UMTS ist definitiv ein Thema

11.08.2000
Im Vorfeld der UMTS-Versteigerung machte sich Ericsson Consulting nicht ganz uneigennützig für das universelle Mobilkommunikationssystem stark. In einer Studie untersuchten Analysten anhand unterschiedlicher Marktszenarien Perspektiven und Potenziale. Wenig überraschendes Ergebnis: UMTS wird ein Geschäft, und Lizenzinhaber werden die Wertschöpfungskette dominieren.

Von: Achim Born

Die Zahl der Bewerber für die UMTS-Lizenzen reduzierte sich im Vorfeld schon wie nach einem Abzählreim aus Kindertagen: Nahezu die Hälfte der ursprünglich zwölf Konsortien, die sich um die Frequenzen bemühten, verabschiedete sich schon vor Beginn der eigentlichen Versteigerung. Neben neuen Geschäfts- und Gesellschafterstrukturen der einzelnen Interessenten ließen die hohen Kosten - in Großbritannien wurden für fünf Lizenzen umgerechnet 70 Milliarden Mark bezahlt - Zweifel an einem wirtschaftlichen Erfolg von UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) aufkommen. Schließlich fallen neben den Lizenzaufwendungen noch 6 bis 15 Milliarden Mark Investitionen in Infrastruktur über einen Zeitraum von zehn Jahren an. Für Andreas Wild, Geschäftsführer der Ericsson Consulting in Düsseldorf, sind die Ängste zwar verständlich, aber nicht berechtigt. Sein Unternehmen habe sich, so der Ericsson-Manager, mit diesem Thema in den vergangenen zwölf Monaten auseinandergesetzt und im Rahmen einer Studie bewertet. Ziel der Untersuchung war es, die Anforderungen des Massenmarktes und der Unternehmen in Bezug auf UMTS-Dienste zu ermitteln. Hierzu wurden in vier Fokusgruppen mit je acht Teilnehmern intensiv unterschiedliche Massenmarktanwendungen diskutiert. Im Bereich der Unternehmen wurden insgesamt 41 Interviews aus den drei Segmenten Finanzen, Logistik und Handel sowie Medien geführt.

"Wir erheben für die Studie keinen Anspruch auf statistische Korrektheit", relativierte Wilds Mitarbeiter Carsten Ahrens bei der Präsentation der Ergebnisse. Gleichwohl hätten sich einige interessante Erkenntnisse ergeben. So erwarten Firmen durch mobile Anwendungen in erster Linie eine Verbesserung der Kundenbeziehungen sowie der Arbeitsabläufe, also eine Zeitersparnis. Als mobile Anwendungen mit höchstem Potenzial werden M-Commerce (84 Prozent), Navigation und Telematik (82 Prozent), News (76 Prozent), Unified Messaging (66 Prozent) sowie E-Cash (60 Prozent) aufgeführt. Zu den unabdingbaren Anforderungen an mobile Anwendungen zählen Nutzerfreundlichkeit, aktuelle und verlässliche Informationen, Filterung sowie Personalisierung.

UMTS-Dienste sind bezahlbar

Anhand eines Beispielszenarios (Neueinsteiger in Deutschland, 20 Prozent Anteil am UMTS-Gesamtmarkt) versuchte Ahrens zu belegen, dass UMTS sich für Betreiber rechnet und für Kunden bezahlbar bleibt. Dabei rückte er auch einige überzogene Erwartungen wieder in eine realistischere Perspektive. Beispielsweise werde Sprache nicht kostenlos sein, denn dazu sei der Anteil einfach zu wichtig. Geräte und Anwendungen wachsen nach Überzeugung von Ericsson zwar zu einer digitalen persönlichen Kommunikationseinheit zusammen, limitierend wirke hier aber die Bildschirmgröße. Ebenso wenig werde man im Bereich des M-Commerce ein Surfen wie im Web erleben, sondern es wird sich auf wenige persönliche Aktionen beschränken. Eine fehlende Personalisierung könne sich für die Diensteanbieter sogar als Hemmschuh entpuppen und zu einem Misserfolg führen.

Sprache wird nicht kostenlos

Aus den Ergebnissen und Erkenntnissen der Untersuchung filterten die Ericsson-Leute fünf Kriterien heraus, die über den Erfolg oder Misserfolg eines UMTS-Betriebs entscheiden:

- "Buy or bye-bye" : UMTS ist keine Option für Netzbetreiber, sondern eine Notwendigkeit,

- "Earn more or churn more": UMTS-Lizenzinhaber sind hervorragend positioniert, um neue Wertschöpfungsmodelle zu entwickeln und zu dominieren,

- "Smart Bytes": nur attraktive Anwendungen und Dienste füllen die UMTS-Bitpipe mit Daten,

- "Need for Speed": der UMTS-Rollout wird schnell geschehen,

- "Plan to learn, act to win: nur wer rasch lernt, gewinnt.

Begründet werden diese fünf Aussagen in einem ausführlichen Thesenpapier, das unter www.ericsson-consulting.de kostenlos zu bestellen beziehungsweise herunterzuladen ist.

Die Ericsson-Untersuchung nährt sich natürlich aus vielen Vorgaben und Vermutungen. Bekanntlich ist auch alle Theorie grau. Die UMTS-Protagonisten verweisen deshalb gerne auf den Erfolg des japanischen I-mode-Dienstes als reales Beispiel. Die Ericsson-Leute rechnen damit, dass die Japaner im Gegensatz zum GSM-Betrieb im UMTS-Endgerätemarkt mitmischen werden, da sie hier sogar eine Vorreiterrolle übernehmen. Aus anderen Segmenten - etwa der PDA-Industrie (Personal Digital Assistant) - erwartet man dagegen kaum Konkurrenz. Von Ericsson selbst sind kommerzielle UMTS-Endgeräte ab der zweiten Jahreshäfte 2001 zu erwarten. Ab 2002 sollen größere Stückzahlen zur Verfügung stehen, zunächst Single-Mode-Geräte und später GSM/UMTS-Systeme.

Aber Ericsson will nicht nur an den Endgeräten verdienen. Vielmehr wollen die Schweden an allen Ecken und Enden des Geschäftes partizipieren. Erklärtes Ziel dabei ist es, die Nummer eins unter den Equipment-Lieferanten für mobiles Internet zu werden. Aus diesem Grund stärkt die Unternehmensleitung den Consulting-Zweig. Nicht weniger als die Nummer eins im deutschen Beratermarkt bei der Entwicklung und Implementierung neuer Geschäftsmodelle auf Basis des mobilen Internet zu werden, hat sich Wild für 2002 auf die Agenda geschrieben. Dann sollen hierzulande 320 Personen bei der Beratungstocher beschäftigt sein und einen Umsatz von 50 Millionen Euro und ein Ergebnis von 6,5 Mil-lionen Euro erwirtschaften. (pri)