Test: Linux-PDA Sharp SL-5000D

10.01.2002 von JÜRGEN MAUERER  und Jürgen Fey
Sharp schickt den Linux-PDA SL-5000G ab März gegen die neuen Pocket PCs 2002 ins Rennen. Wir haben die Entwicklerversion des SL-5000D getestet, die ein viel versprechendes Endgerät erwarten lässt.

Sharp hatte bereits auf der CeBIT 2001 eine Linux-Variante des in Japan erhältlichen PDAs Zaurus MI-E1 gezeigt. Dieser war noch mit einem RISC-Prozessor von Hitachi ausgerüstet. Der SL-5000D basiert auf diesem Gerät. Er besitzt jetzt aber eine StrongARM-CPU von Intel mit einer Taktrate von 206 MHz.

Sharp positioniert seinen mobilen Linux-Minirechner gegen PDAs mit Microsofts Pocket PC 2002 als Betriebssystem. Die Ausstattung des SL-5000G ist daher vergleichbar mit der von aktuellen Pocket-PC-Modellen wie dem Compaq iPaq H3850 und dem HP Jornada 568. Wie diese kommt er mit einem 206-MHz-StrongARM-Prozessor sowie einem selbstreflektierenden Farb-Display mit einer Auflösung von 240 x 320 Pixel und 16 Bit Farbtiefe (65.536 Farben).

Als Speicher stehen beim fertigen SL-5000G 16 MByte Flash-ROM (HP und Compaq bieten 32 MByte) und 64 MByte RAM zur Verfügung. Die von uns getestete Entwicklerversion hat nur 32 MByte RAM zu bieten. Positiv sind die beiden Erweiterungs-Slots für SD/MMC- und CompactFlash-Karten vom Typ II. Die eingesetzten Medien erkennt der PDA automatisch und bindet sie in das Dateisystem ein. Bei den Erweiterungsoptionen ist der Sharp SL-5000D dem iPaq H3850 (nur SD-Karte) und dem Jornada 568 (nur CompactFlash Typ I) damit überlegen.

Erster Eindruck und Bedienung

Das Gewicht des Sharp SL-5000D von 188 Gramm ist typisch für PDAs mit Multimedia-Funktion; Gleiches gilt für die Breite (73 Millimeter) und Tiefe (18 Millimeter). Mit 138 Millimeter ist der Sharp SL-5000D allerdings um acht Millimeter länger als der Compaq iPaq H3850. Daher passt der PDA kaum in eine Hemdtasche. Zum Vergleich: Der Palm m500 ist nur 114 Millimeter lang.

Die Bedientasten auf der Gehäuseoberseite des Sharp SL-5000D bieten PDA-typische Funktion: So hat der Anwender per Knopfdruck einen direkten Zugang zu Applikationen wie E-Mail, Kalender und Adressbuch und kann aus allen Anwendungen direkt auf die Hauptoberfläche wechseln. Ein Druckknopf zum Navigieren in alle vier Richtungen sowie eine OK-Taste mit "Enter"-Funktion erleichtern die Bedienung zusätzlich.

Der Clou des Linux-PDAs findet sich unterhalb dieser Bedientasten. Schiebt man den unteren Teil des Gehäuses auf einer Schiene nach unten, steht eine vollwertige Mini-Tastatur zur Verfügung. Mit etwas Übung kann man damit schon nach wenigen Minuten mit zwei Daumen recht flott schreiben. Die Ansprüche eines Vielschreibers kann die Tastatur natürlich nicht gänzlich erfüllen. Adressen, Shell-Befehle oder kleine Java-Programme lassen sich unterwegs aber gut damit eingeben.

Alternativ kann man auch die virtuelle Tastatur sowie eine Graffiti-ähnliche Zeichenerkennung nutzen. Diese funktionierte überraschend gut, zumal ein Trainingsprogramm dabei hilft, die Zeichen richtig zu "schreiben".

Anbindung nach außen

Zur Anbindung an den PC liefert Sharp ein USB-Cradle mit, das zugleich zum Laden des Akkus dient. Die mitgelieferte Software "IntelliSync SL" dient der Synchronisation mit Outlook unter Windows sowie dem Dateitransfer. Interessanterweise liegen die konvertierten Daten auf dem PDA im universellen XML-Format vor.

