TFT-Displays: Status quo und die Zukunft

10.11.2006 von Klaus Hauptfleisch
Der deutsche Monitor- und TFT-Markt im ersten Halbjahr und besonders im zweiten Quartal 2006 war geprägt von einem extremen Preisverfall. Woran dies liegt und was die Zukunft bringt, beantworten Experten im folgenden Gespräch.

Im ersten Halbjahr 2006 sind die Preise für TFT-Displays deutlich gesunken, seit dem Sommer sind ist zumindest in einigen Segmenten eine Preisstabilität zu beobachten. Geht es nach den Analysten, dann steigen die Preise zum Jahresende sogar.

Den Markt dominieren aktuell TFT-Displays mit Diagonalen von 17 und 19 Zoll im Standardformat. Inzwischen sind zunehmend Displays mit diesen Diagonalen im Widescreen-Format verfügbar. Diese verzeichnen zwar hohe Zuwachsraten, stellen in Europa bisher aber nur einen einstelligen Prozentsatz des Gesamtmarktes. Dies könnte sich 2007 erheblich ändern, Analysten sehen unter anderem die Einführung von Windows Vista als Motivation dafür.

Welche Diagonalen sind auf dem Vormarsch und welche Preisentwicklungen sind in näherer Zukunft zu erwarten? Diese und viele andere Fragen klärt diese Expertenrunde hier:

Die Fragen stellte Klaus Hauptfleisch von unserer Schwesterzeitschrift ChannelPartner, der Fachzeitschrift für den ITK-Fachhandel.

Wenn Sie sich für den technologischen Fortschritt bei Displays interessieren, finden Sie dazu Informationen in dem Beitrag Display-Trends: OLED, ePaper und 3D. Den Trend zu breitformatigen Bildschirmen erläutert der Artikel TFT-Displays: Widescreen auf dem Vormarsch ausführlich.

Panelpreise und Diagonale

Herr Bruijnincx, nach einem drastischen Preisverfall im ersten Halbjahr sind die Panel-Preise für 17 und 19 Zoll große Monitore von Juni wieder gestiegen, während die für LCD- und Plasmafernseher weiter im Preis fallen. Was sind Ihre Erwartungen für das vierte Quartal?

Bruijnincx: Der Preisverfall im ersten Halbjahr war wirklich unglaublich. Da ging es jeden Monat um einen Zehner nach unten, und das sowohl bei 17- als auch bei 19-Zöllern. Im Juni/Juli war der Tiefstpunkt erreicht, und da haben wir gesagt: Genug, mehr machen wir nicht mit. Seit Juli gehen die Preise aber wieder nach oben. Die fliegen praktisch an die Decke. 19-Zoll-Panels ziehen nach, wenn auch langsamer als 17-Zöller. Da nur noch wenige Hersteller 17-Zoll-Panels fertigen, sind diese zurzeit unheimlich knapp. Die Preise können daher im vierten Quartal nur hochgehen.

Will denn überhaupt noch jemand 17-Zoll-Monitore haben?

Bruijnincx: Aber ja, 17 Zoll ist das geworden, was früher 15-Zöller waren. 2007 werden sie langsam auslaufen, aber das geht natürlich nicht über Nacht, und momentan ist die Nachfrage immer noch groß. Man beobachtet natürlich auch eine starke Verschiebung zu 19 Zoll und größer, aber der 17-Zoll-Markt hat weiterhin Bestand.

Herr Dassau, die Panel-Preise für 17-Zoll-Panels sind von Juni bis Mitte September von 103 Dollar auf 130 Dollar wieder um einiges gestiegen. Die Gerätepreise scheinen sich aber nicht in dem Maße nach oben zu bewegen.

Dassau: Es ist auch schwierig, das dem Endkunden zu erklären, zumindest dem Konsumenten. Wir kennen das von unseren großen Flächenmärkten: Preiserhöhungen werden nie weitergegeben. Im Gegenteil, die wollen immer noch tiefere Preispunkte sehen. Im B2B-Umfeld ist das natürlich anders, da kommt es auch nicht auf die Preispunkte, sondern auf Qualität an.

Bruijnincx: Dazu muss man sagen, dass Preiserhöhungen noch nicht erfolgt sind, weil die Pipeline noch mit Einkäufen gefüllt ist oder war. Bei den Retailern und Distributoren bevorratete Ware verkauft sich teilweise noch durch. Aber die Sommer-Panels werden bald aufgebraucht sein, und wenn frische Ware eingekauft wird, gibt es gar keine andere Möglichkeit, als die Preise zu erhöhen.

Herr Reinhard, welche Rolle spielt oder spielte die RoHS-Thematik bei dem Preisverfall im ersten Halbjahr? Und ist das Thema heute vom Tisch?

