Test: RADEON X800 XT/PRO vs. GF 6800 Ultra Extreme

04.05.2004 von Bernhard  Haluschak
ATI versucht mit der neuen X800 XT Platinum Edition (Codename R420), NVIDIAs drei Wochen altes Flaggschiff GeForce 6800 Ultra auszustechen. Doch überraschend zaubert NVIDIA eine noch schnellere Extreme-Version aus dem Hut.

Kurz vor der offiziellen Vorstellung des neuen ATI-Flaggschiffes X800 XT Platinum Edition und des leistungsschwächeren X800 PRO zauberte NVIDIA überraschend ein neues Top-Modell aus dem Hut - den GeForce 6800 Ultra Extreme. Dieser arbeitet mit einem um 50 MHz höheren Core-Takt von 450 MHz, der Rest ist identisch mit dem drei Wochen alten Vorgänger GeForce 6800 Ultra.

ATIs Referenzkarte mit dem neuen Grafikchip X800 XT Platinum Edition arbeitet wie die NVIDIA-Produkte im AGP-8x-Slot und besitzt 256 MByte GDDR3-Speicher. Erfreulich für OEMs ist die geringe Größe des PCB-Layouts im Vergleich zu den GeForce-6800-Modellen. Zusätzlich erleichtern das relativ geringe Gewicht der ATI-Karte von 330 Gramm und das flüsterleise Kühlsystem in "Ein-Slot-Technik" die Integration der Karte in PCs.

Der X800-XT-Platinum-Edition-Testkandidat bietet einen DVI-I- und einen VGA-Anschluss sowie eine Kombi-Video-Schnittstelle. Darüber hinaus besitzt die Karte nur einen externen Stromversorgungsstecker. Die Messungen an diesem Stecker ergeben eine elektrische Leistungsaufnahme von etwa 57 Watt. Geht man davon aus, dass über den AGP-Slot auch noch die vorgeschriebenen 25 Watt Leistung benötigt werden, erreicht die Grafikkarte eine Leistungsaufnahme von nahezu 82 Watt. Im Vergleich dazu benötigt die GeForce 6800 Ultra zirka 100 Watt und die GerForce 6800 Ultra Extreme etwa 110 Watt. Messungen von ATI beziffern die maximale Leistungsaufnahme mit 76 Watt. Ein spezielles leistungsstarkes Netzteil empfiehlt der Grafikchip-Hersteller daher nicht explizit.

Im Folgenden erfahren Sie, mit welchen technischen Details ATIs neue GPU-Generation ausgestattet ist und was sie in punkto Performance gegen die "neue" NVIDIA-Konkurrenz bringt.

Details zum RADEON X800 XT Platinum Edition

Die ATI X800 XT Platinum Edition besitzt einen 256 Bit breiten Speicherbus und unterstützt bereits GDDR3-Speichertechnologie. Mit einer Taktfrequenz von 560 MHz (1120 MHz DDR) erreicht der Chip eine Speicherbandbreite von 35,8 GByte/s (Basis 1000). Der Vorgänger 9800XT musste sich mit 24 GByte/s begnügen. Der Core-Takt arbeitet unabhängig vom Speicher und beträgt 520 MHz.

ATI lässt den Grafikprozessor bei TSMC in 0,13-µm-Technologie in einem stromsparenden Kupfer-low-k-Prozess fertigen. Die Transistoranzahl beläuft sich beim X800 XT Platinum Edition auf etwa 160 Millionen. Dem gegenüber stehen 220 Millionen Transistoren des NVIDIA GeForce 6800 Ultra beziehungsweise des GeForce 6800 Ultra Extreme.

Für die nötige Performance des X800 XT Platinum Edition sorgen im Vergleich zum Vorgänger die von acht auf 16 aufgestockten Pixel-Pipelines mit ihrer Quad-Pipeline-Architektur. Zusätzlich hat ATI die Pixel-Shader einem Facelifting unterzogen und die sechs Vertex-Shader überarbeitet. Allerdings beherrscht der neue Grafikchip weiterhin nur das Shader-Modell 2.0. Dagegen unterstützt NVIDIAs GPU bereits das Shader-Modell 3.0 - allerdings fehlen bisher noch entsprechende Anwendungen.

