Theorie und Praxis: Strom sparen mit Server-Software

19.02.2007 von Bernhard Haluschak
Die Energiekosten von Server-Systemen spielen in Unternehmen eine große Rolle. Mit wenig Aufwand und etwas Software-Know-how kann ein Server mit reduziertem Stromverbrauch wie gewohnt seine Arbeit verrichten. Wir erörtern, welche Sparpotenziale Sie beim Server nutzen können.

Neben der Hardware bietet auch die Software beziehungsweise das Betriebssystem eines Servers die Möglichkeit, durch die richtige Auswahl von Energiesparoptionen den Stromverbrauch zu reduzieren. Das geschieht dynamisch und ohne spürbaren Performance-Verlust.

Darüber hinaus gibt es Softwarekonzepte, die die Systemleistung eines Servers effizienter ausnutzen können. Dazu gehören in erster Linie die Virtualisierung und das Multi-Threading. Allerdings müssen für diese Technologien bestimmte Voraussetzungen in punkto Hardware vorhanden sein.

Der folgende Artikel veranschaulicht, wie die Energiesparoptionen sich auf den Stromverbrauch eines Servers auswirken. Zusätzlich geben wir konkrete Beispiele, wie der Anwender unter Berücksichtigung der Hardware den effektiven Energiekonsum seines Servers besser nutzen kann.

In dem Artikel Praxistest: Strom sparen bei der Server-Hardware haben wir bereits praxisbezogen beschrieben, welche Hardwarekomponenten wie viel Strom verbrauchen und wo Einsparmöglichkeiten vorhanden sind. Darüber hinaus geben wir konkrete Tipps, wie der Anwender unter Berücksichtigung der veränderten Systemeigenschaften den Energiekonsum bei seinem Server reduzieren kann.

Details des Testsystems und Testverfahren

Als Testsystem verwenden wir exemplarisch den Server PowerEdge 1900 von Dell. Bestückt ist das System mit zwei Quad-Core-Xeon-Prozessoren vom Typ E5320 (1,86 GHz) und insgesamt acht GByte Speicher, verteilt auf acht FB-DIMM-Module von Qimonda. Für den Unterbau kommt ein Mainboard mit dem 5000P-Chipsatz zum Einsatz.

Als Storage-Subsystem besitzt der Server den SAS-RAID-Controller SAS1068-IR PCI-X von LSI Logic, der zwei 73-GByte-SAS-Festplatten, Modell ATLAS 10K V von Maxtor, im RAID-1-Verbund ansteuert. Zusätzlich verfügt das Gerät über ein 3,5-Zoll-CD-ROM-Laufwerk GCR-848SB von Hitachi/LG sowie ein Tape Drive DAT72-052 von Seagate und ein Floppy-Laufwerk. Das DAT-Laufwerk steuert ein Adaptec-SCSI-Onboard-Controller, Typ 39320A Ultra320, an. Eine zweite Netzwerkkarte NetXtreme II BCM5708 Gigabit Ethernet von Broadcom sowie der Remote-Management-Controller DRAC 5 von Dell runden die Hardwareausstattung des Servers ab.

Versuchskandidat: Als Testobjekt für unseren Praxistest kommt der Dell PowerEdge 1900 zum Einsatz.

Das Kühlungssystem des Servers besteht aus insgesamt sechs Lüftern und ist redundant ausgelegt. Die Lüfter sind zudem hotplug-fähig. Die nötige elektrische Energie für das System liefert ein 800-Watt-Netzteil.

Testverfahren

Die Leistungsmessung führen wir mit einem Leistungsmesser, Typ M-4660M von Voltcraft, durch. Gemessen wird die Gesamtleistungsaufnahme des Servers im Leerlauf und Lastmodus. Im Leerlauf befindet sich der Server im „Ruhezustand“, nur der Windows-Server-2003-Desktop ist sichtbar. Unter Last werden permanent Programmdateien auf dem Storage-System kopiert. Zusätzlich läuft im Hintergrund der SunGuard-ACR-Benchmark, der multithreaded arbeitet und die Quad-Core-Prozessoren nahezu 100 Prozent belastet.

SunGards Adaptiv Credit Risk 2.5 ist ein Analysetool für den Finanzbereich. Basierend auf modifizierten Monte-Carlo-Simulationen berechnet das Programm den künftigen Wert einer Anlage auf Basis vorhandener Marktdaten.

