Tools für vernetzte PCs

16.10.1998
Wenn es um Systemmanagement geht, ist die wirtschaftliche Verwaltung von vernetzten PCs ein wesentlicher Faktor. Das Rationalisierungspotential entsprechender Tools entfaltet sich aber erst, wenn die PC-LAN-Landschaft vorher bereinigt wird, der Einsatz sorgfältig geplant ist und Schulungen stattfinden.

Von: Claudia E. Petrik

In einer aktuellen Studie hat das Marktforschungsunternehmen IDC den weltweiten Markt für Desktop-Management-Produkte untersucht. Demnach stiegen die Umsätze mit Software-Suiten und Einzelprodukten für Software-Metering, Inventarisierung und Softwareverteilung 1997 um satte 43 Prozent auf 837 Millionen Dollar. Der Löwenanteil (76,6 Prozent) davon entfiel auf Administrations-Suiten. Der Absatz spezifischer Lösungen - vor allem für Inventarisierung - profitierte vor allem von der Tatsache, daß sich viele Unternehmen dem Jahr-2000-Problem stellen müssen. Für 1998 rechnet IDC mit einem weiteren Wachstum um knapp 30 Prozent auf über eine Milliarde Dollar.

Bei der Auswahl von PC-Management-Produkten müssen vor allem drei Faktoren berücksichtigt werden:-- Effizienz: Wieviele Anwender kann jeder IT-Manager unterstützen?-- Produktivität: Wie nutzen IT-Manager ihre Zeit?-- Verfügbarkeit: Die Zeit, in der Netzwerkanwendungen voll verfügbar sind.

Der effektive Einsatz von Managementsoftware und verwaltbaren Systemen kann zu erheblichen Kosteneinsparungen führen und die IT-Services verbessern. Dies setzt aber ein durchdachtes Konzept und den Willen voraus, dies politisch und organisatorisch umzusetzen. Fehlt der Wille, bleiben die Werkzeuge im Regal liegen.

Im Sommer 1997 begannen Hardware- und Softwarehersteller, standardisierte Managementfunktionen in PCs zu integrieren. Dazu gehören: -- Unterstützung von DMI (Desktop Management Interface der Desktop Management Task Force, http:// www.dmtf.org) in Netzwerkkarten (zum Beispiel 3Com und Intel),-- DMI-Unterstützung in Mikroprozessoren und Platinen für PCs,-- bessere Unterstützung von Microsoft-Registry-Daten via WBEM (Web-Based Enterprise Management, http://www.wbem.freerange. com).

Seit dem dritten Quartal vergangenen Jahres liefern Hersteller wie Compaq, Dell, Hewlett-Packard und IBM Desktop-Systeme, die der Wired-for-Management-Spezifikation (WfM, http://developer.intel.com/ial/ WfM/index.htm) folgen. WfM-fähige Server sollen ab Mitte 1998 verfügbar werden.

So positiv diese Aktivitäten zu werten sind, darf man dabei die große installierte PC-Basis nicht vergessen. Es ist zwar kostenintensiv, diese mit speziellen Software-Agenten nachzurüsten, um sie besser verwalten zu können. Läßt man es aber sein, ist der Verwaltungsaufwand zu groß und verursacht wiederum hohe Kosten. IDC geht deshalb davon aus, daß Add-on-Agenten weiterhin in großer Zahl gekauft werden.

Microsoft hat kräftig aufgeholt

Im Gerangel um Marktanteile kam es IDC zufolge im vergangenen Jahr zu diversen Änderungen. Einige der traditionellen Anbieter verloren kräftig Prozente, während Microsoft zu einem wichtigen Mitspieler aufstieg (siehe Bild 1). Intel, Microsoft und Novell hatten Schwierigkeiten, ihre neuen Versionen fertigzubekommen. Der Verkauf von Symantecs "Norton Administrator for Networks" an Hewlett-Packard stiftete etwas Verwirrung.

Intel konnte zwar seine führende Position behalten (28,3 Prozent), die Umsätze litten aber unter der verspäteten "Landesk-Version", die erst im vierten Quartal auf den Markt kam. Abgesehen davon, übt das Unternehmen mit der "Wired-for-Management"-Initiative einen dominierenden Einfluß auf die Entwicklungen in diesem Markt aus (siehe Gateway 1/98, Seite 28).

Microsoft gelang es, seine Marktposition für "SMS" (Systems Management Server) deutlich zu verbessern. Der Anteil kletterte im vergangenen Jahr von 13 auf gut 20 Prozent. Ein Großteil dieses Wachstums ist darauf zurückzuführen, daß sich Windows NT als Netzwerkbetriebssystem in den Unternehmen etabliert. SMS wird häufig als Bestandteil der Backoffice-Anwendungen verkauft, allerdings haben viele Administratoren Schwierigkeiten, alle Funktionen voll auszunutzen. So klagen Systemadministratoren, daß die Softwareverteilung nicht komfortabel genug ist und Remote Control nicht sauber funktioniert. Anwender hoffen, daß die Schwächen in der Version 2.0 ausgemerzt sein werden (geplante Verfügbarkeit: zweite Jahreshälfte).

