TFT-Displays: Widescreen auf dem Vormarsch

13.05.2006 von Klaus Hauptfleisch
Breitbild hat sich bei Notebooks und Flachbildfernsehern mittlerweile durchgesetzt. Die Industrie hofft, dass Widescreen nun auch bei Monitoren Einzug hält. Doch hier mangelt es noch an Akzeptanz - noch!

LCD-Bildschirme haben gemäß einer Studie der Marktforscher von Displaysearch gegenwärtig eine weltweite Marktpenetration von nahezu 75 Prozent erreicht. Im EMEA-Raum beträgt ihr Anteil sogar fast 85 Prozent. Doch schon beginnt die Industrie von einer Marktsättigung zu sprechen. Für das erste Quartal des laufenden Jahres erwartet man bereits einen leichten Wachstumsrückgang nach durchschnittlichen quartalsmäßigen Wachstumsraten von rund acht Prozent im Vorjahr. Aber: Dieser Rückgang betrifft nur die herkömmlichen LCDs mit einem Seitenverhältnis von 4:3.

Ganz anders sieht es bei den Widescreen-Formaten mit Seitenverhältnis 16:10 aus. Hier sagen die Auguren von Displaysearch weltweit einen Sprung von 35 Prozent im ersten Jahresquartal voraus. Im dritten Quartal des vorigen Jahres lag die Wachstumsrate dieser Displays sogar bei über 50 Prozent. Schon ist die Rede von einem neuen Ersetzungs-Zyklus: 4:3 raus, 16:10 rein.

Kritische Stimmen

Doch es gibt auch kritische Stimmen wie die von Sarah Liu, Assistant Manager der Philips-Marktforschung. Ihr zufolge lag der Anteil von Widescreen-Panels am weltweiten TFT-Monitormarkt im dritten Quartal 2005 bei gerade einmal zwei Prozent. Erst 2008 soll der Anteil knapp zehn Prozent erreichen.

Liu zufolge sind Widescreen-Monitore für die Kunden nicht unbedingt attraktiver. Denn die meisten Käufer beurteilten die Größe eines Monitors nach dessen Höhe. Und mehr Fläche gewinne man durch Widescreen auch nicht, im Gegenteil. So misst ein 16:9-Monitor mit 20 Zoll Bilddiagonale 182 Quadratzoll, während ein 4:3-Gerät mit 20,1-Zoll-Bilddiagonale 194 Quadratzoll groß sei. Diese Rechnung stimmt natürlich, doch kaum ein Kunde wird mit Zollstock und Taschenrechner bewaffnet zum Display-Kauf schreiten.

Weniger Verschnitt - mehr Marge

Ob 16:9 für Fernseher oder 16:10 für Monitore, Breitbild entspricht viel mehr dem "Goldener Schnitt", auch "göttliche Teilung" genannten und für das menschliche Auge als angenehm empfundene Seitenverhältnis von 1,618. Aber nicht der künstlerisch-ästhetische Aspekt bewegt die Industrie, Widescreen nach vorn zu treiben. Wichtiger sind wirtschaftliche Gründe und der Nutzen für den Anwender.

Die Panel-Hersteller favorisieren Widescreen aus einem einfachen Grund: Breitformate, egal ob für Fernseher, Notebooks oder als Computermonitor, versprechen in den neuesten Panel-Werken der Generationen 5.5 bis 7.5 (bei LG Philips bereits im Betrieb) eine höhere Ausbeute bei geringerem Verschnitt. So sollen sich aus einem 2,7 qm großen Mutterglas in einem 6G-Werk mit Breitbild vier mehr 20-Zöller als 4:3-Panels mit gleicher Bilddiagonale herausschneiden lassen. Die Ausnutzung steige somit um 15 Prozentpunkte auf über 90 Prozent, heißt es von den Unternehmen.

Das bedeutet also letztlich höhere Margen. Allerdings lautet eine Binsenweisheit aus der IT: Wo immer der Mainstream fließt, gehen auch die Preise den Bach runter. So ist es kein Wunder, dass es heute schon Widescreen-Monitore mit 17 oder 19 Zoll gibt, die weniger kosten als ähnlich gute Geräte im Standardformat 4:3.

