Wandel im Maschinenbau

Turbinenschaufeln aus dem 3D-Drucker

24.01.2014
Der 3D-Druck ist auch bei Metallen auf dem Vormarsch. Bei Siemens werden auf diese Weise schon Kleinteile für Turbinen hergestellt. Die Forscher stoßen aber auch an Grenzen.

Mit Gutenbergs Druckerpresse hat das eigentlich nichts zu tun: Ein Laserstrahl saust in dem Metallschrank hinter einem Sichtfenster über eine Platte. Wo er auftrifft, schlagen Funken. Der aufgetragene Metallstaub schmilzt, verbindet sich mit der Schicht darunter. Die Maschine, in der dies geschieht, wird dennoch Drucker genannt, genauer 3D-Drucker. Es ist eine Laserstrahl-Schmelzanlage in einem Backsteingebäude von Siemens im Westen Berlins.

Was in dem Labor Schicht für Schicht in Tausenden Schritten mikrometerweise als Werkstück entsteht, wird mitunter wenig später im nur vier Kilometer entfernten Werk in Moabit in riesige Gasturbinen eingebaut, die dann in Kraftwerken auf der ganzen Welt Strom und Wärme erzeugen. Das kann zum Beispiel ein Brennerkopf sein oder eine Zerstäuberdüse. Diese Teile wurden bisher gegossen, was aufwendig ist und mit Vorbereitung der Passform viele Wochen dauert. Die Lasermaschine schafft das bei kleinen Teilen in 48 Stunden.

Es gab eine lange Anlaufzeit, doch nun scheint die Verfahrenstechnik nicht nur bei Kunststoffen, sondern auch bei Metallen auf dem Vormarsch. Der weltweite Umsatz des 3D-Drucks wurde im einschlägigen Wohlers Report für das Jahr 2012 auf 2,2 Milliarden US-Dollar (1,6 Mrd Euro) geschätzt. Auf absehbare Zeit werde der Markt jährlich um 25 Prozent wachsen, sagt der Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Markus Heering.

Nicolas Vortmeyer, Technologiechef der Siemens-Sparte Fossile Energieerzeugung, ist überzeugt: "In zehn Jahren wird das Laserschmelzen ein selbstverständlicher Teil des Maschinenbaus sein." Wenn das so kommt, wäre das ein Umbruch auch für die Techniker in den Fabrikhallen. Wo heute noch gegossen, gefräst oder geschleift wird, könnten Ingenieure häufig den Laser einsetzen. Der Vorteil des 3D-Drucks: Man kann neue Materialien erfinden, Prototypen und Kleinserien schneller herstellen und in vielen Fällen Bauteile präziser anfertigen.

Die Möglichkeiten sind groß: Schon heute stellen Zahntechniker per 3D-Druck Zahnimplantate her. Der italienische Lebensmittelkonzern Barilla will bald Geräte an Restaurants verkaufen, die auf Knopfdruck Nudelsorten in Wunschform erzeugen. Das US-Unternehmen Hershey kündigte Experimente mit 3D-Schokoladendruckern an. In Berlin öffnete Ende November der Laden Botspot. Dort können Menschen, Tiere und Gegenstände dreidimensional eingescannt werden. Anhand der Daten wird per 3D-Drucker eine Miniatur aus Plastik gefertigt.

Bei solchen Beispielen stellt sich die Frage: Was ist Spielerei und was ist für Anwendungen in verschiedensten Bereichen nutzbarer Fortschritt? Botspot etwa kreiert auch individuelle Lampen und Spezialwerkzeuge für Uhrmacher. Wo lohnt sich der Umstieg auf 3D-Druck, wo haben herkömmliche Verfahren Vorteile? Klar ist, dass sich Massenprodukte in der Regel günstiger auf traditionelle Weise herstellen lassen - zumindest vorläufig noch. Für persönliche Gegenstände des Alltags und Spezialanfertigungen in der Industrie bieten sie die Chance auf Innovationen.

Riesenteile wie das Gehäuse einer Turbine werden wohl niemals per 3D-Drucker produziert werden. Doch sonst sieht der Leiter der Siemens-Forschungsgruppe, Ursus Krüger, auch abseits der Energietechnik viele Anwendungen: "Wir können kreativ sein, mit der Physik spielen."

Dabei gelingt längst nicht alles auf Anhieb. Von den Schaufeln für ihre Gasturbinen haben die Siemens-Fachleute zwar schon Prototypen im Laser-Schichtverfahren erzeugt. Bis diese für den Dauereinsatz geeignet seien, werde es wohl noch fünf bis zehn Jahre dauern, sagt Krüger. Denn das Gießen von Metall hat einen entscheidenden Vorteil: Das langsame Erkalten führt zu einer hohen Zähigkeit, die notwendig ist, damit die Schaufel den enormen Fliehkräften der rotierenden Turbine standhält. Der Laser erhitzt hingegen den Stahl nur ganz kurz - dabei entsteht eine andere Kristallstruktur, die zu schwach ist. Nach der Lösung des Problems wird gesucht. (dpa/tc/mje)

