Die schnellsten Rechner der Welt

Top500 11/2004: Supercomputing-Rangliste und HPC-Trends

15.11.2004 von UWE HARMS 
Der japanische Earth Simulator führte seit Juni 2002 die Liste der schnellsten Supercomputer unangefochten an. Doch jetzt schlagen die USA zurück: IBMs neuer Platzhirsch BlueGene/L deklassiert ihn mit über 32.000 PowerPC-CPUs.

Über zwei Jahre dominierte der Earth Simulator mit 36 TFlop/s die Liste der 500 schnellsten Rechner der Welt. Diese Leistungsangabe basiert auf dem Linpack-Benchmark, der die exakte Lösung eines riesigen linearen Gleichungssystems ermittelt. Zur Supercomputer-Konferenz SC2004 in Pittsburgh gingen jetzt zwei amerikanische Rechner klar in Führung.

Die neue Nummer eins ist das IBM BlueGene/L-Beta-System aus 32.762 PowerPC-Prozessoren. Mit 71 TFlop/s fast doppelt so schnell, schlägt es den Earth Simulator spielend. Es wird derzeit bei IBM in Rochester aufgebaut und getestet. Anschließend soll es am Lawrence Livermore National Lab in Betrieb gehen.

Auf Platz zwei kam der neue Columbia-Rechner bei NASA/Ames mit 52 TFlop/s. Er basiert auf mehr als 10.000 Itanium-Prozessoren, die in den Altix-Rechnern von SGI arbeiten. Der Earth Simulator in Japan, von NEC geliefert, fiel auf Platz drei zurück.

Europa überrascht

Der stärkste europäische Rechner überraschte mit Platz vier. In Barcelona hat IBM das MareNostrum-System mit Blade-Centern ausgestattet. Es besteht aus 3564 PowerPC970-Prozessoren. Sie lösen das Gleichungssystem mit fast 21 TFlop/s bei einer Spitzenleistung von 31 TFlop/s.

Darauf folgen das Itanium-System Thunder am Lawrence Livermore Lab mit 4096 Prozessoren und 20 TFlop/s auf Platz fünf sowie der ASCI-Q-Rechner in Los Alamos, basierend auf Alpha-Prozessoren mit 14 TFlop/s.

Inzwischen hat auch Virginia Tech seinen Terascale-Cluster auf der Basis von 2200 Apple G5 neu aufgebaut. Er liefert jetzt 12 TFlop/s und steht damit auf Platz sieben. Bemerkenswert sind noch die beiden BlueGene/L-Prototypen, die mit 12 TFlop/s auf Platz acht und mit 9 TFlop/s auf Platz 15 landen. Beide Systeme fungieren als Testsysteme zur Optimierung des "großen" BlueGene/L und arbeiten mit 8192 und 4096 CPUs.

USA dominanter denn je

In der aktuellen Top500-Liste dominieren die USA wieder klar. Unter den Top10 stehen nur der Earth Simulator und der MareNostrum außerhalb der Vereinigten Staaten. Auch im weltweiten Vergleich führen die USA die Top500-Liste mit 267 Rechnern und fast 690 TFlop/s (61 Prozent der gesamten Leistung) an. Abgeschlagen folgt Großbritannien mit 42 Rechnern und 83 TFlop/s (7 Prozent).

Auf Platz drei liegt Deutschland mit 35 Systemen und einer Leistung von 61 TFlop/s gegenüber 41 TFlop/s im Juni 2004. Japan liegt zwar mit nur 30 Rechnern dahinter. Dank des Earth Simulators landet Nippon mit aggregierten 95 TFlop/s aber immerhin noch auf Platz zwei nach Leistung.

Ein neuer geographischer Trend zeigt sich in diesem November sehr deutlich. Die Zahl der Systeme in Asien wächst stetig. Inzwischen verfügen diese Länder über 79 Top500-Rechner. Sie stellen 16 Prozent nach Zahl und mit ihren 17 TFlop/s auch denselben Anteil nach Leistung dar. 17 dieser Supercomputer mit einer gesamten Leistung von 32 TFlop/s sind in China installiert. Gegenüber den neun Rechnern vor einem Jahr hat das Reich der Mitte seine Anzahl somit fast verdoppelt.

Ungebremstes exponentielles Wachstum

In dieser Liste überschreitet die gesamte Leistung der Top500-Rechner mit 1127 TFlop/s erstmalig die PFlop (PetaFlop)-Schwelle. Gegenüber der 813 TFlop/s im Juni ergibt dies eine Steigerung von 39 Prozent in nur sechs Monaten. Cluster stellen weiterhin die vorherrschende Rechnerarchitektur dar. 296 Systeme der Top500 setzen sich aus einzelnen Knoten zusammen.

Intel lieferte für 320 Rechner gegenüber 287 im Frühjahr die Prozessoren. Als zweithäufigste Prozessorfamilie folgen die IBM-Power-Prozessoren mit 54 Systemen, 48 Rechner mit PA-RISC-Prozessoren von Hewlett-Packard und 31 Rechner mit AMD-Prozessoren.

Bei den Herstellern führt IBM mit 216 Rechnern und 50 Prozent der Leistung. Zu IBMs Gesamtleistung von 557 TFlop/s tragen aber nicht nur die drei BlueGene/L-Modelle massiv bei. IBM schafft es auch mit 50 Blade-Systemen in die Top500. Auf Platz zwei nach Herstellern folgt Hewlett-Packard mit 173 Rechnern und 21 Prozent der Leistung. Die restlichen Computer verteilen sich auf 25 Hersteller, bei denen SGI mit 20, Dell mit 14 und NEC mit 12 Systemen erscheint.

Und Deutschland?

Der schnellste deutsche Rechner ist wie im Juni das IBM-p690-System beim Forschungszentrum Jülich. Es wurde im Januar 2004 eingeweiht und liegt nur noch auf Platz 30.

Insgesamt sind Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Deutschland nur sehr schwach mit Spitzenrechnern ausgestattet. Sie verfügen nur über fünf Rechner und sieben TFlop/s beziehungsweise vier Rechner und 11 TFlop/s.

Etwas besser sieht es bei der deutschen Industrie aus. Ihr stehen 26 Top500-Rechner mit rund 33 TFlop/s zur Verfügung. Das stärkste System, ein Blade mit 3,8 TFlop/s, besitzt eine nicht weiter spezifizierte "deutsche" Bank. Auch gut vertreten ist die Autoindustrie. Allein BMW schafft es mit sechs verschiedenen HP-SuperDome-Rechnern in die Top500. (ala)