Kostenbetrachtung

Unified Communications mit Microsoft Lync: Vor- und Nachteile

11.11.2014 von Curtis Johnstone
Die Bewertung der Vor- und Nachteile einer Unified-Communications-Lösung wie Microsoft Lync ist ein komplexes Unterfangen. Die Software wirft ein Kollaboration- und ein Kommunikations-Service in die Waagschale. Demgegenüber stehen hohe Reisekosten in einem Unternehmen.

Organisationen realisieren die versprochenen Vorteile besserer Kollaboration und effizienterer Kommunikation aus ihrer Unified-Communications-Lösung (UC), und somit rücken die Kostenvorteile in den Mittelpunkt. UC-Lösungen wie Microsoft Lync kommen zum Einsatz, um Reisekosten zu reduzieren, Kosten für bestehende Telefonie- und Web Conference-Lösungen zu senken, und sogar die Kosten für physische Räumlichkeiten zu senken, da die Remote-Mitarbeiter Bürger erster Klasse sind und effektiv von überall aus arbeiten können.

Bildergalerie: Lync
Microsoft Lync 2013
Lync Standardansicht: Kontaktliste und Kommunikationsmöglichkeiten.
Microsoft Lync 2013
Tabbed IM (Unterhaltungen in Registerkarten)
Microsoft Lync 2013
Video/Web-Conference mit mehreren Teilnehmern (Links: Alle Teilnehmer, oben: "Standing row" (Alle aktiven Sprecher), Mitte: Application Sharing von Powerpoint zum gemeinsamen Arbeiten an einem Dokument.
Microsoft Lync 2013
Lync gibt "intelligente" Bedienungshinweise.
Microsoft Lync 2013
Anmeldung an der Lync Web App (LWA) im Browser zur Anmeldung an einer Konferenz.
Microsoft Lync 2013
Teilnahme an einer Videokonferenz über den Browser.
Microsoft Lync 2013
Teilnahme an einer Videokonferenz über die Lync Windows 8 App.
Microsoft Lync 2013
Teilnahme an einer Videokonferenz über die Lync Web App unter Mac OS X.
Microsoft Lync 2013
Startansicht der Lync Windows 8 App (MX Client).

Eine kürzlich von Dimensional Research in Auftrag gegebene Studie zum Einsatz von Lync und der entsprechenden Herausforderungen bestätigt, dass von den Organisationen, die Microsoft Lync im Einsatz haben:

Trotz dieser Absichten zeigte die Studie aber auch, dass mehr als die Hälfte der Organisationen nicht wussten, ob sie die angestrebten Ergebnisse erfolgreich erzielt hatten!

Die tatsächlichen Einsparungen einer UC-Lösung zu benennen, ist schwierig. Die Forschungsstudie bestätigte, dass nahezu 70 Prozent der Unternehmen, die Lync nutzen, Schwierigkeiten haben, ihre Einsparungen zu beziffern.

Die größte Herausforderung bei der Bestimmung der Einsparungen mit UC liegt darin, vergleichbare Kostenmetriken für bestehende, nicht UC-bezogene Kosten, zum Beispiel Telefonie, Reisen und Meeting-Räumlichkeiten aufzustellen. Dies gestaltet sich aus folgenden Gründen schwierig:

Trotz dieser Herausforderungen ist es möglich, ein Verständnis über die Kosteneinsparungen zu erlangen - zumindest annähernd - was wiederum sehr wertvoll ist, um den Wettbewerbsvorteil zu verstehen, die eine UC-Lösung einem Unternehmen bringt.

Dieser Artikel diskutiert einen groben 3-stufigen Ansatz, um zu messen, wie viel Geld eine UC-Lösung Ihrer Organisation spart. Der Fokus liegt dabei auf dem Vergleich laufender Nutzungskosten anstelle anfänglicher Kapitaleinsatzkosten. Die Kapitalkosten für den Einsatz einer UC-Lösung müssen zwar auch berücksichtigt werden, sind aber meistens vom Budget bestimmt und sind aus der Perspektive der Kostenersparnis über die Lebensdauer einer UC-Lösung weniger von Bedeutung.

Messen und Monitoring relevanter Größen

Ein wichtiger erster Schritt zum Verständnis der laufenden UC-Kosten ist die Quantifizierung des Nutzungsgrads der UC-Lösung. Keine Nutzungsstatistiken zu haben ist in etwa so, als würde man den Benzinverbrauch eines Autos ohne den Kilometerstand zu berechnen versuchen.