Mit dem "Qt Palmtop Center" steht zudem eine eigenständige PIM-Applikation unter Windows und in Kürze auch unter Linux (Kernel-Patch auf dem Host-System notwendig) zur Verfügung. Wer seinen Sharp SL-5000D unter Linux synchronisieren will, kann darüber hinaus direkt das PPP-Protokoll oder FTP nutzen. Insbesondere der eingebaute FTP-Server macht den Datenaustausch besonders leicht.

Zum Surfen eignet sich der mitgelieferte Opera-Browser, dem man den von KDE bekannten Konqueror nachträglich zur Seite stellen kann. Da bei der Entwicklerversion des PDAs die IrDA-Schnittstelle noch nicht funktioniert, konnten wir den Webzugang nicht testen. Die Verbindung mit einem WAP-fähigen Handy war ohne IrDA nicht möglich.

Embedix und Anwendungen

Als Betriebssystem ist eine Embedix-Version der Firma Lineo installiert, die auf dem Linux-Kernel 2.4.6 basiert. Wer will, kann den Kernel mit Hilfe eines kommerziellen Entwicklerkits von Lineo gezielt auf seine Bedürfnisse maßschneidern. Das Kit erlaubt die Auswahl der Linux-Kommandos über eine grafische Oberfläche. Linux-typisch darf natürlich auch eine Terminal-Applikation nicht fehlen, mit deren Hilfe man Linux-Kommandos aufrufen oder administrative Arbeiten verrichten kann.

Die standardmäßig mitgelieferten PDA-Applikationen stammen größtenteils von Trolltechs Qtopia/QPE-Paket. Neben den PIM-typischen Funktionen Kalender, Adressbuch, Uhr und To Do-Liste finden sich ein einfacher Editor, ein Multimedia-Player (MP3, MPEG1), ein E-Mail-Client (POP/SMTP) sowie ein Bildbetrachter im Paket. Neben Qtopia findet sich mit "Jeode" von Insignia auch eine Java-Umgebung auf "Personal Java"-Basis auf dem System. Sharp liefert lediglich zwei Beispielapplikationen mit, doch gibt es im Internet eine Reihe interessanter Erweiterungen.

Die Applikationen selbst bieten gerade einmal das Mindestmaß an Funktionalität, so dass der mobile Profi eher auf kommerzielle oder freie Ersatzapplikationen hoffen sollte. Bis zum Start des SL-5000G will Sharp aber nachlegen. So soll ein Voice-Rekorder hinzukommen und der E-Mail-Client wird auch IMAP4 unterstützen. Ein Datei-Konverter für Excel, Powerpoint und Word ist ebenfalls in Arbeit.

Open Source als Antrieb

Sharp setzt mit der Software-Umgebung des SL-5000D vollständig auf Linux und die damit verbundene Open-Source-Gemeinde. Im Web finden sich schon Seiten, die kostenlose Zusatzanwendungen zum Download bieten. Zu nennen sind etwa die Developer-Seite von Sharp, Zauruszone oder Zaurus/sourgefoce.net. Trolltech hat sogar einen Entwicklerwettbewerb für Qtopia ausgerufen.

Nützlich sind beispielsweise eine einfache Tabellenkalkulation oder die praktische "Rotate"-Funktion, mit deren Hilfe die Bildschirmausgabe um 90 Grad gedreht wird. So kommt man in den Genuss eines breiteren Displays. Auf Qt-Basis stehen ein IRC-, ein Instant-Messenger-Client oder ein Gameboy-Emulator zur Verfügung.

Auch die Liste der verfügbaren zusätzlichen Linux-Systemkommandos oder -Tools wird immer länger. Neben diversen Portscannern und Netzwerktools wie nmap oder sniff (der PDA eignet sich damit als mobiles Netzwerk-Administrator-Tool) kann man mittlerweile Tools wie vi, perl, top, pico, pstree, lynx, awk oder ssh nutzen. Auch eine eigenständige Java-Umgebung (Kopi) oder der Java-Kompiler Jikes stehen zur Verfügung.

