Treo 750v - Der Windows-Palm mit UMTS

12.10.2006 von Moritz Jäger
Palm verabschiedet sich von seinem eigenen Betriebssystem und sattelt auf Windows Mobile 5 um. In unserem Test zeigen wir Ihnen, was der neue Treo 750v kann und ob er eine Chance verdient.

Palm betritt mit dem Treo 750v Neuland, und das in mehrfacher Hinsicht. Zum ersten Mal kommt in diesem Gerät anstelle des hauseigenen PalmOS das Betriebssystem des Konkurrenten Microsoft, Windows Mobile 5, zum Einsatz. Außerdem ist es das erste Palm-Gerät, das auf mobiles Breitband mit UMTS setzt. HSDPA ist technisch zwar auch möglich, wird aber laut Palm frühestens 2007 im Rahmen eines Firmware-Updates aktiviert. Die Antenne ist in das Innere gewandert, der typische „Treo-Knubbel“ fällt komplett weg.

Andere Bereiche dagegen bleiben gleich. Etwa die bekannte Treo-Tastatur, ein Stylus für die Eingabe auf dem Touchscreen oder die fehlende Unterstützung für Wireless-LAN. Ebenso setzt Palm konsequent auf eigene, proprietäre Schnittstellen und nicht auf Mini-USB, wie sie etwa HTC im MDA Pro verbaut. Wenigstens das fehlende WLAN lässt sich dank SD-Card-Slot mit einer passenden Karte nachrüsten.

In der Box befindet sich schließlich noch ein Kabel-Headset; Palm konnte sich hier aber nicht durchringen, den 3,5-Zoll-Klinke-Standard zu verwenden. Dafür enthält das Ladegerät mehrer Adapter für verschiedene Steckdosen.

Praxiseinsatz

Der neue Treo liegt angenehm und gut ausbalanciert in der Hand. Das dunkelblaue Gehäuse mit dem silbernen Rahmen um das Display ist gut verarbeitet und gibt dem Treo 750v eine sehr wertige Hülle. Alle zentralen Steuerelemente sind so angeordnet, dass sie mit dem Daumen gut zu erreichen sind. Die QWERTZ-Tastatur ist für ein mobiles Gerät sehr gut, auch wenn der Daumen auf mehreren Tasten liegt, löst nur die gewünschte Taste aus. Hier kann Palm eindeutig die jahrelange Erfahrung der früheren Treo-Modellreihen voll ausnutzen.

Zahlen und Sonderzeichen befinden sich mit auf den Tasten und werden über eine Spezialtaste zuvor gewählt. Umlaute oder seltene Zeichen sind über Tastenkombination „Alt > Buchstabe > OK“ zugänglich, was anfangs ein wenig ungewohnt erscheint, nach einer kurzen Eingewöhnungszeit aber ein akzeptabler Kompromiss an die Größe ist. Neben der Tastatur akzeptiert der Palm auch Eingaben über den berührungssensitiven Bildschirm.

Beim ersten Start erscheint der obligatorische Windows-Mobile-Anfangs-Bildschirm, der Sie durch die ersten Schritte führt. Dann aber merkt man den Eingriff der Palm-Entwickler. In einer kurzer Anleitung erklären sie die einhändige Handhabung des Geräts. Der Start geht erstaunlich schnell, vor allem da keine zusätzlichen Modifikationen und Anpassungen von Mobilfunkanbietern nachgeladen werden.

Synchronisation und Pushmail

Anschließend ist das Gerät einsatzbereit. Synchronisiert wird es wahlweise über einen UMTS- und einen Exchange-Server. Lokal arbeitet der Treo 750v mit Active Sync 4.2 zusammen und kann über Kabel oder Bluetooth abgeglichen werden. Vor allem die kabellose Synchronisation via UMTS und einen Exchange-Server funktioniert nach der Einrichtung problemlos.

Bei der kabelgebundenen Synchronisation traten dagegen häufig Verbindungsabbrüche auf. Vor allem bei Einrichtung des Exchange-Zugangs ist das extrem störend, da diese immer wieder neu gestartet werden muss. Während dem Einrichten sollten Sie sämtliche Exchange-Daten (Adresse, Zugangsdaten, Domäne) griffbereit haben, ansonsten treibt Sie der knapp gesetzte Timeout in den Wahnsinn. Hier sollte Palm beim Nachfolgemodell umdenken und die Verbindung so lange aufrechterhalten, wie das Gerät an den PC angeschlossen ist.

Bei Push-E-Mail kann der Treo dann aber seine Paraderolle voll ausspielen. Via UMTS sind auch größte Mails schnell im Postfach, ebenso geht die Synchronisation von Terminen und Kontakten zügig von der Hand. Neben Exchange-Umgebungen unterstützt der Treo auch Blackberry Connect, lässt sich so also in bereits bestehende Push-Dienste integrieren.