Weitere Details zum RADEON X800 XT Platinum

Die Pixel-Shader-Einheit kann pro Takt fünf Floating-Point-Befehle ausführen. Das sind im Einzelnen zwei Vector- und zwei Scalar-Operationen sowie ein Textur-Address-Zugriff. Die Anzahl der maximalen Instruktionen hat ATI gegenüber dem Vorgänger 9800 XT von 160 auf 1536 erhöht. Dagegen schafft der Konkurrent GeForce 6800 Ultra insgesamt 65.535 Befehle.

Zusätzlich bietet der RADEON X800 XT Platinum Edition die 3Dc-Compression-Technologie. Mit diesem Verfahren sollen 3D-Objekte mit geringer Polygonanzahl durch spezielle Textur-Manipulation realistischer wirken. Eine 4:1-Kompression normaler Maps soll dabei den Speicherplatz effektiver nutzen. Mit SMARTSHADER HD will ATI Bild- und Darstellungsqualität von komplexen 3D-Szenen gegenüber der herkömmlichen Technologie verbessern. Darüber hinaus verfügt der Grafikchip mit SMOOTHVISION HD über Temporal-Anti-Aliasing und den Centroid-Sample-AA-Mode. Sie sollen die bisherige Anti-Aliasing-Performance signifikant erhöhen.

Als weitere Besonderheiten bietet der RADEON X800 XT Platinum Edition mit VIDEOSHADER HD einen verbesserten Video-Prozessor. Dieser beherrscht das FULLSTREAM-Video-Deblocking und verarbeitet programmierbare Video-Effekte in Echtzeit inklusive Post-Processing und Filtering. Darüber hinaus unterstützt der Video-Prozessor das Adaptive-per-Pixel-De-Interlacing, eine beschleunigte WMV9-Dekodierung. Außerdem beherrscht der Chip das Motion-Compensations-Verfahren sowie HDTV-Support und Display Rotation.

Der RADEON X800 XT Platinum Edition bietet als native Schnittstelle AGP-8x. Zu einem späteren Zeitpunkt will ATI den Grafikchip auch mit einem nativen PCI-Express-Interface vorstellen. Eine Bridge-Lösung wie NVIDIA sie vorgestellt hat, plant ATI nicht.

Details zum RADEON X800 PRO

Die in der Performance reduzierte Version des RADEON X800 XT Platinum Edition taufte ATI auf den Namen RADEON X800 PRO. Dieser verfügt über alle Features des großen Bruders. Allerdings muss er mit nur 12 statt mit 16 Pixel-Shadern auskommen. Die Anzahl der Vertex-Shader ließ der Hersteller unverändert.

Zusätzlich setzte ATI den Core-Takt von 520 auf 475 MHz und den Speichertakt von 560 auf 450 MHz (900 MHz DDR) herab. Laut ATI nimmt eine Grafikkarte bestückt mit dem RADEON X800 PRO eine maximale Leistung von zirka 58 Watt auf. Am leisen "Ein-Slot-Kühlkonzept" hält der Hersteller auch bei dem Value-Modell fest.

NVIDIA GeForce 6800 Ultra Extreme und GeForce 6800 GT

Am 3. Mai 2004 - einen Tag vor dem offiziellen Launch der ATI-X800-Serie - enthüllte NVIDIA gleich zwei neue Grafikchips und erweitert damit das bestehende Produktportfolio. Trotz mit Abstand bester Performance des vor drei Wochen vorgestellten GeForce 6800 Ultra bietet NVIDIA ein neues Top-Modell mit dem Namen GeForce 6800 Ultra Extreme an. Offensichtlich schien NVIDIA die Performance des Vorgängers nicht auszureichen, um den Konkurrenten RADEON X800 XT Platinum Edition deutlich zu schlagen - zu Recht, wie unsere Benchmarks bestätigen.