Norton Administrator jetzt

bei Hewlett-Packard

Wie Intel hatte Novell 1997 zunächst Schwierigkeiten mit verzögerten Produkten, holte aber gegen Jahresende auf und erreichte mit 15 Prozent Marktanteil Platz drei. Mit dem "Novell Application Launcher", der Softwaremanagement mit den NDS (Novell Directory Services) verbindet, schlug der Hersteller eine andere Richtung ein als früher. Inzwischen wurde das Produkt umbenannt in "Zero Effort Networks" (Zenworks) und kam Ende Mai in Deutschland auf den Markt. Zenworks erlaubt es, über die NDS Aufgaben wie Softwareverteilung, Desktop-Management und Pflege zentral zu erledigen.

Der "Norton Administrator" von Symantec wurde 1997 an Hewlett-Packard verkauft, die sich schwertaten, eine neue Richtung für das Produkt festzulegen. Aus diesem Grund sank der Marktanteil von 14,4 auf 9,5 Prozent. Mittelfristig rechnet IDC damit, daß HP in den Bereichen WBEM und CIM (Common Information Model) wesentlich enger mit Microsoft zusammenarbeiten wird und die ehemaligen Norton-Produkte (jetzt Openview Desktop Administrator genannt) als Front-end für SMS positioniert.

Auch Network Associates verlor im untersuchten Zeitraum Marktanteile; sie gingen von 14,3 auf neun Prozent runter. Das aus Network General und McAfee entstandene Unternehmen befindet sich mitten in einer Neuorientierung der Desktop-Administrations-Produkte. McAfee begann im vergangenen Jahr, seine Suiten in die Helpdesk- und Antiviren/Sicherheits-Lösungen zu integrieren, anstatt sie einzeln zu verkaufen.

Zu erwähnen ist ferner Seagate Software, die 1997 ihren Marktanteil auf 3,4 Prozent steigerte. Die zur CeBIT vorgestellte Version 3.0 der Desktop Management Suite enthält Module für Softwareverteilung, Inventarisierung, Backup und Disaster-Recovery, Remote Control und eine Software-Metering-Applikation.

Außerdem können Bestandsinformationen von Remote-Desktops per Web-Browser gesammelt werden. Das Unternehmen ist auch ein wichtiger Lieferant von Speichermanagement- (Backup-Exec) und Reporting-Tools für andere Anbieter.

Neben den bekannten Herstellern sind seit einiger Zeit weitere Anbieter aktiv mit Produkten, die spezifische Desktop-Bereiche adressieren oder Enterprise-Management-Lösungen ergänzen. Hierzu gehören:

Xcellenet: Management mobiler Desktops ("Remoteware" für NT, OS/2, HP UX, SCO Unix) On Technology: Desktop-Softwareverteilung für große Umgebungen ("On Command CCM" für Client-Verwaltung) Platinum: PC-Konfiguration und Staging ("Provision" für System- und Datenbank-Management)

Das Interessante bei On Technology ist, daß dieses Bostoner Unternehmen Anfang 1997 das Starnberger Softwarehaus csd übernahm und mittlerweile deren Software für elektronische Softwaredistribution und Client-Management zum strategischen Produkt erklärt und dafür die Geschäftsbereiche Netzwerkmanagement und Sicherheit verkauft hat. Die Weiterentwicklung von On Command CCM erfolgt weiterhin in Deutschland. Einer der größten Anwender ist die Deutsche Telekom, bei der 60 000 PCs mit CCM administriert werden. Aber auch mittelständische Unternehmen nutzen die Software wie etwa AOA Apparatebau in Gauting, die damit 70 Applikationen verwalten.

Über die nächsten fünf Jahre prognostiziert IDC für den Desktop-Management-Markt zunächst noch ein starkes Wachstum (17,5 Prozent auf 1,3 Milliarden Dollar in 1999), das sich ab dem Jahr 2000 langsam abschwächen soll. Der Autor Richard Villars begründet dies damit, daß grundlegende Administrationsfunktionen standardmäßig in PC-Hardware und -Software eingebaut werden. Innerhalb der nächsten zwei Jahre wandern viele Funktionen, die heute noch Bestandteil von Suiten sind, in Betriebssysteme, Netzwerkbetriebssysteme und Netzwerkcomputer. Zu den wichtigsten gehören Directory-Services und Software-Registrierung sowie die Standards DMI (Desktop Management Interface) und WBEM.

Es gibt hierzulande eine Reihe von Beratungsunternehmen, die sich auf das Gebiet des Desktop- und Systemmanagements spezialisiert haben. Dazu gehören Bernecker & Partner in München, Compunet in München, Comconsult in Aachen, Dr. Materna in Dortmund und Santix in Unterschleißheim.

