bei monatlichen Datentransfers von 16 GByte in die Flatrate mit unbegrenzter Datenübertragung über. Volumentarife mit Maximalpreisen bieten unter den getesteten Providern nur QSC und Deutsche Telekom an. Sie haben den Vorteil, auch bei unerwartet hoher Internetnutzung das Risiko zu begrenzen. Dagegen kamen wir bei Colt und Worldcom in einigen Monaten auf wesentlich höhere Entgelte als beim Flatrate-Tarif.

Bei Worldcom überwachten wir den Berliner Internetanschluss und verglichen die gezählten mit den abgerechneten Bandbreiten. Auf etwa 1 Gigabyte genau stimmten sie überein. Alle Zugänge betrieben wir einige Monate lang auch ohne LAN-Anschluss: Der vom Anbieter gemanagte Router im EANTC war eingeschaltet, aber kein Endgerät angeschlossen. Dabei stellte sich heraus, dass Worldcom stets 0,01 Gigabyte Traffic abrechnete - entsprechend der Preisliste korrekt auf 1 Gigabyte aufgerundet. Dabei handelt es sich um Managementverkehr zwischen Backbone und Worldcom-eigenem Router, der vom Kunden nicht beeinflussbar ist.

Darüber hinaus wurden in einem der Monate ohne LAN-Verbindung 5 Gigabyte abgerechnet, in einem anderen sogar 14. Worldcom hält es für möglich, dass Denial-of-Service-Angriffe auf den Zugangsrouter diesen Traffic verursacht haben könnten. Zwei schriftliche Einwendungen blieben unbeantwortet. Dies führte zur Abwertung bei "Preise und Abrechnungen".

Colt rechnet an der gleichen Schnittstelle ab und kennt das Problem. Es sei wichtig, den Kunden vorab zu sensibilisieren, dass ein offener Anschluss Risiken birgt. Es geht aber auch anders: Die Deutsche Telekom erklärte, sie rechne "selbstverständlich" nur die kundenbezogenen Volumen an der LAN-Schnittstelle auf Megabyte genau ab. Die Abrechnungen bestätigen das.

Nobody is perfect - so auch bei diesem Test. Bei professionellen Internetanbindungen, die monatlich einige Tausend Euro kosten können, sollte jedoch die Messlatte nicht zu niedrig gehängt werden. Wenn die Technik mal nicht so funktioniert wie gewünscht, dann kann zwar eine gute Kundenkommunikation viel wieder gutmachen. Auf Dauer reicht dies aber nicht aus. Wer längerfristig im Markt bestehen will, muss die Messlatte in allen Punkten erreichen, und zwar möglichst bald.

Zur Person

Carsten Rossenhövel

ist Vorstandsmitglied der EANTC AG und leitet die Abteilung Research and Development.