Für eine lokale UC-Installation bedeutet diese Grundvoraussetzung, die Nutzung der Features zu kennen sowie Gesamtbeträge nach Unternehmensbereichen, die für Ihr Unternehmen sinnvoll sind und über verschiedene Zeitrahmen hinweg (zum Beispiel 1 Woche, 1 Monat, 3 Monate, 1 Jahr). Für eine cloudbasierte UC-Lösung können die laufenden Abonnementkosten herangezogen werden, aber die Nutzung liefert meist einen besseren Maßstab für den Kostenvergleich.

Der Microsoft Lync Server 2013 verfügt nativ über einen Monitoring-Service, der das Sammeln und Abspeichern sogenannter Call Detail Records (CDR) ermöglicht. Ist dieses Feature aktiviert, wird Lync so konfiguriert, dass es die Nutzung über den gesamten Medienstack hinweg aufzeichnet, einschließlich Peer-to-Peer-Anrufe sowie alle Arten von Conferencing für alle Nutzer.

Die größere Herausforderung besteht darin, die ganze CDR-Information in der Datenbank sinnvoll zu nutzen. Wie der nächste Schritt aufzeigt, ist die Fähigkeit nachzuvollziehen, in welchem Umfang ein Feature von einem Nutzer, einem Fachbereich oder einer Niederlassung verwendet wird, mit absoluten und gesamten Zahlen für unterschiedliche Zeiträume, eine Grundvoraussetzung zur Quantifizierung und zum Vergleich der UC-Kosten.

So verfügt Microsoft Lync serienmäßig über einige native Reports (Microsoft Technet - Using Monitoring Reports), die grundlegende Nutzungsmetriken für kürzere Zeiträume liefern. Zahlreiche Drittanbieter liefern tiefergehendes Reporting und Analysen, die auch in Active Directory integriert sind, zum besseren Verständnis von Nutzen und Kosten über Ihre Geschäftsbereiche hinweg.

Bestimmung der Kosten

Die laufenden Nutzungskosten für Microsoft Lync müssen bekannt sein - oder zumindest geschätzt werden - um den Vergleich mit den UC-Kosten zu ziehen. Hat zum Beispiel Unternehmen XYZ im vergangenen Jahr 200.000 Euro für eine nicht-UC-Audiokonferenzlösung ausgegeben, brauchen wir eine Kostenschätzung für die Nutzung von Microsoft Lync, wenn die Audio- und Einwahlfeatures genutzt wurden.

Mit Zugriff auf die im vorigen Schritt besprochenen Nutzungsmetriken lassen sich die Kosten pro Nutzung eines Lync-Features zuordnen, zum Beispiel die kosten pro Minute für eine Lync-Audiokonferenz. So können die Gesamtkosten errechnet und zum Vergleich herangezogen werden.

Unternehmen haben oftmals Schwierigkeiten, die anfänglichen Nutzungskosten beziehungsweise Gebühren für ein Feature zuzuordnen, da es sich dabei um eine nebulöse Kombination aus Kosten wie Bandbreite, Lizenzgebühren und IT-Mitarbeiter handelt. Ein guter Anfang ist hierbei die Zuordnung ungefährer Kosten auf Basis der allgemeinen laufenden Kosten für Lync, zum Beispiel die zuvor erwähnten variablen Kosten, und diese dann entsprechend zu verfeinern. Auch wenn dieser Ansatz zunächst wie ein Schuss ins Blaue erscheint, liefern die Gesamtzahlen auf Basis dieser Schätzung doch wertvolle Einblicke und führen oftmals zur schnelleren Feinabstimmung und besseren Reflektion der tatsächlichen Kosten.

Diese internen Verrechnungssätze werden dann auf die Nutzungsmetrik angewandt, um die Gesamtkosten abzubilden (über Benutzer, Niederlassungen und mehrere konfigurierbare Zeiträume hinweg).

Vergleichbare Kostenreports erstellen

Die dritte, und meist auch schwierigste Herausforderung zur Messung der Einsparungen durch UC liegt darin, einen brauchbaren Vergleich mit bestehenden nicht-UC-bezogenen Kostenreports zu generieren. Obwohl die herkömmlichen bestehenden Kostenberichte, zum Beispiel die Reisekosten, in verschiedenen Datenquellen innerhalb der Organisation verfügbar sind, sind diese doch meistens für einen bestimmten Geschäftsbereich (Benutzer oder Fachbereich) hartkodiert. Diese sind dann nur zusammenfassend für einen bestimmten Zeitraum verfügbar etwa pro Quartal oder für das letzte Jahr.

Ein Vergleich dieser Kosten erfordert dann, dass unsere entsprechenden Lync-Kostenberichte auf dem selben Zeitraum zum Beispiel "1 Jahr" und demselben Fachbereich zum Beispiel "Vertrieb" basieren sowie auf einem Lync-Feature, das mit einem Feature in dem bestehenden nicht UC-bezogenen Report vergleichbar ist ("Lync Web Conferencing versus "Flugkosten und Unterbringung").