Strom sparen mit Powermanagement

Server sollen in der Regel mit maximaler Performance rund um die Uhr arbeiten. Dabei verbrauchen sie auch die meiste Energie. Allerdings sieht die Praxis oft anders aus. Das System ist häufig nicht ausgelastet und verrichtet zum Beispiel nachts nur wenige beziehungsweise gar keine Aufgaben.

Mit wenig Aufwand lassen sich durch Aktivieren des entsprechenden Powermanagement-Modus auch beim Server einige Watt an Energie sparen. Neben dem BIOS-Setup des Server-Systems muss jedoch auch das Betriebssystem das Powermanagement unterstützen. Windows- und aktuelle Linux-Betriebssysteme bieten diesen Support bereits.

In der Tabelle führen wir die sechs Standard-Energieschemata von Windows Server 2003 auf. Je nach Schema arbeiten die Prozessoren im Netzbetrieb mit der maximalen oder dynamisch angepassten Taktfrequenz.

Energieschemata Windows Server 2003

Energieschema

Taktfrequenz Netzbetrieb

Zuhause / Büro / Desktop (Home / Office Desk)

maximal

Tragbar / Laptop (Portable / Laptop )

dynamisch

Präsentation (Presentation)

dynamisch

Dauerbetrieb (Always On)

maximal

Minimaler Energieverbrauch (Server Balanced Processor Power and Performance)

dynamisch

Minimale Batteriebelastung (Max Battery)

dynamisch

In einem Praxistest haben wir die Theorie überprüft und die Leistungsaufnahme unseres Servers im Leerlauf und unter Last gemessen. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Resultate und die damit verbundene Energiekostenersparnis.

Energiekostenersparnis durch Powermanagement

Server-Last

Elektrische Leistung, Minimal Power Management (Wh)

Elektrische Leistung, Always On (Wh)

Differenz (Wh)

Kostenersparnis (Euro pro Monat)

Server-Leerlauf

309

316

7

0,9

Server-Teillast (20 Prozent)

322

324

2

0,3

Server-Volllast

389

389

0

0

(Preis pro KWh: 0,18 Euro, Monat: 30 Tage)

Die aktivierten Energiesparoptionen beim Betriebssystem Server 2003 bieten in unserem Testszenario nur wenige Einsparmöglichkeiten.

Powermanagement-Optionen effizient nutzen

In jedem kleinen und großen Unternehmen gibt es Server, die über mehrere Stunden keine Aufgaben bearbeiten müssen. Was liegt da näher als diese Systeme aus Energiespargründen auszuschalten beziehungsweise in den Ruhezustand (Hibernate) oder Standby zu versetzen.

Um einen solchen „deaktivierten“ Rechner wieder einzuschalten, bieten der Server beziehungsweise die installierten Netzwerkkarten die so genannte Wake-on-LAN-Funktion. Über diese lässt sich der Server von einem anderen System über eine direkte Anfrage über das Netzwerk aktivieren. Je nach Powermanagement-Zustand verbraucht der Server unterschiedlich viel Leistung, wie die folgende Tabelle zeigt.

Energiekosten im Vergleich

Powermanagement

Elektrische Leistung, Minimal Power Management (Wh)

Kosten pro Monat (Euro)

Ausgeschaltet

16

2,1

Ruhezustand

17

2,2

Standby

286

37,1

Server-Leerlauf

309

40,0

Server-Last

389

50,4

(Preis pro KWh: 0,18 Euro, Monat: 30 Tage)

Voraussetzung für ein optimal funktionierendes Powermanagement ist ein ACPI-konformes System. Denn erst ein Server mit stringenter ACPI-Funktionalität geht bei lang anhaltender Inaktivität selbstständig in einen energiesparenden Modus wie Standby oder Ruhezustand.

Freie Auswahl: Das Betriebssystem des Servers bietet einige Optionen, um bei wenig ausgelasteten Systemen Energie zu sparen.

Im Standby-Zustand laufen große Teile des Servers wie CPUs oder Festplatten mit reduzierter Performance beziehungsweise sind abgeschaltet, daraus resultiert ein geringerer Energieverbrauch. So spart unser Testsystem im Standby gegenüber dem Leerlauf etwa 23 Watt.

Stromsparende Netzwerkkarte: Eine ACPI-konforme Netzwerkkarte unterstützt verschiedene Powermanagement-Funktionen.