Außer dem erhöhten Chiptakt ist der GeForce 6800 Ultra Extreme identisch mit dem GeForce 6800 Ultra. NVIDIA schraubte den Core-Takt von 400 auf 450 MHz, der Speicher arbeitet unverändert mit 550 MHz. Die Messungen an den externen Stromstecker ergeben eine elektrische Leistungsaufnahme von etwa 81 Watt. Addiert man noch die vorgeschriebenen 25 Watt des AGP-Slot, erreicht die Grafikkarte eine Leistungsaufnahme von fast 110 Watt. Alle Details zum GeForce 6800 Ultra finden Sie in diesem Beitrag.

GeForce 6800 GT

Mit dem GeForce 6800 GT bietet NVIDIA auch eine preiswerte Alternative zu den beiden Highend-Modellen an. Anders als ATI mit dem RADEON X800 PRO reduziert NVIDIA nicht die Anzahl der Pixel-Pipelines, sondern verringert lediglich den Core- und Speichertakt auf 350 beziehungsweise 500 MHz (1000 MHz DDR). So bietet das "Value-Modell" den gleichen Feature- und Leistungsumfang wie NVIDIAs-Highend-Grafik-Chips.

Als Anschlüsse stehen eine VGA-, eine DVI-I-Schnittstelle und ein Video-Eingang zur Verfügung. Zusätzlich kommt die GeForce 6800 GT mit nur einem externen Stromstecker aus. Die 310 Gramm schwere Karte begnügt sich mit einer "Single-Slot-Kühlung".

Benchmark-Vorbetrachtung

Alle Grafikchips testen wir unter Windows XP mit DirectX 9. Wir verwenden aktuelle 3D-Benchmarks. Als Ansteuerung für die NVIDIA GeForceFX 5950 Ultra kommt der ForceWare-Treiber Version 56.72 zum Zuge. Für die Radeon-9800-Grafikkarte von ATI verwenden wir den Catalyst-Treiber 4.4 und für die X800-Modelle kommt ein Beta-Treiber zum Einsatz. Die GeForce 6800 Ultra arbeitete mit der Treiberversion 60.72. Es handelt sich hierbei um einen Beta-Treiber, der nicht die volle finale Funktionalität bietet. So fehlt zum Beispiel das Thermal-Management und Monitoring, das die Lüfterdrehzahl steuert und die Taktfrequenzen des Cores und des Speichers je nach Bedarf regelt und überwacht. In der finalen Version sollen diese Funktionen vollständig verfügbar sein. Zusätzlich soll der Treiber laut NVIDIA einen Z-Culling-Bug aufweisen, der besonders die Performance des Benchmarks FarCry vermindert. Für den Test des GeForce 6800 Ultra Extreme stellte uns der Hersteller den Treiber 61.11 zur Verfügung. Der Z-Culling-Bug soll in dieser Version behoben sein.

Die Benchmark-Ergebnisse der Grafikchips NVIDIA GeForce FX 5950 Ultra, GeForce 6800 Ultra und GeForce 6800 Ultra Extreme sowie ATI RADEON 9800 XT, RADEON X800 XT Platinum und RADEON X800 PRO stellen wir auf den folgenden Seiten grafisch gegenüber. Als Testsystem kommt ein Intel-Mainboard mit einem 875P-Chipsatz zum Einsatz. Bestückt ist das Board mit einem Pentium 4 3200 MHz und mit 2x 256 MByte CL2,0-Speichermodulen der Firma Corsair.

Mehr Details, Benchmarks und spielebezogene Messungen finden Sie online und in den nächsten Ausgaben unserer Schwesterzeitschriften GameStar und PC-WELT.

3DMark03

Mit dem 3DMark03 präsentiert Futuremark den Nachfolger von 3DMark2001. Die Spieletests von 3DMark03 setzen sich aus vier Szenen zusammen: "Wings of Fury" setzt auf DirectX 7 und repräsentiert Lowend-Grafikanwendungen. Die beiden Tests "Alpha Squadron" und "Troll's Lair" nutzen DirectX-8-Features und sind auf Mainstream-Grafikkarten zugeschnitten. Der Test "Nature II" setzt DirectX 9 voraus und soll Highend-Grafikkarten ausreizen. Der AGP- und der Speicherbus werden beim 3DMark03 durch große Mengen an Texturen stark belastet. Die Ergebnisse der Einzeltests werden zu einer Gesamtpunktzahl zusammengefasst.

