Test: WD Raptor S-ATA mit 10.000 U/min

09.05.2003 von Christian Vilsbeck
Mit Western Digitals Raptor debütiert das erste Serial-ATA-Drive mit einer Umdrehungszahl von 10.000 U/min. WD verspricht die hohe Performance von SCSI-Festplatten zu deutlich günstigeren Preisen.

Western Digital steigt mit der Raptor erneut in den Festplattenmarkt für Server und Workstations ein. Ende 1999 zog sich der Hersteller mit Einstellung der SCSI-Festplatten aus dem Enterprise-Markt zurück. Den Wiedereinstieg ins Profisegment begründet der Festplattenproduzent mit einem stark wachsenden Speicherbedarf bei gleichzeitig sinkenden IT-Budgets. Die Raptor soll die hohe Performance und Zuverlässigkeit von SCSI-Drives zu deutlich günstigeren Preisen bieten, so Western Digital.

Um die geforderte Performance für den anvisierten Markt der Server, Workstations, SAN- und NAS-Devices zu erreichen, arbeitet die Raptor mit 10.000 U/min. Im Profisegment der SCSI-Drives ist diese Drehzahlklasse längst Standard. Bei Desktop-Festplatten mit Serial-ATA- oder Ultra-ATA-Schnittstelle markieren dagegen 7200 U/min die Spitze. Die Raptor ist somit die erste Serial-ATA-Festplatte mit 10.000 U/min.

Kann die Raptor den Desktop-Drives entschwinden und den "echten" Serverplatten Paroli bieten? Wir vergleichen das Western-Digital-Laufwerk mit den Topdrives aus beiden Bereichen.

Details zur Raptor

Die Raptor gibt es zum Produktstart mit einer Kapazität von 36,7 GByte. Das Speichervolumen realisiert Western Digital mit einer Single-Platter-Konfiguration.

Die Kapazität der Magnetscheibe entspricht denen aktueller Ultra320-SCSI-Drives mit 10.000 U/min. Allerdings setzen die SCSI-Drives bis zu vier Scheiben für eine Gesamtkapazität von 146 GByte ein.

Das Serial-ATA-Interface der Raptor soll laut Western Digital 150 MByte/s (1000er Basis) Bandbreite zur Verfügung stellen. Der Schnittstelle zur Seite steht ein 8 MByte großer Datenpuffer. Die maximale interne Datentransferrate vom Cache zur Magnetscheibe beziffert der Hersteller mit 102 MByte/s.

Laut Hersteller ist die Mechanik der Raptor - wie Lager und Aktuator - speziell für den Dauerbetrieb konzipiert. Üblicherweise sind nur teure SCSI-Festplatten für den Nonstop-Einsatz ausgelegt, ATA-Laufwerke können die Dauerbelastung mit erhöhten Ausfallraten quittieren. Dieser Thematik haben wir auch den Report Gefahr: IDE-Festplatten im Dauereinsatz gewidmet. Die hohe Zuverlässigkeit der Raptor will Western Digital mit einer MTBF von 1,2 Millionen Stunden garantieren - dies entspricht dem Wert von SCSI-Festplatten. Die Garantie beträgt ebenfalls den SCSI-Drives angeglichene fünf Jahre.

So mutet Western Digital der Raptor auch nur 20.000 Start-/Stopzyklen zu - ein typischer Wert für Enterprise-Festplatten. Desktop-Drives, bei denen man von einem täglichen Ein- und Ausschalten ausgeht, sind auf zirka 50.000 Start-/Stopzyklen spezifiziert.

Modellnummer: Die Raptor ist durch die Bezeichnung WD360GD zu identifizieren. Der Hersteller ist durch die Buchstaben WD gekennzeichnet. Die folgenden Ziffern geben die Kapazität in GByte auf eine Nachkommastelle an (gerundet). Der Buchstabe G ist ein Indiz für Special-Edition-Drives mit 10.000 U/min und 8 MByte Cache, D weist auf die Serial-ATA-Schnittstelle hin.

Quickinfo

Produkt

WD Raptor (WD360GD)

Hersteller

Western Digital

Schnittstelle

Serial-ATA

Drehzahl

10.000 U/min

Cache

8 MByte

Kapazität

36,7 GByte

Preis

179 Euro

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Benchmark-Vorbetrachtung

Western Digitals Raptor muss sich durch die Positionierung im Servermarkt auch an der Performance von SCSI-Festplatten messen lassen. Zu den schnellsten Vertretern der Ultra320-SCSI-Drives mit 10.000 U/min zählen die Fujitsu Allegro 8 MAP, Maxtors Atlas 10K IV sowie Seagates Cheetah 10K.6. Sowohl in der Drehzahl als auch in der Cache-Größe stimmen die SCSI-Drives mit der Raptor überein.