Beim Ruhezustand werden die aktuell verwendeten Daten auf die Festplatte geschrieben, und alle Komponenten, die den Aufweckvorgang nicht unterstützen, sind abgeschaltet. Der Server befindet sich im Zustand mit dem geringsten Energieverbrauch, der etwa dem ausgeschalteten Zustand entspricht.

Energievergleich: Intel SpeedStep und AMD PowerNow!

Um das Powermanagement verschiedner Prozessoren beziehungsweise CPU-Hersteller zu vergleichen, haben wir eine Testumgebung in baugleichen Server-Gehäusen von Colfax geschaffen. Architekturbedingt unterscheiden sich nur das Mainboard sowie der Speicher. Die übrigen Komponenten wie Lüfter, Netzteil und Storage sind identisch. Um auch beim Arbeitsspeicher möglichst gleiche Voraussetzungen zu erreichen, kommen jeweils acht 1-GByte-DIMMs mit DDR2-667-SDRAM zum Einsatz. Das AMD-System benötigt dabei Registered DIMMs, Intels Prozessoren arbeiten mit FB-DIMMs zusammen. Die Powermanagement-Features wie PowerNow! bei AMD und SpeedStep bei Intel sind bei allen Messungen aktiviert.

Im folgenden Diagramm vergleichen wir den Systemverbrauch unter Windows Server 2003 R2 x64 im „Leerlauf“ ohne aktivierten Energiesparmodus (Energie-Schemata „Always On“):

Jetzt sind die Energiesparfunktionen Intel SpeedStep und AMD PowerNow! zum dynamischen Senken von Taktfrequenz und Core-Spannung aktiv (Energie-Schemata „Server Balanced Processor Power and Performance“). Windows befindet sich weiterhin im „Leerlauf“:

Sind die Prozessoren sowie der Speicher unter hoher Last, so steigt der Energiebedarf der Plattformen auf die im Diagramm aufgeführten Werte. Der Test erfolgt bei deaktivierten Powermanagement-Features mit Linpack 2.1.2 unter CentOS Linux 4.4 64 Bit:

Intel spezifiziert den Quad-Core-Xeon E5345 wie das Dual-Core-Modell Xeon 5160 mit einem TDP-Wert von 80 Watt. Der auf der NetBurst-Architektur basierende Dual-Core-Prozessor Xeon 5080 besitzt dagegen einen TDP-Wert von 130 Watt. Alle Modelle fertigt Intel im 65-nm-Verfahren. Den Opteron 2218 produziert AMD noch im 90-nm-Verfahren. Den TDP-Wert der Dual-Core-CPU spezifiziert der Hersteller mit 95 Watt.

Die Tests zeigen, dass schon die Auswahl einer entsprechenden CPU – abhängig von der Performance – Strom sparen kann. Auch das Powermanagement der Prozessoren wirkt je nach Systembelastung energiesparend.

Kontroll-Tools fürs Powermanagement

Nach dem Aktivieren von bestimmten Powermanagement-Optionen sollte der Anwender die entsprechenden Parameter wie Core-Frequenz oder -Spannung auch überprüfen können. Windows und Linux bieten standardmäßig nur einen Performance-Monitor für die Prozessoren und das Netzwerk an. Detaillierte Informationen über die CPU (abhängig von der Linux-Distribution) werden nicht angezeigt.

Auf einen Blick: Die Auslastung der CPU-Cores veranschaulicht der Windows Task Manager im Folder Performance.

Deshalb bietet der Markt dem Anwender teils kostenfrei zahlreiche Tools wie RightMark oder CPU-Z, um die Hardwareeigenschaften und elektrischen Parameter zu kontrollieren. Zu dem häufigsten verwendeten Servicetool zählt CPU-Z von CPUID. Es liegt aktuell in der Version 1.38 vor und unterstützt alle aktuellen x86-Prozessoren.

Hardwaredetails: Das Tool CPU-Z von CPUID informiert ausführlich über die einzelnen Parameter der eingesetzten Komponenten.

So zeigt CPU-Z alle relevanten Parameter der eingesetzten Prozessoren an. Aktiviert der Anwender das Powermanagement des Servers, kann er mit diesem Programm sofort die Auswirkungen auf die CPU-Einstellungen kontrollieren.

Zu beachten ist, dass ständig neue Prozessoren mit veränderten Parametern wie Core-Spannung und FSB-Frequenz auf den Markt kommen und die Kontrolltools für diese Neulinge erst angepasst werden müssen. Ein Blick in die Programm-History gibt entsprechende Infos über die unterstützte Hardware.

