Transmeta "Astro" TM8000

10.03.2003 von Christian Vilsbeck
Transmeta gab in einem Interview mit tecCHANNEL Details seiner nächsten Prozessorgeneration bekannt. Mit neuer Architektur und Features soll der TM8000 Intels "Centrino" Pentium M Paroli bieten.

Kurz vor der Markteinführung des neuen Mobile-Wunders Intel Centrino macht Transmeta mit dem TM8000 aufmerksam. Die kalifornische Prozessorschmiede hat das Hardware-Design und die Code-Morphing-Software für den TM8000 komplett neu entwickelt. Positioniert wird der unter dem Code-Namen "Astro" firmierende Prozessor klar gegen Intels Centrino-Prozessor Pentium M.

Höhere Performance, niedrigerer Energieverbrauch sowie mehr Flexibilität sollen den TM8000 zum überlegenen Mobile-Prozessor machen. Mitte des dritten Quartals 2003 will Transmeta die CPU an die Systemhersteller liefern. Ein lauffähiges Silizium des Astro konnte tecCHANNEL bereits Ende 2002 auf der "Comdex" in Las Vegas begutachten. Das Sample taktete bereits mit weit über 1 GHz.

Im tecCHANNEL-Interview gab Chris Russel, European Operations Manager bei Transmeta, nun Details zum TM8000 bekannt. Der Prozessor soll die Nachfolge des TM5800 antreten, der bereits in zahlreichen Geräten, darunter auch HPs Tablet PC, mit bis zu 1 GHz arbeitet.

Flexibler mit Astro

Werden die Notebook-Entwickler zum Verwenden ganzer Komponentenpakete gezwungen, bleibt die Innovation auf der Strecke, so Transmeta. Damit spielt der Hersteller wohl auf Intels Centrino-Initiative an: Prozessor, Chipsatz und Wireless-LAN-Technologie müssen von Intel stammen. Nur dann sei laut Intel ein optimales Zusammenspiel garantiert, und ein Centrino-Logo darf das Notebook schmücken.

Mit dem TM8000 bleibt die Flexibilität dagegen gewahrt, so Chris Russel von Transmeta. Durch die Kombination verschiedener Komponenten können sich die Notebook-Hersteller differenzieren. Außerdem treibt der Wettbewerb unter den Komponentenherstellern die Kosten nach unten. Allerdings verbergen sich hinter diesen Argumenten wohl eher Transmetas Wunschgedanken für den TM8000. Denn auch Intels Pentium M lässt sich mit Chipsätzen und Wireless-LAN-Komponenten anderer Hersteller kombinieren - einzig das Centrino-Logo fehlt dann. Von Dell wird es beispielsweise in der zweiten Jahreshälfte 2003 Pentium-M-Notebooks geben.

Andererseits begrüßt Chris Russel Intels Centrino-Initiative sogar. Transmeta predigt seit Jahren, dass Taktfrequenz im Mobile-Computing nicht alles ist. Viel wichtiger sei die Performance pro Watt. Intel geht mit dem Pentium M nun ebenfalls in diese Richtung und weg von hoch getakteten Pentium-4-Prozessoren. Davon könne auch Transmeta profitieren, weil eine breitere Sensibilisierung für den "Performance pro Watt"-Gedanken erfolgt.

Konkreter sind dagegen Transmetas Bestrebungen, den Astro nicht nur in Notebooks oder Tablet PCs einzusetzen: leise Desktop-Rechner, Blade-Server sowie Server im SOHO-Bereich soll der TM8000 ebenfalls adressieren. Die technischen Voraussetzungen bringe die CPU mit, so Chris Russel.

Integrierte Northbridge

Transmetas TM8000 wartet mit drei High-Speed-Interfaces auf. Für einen schnellen Speicherzugriff mit geringen Latencies besitzt der Astro einen integrierten DDR400-SDRAM-Controller. Einen Speichertakt von 266, 333 und ungewöhnlichen 366 MHz unterstützt der Prozessor ebenfalls. Wichtig für den bereits erwähnten anvisierten Servermarkt ist der Support von ECC. Laut Chris Russell soll der TM8000 voraussichtlich bis zu 4 GByte Arbeitsspeicher adressieren können. Der aktuelle TM5800 besitzt zwar ebenfalls einen integrierten Memory Controller, kann aber maximal 512 MByte DDR266- oder 1024 MByte PC133-SDRAM ohne ECC ansteuern.

Als zweites High-Speed-Interface fungiert beim TM8000 der integrierte AGP-4x-Bus. Grafikkarten müssen beim Zugriff auf den Arbeitsspeicher nicht mehr den Umweg über eine separate Northbridge gehen. Hier bietet der TM8000 einen Performance-Vorteil gegenüber anderen Lösungen wie AMDs künftigen mobilen Athlon 64. Der AMD-Chip hat ebenfalls einen integrierten Speicher-Controller, die AGP-Grafikkarte benötigt aber einen zusätzlichen Northbridge-Baustein.

Für die Kommunikation mit der Peripherie zeichnet die dritte High-Speed-Verbindung verantwortlich. Transmeta stattet den TM8000 mit einem HyperTransport-Interface aus. Im Mai 2001 hat Transmeta AMDs Schnittstelle lizenziert. Der mit 400 MHz getaktete serielle Bus verbindet den TM8000 mit einer Southbridge. Durch das HyperTransport-Interface kann der Prozessor mit einer Vielzahl handelsüblicher HyperTransport-Komponenten zusammenarbeiten und bietet eine hohe Flexibilität.