Laufzeit

Für die notwendige Energie sorgt ein 1200-mAh-Lithium-Ionen Akku. In unserem Laufzeittest hielt das Gerät bei voller Helligkeit 357 Minuten, also knapp sechs Stunden, durch. Ein guter Wert für einen PDA. Nach 108 Minuten ist der Treo 750v anschließend wieder komplett aufgeladen.

Im Stand-by-Modus allerdings zahlt der Treo die Zeche für die ständige Verfügbarkeit. Ist der E-Mail-Push aktiv, muss das Gerät spätestens nach zwei Tagen wieder an die Ladestation. Denn der ständige Abgleich mit dem Exchange-Server hält das UMTS-Funkmodul aktiv, was dann zu dem enormen Stromhunger führt. Glücklicherweise ist das Smartphone aber mit einem Flash-Speicher ausgestattet, der Daten auch dann behält, wenn der Strom ausbleibt.

Die Telefonfunktion

Die Abmessungen ermöglichen gerade noch ein bequemes Telefonieren, ohne das man das Gefühl hat, einen riesigen Klotz am Ohr zu halten. Die Sprachqualität ist gut. Als Alternative kann man zudem ein Headset nutzen, wahlweise kabelgebunden oder via Bluetooth.

Palm hat die Telefonfunktionen um durchdachte Features erweitert. Sehr praktisch ist etwa die Funktion „Ignorieren mit Kurznachricht“. Damit kann man einen abgelehnten Anrufer schnell informieren, warum man derzeit keine Zeit hat. Zusammen mit Vodafone wurde auch ein direkter Zugriff auf die Mail-Box-Funktionen integriert. Diese lassen sich nun direkt über den Touchscreen steuern, auf Knopfdruck können so Nachrichten erneut angehört, gelöscht oder übersprungen werden.

Technische Zusammenfassung

Hardware

Prozessor

Samsung-CPU, 300 MHz

Speicher

Nutzbar

128 MByte

60 MByte

Erweiterungs-Slot

SD-Card

Display

Touchscreen, 240 x 240 Pixel

Größe

11,1 cm x 5,8 cm x 2,2

Gewicht

153 Gramm

Akku

1200 mAh

Verbindung und Kommunikation

Mobilfunk

UMTS/GPRS/GSM

HSDPA (Firmware Update nötig)

WLAN

Nein

Bluetooth

Ja

Profile: HFP, Headset

Schnittstelle

Proprietär, kein USB

Synchronisation

ActivSync ab 4.2

SyncML-Unterstützung

Antenne

Externer Anschluss

Hersteller

Palm

Preis (voraussichtlich)

Vertrag

Ohne Vertrag

300,- Euro

650,- Euro

Vertrieb

Vodafone, derzeit exklusiv

Fazit

Eins gleich vornweg: Der Treo 750v ist kein „richtiger“ Palm mehr, mit den älteren Geräten daher nur schwer zu vergleichen. Windows Mobile verhält sich völlig anders, bringt aber auch neue Möglichkeiten. Treo-Veteranen werden sich beispielsweise über die Windows-Mobile-typische Trägheit wundern, da sämtliche Programme auch nach dem Beenden weiter im Speicher bleiben.

Nichtsdestotrotz ist der Treo 750v ein innovatives Stück Technik, das vor allem im Messaging- und Mobile-Office-Bereich eine gute Figur macht. Dafür sorgen vor allem die gute Tastatur und die einwandfreie Einbindung in die Microsoft Office-Welt. Derzeit wird der Treo exklusiv über den Mobilfunkbetreiber Vodafone vertrieben, der auch an der Entwicklung maßgeblich beteiligt war.

Leider hat Palm aber vor allem bei den Schnittstellen auf proprietäre Altlasten gesetzt. So lädt das Datenkabel den Treo während der Synchronisation beispielsweise nicht auf, dazu ist ein zusätzliches Netzteil notwendig. Ein Mini-USB-Anschluss wäre hier die deutlich bessere Wahl, da dieser neben Daten auch Strom liefern kann.

Dennoch: Wer also hauptsächlich Push-E-Mail nutzt, Vodafone-Kunde ist, ein Windows-Mobile-5-Gerät sucht und auf WLAN verzichten kann, der sollte sich den neuen Treo 750v genau ansehen. Denn trotz der kleinen Macken erhalten Sie ein hochwertiges Smartphone, das sich problemlos mit Blackberry und Konsorten messen kann, derzeit die Referenz unter den Windows-Mobile-5-Geräten. (mja)