Reinhard: Heute sehe ich das Thema nicht mehr. Aber einer der Gründe, warum sich die Preise im Sommer so sehr nach unten bewegt haben, war der, dass die Hersteller noch schnell Altware losschlagen mussten. Und da sind teilweise Preispunkte gesetzt worden, die sicherlich subventioniert waren. Aber ich denke, so wie der Kollege Bruijnincx gesagt hat: Die Ware ist langsam durchverkauft. Die Lager leeren sich. Und im Bereich 17-Zoll gehen wir auch schon ein Stück nach oben in den nächsten Wochen.

Neue Technologien

Was ist von neuen Technologien rund um Monitor und Fernseher zu erwarten? Ich denke da an LED-Backlight, den DVI- und VGA-Ablöser Displayport und HDMI 1.3.

Reinhard: Auf der Photokina haben wir schon einen 20-Zoll-Monitor mit LED-Backlight gezeigt. Wenn man das Bild mal gesehen hat, muss man sagen: Die Qualität spricht für sich. Das ist auch eine Möglichkeit, mit einem Produkt nicht in die Preisdiskussion zu gehen.

Wie sieht es mit der Verfügbarkeit aus?

Reinhard: Ich denke, das hängt auch ein wenig davon ab, wie die Nachfrage nach dem Produkt sein wird. Bis heute ist mir allerdings nicht bekannt, dass wir Verfügbarkeitsprobleme hätten. Aber es werden von uns auch keine hohen Stückzahlen erwartet. Wichtig ist, dass das Thema erstmal bekannt wird. Mit rund 1.500 Euro ist es ein recht hochpreisiges Produkt mit Color Management, mit dem wir uns erstmal in der Nische und im professionellen Segment bewegen werden.

Klein: Da muss ich energisch widersprechen. NEC hat seit 18 Monaten Monitore mit LED-Backlight, und wir sind nach wie vor die Einzigen am Markt, die solche Geräte kalibrierbar für professionelle Anwendungen anbieten. Wir bewegen uns natürlich in einem ganz anderen Preissegment von 5.000 Euro aufwärts. Ihre Aussage, dass Ihre Geräte für das professionelle Segment geeignet sind, halte ich für schlichtweg falsch. Das Ihre ist ein Komplett-Bundle mit Sensor, das ganz klar auf den Consumer-Bereich ausgelegt ist und eben nicht für den professionellen Bereich, weil man die Farben eben nicht kalibrieren kann.

Herr Krebs, Sie wollen einen 19-Zoll-LED-Monitor für etwa 379 Euro auf den Markt werfen. Da haben wir jetzt drei sehr unterschiedliche Preispunkte gehört. Kann man die Qualitätsunterschiede sehen?

Krebs: Man muss sie nebeneinander stehen sehen und schauen, ob die Differenzen auf monitärer Seite so sehr ins Auge stechen. Ich selber habe unser Gerät allerdings auch noch nicht gesehen.

Neue Schnittstellen

Was bringen Displayport und HDMI 1.3?

Klein: HDMI 1.3 ist sicherlich unkritisch, weil es zu HDMI 1.2 abwärtskompatibel ist. Sobald die Hersteller die Schnittstelle zu vernünftigen Kosten einbauen können, werden sie es tun. Aber das ist auch wieder eine Fernsehtechnologie. Wir im professionellen Segment sehen da keine Nachfrage. Displayport und Ähnliches hängen davon ab, was die Grafikkartenhersteller machen. Da kann es sein, dass wir - wie bei der neuen DVD oder früher bei der Videokassette - zwei konkurrierende Standards haben.

Das heißt, wir haben quasi wieder proprietäre Lösungen ...

Klein: Richtig. Im Extremfall wird es dann so sein, dass der eine oder andere Grafikkarten- und Monitorhersteller duale Lösungen anbietet, so wie es bei DVD-Brennern der Fall ist. Aber das ist natürlich auch mit Mehrkosten für den Kunden verbunden.

Blickt der Kunde überhaupt noch durch bei den ganzen Schnittstellen?

Bauer: Im Gegenteil, die Unsicherheit wird größer. Ich glaube, wir leiden sowieso darunter, dass immer wieder neue Features propagiert werden. Der Kunde wird dadurch verunsichert und fragt sich: Soll ich jetzt oder erst später kaufen? Wir haben heute noch keine wirkliche HDTV-Anwendung, Premiere via Satellit ausgenommen, und das funktioniert auch sehr gut. Der Empfang über Kabel ist noch nicht gegeben, von Pilotprojekten in einigen Gegenden vielleicht abgesehen.

Trends bei TFT-Diagonalen

Was ist überhaupt aktuell im Office: 17-Zoll, 19-Zoll?