Spielefans kommen bei Quake oder Sokoban auf ihre Kosten. Zu guter Letzt hat es der in der KDE-Gemeinde bestens bekannte Ralf Nolden geschafft, die KDE-Entwicklungsumgebung KDevelop zu einer Cross-Entwicklungsplattform für den SL-5000D aufzubohren. So kann man auf seinem Linux-System komfortabel Qt-Applikationen für den PDA entwickeln.

Display und Laufzeit

Der Lithium-Ionen-Akku des SL-5000D hält im Dauerbetrieb nur ganze zwei Stunden durch - ein inakzeptabler Wert. Bei den Messungen mit dem TecSimulator war die Display-Beleuchtung dabei auf die höchste Stufe gestellt. Die Pocket PCs 2002 Compaq iPaq H3850 und HP Jornada 568 liefen beim selben Test mehr als doppelt so lang (der Testbericht folgt demnächst). Selbst bei ausgeschalteter Beleuchtung kommt der Sharp-PDA nur auf 7,5 Stunden. Mit der Einstellung eines Suspend- und eines Sleep-Mode kann man die Betriebsdauer des Akkus etwas verlängern.

Um Strom zu sparen, lässt sich die Display-Beleuchtung in vier Stufen einstellen. In der Praxis muss allerdings die höchste oder zweithöchste Einstellung gewählt werden. Bei maximaler Beleuchtung erreicht der SL-5000D einen Wert von 47 Cd/qm; der PDA liegt damit im Bereich des iPaq und des Jornada. Obwohl das Display selbstreflektierend ist und das Umgebungslicht zur Darstellung nutzt, ist das Arbeiten bei ausgeschalteter Beleuchtung wenig komfortabel. Auch der Kontrast lässt dabei sehr zu wünschen übrig.

Zum Aufladen des Akkus benötigt der SL-5000D nur 98 Minuten und ist damit nach dem Visor Edge (68 Minuten) der zweitschnellste der von uns getesteten PDAs. Der iPaq H3850 (159 Minuten) und der HP Jornada 568 (148 Minuten) benötigen zum Aufladen wesentlich länger, halten dafür aber mehr als doppelt so lange durch.

Fazit

Alles in allem hinterlässt der Beta-PDA SL-3500D von Sharp einen gemischten Eindruck. Das Gerät ist bei weitem ausgereifter als die Entwicklerversion des Linux-PDAs Agenda VR3d, die wir im Februar 2001 getestet haben. Während der Agenda-PDA - übrigens das derzeit einzige Linux-Gerät auf dem deutschen Markt - eher mit den Palm-OS-PDAs konkurriert, soll der Sharp-PDA den Pocket PCs das Fürchten lehren.

Damit dies gelingt, muss Sharp bis zum angepeilten Verkaufsstart im März noch einiges verbessern. So funktionieren die IrDA-Schnittstelle und das Mikrofon noch nicht; auch das Display konnte nicht vollauf überzeugen. Schlichtweg nicht zu akzeptieren ist die Akkulaufzeit von nur zwei Stunden bei maximaler Display-Beleuchtung. Der Compaq iPaq H3850 und der HP Jornada 568 halten hier mehr als doppelt so lange durch. Der installierte Mediaplayer von Trolltech spielte zwar MP3- und MPEG1-Files erfolgreich ab, lief aber nicht immer stabil. Auch hier muss und wird Sharp noch seine Hausaufgaben machen.

Entscheidend für den Erfolg wird der Preis sein, den der Hersteller noch nicht bekannt gegeben hat. Er dürfte jedoch wie bei den Pocket PCs bei etwa 700 Euro liegen. Die Linux-Entwickler finden mit dem Sharp SL-5000G eine gut dokumentierte Plattform vor und dürften künftig für eine Flut von frei verfügbaren Anwendungen sorgen. Ob der Sharp-PDA auch außerhalb der Open-Source-Gemeinde beim Endkunden Anklang findet, bleibt abzuwarten. jma)

Quickinfo

Produkt

Sharp SL-5000D

Hersteller

Sharp

Betriebssystem

Lineo Embedix (Kernel 2.4.6)

Systemumgebung

Trolltech QPE 1.5x

Prozessor

206-MHz-StrongARM

Speicher

16 MByte Flash-ROM, 32 MByte RAM

Erweiterung

Slot für SD- und CF-Karten (Typ II)

Preis

Steht noch nicht fest