AquaMark 3

AquaMark 3 ist ein DirectX9-Benchmark, basierend auf dem Spiel AquaNox 2 von Massive Development. Es bietet komplexe Lichteffekte und große Texturen. Besonders bei hohen Auflösungen und Farbtiefen wird die Hardware stark belastet. Das Spiel profitiert vor allem von der Performance der eingesetzten Grafik-Hardware.

FarCry

FarCry von Crytek setzt ganz auf DirectX9. Dieses 3D-Spiel zeichnet sich durch komplexe Szenarien aus. Die Anforderungen an die Hardware und besonders an die Speicherbandbreite der Grafikkarten sind bei Auflösungen ab 1024 x 768 Punkten und mit maximalen Detaileinstellungen sehr hoch. Zwei weitere Tests in den Auflösungen 1280 x 1024 und 1600 x 1200 Punkten zeigen die Leistungsfähigkeit der Chips.

Fazit

Der Grafikchip NVIDIA GeForce 6800 Ultra Extreme kann in punkto 3D-Performance den RADEON X800 XT Platinum Edition knapp schlagen. Er erreicht zum Beispiel beim 3DMark03 Werte, die bis zu 6 Prozent höher liegen - und das trotz einer um 70 MHz geringeren Core-Taktfrequenz. Bei den übrigen Benchmarks fällt der Leistungsvorsprung deutlich geringer aus, so dass man von einem echten Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem GeForce 6800 Ultra Extreme und dem RADEON X800 XT Platinum Edition sprechen kann. Auch ATIs preiswerte Variante RADEON X800 PRO liefert eine passable 3D-Performance. Bleibt abzuwarten, wie sich NVIDIAs Pendant, der GeForce 6800 GT in punkto 3D-Leistung schlägt. Bei der Beurteilung der Grafikqualität gab es trotz Beta-Treiber bei den Testkandidaten keine relevanten negativen Auffälligkeiten.

Nachteile des GeForce-6800- im Vergleich zum RADEON-X800-Design sind seine hohe Leistungsaufnahme und die Lärmentwicklung des Kühlsystems. So benötigt der GeForce 6800 Ultra Extreme bei Volllast an den beiden externen Stromversorgungssteckern eine elektrische Leistung von bis zu 81 Watt. Dagegen begnügt sich der RADEON X800 XT Platinum Edition über nur einen Stecker mit 57 Watt. Bezieht man die AGP-Schnittstelle mit in die Berechnung ein, so erreicht eine Grafikkarte mit dem GeForce 6800 Ultra Extreme eine Gesamtleistungsaufnahme von nahezu 110 Watt und das ATI-Pendant etwa 80 Watt. Zusätzlich fallen im Vergleich bei den RADEON-X800-Karten die geringen Abmaße des PCBs sowie das geringere Gewicht positiv auf. Besonders die OEM-Kundschaft wird diese Vorteile zu schätzen wissen.

Im Feature-Vergleich mit den Modellen von RADEON 9800 XT und RADEON X800 sowie GeForceFX 5950 Ultra liegt die GeForce 6800-Architektur klar vorne. Sie bietet mit der Shader-Architektur Version 3.0 und dem programmierbaren Video-Prozessor einige interessante Funktionen für zukünftige Anwendungen. Allerdings profitieren zurzeit noch keine Anwendungen von den neuen Technologien.

Wer alle Vor- und Nachteile der Highend-Karten von NVIDIA und ATI vergleicht, greift zu den RADEON-X800-Modellen. Für den absoluten Performance-Enthusiasten ist die NVIDIA GeForce 6800 Ultra Extreme mit all ihren Nachteilen erste Wahl.

Erste Grafikkarten mit der X800 Ultra Platinum Edition wird es Ende Mai im Fachhandel geben. Der Preis soll bei etwa 500 Euro liegen. Die preisgünstigere Alternative mit dem X800-PRO-Chip soll etwa 400 Euro Kosten und ab sofort verfügbar sein. Wann NVIDIAs neue Grafikchips auf den Markt kommen, steht noch nicht fest. Tests und weitere Informationen zum Thema finden Sie hier. (hal)