Bei Notebooks schon fast Standard

Bei den Notebooks hat das breite Format bereits klar die Nase vorn. Im vierten Quartal 2005 lag sein Anteil schon bei über 51 Prozent, und er soll noch weiter steigen. Die Branchenbeobachter von Displaysearch erwarten, dass von den für dieses Jahr prognostizierten 76 Millionen Notebook-Panels 60 Prozent im Widescreen-Format sein werden. 2007 könnten es 70 Prozent sein. Die wichtigsten Notebook-Panel-Lieferanten sind die koreanischen Hersteller Samsung (25 Prozent Weltmarktanteil) und LG Philips (22 Prozent) sowie Quanta Display aus Taiwan (13 Prozent).

Bei TFT-Monitor-Panels sieht es derzeit noch nicht nach einem glatten Durchmarsch von Widescreen aus. Sein Anteil innerhalb des letzten Quartals wuchs "nur" von drei auf fünf Prozent. Fürs erste Quar-tal 2006 rechnet Displaysearch bei TFT-Monitor-Panels mit einem Widescreen-Anteil von rund zehn Prozent.

Breitbild punktet daheim…

Die insgesamt dennoch günstige Marktentwicklung für breitformatige Displays kann aber nicht nur mit dem Wunsch der Industrie nach dem nächsten Erneuerungszyklus und damit verknüpften Marketing-Aktivitäten erklärt werden. Denn tatsächlich bringen die Breitformate einige zählbare Vorteile für den Anwender mit sich, sowohl für den professionellen als auch für den Entertainment-User. Wenn beispielsweise ein Gamer bei einem spannenden Adventure-Spiel den Feind bereits wittert und dann an die seitlichen Grenzen seines Bildschirms stößt, ist die Freude meist getrübt. Da helfen Widescreen-Displays: Sie ermöglichen einen größeren Bildausschnitt und verstärken das dreidimensionale Feeling.

Aber nicht jede Grafikkarte und jedes Spiel unterstützen Widescreen. Das hat zur Folge, dass an einem entsprechenden Monitor wie bei falsch eingestellten Fernsehern Spielfiguren gestaucht und zu breitgesichtig erscheinen. Microsoft hat allerdings angekündigt, in dem neuen Betriebssystem Vista, das Ende 2006 erscheinen soll, Widescreen-Unterstützung zu verankern. Und damit wird erwartet, dass auch die meisten Spieleentwickler auf das 16:10-Format umstellen werden.

Auch Heimkinofans haben mit einem Widescreen mehr Spaß: Da das Seitenverhältnis annähernd mit dem bei DVDs üblichen 16:9-Format übereinstimmt, werden die störenden schwarzen Balken am unteren und oberen Bildschirmrand auf ein Minimum reduziert. Das Ergebnis ist ein Breitwandgefühl fast wie im Kinosaal.

… und erst recht im Büro

Doch Widescreen-Monitore machen sich vor allem im Büro bezahlt. Mit ihrer großformatigen Darstellung lässt es sich komfortabler und effizienter - sprich: ergonomischer - arbeiten als mit einem Normaldisplay. Es können mehrere Objekte gleichzeitig angezeigt werden, und dazu ist auch noch Platz für diverse Werkzeugleisten. Der Anwender muss also nicht ständig Fenster oder Menüleisten verschieben und spart sich oft auch das lästige Scrollen. Bilder, Textdokumente oder Tabellen können größer dargestellt werden. Das schont die Augen des Anwenders und sorgt dafür, dass er auch bei intensiver Arbeit länger fit bleibt.

Viele Anwender von Layoutprogrammen wie Quark Xpress oder Adobe Indesign haben sich schon daran gewöhnt: Auf ihrem meist ohnehin zu kleinen Schreibtisch stehen zwei Monitore nebeneinander. Einer dient zur Anzeige des aktuellen Objekts, der andere beherbergt die oft umfangreichen Werkzeugleisten. Denn kaum etwas nervt einen professionellen Anwender mehr, als wenn er vor je-dem Befehl oder jeder neuen Einstellung erst das passende Menü aufklappen, es dann an eine ge-eignete Stelle schieben und nach erledigtem Manöver gleich wieder schließen muss.