Skurrile Dinge aus dem 3D-Drucker -
gedruckte Kleidung
Das Kleid, das Dita von Teese trägt, kommt aus dem 3D-Drucker. Es besteht aus 17 Teilen, die dem Model auf den Leib konstruiert wurden. Der Entwurf stammt von Michael Schmidt und Francis Bitoni, gedruckt wurde es in Zusammenarbeit mit Shapeways.
gedruckte Kleidung
Als Material für das Kleid aus dem 3D-Drucker kommt Nylon zum Einsatz. Es ist voll beweglich und mit 13.000 Swarovski-Kristallen besetzt
Sportartikel
Die Sohle des Football-Schuhs Nike Vapor Laser Talon kommt aus einem 3D-Drucker. Damit soll der Sportschuh besonders leicht sein und eine optimale Durchzugskraft auf dem Football-Spielfeld entfalten.
Sportartikel
Der Schuh für American Football von Nike soll tatsächlich mittels 3D-Druck in Produktion gehen. Geplant ist ein Druck mit Nylon - ein Material, das besonders leicht ist, dabei aber widerstandsfähig bleibt.
Möbel
Druckbeispiel: Stuhl - gedruckt auf einem Ultimaker 3D Printer
Spielzeug
Druckbeispiel: Roboter - gedruckt auf einem Ultimaker 3D Printer
Spielzeug
Druckbeispiel: Roboter - gedruckt auf einem Ultimaker 3D Printer
Kleidung
Designermode aus dem 3D-Drucker: Die Kleidung wird in einzelnen Teilen und mit unterschiedlichen Materialien gedruckt.
Kleidung
Aus Haute Couture wird Tech Couture: Die Kleidungsstücke aus dem 3D-Drucker bestehen aus mehreren Teilen und unterschiedlichen Materialien.
Handdrucker
3D-Druck aus dem Handgelenk: Der 3Doodler arbeitet wie ein Stift - nur mit Kunststoff. Er soll den 3D-Druck für alle erschwinglich machen. Ab Februar 2014 soll er erhältlich sein - Kostenpunkt: 99 Dollar plus Versand und Steuer.
Bau
Mondstation aus dem 3D-Drucker: Die europäische Weltraumagentur plant das ehrgeizige Projekt in Zusammenarbeit mit der Industrie. Der 3D-Drucker soll auf dem Mond eingesetzt werden.
Bau
Der 3D-Drucker, der den Bau der Monstation übernehmen soll, ist der D-Shape der britischen Firma Monolite. Er wird für den Gebäudebau eingesetzt.
Haushalt
Formen und Stempel fürs Backen aus dem 3D-Drucker: Ein Einfall, der bei Garage Lab entstand. Der gemeinütziger Verein versammelt in Düsseldorf Kreative und Interessierte am 3D-Druck (www.garage-lab.de).
Haushalt
Alles individuell: Der personalisierte Teelichthalter ist nur ein Beispiel von ScopeforDesign. Der Anbieter ist auf individuelle Gegenstände aus dem 3D-Drucker spezialisiert. Farbe, Text, Material lassen sich
Haushalt
Meine Lampe: Bei ScopeforDesign lassen sich die Lampenschirme inklusive Text, Farbe und Material individualisieren. Sie kommen dann aus dem 3D-Drucker.
Schmuck
Schmuck nach Wunsch: Bei ScopeforDesign lassen sich Schmuckstücke individualisieren. Hier kommen neben Kunststoffen auch Metalle wie Silber aus dem 3D-Drucker.
Gegenstände
Vom Hasen bis zur Skulptur: Alle Objekte stammen aus dem 3D-Drucker - hier: Beispiele von Makerbot, dem Unternehmen, das den Replicator 2 verbreibt. Zu sehen auf der Make Munich im April 2013.
Gegenstände
Frosch aus Kunststoff - ein Beispiel, was 3D-Drucker wie die Modelle von Makerbot leisten.
Kleidung
Hut gefällig: Auf Objekte aus dem 3D-Drucker in vielen Materialien ist i.materialise spezialisiert (i.materialise.com)
Kleidung
Schuhe mal anders: Die Studie wurde von i.materialise auf der Make Munich im April in München gezeigt.
Modelle
Modellbau mit 3D-Druck - hier ein Beispiel, das von i.materialise auf der Messe Make Munich im April in München zu sehen war.
Material
Kunststoffe mit Holzanteil: Dieses Objekt in Holzoptik zeigte 2PrintBeta auf Make Munich im April 2013 in München. Die unterschiedlichen Schattierungen gelingen, indem die Drucktemperatur geändert wird.
Material
Auch im 3D-Druck kommt Papier zum Einsatz. Es wird Blatt für Blatt aufeinandergelegt, verklebt und geschnitten. Am Ende wird das Objekt aus dem Papierblock herausgebrochen. Die Maschine stammt von Mcor Technologies, die Skulptur im Bild von Supermodell, München (www.supermodell.co)
Papier
Skulpturen aus Papier lassen sich in zwei Teilen drucken und dann zusammensetzen. Dank des Papiers sieht man nach dem Kleben keinen Übergang . Info: www.supermodell.co
Instrument
Eine gedruckte Gitarre aus dem Cube von 3D Systems
Instrument
Voll funktionsfähig: Die Gitarre mit eigenem Design aus dem 3D-Drucker Cube.
Waffe
Waffenteil aus dem 3D-Drucker: Die bedenkliche Seite der Do-it-Yourself-Bewegung