Bei den Desktop-Festplatten markieren unter anderem Hitachis Deskstar 180GXP, Maxtors DiamondMax 9 Plus sowie die Western Digital WD2000JB die Spitze. Alle Laufwerke arbeiten mit 7200 U/min und können ebenfalls auf einen 8 MByte großen Cache zurückgreifen.

Wir testen alle Festplatten auf einer identischen Plattform. Damit sind die Ergebnisse direkt miteinander vergleichbar. Einzig die Controller weichen je nach Laufwerks-Interface voneinander ab. Die Ultra320-SCSI-Festplatten haben wir an einem LSI Logic LSI21320 angeschlossen, die Ultra-ATA-Drives an den Promise Ultra133 TX2. Western Digitals Raptor arbeitete mit dem Serial-ATA-Controller ICP Vortex GDT8546RZ. Den 128 MByte großen Cache des RAID-Controller haben wir deaktiviert, um die Messergebnisse nicht zu verfälschen.

Serial-ATA Interface-Benchmarks

Mit unserer tecCHANNEL Benchmark Suite Pro überprüften wir zuerst die Geschwindigkeit der Serial-ATA-Schnittstelle der Raptor. Bei den Bursttests transferiert die Festplatte ihre Daten aus dem schnellen Datenpuffer. Damit lässt sich ausloten, welche Bandbreite Serial-ATA-Lösungen wirklich bieten.

Die Raptor lieferte eine Burstrate von 98,5 MByte/s. Damit die PCI-Bandbreite nicht der beschränkende Faktor ist, haben wir für diese Messung die 64-Bit-Steckkarte ICP Vortex GDT8546RZ in einem PCI-64-Steckplatz einer Dell Workstation Precision 530 betrieben. Der Silicon-Image-Chip Sil3112 des Controllers arbeitet laut ICP Vortex nativ ohne Bridge-Lösungen und kann die volle Serial-ATA-Bandbreite von 150 MByte/s bieten. Auch beim Anschluss der Raptor am nativen Serial-ATA-Controller ICH5 des Intel i875P-Chipsatzes waren maximal 100,5 MByte/s Datentransferrate im Burstmodus möglich.

Die Laufwerkselektronik der Raptor basiert somit auf herkömmlicher Ultra-ATA-Technik. Erst kurz vor dem S-ATA-Anschluss setzt ein Marvell-Chip den parallelen Datenstrom in einen seriellen um. Durch die Wandlung bleibt die Raptor weit von der maximalen Serial-ATA-Bandbreite entfernt.

Sequenzielle Transferraten

Die maximalen Transferraten ermitteln wir mit unserer tecCHANNEL Benchmark Suite Pro. Die Werte zeigen die sequenzielle Leserate in MByte/s in der schnellen Außenzone der Magnetscheiben.

Im Innenbereich der Plattern ist die Tangentialgeschwindigkeit am geringsten. Hier lässt sich die minimale sequenzielle Datentransferrate der Festplatten ermitteln. Die Werte im Diagramm geben wieder die Leserate in MByte/s an.

Transferkurven

Abhängig von der Spurdichte tpi und Bitdichte bpi der Magnetscheiben sowie der Organisation der Sektoren fällt die Datentransferrate von außen nach innen unterschiedlich ab. So behalten manche Festplatten sehr lange eine hohe Datentransferrate bei und brechen später stark ein. Andere fallen von Anfang an relativ gleichmäßig in der Datentransferrate ab.

Abhängig vom Kurvenverlauf ergeben sich somit unterschiedliche mittlere Datentransferraten. Die folgenden Diagramme hat unsere tecCHANNEL Benchmark Suite Pro erstellt.

Zugriffszeiten

Die Zugriffszeiten von Festplatten ermitteln wir ebenfalls mit der tecCHANNEL Benchmark Suite Pro. Die Werte zeigen die mittlere Zugriffszeit in Millisekunden (ms) beim wahlfreien Zugriff innerhalb der ersten 500 MByte.

In dieser Disziplin unterliegt die Raptor jedoch einem bauartbedingten Nachteil. Durch ihre 1-Plattern-Konfiguration müssen die Schreib-/Leseköpfe für 500 MByte mehr Zonen nach innen hin abfahren. Die drei SCSI-Drives besitzen eine Kapazität von 146 GByte - aufgebaut aus je vier Scheiben. Dadurch verteilen sich die ersten 500 MByte auf alle vier Plattern, und die Köpfe müssen kürzere Wege zurücklegen.

Die Zeit für einen Fullstroke-Zugriff ist dagegen von der Anzahl der Plattern unabhängig. Hier fahren die Köpfe die gesamte Magnetscheibenoberfläche von außen nach innen ab.