Die Kosteneinsparungen, die vom Benutzerverhalten abhängen, wie reduzierte Nutzung von E-Mail, sind schwieriger zu beziffern. Hier liefert auch eine Schätzung wiederum wertvolle Erkenntnisse. Viele Unternehmen haben Reporting-Tools für jede Kollaborationsplattform. Eine einfache Trendabbildung sowie ein Vergleich der Nutzung vor und nach der Einführung von UC-Features liefern einen guten Maßstab für die Messung von Kosteneinsparungen in diesem Bereich.

Fazit

Die Bewertung der Kosteneinsparungen durch eine Unified Communications-Lösung wie Microsoft Lync ist in der Regel ein schwieriges Unterfangen. Ein Vergleich von Äpfeln mit Äpfeln gestaltet sich angesichts der Vielfalt bestehender nicht UC-bezogener Kosten und dem Fehlen bestehender Nutzungskosten für Microsoft Lync schwierig.

Dabei ist die Messung der bestehenden UC-Nutzung und die Zuordnung von entsprechenden Kosten, die für Ihr Unternehmen sinnvoll sind, Voraussetzung für eine Bewertung. Der Zugriff und der Vergleich auf die entsprechenden Gesamtkosten mit denselben Parametern wie für die bestehenden nicht UC-bezogenen Kosten ist ein weiterer Schritt hin zum Verständnis, ob die ausgewählten UC-Lösung die Erwartungen erfüllt und den gewünschten Kostenvorteile bringt. (hal)

Bildergalerie: UC
So wird Unified Communications ein Erfolg
Wer seine Kommunikation bündeln will, muss bei der Einführung von Unified Communications einiges beachten.
1. UC ist Chefsache
Vorstand oder Geschäftsleitung eines Unternehmens müssen die Einführung von Unified Communications vorbehaltlos unterstützen. Das verdeutlicht die strategische Reichweite einer UC-Lösung.
2. UC vorleben
Die oberste Führungsebene und die Fachbereichsleiter sollten mit gutem Beispiel vorangehen und wo immer möglich die neuen Technologien und Funktionalitäten wie Web-Konferenzen, Desktop und Application Sharing oder Präsenzanzeige im Alltag nutzen.
3. Betriebsrat einbinden
Wo vorhanden, gilt es den Betriebsrat so früh wie möglich einzubinden. Als Multiplikatoren können dessen Mitglieder sehr viel zu einem Gelingen des UC-Projekts beitragen.
4. Weniger ist mehr
Von Beginn an kommt es darauf an, dass sich in den ausgewählten Kernprozessen bereits nach wenigen Monaten sichtbare Verbesserungen einstellen (Quick Wins). Das erleichtert die Überzeugungsarbeit bei der Übertragung auf weitere Geschäftsprozesse und Fachabteilungen.
5. Infrastruktur prüfen
Die IT-Verantwortlichen müssen bereits in der Konzeptions- und Designphase prüfen, ob die vorhandene Infrastruktur dem erhöhten Sprach- und Datenaufkommen gewachsen ist. Bereits an dieser Stelle ist ein Check der gültigen IT-Security-Richtlinien angebracht. Steigt beispielsweise die Zahl der mobilen User, sind möglicherweise Nachbesserungen notwendig.
6. Geschäftsprozesse sind entscheidend
Technisch betrachtet entscheidet sich der Erfolg eines Projekts an den Schnittstellen von UC zu den anderen in die Geschäftsprozesse involvierten Programmen und Systemen: E-Mail, Instant Messaging, betriebswirtschaftliche Standardsoftware, CRM-Applikationen, TK-Anlagen etc.
7. Lieferanten und Kunden einbinden
Wo es darum geht, die Arbeitsbeziehungen zu Lieferanten und Kunden zu verbessern, lässt sich dies recht effektiv mit der Einrichtung von Web-Portalen erreichen. Unterbrechungen in den Logistikprozessen können so weit schneller behoben werden. Auf einer eigens eingerichteten Web-Seite erhalten Kunden bei Anfragen zu Preisen, Verfügbarkeit von Produkten oder im Servicefall sofort Antworten auf ihre Fragen. Damit verbessert sich die Reaktionsgeschwindigkeit eines Unternehmens.
8. Kontinuierlich weiterentwickeln
Die dauerhafte Wirkung hängt ganz wesentlich von der kontinuierlichen Verbesserung der Geschäfts- und Kommunikationsprozesse ab. Je mehr sich die Mitarbeiter mit den zusätzlichen Möglichkeiten vertraut machen und sie auch ohne allzu enge Restriktionen nutzen können, umso stärker steigt die Akzeptanz. Im Idealfall kommen dann von den Mitarbeitern Vorschläge für Verbesserungen und zusätzliche Funktionen.