Dassau: Installierte Basis bei Unternehmen sind immer noch hauptsächlich 15-Zöller. Verkauft werden jetzt natürlich auch verstärkt 17-Zoll und auch 19-Zoll im B2B-Bereich. Wenn ich allerdings Leute einstelle und vielleicht 100 Mitarbeiter habe, dann kann ich den zehn neuen nicht einen 19-Zöller hinstellen, wenn die anderen noch an einem 17-Zöller arbeiten. Wenn ich komplett neu ausstatte, dann ist das kein Problem, und es wird sicherlich ein 19-Zöller genommen, der kostet ja eh fast das Gleiche.

Bruijnincx: Im B2B-Bereich geht der Trend bei neuen Projekten eindeutig zu 19-Zoll und 17-Zoll. Wir glauben auch, dass Widescreen wachsen und mit Vista noch mal einen deutlichen Schub erleben wird. Wir sehen auch, dass die Panel-Hersteller 20-Zoll plus Widescreen forcieren. Da ist nicht mehr relevant, was der Endkunde will. Die Panel-Hersteller entscheiden letztendlich, was auf den Markt kommt.

Dassau: In Deutschland hat Widescreen nur einen Marktanteil von knapp fünf Prozent. 17-Zoll geht fast gar nicht, bei 19-, 20-, 22- und 23-Zoll sind es an die sechs Prozent. (Marktforscher waren für Widescreen schon im zweiten Quartal 2006 von mindestens zehn Prozent ausgegangen, Anm. d. Red.)

Klein: 21-Zoll wide ist im Prinzip vergleichbar mit 19-Zoll im 4:3-Format. Aber die Panel-Fabriken sind durch das erwartete LCD-TV-Geschäft auf Widescreen optimiert, und damit geht von Panel-Seite der Trend eindeutig in Richtung Breitbild. Sieht der Kunde, dass 21-Zoll wide genauso viel kostet wie ein herkömmlicher 19-Zöller, denkt er, 21 ist besser als 19 Zoll, und merkt gar nicht, dass er in der Fläche nichts hinzugewonnen hat.

Bruijnincx: Ja, und 19 Zoll wide entspricht ungefähr der Fläche eines herkömmlichen 17-Zöllers. Übrigens, jetzt wo alle Panel-Werke mit der TV-Produktion ausgelastet sind, gibt es keine Monitor-Panels. Es ist jedes Jahr dasselbe Spiel.

Die Preisentwicklung 2006

Jedes Jahr erleben wir einen ähnlichen Schweinezyklus, aber dieses Jahr war es doch etwas extrem, oder?

Bruijnincx: Die RoHS-Richtlinien haben eine große Rolle gespielt. Da sind einige Hersteller mit äußert attraktiven Preisen hineingegangen in den Markt und haben immer noch einen draufgelegt. Und was ist passiert? Monitorhandel ist wie Fischhandel, jeden Tag ein neuer Preis. Wenn sich dann zeigt, dass die erwartete Nachfrage nicht erzeugt wird und noch einer einen neuen Preispunkt draufschlägt, dann ist der Markt am Ende tot. Das haben wir im zweiten Quartal gesehen. Nach 1,7 Millionen Monitoren ein Jahr zuvor sind im zweiten Quartal dieses Jahres nur 1,3 Millionen Stück verkauft worden. Aber was machen Sie, wenn Sie sich einen neuen Monitor kaufen wollen und sehen, dass der Preis Monat für Monat nach unten geht? Angefangen hat es mit einem 19-Zöller für 299 Euro bei Media Markt. Dann kamen 279, 249, 229 und schließlich 199 Euro. Die Leute warten lieber noch vier Monate und denken, sie könnten den Monitor dann kostenlos mitnehmen.

Ist der Monitormarkt vielleicht auch deswegen eingebrochen, weil sich viele Privatkunden ein Notebook zugelegt haben?

Dassau: Wir brauchen gar nicht darüber zu reden, dass jeder, der sich einen neuen Fernseher kauft, auch bei einem Monitor zuschlägt. Wenn ich nur ein Budget von 1.000 Euro habe, kann ich es nur einmal und nicht dreimal ausgeben. Wenn die Marktforscher prognostizieren, dass Fernseher und Monitore explodieren, kann da etwas nicht stimmen.

Was bringt 2007?

Was erwarten Sie für das Weihnachtsgeschäft und für das erste Quartal 2007?

Bruijnincx: Steigende Preise und einen knappen Markt. 2007 werden wir insgesamt nicht so einen drastischen Preisverfall sehen wie in der ersten Hälfte 2006. 17-Zoll wird auslaufen, dafür geht der Trend zu 19-Zoll-Widescreen. Angestoßen von Vista, wird Widescreen unserer Meinung nach ein starkes Wachstum generieren

Dassau: Ob Wide kommt oder nicht, ich glaube nicht an zusätzliche Umsätze dadurch. Was 20-Zoll und größer angeht, glaube ich auch nicht an den von manchen Auguren versprochenen Marktanteil von über 20 Prozent. Der Appell an alle in dieser Runde: Vergessen Sie mir die 17-Zöller nicht! Die machen ein Drittel des Marktes aus. Wir reden hier von einer Nachfrage von ungefähr einer Million Stück im nächsten Jahr. Das haben Sie bei 15-Zoll schon vergessen.