Praxiswerte

Um die Performance der Laufwerke in der Praxis zu untersuchen, führen wir mit unserem Applikations-Benchmark tecMark Schreib-, Lese- und Kopiertests unter realen Bedingungen durch. Die Werte in den Diagrammen zeigen die maximale Transferrate in MByte/s in den schnellen Außenbereichen der Festplatten.

Fazit

Die Raptor ist zweifelsohne die schnellste IDE-Festplatte auf dem Markt. Dank 10.000 U/min kann sie die Ultra-ATA-Laufwerke mit 7200 U/min gut in Schach halten. Dabei trägt das Serial-ATA-Interface der Raptor zur Performance nichts bei, erleichtert jedoch das Handling.

Western Digital adressiert mit der Raptor aber den Enterprise-Markt und tritt somit gegen SCSI-Festplatten an. Und da kann sie nur bedingt mithalten. Besonders in der maximalen sequenziellen Datentransferrate sowie in den mittleren Zugriffszeiten erfüllt die Raptor die Erwartungen an ein 10.000er Laufwerk nicht ganz. Boden gut macht sie dagegen wieder in den Praxistests. Ausgeklügelte Caching-Algorithmen verhelfen ihr zu guten Platzierungen.

Unabhängig davon, ob Desktop- oder Serverfestplatten als Konkurrenz gesehen werden, einen "kleinen" Nachteil hat die Raptor: Eine Kapazität von nur 36,7 GByte ist für eine neue Festplatte deutlich zu wenig. Die Top-Drives im IDE-Segment kommen mit 180 GByte und mehr, Tendenz steigend. Mit einem Preis von zirka 180 Euro ist die Raptor nur 30 Euro günstiger als eine Hitachi Deskstar 180GXP mit 180 GByte Kapazität. Den Weg in Desktop-PCs wird die Raptor somit nur schwerlich finden - auch wenn das Laufgeräusch angenehm dezent ist. Der vorhandene Performance-Vorteil rechtfertigt den Aufpreis nicht.

Bei den SCSI-Festplatten sind mittlerweile ebenfalls Kapazitäten bis 146 GByte üblich. Bei zur Raptor vergleichbarer Kapazität kostet ein aktuelles Ultra320-SCSI-Drive zirka 220 Euro. Mit dem Preisvorteil von gut 20 Prozent wird es für die Raptor im Enterprise-Segment schwierig, sich gegen die bewährte SCSI-Technik durchzusetzen. In einfachen Servern spricht noch das günstigere Umfeld für die Raptor: Einen Serial-ATA-PCI-Controller gibt es bereits ab 50 Euro - inklusive Kabel. Handelt es sich aber um RAID-Controller mit Cache, so liegen die Preise - egal ob Serial-ATA oder SCSI - schnell bei 500 Euro. (cvi)

Testkonfiguration

Komponente

Daten

Mainboard

Tyan Trinity ATX S1598

Typ

Super Socket 7

Formfaktor

ATX

BIOS

V1.04a 052199

Prozessor

AMD K6-III

Taktfrequenz

400 MHz

Sockel

Super Socket 7

RAM

Addonics 64 MByte DIMM

Kapazität

64 MByte

Typ

PC100-SDRAM

Chips

Addon AD64S3NTP-8

Grafikkarte

ATI Rage Fury

Grafikchip

ATI Rage 128

Speicher

32 MByte SDRAM

Schnittstelle

AGP

Netzwerkkarte

3Com Fast Etherlink XL PCI

Typ

10/100Base Fast Ethernet

Schnittstelle

PCI 5V

Platine

Revision A

Boot-Festplatte

IBM Deskstar DJNA 351520

Kapazität

15,2 GByte

Schnittstelle

UltraDMA/66

BIOS

Version 2.0

Controller 1

Promise Ultra133 TX2

Typ

Ultra-ATA/100

Schnittstelle

PCI 5V

Controller 2

ICP Vortex GDT8546RZ

Typ

Serial-ATA 150

Schnittstelle

PCI-64

Controller 3

LSI Logic LSI21320

Typ

Ultra320-SCSI

Schnittstelle

PCI-X

DVD-ROM-Laufwerk

Pioneer DVD-303S-A

Geschwindigkeit

6/32fach

Schnittstelle

ATAPI

Firmware

1.09

Diskettenlaufwerk

Teac FD-235HF

Kapazität

1,44 MByte

Netzteil

Channel Well Technology ATX-230

Ausgangsleistung

230 Watt

Format

ATX

Tastatur

Cherry RS 6000 M

Schnittstelle

PS/2

Maus

Logitech M-S35

Schnittstelle

PS/2