Nach Ansicht von Dr. Jürgen Suppan, Geschäftsführer der Comconsult Akademie, kann der Einsatz von Desktop-Management bis zu 50 Prozent der Betriebsaufwände einsparen. "Wer größere PC-Netze ohne derartige Tools betreibt, verschenkt Geld", so der Berater. Die Einführung eines PC-Management-Systems bedürfe allerdings einer sorgfältigen Vorbereitung. Sie müsse in Kombination mit dem Aufbau Server-zentrierter Netze durchgeführt werden, um optimale Betriebskosten zu erreichen. Die vollständige Betriebsfähigkeit für vernetzte PCs setzt Management-Fähigkeiten für folgende Komponenten voraus: PC-Hardware, PC-Software, Netzwerk, Server-Hardware, Server-Betriebssoftware, Peripherie und Anwendungen.

Am Markt gibt es eine Vielzahl einfacher Tools für PC-Hardware- und Software-Erfassung, die meist eine Inventory-Datenbank voraussetzen (Preislage: zirka zehn Mark pro zu erfassendem PC). Außerdem existieren Tools mit mittlerem und großem Funktionsumfang, aber unterschiedlichen Schwerpunkten (Preise zwischen 60 und 100 Mark je gemanagtem PC je nach Anzahl). Zu diesen gehören:

CA Unicenter mit Intel Landesk Manager Hewlett-Packard Network Node Manager und IT Operations mit Integration Novell-Manager oder Microsoft SMS IBM Tivoli TME 10 mit Netfinity oder Landesk Manager IBM Tivoli IT Director (für NT-Umgebungen bis 1000 Clients) Intel Landesk Manager 6 (für Windows NT und Netware) Microsoft SMS Norton Administrator for Networks (jetzt HP Openview Desktop Administrator) Novell Managewise und Zenworks (NDS und Application Launcher) -Dabei haben sich verschiedene Herstellerallianzen gebildet. Auf der CA World Anfang Mai in New Orleans (siehe auch Artikel Seite 22) gaben CA und Microsoft bekannt, daß Unicenter TNG in Windows NT 5.0 integriert wird, um Systemmanagement in Netzen mit bis zu 250 PCs zu ermöglichen. Tivoli zog nach mit der Meldung, daß künftig alle IBM-PCs für Windows NT 4.0 und 5.0 (ab der zweiten Beta-Version) mit einem Systemmanagement-Agenten ausgeliefert werden. Dieser stattet Server und PC mit Corba-Intelligenz aus und ermöglicht Softwareverteilung, Inventory, Benutzerverwaltung und verteiltes Monitoring. Damit soll ein Server über 1000 Clients verwalten können. Auch Intel und Tivoli kooperieren: Alle PCs, die auf der Wired-for-Management-Spezifikation beruhen, erhalten ebenfalls den Tivoli-Agenten. Während es für große Umgebungen nicht an Produkten mangelt, hatten DV-Leiter von mittelständischen Unternehmen in puncto Systemmanagement bisher vier Möglichkeiten: verschiedene separate Produkte kaufen (Punktlösungen für Netzwerkmanagement, Softwareverteilung et cetera, zum Beispiel Netinstall für NT-Netze), ein PC-LAN-Werkzeug erwerben (Intel Landesk, Microsoft SMS oder andere), ein Enterprise-Management-Produkt einsetzen (Openview, Tivoli, Unicenter) oder gar nichts tun.

Einzelprodukte lösen kurzfristig Probleme, lassen sich aber nicht miteinander verbinden. Viele LAN-Tools sind für Umgebungen von 20 bis -20 000 Knoten ausgelegt, was zuviel Komplexität und Overhead für kleine und mittlere Unternehmen bedeutet. Umfassende Lösungen wie Tivoli oder Unicenter lohnen sich erst ab Umgebungen mit 500 PCs, rät die Firma Santix. Richtig eingesetzt, lassen sich damit jährlich 30 bis 40 Prozent der Betriebskosten einsparen, so die Erfahrung der Berater.

Mit "IT Director" brachte Tivoli im April ein Systemmanagement-Produkt auf den Markt, das von vorneherein für die Bedürfnisse des Mittelstandes entwickelt wurde (siehe Gateway 6/98, Seite 26). Computer Associates zog nach mit der "Workgroup-Edition" von Unicenter, die für kleine und mittlere Umgebungen mit bis zu 250 Clients gedacht ist. Ob diese Produkte tatsächlich den Anforderungen mittelständischer DV-Leiter entsprechen, wird sich erweisen müssen. Testanwender von IT Director halten sich bisher mit offiziellen Aussagen zurück.

Literatur

[1] Dr. Kauffels, F.-J.: Enterprise-Netzwerk- und Systemmanagement, Gateway 5/98, Seite 84 ff.

[2] Petrik, C.E.: Zukunft des Systemmanagement, Gateway 4/98, Seite 30 ff.

[3] Petrik, C.E.: IT als Wertschöpfer, Gateway 4/98, Seite 108 ff.

[4] Petrik, C.E.: Netzwerk- und Systemmanagement-Forum, Gateway 1/98, Seite 60 ff.

[5] Niemann, F.: Grundlagen des Web-basierten Netzmanagements, Gateway 8/98, Seite 56 ff.