Strom sparen mit Virtualisierung, Multi-Threading und Scheduling

Server sind normalerweise für eine bestimmte Aufgabe wie beispielsweise für Web- oder File-Services konzipiert. Je nach Verwendung arbeiten diese Systeme in der Regel nicht immer mit voller Performance. Das gilt sowohl für einzelne Geräte als auch für Systeme, die im Verbund zusammengeschlossen sind.

Benötigt ein Unternehmen für ein zusätzliches Aufgabengebiet eine bestimmte Rechenleistung, so wird normalerweise einfach ein neuer Server mit den entsprechenden Erfordernissen gekauft. Diese Vorgehensweise ist zwar einfach, aber ineffektiv und zudem kostspielig. Denn in diesem Falle wäre der Einsatz von Virtualisierungstechnologie der bessere Weg.

Bei der Virtualisierung werden statt vieler kleiner oder mittlerer physikalischer Server wenige sehr gut ausgestattete Wirtssysteme benötigt. Auf dem Wirtssystem läuft je nach Ausstattung eine Vielzahl virtueller Systeme, die zuvor mehrere Server-Racks füllten. Durch den Einsatz von virtuellen Maschinen lassen sich Server in punkto Performance optimal ausnutzen, so dass zusätzliche Neuanschaffungen unter Umständen entfallen können. Das entlastet das Hardwarebudget und verringert auch die Kosten für den zusätzlichen Strom.

Das Gleiche gilt auch für die Multi-Threading-Technologie. Anwendungen, die bisher im Single-Thread-Modus liefen, sollten überprüft werden, ob diese in aktuellen Versionen nicht mittlerweile Multi-Threading-Unterstützung bieten. Das spart eventuell die Anschaffung neuer unnötiger Hardware und somit gleichzeitig zusätzliche Energiekosten.

Eine effektive Auslastung der Server-Kapazität kann auch durch ein intelligentes „Scheduling“ der Arbeitsprozesse erreicht werden. So können zeitunkritische Anwendungen zum Beispiel nachts laufen, um die am Tag benötigte Server-Leistung nicht unnötig zu belasten.

Fazit

Die System-Performance ist ein zentrales Kriterium für den Kauf beziehungsweise Betrieb eines Servers. Doch mehr und mehr rücken die Energiekosten eines Servers in den Vordergrund. Denn diese summieren sich im Laufe der Betriebszeit von etwa drei bis vier Jahren zu einem Betrag, der schnell den Beschaffungswert übersteigen kann.

Wie unser Artikel exemplarisch zeigt, ist Stromsparen nicht nur der Hardware vorbehalten, sondern auch die Software beziehungsweise das Betriebssystem helfen, die Energiekosten zu reduzieren. So kann das aktivierte Powermanagement des Servers bei verschiedenem Lastverhalten dynamisch den Stromverbrauch auf einen möglichst geringen Verbrauch regulieren. Mit Hilfe der SpeedStep-Technologie bei Intel- oder PowerNow! bei AMD-Prozessoren lässt sich sowohl unter Windows als auch unter Linux Energie sparen.

Doch weitaus größeres Einsparpotenzial bieten Softwarekonzepte wie die Virtualisierungstechnologie und Multi-Threaded-Applikationen. So können Applikationen im Multi-Threaded-Modus je nach Anzahl der aktiven Threads entsprechend schnell ihre Arbeit erledigen und die vorhandene Hardware besser ausnutzen. Die Anschaffung neuer zusätzlicher Hardware könnte sich somit erübrigen.

Bei der Virtualisierung, zum Beispiel mit VMware, lassen sich mehrere verschiedene Betriebssysteme auf einem Server zeitgleich aufsetzen und benutzen. Die virtualisierten Systeme sind je nach Hardwareausstattung etwas langsamer als vergleichbare Installationen auf identischen separaten Servern. Die effektive Ausnutzung der Ressourcen durch die Virtualisierung kann die Neuanschaffung eines Servers vermeiden und somit auch überflüssige Energiekosten sparen.

Wer seinen Server nicht ständig benötigt, sollte auch die Powermanagement-Optionen wie Standby und Ruhezustand (Hibernate) nutzen. Die Energieeinsparungen sind bei diesen Funktionen lohnend. (hal)