Setzt der Layouter nun ein Widescreen-Display ein, kann er sich einen zweiten Bildschirm sparen, er gewinnt folglich Platz auf der Arbeitsfläche. Das schont schließlich auch den Geldbeutel, denn ein breites Display kostet weniger als zwei Normalmonitore inklusive der notwendigen zwei Grafikkarten beziehungsweise einer Dual-Head-Karte. Zum anderen verbessert sich für den Layouter auch die Ergonomie. Denn da sich mehrere Objekte, beispielsweise Buch- oder Zeitschriftenseiten, gleichzeitig darstellen lassen und daneben auch noch mehrere Menüleisten passen, spart er sich das Springen zwischen den Seiten und kann die verschiedenen Seiten besser miteinander vergleichen und Fehler einfacher entdecken.

Widescreen ist ergonomischer

Doch auch "normale" Büroanwender fahren mit dem breiten Format oft besser. Tabellen beispielsweise sind das A und O von Kalkulationsprogrammen wie Microsoft Excel und von Warenwirtschafts- oder CRM-Systemen. Doch bei der Darstellung komplexer Tabellen stößt ein normales 4:3-Display schnell an seine Grenzen, denn die Anzahl der Spalten geht über die Breite des Displays hinaus. Ein Widescreen-Display sorgt auch hier für mehr Überblick. Die zusätzliche Breite erspart dem Anwender das zeitraubende und nervtötende Hin- und Herscrollen. Und wenn er die gesamte Tabelle im Blick haben will, muss er sie nicht zwangsläufig bis zur Unleserlichkeit zoomen.

Widescreen-Displays können darüber hinaus nicht nur eine, sondern auch zwei Applikationen über-sichtlich darstellen. Das kann bei klassischen Büroanwendungen sehr praktisch sein: Ein Fenster dient zum Beispiel für die Recherche im Internet. Hat man das Gesuchte gefunden, wechselt man mit einem Mausklick in das Fenster des Textverarbeitungsprogramms, zum Beispiel Word, und tippt seine Informationen in das geöffnete Dokument. Ebenso einfach und effizient lassen sich mit zwei parallel geöffneten Fenstern Daten vergleichen und aktualisieren.

Auch im 3-D-Bereich kann ein Widescreen-Monitor die Arbeit erleichtern. Denn hier wird es mit einem normalformatigen Monitor schnell unübersichtlich: Die Menüfelder verdecken das Objekt, an dem der Anwender gerade werkelt. Er muss die Funktionsleisten entweder immer wieder von einer Ecke in die andere schieben oder jedes Mal auf- und zuklappen. Das nervt und kostet Zeit. Wenn er die Toolbars um das Fenster mit dem Planungsobjekt anordnet, hat er zwar mehr Platz. Dann ist aber das Bild in der Mitte so klein, dass keine Details mehr zu erkennen sind.

In dieser Situation ist ein zweiter Monitor für viele der Ausweg. Der eine zeigt das Objekt, der andere dient als Ablagefläche für die Werkzeugleisten der Software. Diese Lösung bedeutet jedoch zusätzli-che Kosten, nicht nur für den zweiten Bildschirm. Der Rechner braucht auch noch eine zweite Grafik-karte oder eine Dual-Head-Karte, an die sich zwei Monitore anschließen lassen. Auch hier ist ein Wi-descreen die kostengünstigere Lösung. Zudem muss sich der Anwender keine Gedanken darüber machen, ob sein Computer überhaupt zwei Grafikkarten parallel unterstützt. (mec)

Dieser Beitrag stammt von unserer Schwesterzeitschrift ComputerPartner, der Fachzeitschrift für den ITK-Handel.

Bildnachweis Aufmacherfoto: obs/Degussa AG