Wie verkauft sich Widescreen, und was ist diesbezüglich von Windows Vista zu erwarten?

Offhaus: Wir haben ein starkes Wachstum in dem Bereich, allerdings immer noch auf relativ niedrigem Niveau. Gerade Vista wird dem Thema aber im nächsten Jahr noch einmal einen deutlichen Schub geben, wenn auch nicht so stark wie das, was wir zurzeit beim Wechsel von 17 auf 19 Zoll erleben.

Dassau: Die meisten Monitore sind im Office. Bei 20-Zoll brauche ich jetzt keine großartigen neuen Formate. Und dann kommt Microsoft mit Vista. Dann wird erstmal das gekauft. Der Wechsel wird sich über Jahre hinziehen.

Trends im Business-Segment

Welche Nachfrage erwarten Sie für das B2B-Segment?

Dassau: Die Business-Kunden müssen ja endlich mal ihre zur Y2K-Wende gekauften Röhrengeräte und veralteten TFTs ersetzen. Aber das sagen wir schon seit zwei Jahren. Früher wurden IT-Einkäufe nach drei Jahren abgeschrieben. Aber jetzt stehen die Geräte teilweise fünf, sechs Jahre am Arbeitsplatz. Konsequenzen von der Mehrwertsteuererhöhung sind nicht so sehr zu befürchten. Auf der B2B-Seite interessiert das Thema kaum, und auch auf der Consumer-Seite wird der Effekt relativ gering sein. Denn wegen der drei Prozent hin oder her wird ein 190-Euro-Gerät nicht plötzlich viel teurer.

Krebs: Das Weihnachtsgeschäft hat 2005 eigentlich nach Weihnachten stattgefunden, weil die meisten von uns Gutscheine verschenkt haben und die großen Verkäufe noch bis in den Januar hineingingen. Ich persönlich erwarte, dass das Weihnachtsgeschäft dieses Jahr zwischen dem 26. und dem 27. Dezember, also noch vor Silvester, stattfinden wird. Da werden die Gutscheine eingelöst, bevor die Mehrwertsteuererhöhung kommt.

Reinhard: Wir sind ganz optimistisch für das vierte Quartal. Es wird die eine oder andere Preisanpassung im Einstiegsbereich geben und sicherlich auch Produkte, die knapp werden. Ich sage, das Weihnachtsgeschäft wird noch in den Januar hineinlaufen, und dann müssen wir sehen, was zur CeBIT kommt.

Bauer: Ich gehe davon aus, dass man sowohl positive als auch negative Dinge erleben wird. Positiv ist sicherlich die gute Stimmung, die momentan am Markt ist, und das wird auch über das erste Quartal hinaus anhalten. Die deutlich gesunkenen Arbeitslosenzahlen bringen die Leute schon in eine Stimmung, in der sie einfach wieder mehr Geld ausgeben wollen. Negativ wird sein, dass der Preisverfall im Consumer-Bereich gigantisch sein wird. Die Mehrwertsteuererhöhung spielt für uns einerseits eine Rolle, als der Consumer sie bezahlen muss, sie spielt aber andererseits keine so große Rolle, weil ein Gerät für jetzt 999 Euro am 2. Januar nicht plötzlich 1.025 Euro kosten wird. Das ist ein Preis, den man nicht mehr darstellen kann. 999 bleiben 999 - bestenfalls -, oder man streicht den Preis einfach durch, nach dem Motto "Heuer billiger, 899 Euro!". Alles in allem sehe ich aber trotzdem guten Zeiten entgegen. Ich glaube, 2007 wird sich die Spreu vom Weizen trennen, auch was die Hersteller anbelangt, diese B- oder C-Marken, die keinen Anspruch haben, die nur 300.000 Monitore verkaufen bei 45 Anbietern. Da wird sich sicherlich etwas tun, auch im UE-Bereich und im Handel. Ich glaube allerdings auch, dass 2007 wird die Belastungsgrenze für den Handel noch viel höher sein wird als in den letzten Jahren. Aber wenn wir dann tatsächlich nur noch 10.000 Händler haben, dann lässt sich auch wieder leichter arbeiten. Der Kuchen wird nicht größer, aber das Stückchen davon kann ein bisschen wachsen. (mje)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer Schwesterzeitschrift ChannelPartner, der Fachzeitschrift für den ITK-Handel