256-Bit-Hardware

Die Hardware, auf der Transmetas Crusoe seine Berechnungen abwickelt, ist ein einfacher VLIW-Prozessor. Diese "very long instruction words" sind bei allen Crusoe-Prozessoren einschließlich des aktuellen TM5800 bis zu 128 Bit breit. In diesen 128 Bit können bis zu vier unabhängige Befehle a 32 Bit verpackt sein. Pro Taktzyklus sind damit vier Instruktionen möglich.

Beim TM8000 hat Transmeta ein komplett neues Design verwirklicht. Der Astro verfügt über eine 256-Bit-VLIW-Engine und kann damit acht Befehle pro Taktzyklus bearbeiten. Im Vergleich zum TM5800 und zum Gros der Konkurrenz ist der TM8000 laut Hersteller in der Lage, die doppelte Arbeit pro Takt durchzuführen. Damit sei die Astro-CPU viel effizienter im Umgang mit der Energie, und die Batterielaufzeit erhöhe sich.

Mit Angaben zur Taktfrequenz hält sich Transmeta noch zurück. Sie wird aber weit über einem Gigahertz liegen, wie bereits auf einem Demosystem gezeigt wurde. Laut Chris Russell soll der TM8000 in der Performance aber mindestens auf dem Level von Pentium-M-Prozessoren liegen.

CMS zweiter Generation

Die meiste Intelligenz von Transmetas Crusoe-Prozessoren steckt in der Code-Morphing-Software CMS. Damit wird zur Laufzeit der gesamte Code einer Rechnerarchitektur auf die eigentliche Hardware umgesetzt. Nur die Code-Morphing-Software selbst hat Zugriff auf den Prozessor.

Transmeta hat für den TM8000 die zweite Generation seiner Code-Morphing-Software entwickelt. Die neue Version ist speziell auf den Astro zugeschnitten und kann nicht bei anderen Crusoe-Prozessoren (TM5800) verwendet werden. Die CMS 2 zeichnet sich durch höhere Performance und intelligentere Algorithmen aus. Durch die Code-Optimierung in der Software reduziere sich laut Transmeta auch die Leistungsaufnahme in der Hardware. Grundlagen zur Funktion der Code-Morphing-Software finden Sie in unserem Artikel Transmeta Crusoe im Detail.

Die Code-Morphing-Software wird beim Einschalten des Systems von einem Flash-ROM ins RAM geladen, und dieser Bereich wird dann schreibgeschützt. Der 16 MByte große Flash-Chip wird vom TM8000 über ein LPC-Interface angesteuert und beinhaltet zusätzlich das BIOS.

Enhanced LongRun

Unter der Kontrolle der Code-Morphing-Software kann ein TM8000-System wie beim Vorgänger TM5800 selbst entscheiden, wann wie viel Leistung gebraucht wird - und zwar abhängig von der Auslastung. Entsprechend werden der Takt und die Core-Spannung der CPU dynamisch angepasst. In der Comdex-Demonstration lief das TM8000-System je nach Last mit 400 MHz und bis weit über 1 GHz.

Neu an der Enhanced-LongRun-Technologie des TM8000 ist eine auf die Hälfte reduzierte Ansprechzeit beim Anpassen der Taktfrequenz. Optimierte LongRun-Algorithmen wählen die erforderliche Taktfrequenz beim TM8000 zudem effizienter.

In welchen Abstufungen der Astro die Taktfrequenz und die Core-Spannung dynamisch regeln kann, gab Transmeta noch nicht bekannt. Der 1-GHz-TM5800 kann den Takt in sieben Stufen bis auf 300 MHz senken. Mit der Taktfrequenz verknüpft sinkt auch die Core-Spannung von 1,3 V bei 1 GHz bis 0,80 V bei 300 MHz.

Die Fertigung des TM8000 erfolgt bei TMSC in einem 0,13-µm-Prozess. Einen 90-nm-Prozess hält Chris Russell von Transmeta zum Zeitpunkt der Markteinführung für zu kostspielig und zu zeitaufwendig.

Fazit

Auf dem Mobile-Prozessor TM8000 "Astro" ruhen bei Transmeta große Hoffnungen. Denn obwohl schon die bisherigen Transmeta-CPUs sehr viel Strom sparten, blieb der große Erfolg mangels zu geringer Performance aus - besonders in Europa. Beim TM8000 spricht man aber von einer Rechengeschwindigkeit, die mindestens auf dem Niveau des Pentium M von Intel liegen soll.

Die Ansätze der komplett neu entworfenen Astro-CPU klingen zumindest vielversprechend: integrierter DDR400-Memory-Controller und AGP-4x-Interface sowie eine flexible HyperTransport-Schnittstelle. Auch der 256-Bit-VLIW-Core mit acht Instruktionen pro Taktzyklus sucht seinesgleichen. Die Code-Morphing-Software der zweiten Generation soll zudem wesentlich effizienter sein.

Leicht wird es Transmeta allerdings nicht haben. Wenn der TM8000 im dritten Quartal 2003 ausgeliefert wird, schickt Intel wenig später bereits den Pentium-M-Nachfolger Dothan ins Rennen. Dem wird ein verdoppelter L2-Cache für mehr Performance und ein 90-nm-Prozess für längere Akkulaufzeiten spendiert. (cvi)